Paule der Fanversteher – eine Chronik

Wo soll man da anfangen? Bei meinen vielen Beiträgen zum Thema Ultras und FC Bayern? Bei der Zerissenheit der Fans des FC Bayern? Beim Kampf der Jungen („Ultras“) gegen die Alten („Kuttenträger“)? Bei den Problemen des Vereins mit seinen Fans? Und umgekehrt?

Es gibt unzählige Fäden, die man aufnehmen könnte und irgendwann aufnehmen muss.

Ich fang‘ am besten bei mir selbst an.

Meine Einstellung, meine Meinung zu weiten Teilen der aktiven Fanszene war für lange Zeit ein schwieriges Thema. Mit den Ultras hatte ich nichts zu tun, mit dem Club Nr.12 konnte ich nichts anfangen. Ich kannte den C12, klar, aber was waren die Hintergründe, was waren deren Abgrenzung, Positionierung zu kritikwürdigen Teilen unserer Fanszene?

Wahrscheinlich wäre ich auch heute noch so undifferenziert, wenn es nicht diesen Moment gegeben hätte, als es bei mir Klick gemacht hat.

Während des Heimspiels gegen Stuttgart.

Ich fing damals an, mir mehr Gedanken über unsere (aktiven) Fans zu machen. Ich versuchte differenzierter zu denken. Zu akzeptieren, dass es nicht die eine Lösung, den einen Weg geben könnte, geben müsse. Dafür war dieses Erlebnis zu prägend.

Ich hatte zuvor und auch danach einige Mitglieder des C12 zunächst virtuell über Twitter und später in der Realität kennen gelernt. Ich lernte, wie sehr sich der C12 unterscheidet von reinen Fanclubs oder abgrenzt von Ultragruppierungen.

Natürlich sind auch Ultras Mitglied im C12. Ebenso wie 40something-Familienväter und Ex-NRW-Allesfahrer-und-sogar-mal-SK-DK-Inhaber wie ich. Oder Prominente. Oder, oder, oder.

Ich bin ja nun selbst Mitglied des C12 und mir liegt die Vereinssatzung vor. Ich zitiere:

[…]

§2 Zweck

(1) Der Verein versteht sich als unabhängiger Zusammenschluss der aktiven Fans des Fußball-Club Bayern München e.V.

(2) Ziel ist die Vertretung allgemeiner Faninteressen gegenüber Vertretern des Fußball-Clubs Bayern München e.V., den Medien, den Fußballverbänden oder gegenüber anderen fußballspezifischen Organisationen. […]

(3) Wir setzen uns ein für die Erhaltung, bzw. Wiedergewinnung der Fankultur in deutschen und europäischen Stadien. Hierzu gehört insbesondere der Einsatz für die Erhaltung bzw. Rückgewinnung von Stehplätzen.

(4) Grundsätzlicher Bestandteil des Fanwesens ist die Unterstützung der eigenen Mannschaft. Ziel des Club Nr.12 ist es, die Unterstützung zu verbessern. Dazu gehört insbesondere die Organisation und Durchführung von Stadionchoreographien.

[…]

*Fettungen unterstreichen meine eigenen Interessen, auch schon vor meiner Mitgliedschaft

So richtig überzeugt (von einem notwendigen Beitritt) wurde ich von weiteren Informationen, die mir zwei Podcasts mit C12-Gästen lieferte.

Erfolgsfans“ und „Fehlpass„.

Was mir zuvor unbekannt war, waren die Grundlagen der Entstehung des C12. Die wundervollen Choreos und eine Organisation derselben. Dies gilt es imho auch für die Zukunft zu unterstützen!

Der andere – entscheidende – Aspekt ist der Ansatz, dass ich den C12 als (fast einzigen seriösen) Ansprechpartner für den FC Bayern in Fan-Fragen stärken will.

Wer ist denn Ansprechpartner für den Verein, wenn es der C12 nicht ist?

Die „Schickeria München“, oder „Inferno Bavaria“? Himmel!

Nein, ich bin mehr als überzeugt davon, dass meine 12,- Euro-Jahresbeitrag gut angelegt sind.

Auch hier, wie beim Thema „Stimmung im Stadion“, gilt: Wer macht es denn (die Kommunikation, den Dialog mit dem Verein), wenn es nicht der C12 macht? Fans wie ich sicher nicht (auch wenn ich persönlich dazu große Lust hätte, wären da nicht die frustrierenden Berichte meiner C12-Bekannten zum Thema FCB-Ansprechpartner).

Worum geht es mir aber eigentlich bei diesem Beitrag?

Bei all meinen Lesern um Verständnis zu bitten, für Verständnis zu werben.

Für die aktive Fanszene, für die Fans, die den Verein nicht nur genauso lieben (nein, ich vergleiche hier nicht), sondern für uns auch tatsächlich Stimmung machen.

Es geht in diesem Bericht ausdrücklich nicht um die Probleme, die viele Fans (auch Leser und Kommentierer) mit „den Ultras“, „der Südkurve“ haben.

Es gibt nämlich nicht „die Ultras“, „die Fans“ oder „die Südkurve“ – all das ist eine Illusion. Oder besser eine Utopie, ein Wunsch. Denn auf den Weg zu einer geeinten Kurve, einem gemeinsamen Ziel aller Fans, einem Verständnis des Vereins für seine aktiven Fans, in Folge dessen Verein und Fans Seite an Seite stehen, sind wir vielleicht gerade abgebogen, aber ob wir diesen Weg auch bis zum Ziel beschreiten ist offen.

