Der Beitrag, wo keine Überschrift hat

Spanien ist Europameister. Mehr als verdient möchte man hinzufügen. Sie waren im Turnier die beste Mannschaft, sie waren es gestern.

Während des Spiels habe ich mehrfach meine Überschrift über diesen EM-Abschlussbericht gewechselt. Im Kopf habe ich sie noch alle, wäre also schade, sich für einen zu entscheiden.

Nummer 1: Teutonische Schlafmützen

Wie bieder war das denn bitte? Die ersten 15 Minuten und rund um die 60. Minute war das Spiel der Deutschen ganz ansehnlich. Ansonsten mehr als schlafmützig. Keine Laufbereitschaft und mit dem Spieltempo der Spanier mehr als überfordert. Konnten wir Portugal, eine ähnlich starke Mannschaft, noch überraschen, gelang dies mit den Iberern zu kaum einer Phase. Immer einen Schritt zu spät, im Zweikampf zu harmlos, im Spiel nach vorne oder hinten zu pomadig. So kann man keinen Erfolg haben.

Nummer 2: …wir haben nur Mertesacker“

Bevor hier wieder einige austicken: Mertesacker ist nur exemplarisch gemeint. Ich hätte viele andere nehmen können. Seine „Zweikämpfe“ gegen Torres sind mir halt noch so sehr präsent.

Um es mal ganz deutlich zu sagen: Mehr geht für die Deutschen einfach nicht. Wir haben die Spieler nicht. Die Spanier räumen seit Jahren alle Titel in der Jugend ab – was holen da die Deutschen? Viele Führungsspieler des neuen Europameisters sind wesentlich jünger als unsere Nachwuchsspieler a la Lahm, Schweinsteiger und Podolski, denen man noch so einiges an Potential zuspricht – welches Potential sollen denn dann noch Spieler wie Fabregas, Villa oder Silva entwickeln?

Ok. Um nicht vollends als Schwarzmaler dazustehen, würde ich sogar behaupten, dass die Deutschen durchaus noch Luft nach oben haben. Und Auftritte wie 2000 und 2004 werden wir imho in den nächsten Jahren nicht mehr sehen. Besser?

Nummer 3: Die Party-Könige

Dieser Gedanke kam mir spontan in den Sinn als ich Schweini & Poldi gestern spielen sah. Beim Feiern sind speziell die beiden immer ganz vorne dabei. Wenn’s hart auf hart kommt, geht’s allerdings um ganz andere Qualitäten.

Sagen wir mal so: Auch die beiden sind noch jung und haben noch Entwicklungspotential. Poldi in seinem rechten Fuß und Schweini im 1:1-Duell.

Nummer 4: Der ewige Zweite

Die unvermeidliche Überschrift. Habe viele, gerade bei mir, wohl nur drauf gewartet. Gern geschehen.

Aber im Ernst: Herr Ballack hätte uns doch alle eines Besseren belehren können. Er hatte die Chance. Mal wieder. Nur schreien und gestikulieren reicht halt nicht. Beim FCB hatte er noch nicht einmal das drauf. Von daher lernte er bei Chelsea wohl doch so einiges. Davon abgesehen: MB ist kein LM und SE. Er kann eine Mannschaft nicht mitreissen, wenn sie so etwas braucht. Liegt sie am Boden, bleibt sie am Boden, weil Spieler wie Ballack sich mittreiben lassen.

Wir werden nie erfahren, wie sehr ihn seine „Verletzung“ behindert hat. Eigentlich war davon aber nix zu sehen.

Anyway.

Er bekommt ja immer wieder neue Chancen. 2010, zum Beispiel. Wenn die Deutschen sich qualifizieren. Wovon wir zunächst mal ausgehen.

Bis denne.

Ich geh‘ jetzt wieder Klinsmann schauen/lesen.

Nach dem Turnier ist vor dem Turnier

Heute morgen kam mir schon wieder dieser Gedanke:

Was passiert eigentlich nach der EM? Ach ja, WM-Qualifikation.

Irgendwann Anfang des Jahres war ja auch Auslosung. Hatte ich schon fast wieder vergessen.

Das die Russen dort unser Gegner sind, wurde inzwischen ja breitgetreten. Aber wer ist noch dabei?

Kurze Recherche:

– Wales

– Aserbaidschan

– Liechtenstein

– Finnland

und eben Russland.

Naja. Einmal mehr überwiegend die üblichen Verdächtigen. Richtig gefährlich sind die Russen. In der Schweden- und Holland-Form. Spielen sie wie gegen Spanien sieht’s was besser aus.