Aus meiner Sicht ist hier eine „überparteiliche“ Organisation wie der C12 absolut notwendig. So gut oder schlecht die eigene Meinung eines jeden Bayern-Fans über den C12 sein mag.

Mich wühlt dieses Thema einfach viel zu sehr auf, viel mehr als ich dies noch vor Jahresfrist von mir selbst erwartet hätte.

Ich bin gar inzwischen – durch meine hinzugewonnenen Kontakte (aus der „Fan-Szene“) – zum „Fan-Versteher“ geworden. Und bevor jetzt einige Leser an dieser Stelle aufhorchen: Nein, der alte Teil von mir ist weiter vorhanden, es kam nur ein neuer Teil zu meiner (Fan-)Persönlichkeit hinzu.

Um zum Anfang der Entwicklung zurück zu kommen.

Von dem Moment, der mich gegen Stuttgart so nachhaltig beeindruckte, gibt es leider weder Ton- noch Bildaufzeichnungen. Vom Spiel gegen die Dortmunder Borussia sehr wohl.

Dieses Spiel bewegte mich nicht minder. Als Fan-Versteher wie als FCB-Fan.

Es gab – ähnlich wie beim Spiel gegen den VfB – einen Protest, einen Stimmungsboykott. Wir konnten also im Stadion live verfolgen, wie so ein Fußballspiel ohne Stimmung ablaufen könnte. Nicht schön.

Der erste Mal war ich extrem berührt, als vor dem Anpfiff die BVB- mit den FCB-Fans einen Wechselgesang anstimmten. Gegen die DFL. Nicht unbedingt nur weil ich auch so einiges der möglichen DFL-Maßnahmen für zumindest diskussionswürdig halte.

Nein, es war diese – zugegeben – für Bayern-Fans ungewohnte „Verbrüderung“. Da war plötzlich dieses Gefühl der… Gemeinsamkeit. Über erbitterte Vereinsgräben hinweg. Berauschend.

Dann der Anpfiff. Und Stille. In der Südkurve. Und im kompletten Gästebereich. Beeindruckend. Und nicht wünschenswert.

Mein Video startet ca. in Spielminute 11:50 (und erweckte irritierte Blicke meiner unmittelbaren Mit-Fans im Block („Was macht der denn da und was passiert da gleich?“)).

Bildet euch selbst ein Urteil.

Man kann über Ultra-Sing-Sang und alles andere diskutieren wie man will. Und auch, ob es langfristig vielleicht ohne „die Ultras“ gehen könnte, weil sich dann wieder andere Stimmungsströmungen in „der Kurve“ entwickeln könnten. Ganz zu schweigen von den Problemen, die vor uns liegen, wenn es Politik, Verbände und Vereine geschafft haben, die „gemäßigten aktiven Fans“ aus den Kurven zu verdrängen und wahlweise nur noch „stimmungslose“ Fans, oder (im schlimmsten Fall) radikale(re) Gruppierungen den Ton angeben.

Man kann aber nicht weg diskutieren, dass auch und gerade der FC Bayern diese „Power“ braucht. Und was man im Video sieht, ist nur annähernd so beeindruckend wie mein „Schlüsselerlebnis“ im April diesen Jahres!

Unterstützt den C12 und ihr unterstützt am Ende imho diesen kraftvollen Support.

Verwirrend, berauschend, zügellos – Französische Slalomstangen zu Gast in München.

Mein erstes FC Bayern-Heimspiel liegt hinter mir. Jedes Mal eine organisatorische Herausforderung. Jedes Mal eine bächtige Vorfreude. Jedes Mal etwas ganz Besonderes. München, die eigene Arena.

Aufgrund der – speziellen – Karten- und meiner persönlichen Familiensituation sind diese Heimspiele zumeist Europapokalspiele, nur selten Bundesliga-Begegnungen. Mir macht das nichts aus, es spielt der FC Bayern und dies allein ist entscheidend.

Auch diesmal war alles voller Vorfreude, voller wundervoller Momente mit herzlichen Menschen. Aus München. Die man über die sozialen Medien kennen und schätzen gelernt hat. Vor und nach dem Spiel.

Ein perfekter Abend stand bevor.

Und dann kam der Allesversteher in mir durch. Viele Menschen aus dem Umfeld der Ultras, der Hardcore-Fans, des Club Nr.12 wissen dies inzwischen sehr zu schätzen, dass einer wie ich zumindest ein offenes Ohr für sie hat. Nicht für alle, aber für einige, die die gleichen Kanäle nutzen wie ich. Meinen Horizont hat dies erweitert, natürlich.

Ein „Nachteil“ hat diese Herangehensweise dann aber doch.

Trifft man sich umittelbar vor dem Spiel mit Club Nr.12ern und bespricht die aktuelle Einlass-Kontroll-Problematik für die Blöcke 112/113, sieht ferner den Check-In-Schalter, dann passiert es Fans wie mir doch tatsächlich inzwischen, das die eigene Empathie die pure Freude über das berauschende Spiel der eigenen Mannschaft überdeckt.

Sicher, es kann auch eine Rolle gespielt haben, dass ich im Block 225 von allerlei, ich nenn‘ sie jetzt mal, typischen Arena-Fans umgeben war.

Man stelle sich das einmal vor: Die eigene Mannschaft führt dank eines Freistoßtores(!) in der 4.Minute(!) mit 1:0 und es fällt einem nichts Besseres ein, als die eigenen Spieler weiter anzumotzen, wenn nicht jeder Ball sofort am gegnerischen Strafraum landet. Aber dann in der 70.Minute bei einer 5-Tore-Führung das Stadion verlassen. So was regt mich unfassbar auf. So kalt es wieder in einem dieser November-Spiele in der Arena war, ich bleibe natürlich bis mindestens zum Schlusspfiff im Stadion – wo sind wir denn?

Vor dem Spiel wurde ich per Twitter gebeten, doch erneut Videos im Stadion zu drehen. Zum Beispiel von der Stimmung beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung. Nun, nach „Stimmung“ war mir da schon nicht mehr zumute. Sorry.

Ich bin aber in jeder Hinsicht ehrlich: Hätten wir keine zügellose Vorstellung unserer Jungs erlebt, ich wäre zu diesem Zeitpunkt in der gleichen Stimmung gewesen. Weil da Gedanken in meinem Kopf waren, die größere Auswirkungen auf den Verein haben, als ein Torfestival gegen einen überforderten Gegner.

Trotzdem soll dieser Bericht nicht davon handeln, dafür werde ich getrennt in die Tasten hauen. Vielmehr will ich den Versuch starten, das Spiel aus meiner persönlichen Live-Perspektive zu beleuchten.

Das Ergebnis spricht eine deutliche Sprache. Wer das Spiel aber nicht verfolgen konnte, oder zumindest nur die TV-Bilder, dem will ich sagen, dass wir dieses Spiel ernsthaft(!) mit 12:0 hätten gewinnen müssen. Es steht außer Frage, dass der FC Bayern aktuell in einer mehr als guten Verfassung überzeugende Leistungen auf den Rasen brennt. Aber bei diesem Gegner fragte man sich doch über die vollen 90 Minuten, was die für die Königsklasse des europäischen Fußballs qualifiziert hat?

Ich habe mich phasenweise – vor allem in der ersten Halbzeit – gefragt, ob Lille nicht wollte oder nicht konnte. Im Training aufgestellte Slalomstangen leisten größeren Widerstand als die Doggen aus unserem Nachbarland. Unerklärlich.

Am Ende des Spiels sah ich direkt vor meinem Block einen lachenden Arjen Robben zur Ausführung eines weiteren Eckballs schreiten. Der Spieler, der zuvor viermal(!) alleine auf den gegnerischen Torhüter zugelaufen war und nicht eine einzige Chance verwert hatte. Unfassbar. Was willst Du da auch noch machen, als dich darüber kaputt zu lachen?

Oder ein Thomas Müller, der im famosen ersten Abschnitt ebenfalls 1-2 Tore erzielen muss(!)?

Oder ein Shaqiri, der nach seiner Einwechslung mächtig Alarm machte und fast in Ribéry’sche Angstzustände beim Gegner rannte?

Nein, nach diesem Spiel muss man eigentlich fast jeden Spieler in den Himmel loben. Mehr geht kaum.

Weshalb hatten wir in Frankreich so Probleme mit diesen Gegner, weshalb haben wir diese Vorrundengruppe immer noch nicht gewonnen?

Weil wir uns erst in diese – diesjährige – Championsleague hineinarbeiten mussten?

So sieht es wohl aus.

Heuer diskutieren wir die immer noch vorhandenen Schwächen unserer – in fast allen Belangen – schon extrem guten Mannschaft (was bleibt uns auch anderes übrig?) und was passiert?

Wir verbessern uns!

Das kann doch fast nicht wahr sein, dass unser Trainer in den letzten Tagen, 1-2 Wochen tatsächlich mal Standards trainieren lässt und wir dann in einem solchen Spiel wie gegen Lille zwei(!) Freistoßtore erzielen (wenn Robbens Tor auch mehr ein Eigentor war)?

Ist das wirklich passiert, dass ein Lahm drei(!) direkte Vorlagen zu Toren liefert? Noch dazu Flanken über Flanken schlägt, wie wir sie von ihm in dieser Dichte seit Jahren nicht gesehen haben? Ich mein‘, hier zählt auch nicht das Argument „schwacher Gegner“, denn selbst freistehend schafften wir ja in den letzten Jahren kaum brauchbare Flanken. Egal gegen welchen Gegner.

Ich mag all das. Und ich könnte es nicht glauben, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte.

Das ist alles Zucker im Moment. Was Alaba schon wieder rennt und spielt und rennt und passt. Was Schweinsteiger seit Wochen in Bestform dirigiert. Was auf einmal Stürmer Nummer 3(!) für Bälle ins Tor zimmert, wo wir doch früher nur einen(!) Topstürmer hatten. Wie sehr sich ein Toni Kroos – trotz immer wieder auftretender schwächerer Spiele – kontinuierlich weiter entwickelt.

Apropos Kroos.

Was war das noch einmal für ein Qualitätssprung nach seiner Einwechslung. Nicht dass hier Thomas Müller schlecht gespielt hätte – ganz im Gegenteil, aber mit Kroos kam da noch mal eine Schippe oben drauf. Unfassbar lässig wie er mit seinem Tor das halbe Dutzend voll machte. So jung der Kerl ist und so viel Potential er auch hat – die Hauptaufgabe der nächsten Zeit wird sein, ihm sein Phlegma auszutreiben, dann ja dann wird der Toni ein Großer. Echt jetzt. Und das von mir

Die Abwehr wie aus einem Guss, das Mittelfeld in ständiger Bewegung, ganz zu schweigen von unserer Offensive, die in ihrer Qualität und vor allem Breite in Europa fast ihres gleichen sucht – da bleiben kaum noch Wünsche offen.