Entschuldigung. Ich habe meine Meinung geändert.

Heute abend spielen die Deutschen gegen die Österreicher bei der EM um den Einzug ins Viertelfinale.

Eigentlich müsste ich als guter Deutscher bedingungslos hinter meiner Mannschaft, meinem Land stehen.

Tja.

Irgendwie.

Also.

Von mir aus können die Deutschen gerne gegen die Ösis gewinnen. Sollen sie sogar. Allein um diese Dauer-Cordoba-Berieselung zu rächen. Aber im Viertelfinale ist dann eh‘ Schluss. Meine Meinung. Gegen diese Portugiesen haben die Löw-Kicker keine Chance. Und im Endspiel trefen die dann auf die Holländer.

Das steht zwar diametral meiner Überzeugung von vor der EM entgegen und widerspricht auch all meinen Tipps, aber erstens falle ich z.B. auf der Arbeit ohnehin immer mehr zurück und zweitens habe ich mich, ich geb’s offen zu, ein wenig in die Holländer verliebt.

Meine Fresse.

Spielen die einen Fußball bei dieser EM. Und irgendwie ist die Atmo bei denen auch total entspannt. Da gibt’s keine Rijkaards oder van Breukelens mehr. Da ist nur noch geiler Fußball.

Ergo würde ich beide Teams, die Ronaldo-Portugiesen und die Robben-Holländer, sehr, sehr gerne im Finale sehen!

Versaut mir das nicht, ihr 2004er-Griechen-Türken… 😉

Schmerlappen-Sackgasse

Als ich gestern oder vorgestern die Meldung im Videotext gelesen habe, musste ich schon ein wenig schmunzeln.

Die von Bundestrainer Joachim Löw vor Weihnachten aufgestellte Torhüter-Hierarchie bleibe bestehen: Jens Lehmann (38), Timo Hildebrand (28) und Robert Enke (30) sollen zur EM. „Daran“, so Bierhoff, „hat sich nichts geändert.“ […] Unter objektiven Gesichtspunkten sind andere vorn. Adler (22) und Rost (34) zeigten nicht nur im Samstag-Vergleich, sondern Woche für Woche ihre Klasse.

Wer hier nicht auftaucht? Elfmeter-Killer Wiese. Und das, wo ihn doch inzwischen alle in Bremen ins Nationaltor quatschen wollen.

„Tim hat sich in den letzten drei Monaten noch einmal richtig entwickelt. Er strahlt viel mehr Sicherheit aus. Tim Wiese muss auch ganz klar ein Thema für die Nationalmannschaft sein“, sagte Allofs, der in der Vergangenheit meist als Kritiker des Schlussmannes aufgefallen war.

Das Problem mit Wiese ist, dass es in Deutschland jede Menge Weltklasse-Torhüter gibt. Da kann man auf Charakterbrazzen wie den grün-weißen Schmerlappen locker verzichten.

Köpke kann das gut verstehen, ist von den guten Ratschlägen aber auch genervt. „Im Augenblick versucht jeder, seinen Torwart bei uns rein zu bringen“, sagt er. […] Einerseits hält Bundestrainer Joachim Löw trotz einiger Kritik an seinen Torhütern Jens Lehmann, Timo Hildebrand und Robert Enke fest. Andererseits ist er kein Fan von Wiese. Dies liegt zum einen an dessen Spielweise. Wiese war lange Zeit ein Showtorwart. Einer, der gern mal einen Meter nach rechts geht, um zwei nach links fliegen zu können. […] Wiese ist ein bisschen lauter, […] manchmal ein wenig peinlich und manchmal taktisch sehr unklug. Wie damals, als er den Bundestrainer laut kritisierte, weil der ihn einfach nicht beachte.

Und das wird so bleiben, selbst wenn Wiese nun in jedem Spiel zwei Elfmeter hält. So ist das eben. In der Nationalmannschaft.

Aus Konkurrenten wurden Feinde, wurden Freunde, wurden Feinde

Oder so ähnlich.

Eigentlich wollte ich zum Thema Lehmann vs. Kahn nix mehr schreiben. Habe ich rund um die WM im letzten Jahr zur Genüge getan und irgendwie ist das Thema durch. Obwohl. Gejuckt hat es mich schon. Als Lehmann „plötzlich“ bei Arsenal nur noch auf der Bank saß. Wollte ihn am liebsten fragen, wie das so ist, zurückgesetzt zu werden. Verworfen habe ich das Thema dann trotzdem.