Ob wir hier demnächst und erneut auf hohem Niveau jammern dürfen/müssen, hängt aber entscheidend von den nächsten Spielen ab.

Gewinnen wir in Valencia ist der „Betriebsunfall“ in Borisov endgültig Geschichte. Schlagen wir das Überraschungsteam aus Frankfurt ebenfalls, könnte das tatsächlich was werden mit herausragenden Perspektiven an Weihnachten.

Und darum geht es ja auch:

Noch ist nix gewonnen. Auch in der letztjährigen Hinrunde war vieles Gold, was im Frühjahr zu Blech wurde.

Hoffen wir das Beste!

Auf geht’s, Ihr Roten!

P.S. Ribéry erhielt seine gelbe Karte nicht für Zeitspiel, sondern für eine Schiedsrichterbeleidigung, weil dieser ihn zur Weißglut gebracht hatte (tatsächlich verletzte sich der gute Franck in diesem Spiel zwar nicht, aber so einige Fouls (es waren doch Fouls, oder?) an ihm wurden nicht geahndet). Die Geste in Richtung SR war nur im Stadion eindeutig zu beobachten.

P.P.S. Lasst Euch nix erzählen, Javi Martinez hat gegen Lille eines, wenn nicht DAS beste Spiel seiner Bayern-Zugehörigkeit absolviert. Ich habe ihn – natürlich – ganz besonders beobachtet und was der an Bällen erobert und gefährlichen Situationen verhindert hat, dazu ferner seine Ausstrahlung – das war schon erwähnenswert. Und ich glaube immer noch fest daran, dass da noch viel mehr Luft nach oben ist. So.

Und die Erinnerung daran, wie es früher einmal war – München

Die nächste Championsleague-Saison steht vor der Tür. Ganz zu schweigen von der Bundesliga. Und dem Pokal. Weshalb erwähne ich aber die Königsklasse? Weil diese – für das „normale“ Bayern-Mitglied – noch am ehesten Karten und Spiele bereithält.

So zumindest meine Erlebnisse in der abgelaufenen Spielzeit.

Und wie einfach all dies heute so ist: es gibt Billigflieger, die einen bequem in 60 Minuten von Köln/Bonn nach München bringen, es gibt günstige Hotels, die man per Smartphone-App buchen kann, es gibt überhaupt jede Menge Möglichkeiten, die einem Anreise nach und Aufenthalt in München erleichtern.

Dies war nicht immer so und darum soll es in diesem Beitrag gehen.

Ich war ein Spätstarter. Als Allesfahrer, als aktiver Fan, der seinen Bayern hinterherreist, in der Südkurve im Olympiastadion mitfieberte.

Ich war dermaßen spät dran, dass ich schon Autos fahren durfte. Allerdings nicht vermögend genug, ein Auto mein eigen zu nennen.

Meine damaligen Bayern-Freunde hatten da andere Gelegenheiten. Fahrgelegenheiten.

Nachdem ich 1989 mein erstes Spiel in München live gesehen habe, stieg ich in dieses Thema ein. Also Auswärtsfahrten jetzt (und München war für mich als Rheinländer noch die weiteste „Auswärtsfahrt“).

Tickets waren damals überhaupt kein Problem und so wurde irgendwann die Idee geboren im Opel Kadett einer meiner Freunde – zu viert – nach München zu reisen. Ich war Feuer und Flamme.

Wir trafen uns am Spieltag. Früh. Sehr früh. Beim Kadett-Fahrer. Und schon ging die Reise los (ich wohnte damals noch im schönen Wuppertal).

Zwei fahren auf der Hinfahrt, zwei auf der Rückfahrt (wie sich herausstellen sollte, war es eine sehr gute Entscheidung die Hinfahrt zu übernehmen).

Sechs Stunden auf dem Weg zum gelobten Land. Wir vorne versuchten wach zu bleiben und die „Rückfahrer“ hinten das Gegenteil. Wir hatten mehr Erfolg. Aber man war ja auch jung. Und belastbarer. In jeder Hinsicht.

Für alle die Leser mit der Gnade der späten Geburt ist das jetzt sicher etwas ungewöhnlich, aber zu dieser Zeit kam man dann morgens in München an, fuhr über den Ring bis zu den Parkplätzen auf der Hinterseite des Olympiastadion und war da. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob wir tatsächlich mit oder ohne Tickets nach München fuhren, aber selbst wenn nicht, war das kein Problem, denn damals waren noch regelmäßig Tageskassen geöffnet, die einen sicher mit Tickets versorgen (Tageskarten(!), regelmäßig(!!)).

Natürlich war das Olympiastadion um diese Uhrzeit noch nicht geöffnet, aber man konnte ja schon hineinschauen und die U6 war nicht weit, also erst einmal in die Stadt. In voller Montur, also in meinem Fall mit diesen Bayern-Schal, der – nach heutigen Maßstäben – eher selbst gestrickt aussah.

Die Eindrücke vor einem Spiel in München sind als (auswärtiger) Bayern-Fan damals wie heute aufregend. Klar, es gibt normale und größere Spiele, aber das Stadtbild verändert sich und man bekommt dies hautnah mit.

Irgendwann dann zurück in den Olympiapark und rein ins Stadion.

Es war das Spiel gegen Düsseldorf. Das Rückspiel der Saison 1989/90. Denn das Hinspiel hatte ich im Rheinstadion ja auch schon gesehen (Auswärtsspiele im Westen waren unsere „Heimspiele“).

Ein schlappes 0:0, dass neben mir noch 25.000 andere mitanschauen mussten. Aber wen stört dies wirklich, wenn er als Fan sein erstes Erlebnis Bundesliga-Heimspiel hinter sich bringt?

Erneut ergibt sich hier ein größerer Unterschied zur Gegenwart.

Welcher Fan hat in der heutigen Zeit – nach einem Spiel – Gelegenheit in die Nähe von Spielern oder Prominenten zu kommen? Im alten Olympiastadion war das noch ganz anders.

Unterhalb der Haupttribüne gab (gibt?) es ein Restaurant, dass man noch am ehesten mit den heutigen Fan-Treff-Lokalitäten in der Arena vergleichen kann (die Optik der Deckendekoration wurde in den heutigen Businessbereich übernommen). Aber die Spielerautos standen vor der Haupttribüne. Jede Menge Opel mit Münchner Kennzeichen („M-BM 123“). Und kaum Möglichkeiten für die Spieler unerkannt zu den eigenen Karossen zu gelangen. Ein Traum für Autogrammjäger.

Irgendwo in alten Fotokosten liegen die Aufnahmen auf denen wir uns Autogramme von den Sportskameraden Strunz und Mihajlovic holen (wer erinnert sich noch an die Mic&Mac-Zeit beim FC Bayern?).

Gefühlt mehr als ein Jahrhundert her.

So liefen aber die Spiel-Abende in München ab. Und wenn man mit seinem Auto bis ran an das Stadion fährt, hat man es zwar nicht weit bis dahin und beim Ankommen wie Abfahren eine imposante Kulisse, aber man muss gleichwohl die ganze Strecke zurück nach Hause auch wieder fahren. Womit wir beim Punkt der richtigen Entscheidung wären, die Hinfahrt übernommen zu haben…

Machen wir es kurz: Es ist anstrengend. Aber wir haben es geschafft. Und alle anderen Heimspiele (der Vergangenheit als Schüler und Student, „ohne Geld“) haben wir dann mit der Bahn erreicht („130,- Mark, bis zu fünf Mitfahrer zahlen die Hälfte“).

Aber diese „Erlebnisse“ sind ein eigener Bericht.

Drei Tage im August oder Königstransfer, Der

Er ist da. Javier Martinez. Unser Königstransfer.

Aber welche Anstrengung liegt da jetzt hinter uns? Sicher, unsere Verantwortlichen haben seit Wochen im Hintergrund wie vor den Mikros Europas für diesen Transfer gekämpft.

Aber was haben wir durchlitten? In den letzten Tagen und Stunden?

Ich denke, dass wir unseren Kindern noch von diesen drei Tagen erzählen werden.

Wer meinem Twitter-Account folgt, wird im Ansatz mitbekommen haben, wie sehr mich das mitgenommen hat.

Am Montagabend spürte ich eine ähnliche Erschöpfung wie nach dem verlorenen #FinaleDahoam. Unglaublich eigentlich, spielte sich doch alles nur auf so einem kleinen Smartphone ab. Aber diese Schnipsel, auf die wir uns alle stürzten, jedes Gerücht, jeder Fake wurde gierig aufgesaugt. Ist er in dieser nächsten Maschine? Was sagt der Flughafen dazu, gibt es einen neuen Tweet seiner Freundin und ist das etwa nicht der echte Account von Bilbao?

Aufregung, Anspannung bis zum Anschlag.

Und dann die Ernüchterung. Als er weder in irgendeiner Maschine saß, noch sich viele Meldungen tatsächlich als Gerüchte oder einfach nur falsch herausstellten. Aber morgen, morgen kommt er dann wirklich…

Zu diesem Zeitpunkt war ich fertig mit dem Thema. Meine Twitter-Timeline bekam das zu spüren. Der Dienstag war ruhig. Fast ruhiger als normal.

Erst am Abend kam dann wieder Bewegung in die Sache, als tatsächlich – man kann es gut oder schlecht finden – die ersten Tweets über das Statement der BILD hereinzwitscherten. Und besagtes Blatt hatte sich bei all dieser Hysterie spürbar zurückgehalten. Was Einigen im Laufe der Tage durchaus auffiel und ein gewissen Nachdenken erzeugte. Wie wir inzwischen wissen, war man dort einfach top informiert, denn alles was gesagt wurde (auch vor zwei Wochen), stimmte so ziemlich mit der Realität überein. Woher nur immer wieder diese Infos kommen? Wer konnte die denen bloß gesteckt haben? Aus dem innersten Kreis?

Wie auch immer.

Als in Schwabing eine echte Bombe gesprengt wurde, Feuer ausbrachen und man sich ernsthaft die Frage stellte, was man da eigentlich gerade abfeiern würde (ob der Bilder von den Bränden), platzte gegen 0:00 der Tweet eines eifrigen #SSND-Reporters in unsere Timeline. Ein Bild (eines Films) von Martinez. Auf dem Weg zur sportärztlichen Untersuchung bei unserem Vereinsarzt. Unbemerkt von allen Reportern, die seit Tagen den Münchner Flughafen belagerten. Verrückt.