Bis heute. Denn inzwischen ist die Lage irgendwie „eskaliert“. Aber der Reihe nach.

„In Deutschland wird es wohl nie wieder eine Torwart-Ära wie die von Sepp Maier, Toni Schumacher, Bodo Illgner oder auch mir selbst geben.“ (Kahn)

Ganz Unrecht hat er da nicht. Maier und Illgner wurden Weltmeister, Schumacher Europa- und Vizeweltmeister (2x). Kahn ist Vizeweltmeister und war 1996 in England zumindestens im Kader. Darüberhinaus mehrfacher Welttorhüter, CL-Sieger und vielfacher Deutscher Meister. Keine Ära?

Wie auch immer. Lehmann fühlte sich sofort angesprochen und gab Folgendes zu Protokoll:

„Ich mag es nicht, wenn sich einer selbst glorifiziert.“

Nanu. Heute mal nix über Freundin, Lebenswandel oder sonstige persönliche Dinge?

Was hat Lehmann an Kahns weiteren Einwänden auszusetzen?

Kahn hatte außerdem erklärt, dass man nur in der Nationalelf spielen könne, wenn man auch im Klub einen Stammplatz inne habe.

Das hier:

„Wenn man immer im Verein spielt, aber nicht gut, hat man auch keine Chance, in der Nationalmannschaft zu spielen.“

Achso. Deshalb hätte Wenger ihn nach seinen Missgriffen in der 2006er-Saison auch fast damals schon auf die Bank gesetzt, ja?!

All das wäre wohl noch so in etwa nach dem Geschmack Lehmanns gewesen, aber inzwischen bekommt er Druck aus ungewohnter Richtung.

Der Bundestrainer will einen Keeper mit Spielpraxis, Oliver Bierhoff legt ihm einen Vereinswechsel nahe.

Und auch Kahn hat noch eine Antwort parat…

„Anstatt stillos auf frühere Kollegen loszugehen, sollte er eher dankbar sein, dass er überhaupt die Möglichkeit bekommt, in der Nationalmannschaft spielen zu dürfen, während er im Verein nicht spielt. Denn das gab es in dieser Art in der Geschichte des deutschen Fußballs noch nicht.“

Damit hier übrigens nicht wieder die üblichen Stellvertreter-„Kriege“ ausgefochten werden (Pro-Kahn == Bayern-Fans / Pro-Lehmann == alle anderen), will ich hier noch mal Klartext reden:

Wenn Lehmann in seinem Verein spielt und gute Leistungen bringt, steht er mit Recht im Tor der NM. Aus Tradition. Aufgrund seiner WM. Weshalb auch immer. Sitzt er bei Arsenal nur auf der Bank, kann das für die EM nicht gut sein und er sollte Platz machen. So wie er dies vor der WM nicht müde wurde von Kahn zu fordern. Vor allem, wenn jetzt die deutsche Nummer 2 tatsächlich zur Nr.1 in einem spanischen Top-Verein geworden ist. Noch dazu, wenn dieser so um die 10 Jahre jünger ist…

Ganz zu schweigen vom deutschen Torhüter-Nachwuchs – aber das ist ein eigenes Thema.

Kein Platz für Charakterbratzen

Frisch aus dem (Kurz-)Urlaub zurück, wollte ich nur eben ein paar Gedanken zum Besten geben, die mir während des Länderspiels gegen Rumänien in den Sinn kamen.

Ich finde es mehr als erstaunlich, dass dieses B-Team es tatsächlich gegen England, Wales und Rumänien geschafft hat, den Gegner zu beschäftigen, zu dominieren oder gar zurück ins Spiel zu finden, während man erste 45 Minuten mehr als am Boden lag.

Diese Art der Spielweise, dieses Zusammenhalten und eben Zusammenspielen, dieser Teamgeist haben doch tatsächlich wieder mein jahrelang erlahmtes Interesse an der Nationalmannschaft geweckt.

Seit den Ribbeck-Zeiten hatte ich immer ein mehr als neutrales Gefühl, ging es national um Punkte, Ruhm und Ehre. Selbst unter Klinsmann war ich zwiegespalten. Was aber wohl eher an der Art Klinsmanns lag.