Als Martinez die Praxis verließ ein weiteres Bild eines BR-Reporters. Gegen 4:00 morgens.

Ich ging um 23:30 ins Bett. Hätte ich Twitter nur 30 Minuten länger genutzt, hätte ich in dieser Nacht wahrscheinlich gar nicht geschlafen. Vor Aufregung.

Dann die Gerüchte über den Besuch beim spanischen Verband am heutigen Mittwoch. Die sich als wahr herausstellten, weitere Sorgen, weil Bilbao in einem letzten Zucken, Martinez‘ unentschuldigtes Fehlen beim 10:00-Training kritisierte und mit Konsequenzen drohte.

Zum Schluss hingegen die Vollzugsmeldung vom FC Bayern (per Twitter! Ebenfalls vor wenigen Tagen noch unvorstellbar.). Ein letztes Aufflackern der Hysterie (die Retweets dieser FCB-Meldung erreichte Rekordwerte) – und dann war nur noch Stille. Also zumindest bei mir. Und auch nur fast.

Aber da war Erleichterung. Grenzenlose Erleichterung. Dass wir diesen Transfer tatsächlich gestemmt hatten. Das wir uns durchgesetzt haben. Gegen Bilbaos Präsident. Gegen die Kritiker von außen (die aber so oder so unsere Transfers kritisieren würden). Und gegen all die anderen Großkopferten aus Madrid, Barcelona, Manchester und Mailand. Oder wer so alles Martinez ebenfalls haben wollte.

Außenstehende sind immer noch verwirrt ob dieser Begeisterung. Auch Bayern-Fans neigen teilweise immer noch zu diesen Gefühlen.

Ich nicht.

Endgültig sind für mich nun die bösen Geister der letzten Saison vertrieben. Als wäre eine Last von meinen Schultern genommen, der graue Schleicher über unserer Vize-Welt weggerissen worden.

Darum geht es! Welcher Bayern-Fan würde in Abrede stellen, dass die letzten beiden Jahre und besonders die letzte Saison, der letzte Mai an unserem Selbstwertgefühl geknabbert hätte? Dieser Transfer ist ein Statement. Ein Statement, dass wir uns das nicht gefallen lassen, dass wir uns wehren, wieder angreifen wollen.

Auch gegen die europäische Konkurrenz, nicht nur die in der Bundesliga.

Warum?

Weil Martinez imho tatsächlich der Spieler ist, der uns in unserem Mosaik noch fehlt.

Wir haben Dante geholt, um die IV zu vervollständigen. Wir haben Shaqiri geholt, um Alternativen zu Ribéry und Robben zu haben. Und jetzt haben wir endlich einen Martinez, der die offene Wunde 6er schließen kann!

Wer will abstreiten, dass der fehlende – mindestens gleichwertige – Ersatz für den verletzten Schweinsteiger in der letzten Saison der Knackpunkt war?

Natürlich hätten wir fast das Triple geholt und es lag eben nicht nur an der langen Verletzung Schweinsteigers, aber als er zurück kam, war er doch in den entscheidenden Spielen noch nicht wieder im Vollbesitz seiner körperlichen wie geistigen Kräfte?!

Und was wäre möglich gewesen, wenn wir z.b. nur im Pokalfinale einen Martinez statt eines Gustavo hätten aufbieten können? Gerade gegen eine solche Mannschaft wie den BVB?

Dazu kann man stehen wie man will, es ist zumindest meine Meinung und ich bin davon überzeugt, dass wir an Martinez noch so einige Freude haben werden.

Willkommen in München, Javier Martínez Aginaga!

WDwWbP 2012: Breitnigge-Stammtisch. In München.

Fragt mich nicht. Das haben andere schon gemacht.

„Wie wäre es mit einem Breitnigge-Stammtisch in München?“

Mhm. Das kann nur ein Nicht-Stammleser, -Verfolger, -Fan gefragt haben.

Warum?

Weil es erstens einen (Fußball-)Stammtisch in München gibt. Und auch Breitnigge schon Stammtische veranstaltet hat. In Köln. Weil Breitnigge schlicht und einfach nicht in München lebt. Keiner bedauert dies manchmal mehr als ich.

Nein. Es gibt den Tweetpass München (#tpmuc (auf Twitter)). Und es gab – schon zweimal – den Tweetpass Cologne (#tpcgn). Den Tweetpass Cologne habe ich seinerzeit ins Leben gerufen, weil das Thema Tweetpass NRW eingeschlafen war. Und weil mein eigenes Thema #tpcgn – mehr oder weniger bewusst – einschlief, gründeten freundliche FCB-ferne Teilnehmer des #tpcgn den Tweetkick Schäl Sick, kurz #tkss.

Auf diesem Fußball-Stammtisch kann man wiederum – und hier schließt sich der Kreis – den Breitnigge mehr oder weniger regelmäßig antreffen.

Auf dem Tweetpass München auch. Wenn sowohl ich in München bin, als auch ein #tpmuc ausgewählt wurde. Bisher war das einmal der Fall. Zwecks dieses Spiel hier. Welch‘ glückliche Fügung.

P.S. Nächste Woche Dienstag ist der nächste #tkss. Ich werde wohl dabei sein.

Ultra-Paule mit Explosion oder Kein Barcelona

Es war die 18.Spielminute im #FinaleDahoam. Ich weiß das, weil ich auf die Stadionuhr geschaut habe. Zu diesem Zeitpunkt merkte ich zum ersten Mal, dass dieser Abend schwer werden würde.

Warum? Weil ich nach 20 Jahren mal wieder mitten im Fanblock des FC Bayern stand und bis an die Grenzen meiner Belastbarkeit ging. Wie damals. In all den Gastspielen meines FC Bayern bei denen ich anwesend sein durfte.

Das Problem: Es waren dies eigentlich immer nur irgendwelche Bundesliga- oder Pokal-Spiele. Kaum ein Spiel hatte eine gleiche Erschöpfung zur Folge wie dieses Championsleague-Endspiel im eigenen Stadion.

Wie auch? War ich doch in dieser 18.Spielminute schon ca. zwei Stunden im Stadion auf meinem Platz und hatte ich schon zu diesem Zeitpunkt schon jede Menge Support hinter mir. Aber die Anspannung, die dieses Finale mit sich brachte, gepaart mit der Tatsache, dass ich jetzt tatsächlich auch 20 Jahre älter bin, ließ mir fast die Beine wegsacken.

Ich hielt durch. Bis in die Halbzeit. Und musste mir zu allem Überfluss noch anschauen, wie die Bayern im Prinzip dieses Spiel dominierten und beste Chancen liegen ließen. Beim Halbzeitpfiff hätte ich eigentlich dringend etwas trinken müssen, aber ich konnte nicht mehr tun, als mich auf meinen Sitz fallen lassen und die 15 Minuten Pause zu nutzen, die mir geboten wurden. Dabei war ich gleichzeitig wie berauscht von der Stimmung in unserer Südkurve, von der roten Wand, die wir in diesem einen Spiel endlich einmal waren, der Wand, die wir uns doch alle schon viel länger erträumt hatten in München. Und ich war ein Teil davon. Nicht nur von der beeindruckenden Choreo. Aber selbst da taten mir nach drei Minuten schon die Arme weh. Auch hier: Ich hielt durch.

Wie ich auch nach der Rückkehr der Mannschaften mich wieder von meinem Sitz erhob und selbst nach dem Stimmungsabbruch nach den Bengalows im Nachbarblock 315 wieder in die übergreifenden Anfeuerungen einstimmte. Alternativlos. Wieder Chancen, wieder ergebnislose Eckbälle, wieder Konterversuche der Engländer, die unsere Aushilfs-Defensive klären konnte. Irgendwann musste doch mal dieses Tor fallen.

Dieses Tor zur Glückseligkeit.

Dann die 83.Minute. Vor der Südkurve. Nach einer dieser unzähligen Strafraum-Wuseleien unserer Offensive. Teilweise zu verspielt, teilweise zu lässig, teilweise einfach nur fahrlässig. Und dann kam Müller. Und Esktase, Freude, Schreie – eine Explosion. Wildfremde Menschen lagen sich in den Armen.

Selbst solche – zuvor schon mehr oder weniger deutlich als Südkurven-Touristen erkennbare – Bayern-Fans, die aber jeden Support mehr oder weniger mit machten.

Mitten drin der Paule. Der Paule, der seit vielen Jahrzehnten Fan dieses Vereins ist. Der in dieser Zeit viele Meisterschaften, viele Pokalsiege und fünf Championsleague- oder Landesmeister-Cup-Endspiele gesehen hat und hier nun endlich einmal dabei war. Der Paule weinte. Er weinte wie 2001. Als wir nach 25 Jahren zum ersten Mal wieder diesen Henkelpott in einen Nachthimmel recken konnten. Hemmungslos möchte ich hinzufügen.

Alles erschien perfekt, alles richtig.

Und dann die Dusche. Eine eiskalte zudem. In Gedanken war ich noch dabei, zu überlegen, ob das jetzt tatsächlich die erste Ecke für den Gegner war. In der 88.Minute. Der Ausgleich. Der Stich ins Herz, schnelltrocknende Tränen. Und die Gedanken an „Barcelona“. An die Auswechslung Matthäus‘ und die späten Tore. Die Angst, jetzt ähnliches zu erleben, weil der Gegner plötzlich Oberwasser gewinnt. Die Gedanken, weshalb man nicht entweder all diese Chancen verwertet hat oder einfach nur mal das eigene Tor verriegelt, zunagelt.

„Wie soll ich nur diese Verlängerung überstehen?“ Einfach immer nur weiter, immer weiter. Am Ende haben wir doch unseren Neuer. Gedanken über Gedanken und die Erkenntnis, dass unsere Mannschaft sichtlich geschockt ist und jetzt kurz davor steht, den entscheidenden Treffer zu kassieren.

Als der Elfmeterpfiff ertönt keine Freude. Keine Freude wie beim 1:0. Eher Sorge. Und ungläubige Hoffnung. Dann die Beobachtung der Szenerie, dass wohl kein Effenberg a la 2001 auf dem Platz steht.

Die Körpersprache zwischen Gomez und Robben, die sich den Ball zuschieben lässt mich zweifeln.

Dann der Anlauf und das Hin- und Hergerissen sein zwischen Dortmund, Madrid und Dortmund. Und die Schockstarre. Warum, Arjen, warum?

Der Rest ist Hoffen, Bangen, Erschöpfung, Mobilisierung der letzten Reserven. Eigentlich müsste ich das Stadion verlassen, mich irgendwo hinlegen, ausruhen, erholen, davon rennen. Aber wem würde das helfen?

Das hier ist historisch! Daran wirst Du Dein Leben lang denken.