Ein Löw war ja damals schon dabei, agierte aber nur im Hintergrund. Erst sein Tritt ins Rampenlicht offenbarte seine Fähigkeiten als Trainer und Mensch in den Medien. Ich habe prinzipiell nichts gegen moderne Trainingsmethoden und modernes Spiel. Beim FC Bayern sind sie diesbezüglich ja auch aus dem Dornröschenschlaf erwacht, nur kam all dies imho unter Klinsmann eher oberlehrerhaft rüber.

Unter Löw ist das anders. Löw ist kein Effekthascher, kein Sprüchekopfer, will nicht everybodys darling sein.

Der Bundesjogi hat es geschafft, dass sein Team offensichtlich für ihn durchs Feuer gehen würde. Egal wer auf dem Platz steht. Ihm ist das Auftreten wichtig. Er selbst wirkt seriös und kompetent, bricht mit dem stereotypen Schema, wenn er den üblichen Verdächtigen am Mikro gegenüber steht. Mir gefällt seine Art ausserordentlich gut.

Und das hat auch nichts damit zu tun, dass er ab und an mal Positionen des FC Bayern vertritt. Wenn die gut und richtig sind, darf das eigentlich jeder. Nein. Löw hat ein Team im wahrsten Sinne des Wortes geformt. Zu diesem Team zählen so um die 30, 35 Spieler, auf die Löw zählen kann und die sich auch auf Löw verlassen können.

Sowas gibt Vertrauen und das zahlt ihm das Team irgendwann zurück. Vielleicht schon bei der EM im nächsten Jahr.

Da sitzen verletzte Spieler dann auf der Tribüne und nicht zuhause vor dem Fernseher.

So ein Ansatz ist Typen wie Tim Wiese [1] völlig fremd. Und deshalb kommen Spieler wie er auch nicht ins Team. Die Zeiten eines Effenberg oder Matthäus sind zum Glück endgültig vorbei. Bundestrainer Löw hat das Sagen, keiner nimmt’s ihm übel und das gefällt mir ausserordentlich gut!

Weiter so.

[1] Eben Wieses Sprüche rund um seine bisherige Nichtberücksichtigung, kamen mir während des Spiels wieder in den Sinn. Hatte ich doch seinerzeit explizit nichts dazu gesagt, weil ich mich nur wiederholt hätte und meine Meinung über Werders Nr.1 bekannt sein dürfte.

Im Rasen hängen geblieben

Ich bin begeistert.

Der aktuell wieder abflauenden Diskussion um bayerischen Artenschutz wie zum Trotz, verletzen sich unsere Spieler fleissig weiter.

Erst Toni, dann Sosa und jetzt Lahm.

Alle drei aber nur „leider“ ohne Einwirkung des Gegners. Lahm noch nicht einmal im Trikot des FC Bayern.

Klasse.

Jetzt gehen wir also auch in der Viererkette auf dem Zahnfleisch.

Lell ist der einzig spielfähige Flügelläufer. Von Jansen weiß ich das nur, weil er zwar nicht für uns, wohl aber für die Nationalmannschaft spielfähig ist. Wollen wir mal für Löw und seine Spießgesellen hoffen, dass er sich in den beiden Länderspielen kein Aua holt…

Ganz zu schweigen von Toni, der ja zur Reha in ein Flugzeug nach Italien steigt.

Es kann nur besser werden.

Bei Muttern ist es doch am schönsten!

Der BundesJogi sieht Auslandswechsel der deutschen Nationalspieler kritisch.

„Generell verliert man nicht gern Nationalspieler. Für die Bundesliga ist es immer interessant, wenn man Top-Leute hat“ […] „Wir reden darüber mit den Spielern und geben ihnen Empfehlungen, machen aber keine konkreten Vorschläge.“

Man kann das jetzt generell gut oder schlecht finden, aber wer erinnert sich, neben mir, nicht auch noch an die Thesen über die WM-Elf von 1990, dass die nämlich genau deshalb so stark und weltmeisterlich gespielt hat, weil die fast alle im Ausland gespielt und Erfahrungen gesammelt haben.

Und das ist nicht wirklich von der Hand zu weisen. Wir sind nicht mehr in den 70ern, wo der deutsche Fußball noch Weltspitze und in vielen Dingen vielleicht führend war – vom Ausland zu lernen, heißt heutzutage siegen lernen, oder?

Ok. Ich könnte Jogis Aussage jetzt positiv im Rahmen eines möglichen Klose-Transfers werten, aber das wäre sicherlich etwas platt, widerspräche es doch meiner grundlegenden Überzeugung.

Ich halte es, ehrlich gesagt, eher für etwas provinziell.