Elfmeterschießen. Unsere letzte Patrone, unser letztes Ass. Neuer.

Wir spielen vor der Süd. Das ist gut. Chelsea fängt an. Neuer hält, er hält! Unfassbar. Schon wieder.

Gedankenblitze. Kahn. 2001.

Dann die nächsten Elfmeter. Lahm, Chelsea, Gomez. Es läuft. Es läuft gut. Da kann doch jetzt nicht mehr schief gehen, da darf doch jetzt nichts mehr schief gehen!

Dann der nächste Bayern-Schütze. Aber wo bleibt er denn? Will denn keiner? Was soll das denn? Was winkst Du so, Gomez? Wie, Neuer? Neuer?? WTF? Neuer läuft an, mir rutscht endgültig das Herz in die Hose… NEUER! Er trifft!! Wie geil ist das denn? 3:1 für uns. DREIZUEINS. So. Und jetzt Neuer, halt den nächsten. Halt ihn! Neuer!! Ach, Mist. Ok. 3:2. Jetzt kommt Olic. Ok, Ivica. mach es, hau das Ding einfach rein. Er läuft an. Und… …verschießt! Bitte nicht. Lass das nicht wahr sein. Dann halt bitte den nächsten, halt ihn, Neuer! 3:3. Ausgleich. Ok, es geht weiter. Und wer kommt jetzt? Ok, der Schweinsteiger. Alles klar. Das geht klar. Hau ihn rein, Schweini. Wie in Madrid! Hau ihn! Was macht der denn da? Wieso machst Du so Spielchen, schieß! Der Ball geht… er geht… an den Pfosten… …und geht… …nicht ins Tor! Er geht nicht ins Tor! Oh Gott. Bitte lass‘ das nicht wahr sein. Neuer, halt jetzt bitte den letzten! Wer schießt den denn? Was, der Drogba? Oh nein, bitte nicht. Lass‘ das nicht wahr sein. Drogba läuft an, er schießt… UND…

[…]

Das Video, dass das Elfmeterschießen zeigt bricht ab. Überhaupt bricht alles ab. Ich setze mich endlich auf meinen Sitz. Wir alle setzen uns hin. Die ganze Südkurve, alle Blöcke. Während ca. 100 Meter vor uns die Hölle losbricht. Ich weine nicht. Ich kann nicht weinen. Komischerweise kann ich nie weinen in solchen Momenten. Ich bin leer. Der Resetknopf wurde gedrückt. Der Fan-Teil von mir bricht zusammen.

Der Rest hat seine Augen geöffnet, schaut hingegen ins Leere. Ich bleibe sitzen. Bis zum Schluss. Bis zum bitteren Ende. Bis ich den Pokal sehe. Den Pokal, der eigentlich für uns sein sollte.

Ich denke an gar nichts mehr. Ich schaue nur. Ich brauche das jetzt. Es ist Teil eines körperlichen Reflexes. Ich könnte mich jetzt gar nicht bewegen. Der Kopf löst sich vom Geist, vom Körper. Erst eine unbekannte Zeit später sammelt sich alles wieder und ich lasse mich in einer schweigenden Masse aus dem Stadion fort treiben. Auf meinen Weg weg. Weg von diesem Ort, der mir eine ganze Championsleague-Saison der Ort der Freude und Hoffnung war. Mein roter Faden durch diese merkwürdige Saison 2011/12.

Es ist zu Ende. Alles ist zu Ende. Geht es weiter? Ja sicher. Wie immer. Aber vorstellen kann ich mir dies nicht. Der Nicht-Fan-Teil meines Körpers macht was er soll. In die U-Bahn, S-Bahn, ins Auto, ins Hotel, ins W-LAN, nach Twitter. Erst langsam komme ich wieder zu mir. In dieser Nacht, in den Tagen, während ich diese Zeilen schreibe.

Ob es irgendwann heilt? Im nächsten Jahr in London? Im dortigen Championsleague-Finale? Ganz ehrlich? Das ist mir immer noch scheiß egal! Jetzt. Lasst mich einfach noch ein wenig in Ruhe. Mit diesem Fußball.

Ich meld‘ mich dann wieder. [1] [2]

[1] Wer hier einen meiner üblichen Spielberichte erwartet hat, den muss ich leider enttäuschen. Soll ich hier als x. Fan noch mal das durchkauen, was alle schon durchgekaut haben? Sicher darf Robben diesen Elfmeter reinzimmern. Sicher hätte ich – danach – eher gewünscht, dass ein Alaba auf dem Platz gestanden hätte, weil der sich eventuell von dem Druck des #FinaleDahoam freigemacht hätte. Aber wer weiß das schon? Wer weiß schon, wie wir selbst agiert hätten, wenn uns der Trainer gefragt hätte, ob wir im Elfmeterschießen antreten? Wer will behaupten, dass er dieser Situation stand gehalten hätte? Am Ende des Tages sind auch unsere Spieler alles nur Menschen, oder?

[2] Auch wenn viele das so sehen – dieses Spiel war für mich nicht schlimmer als „Barcelona“. Nichts ist schlimmer als „Barcelona“. Weil wir viele Chancen hatten, dieses Spiel doch noch zu entscheiden und die Mutter aller Niederlagen eben imho nicht wiederholbar ist.

Es schöner Tag Geschichte zu schreiben. Schon wieder.

Leute, der Paule ist voller Vorfreude. Nur noch einmal schlafen und die große Reise zum Endspiel aller Endspiele geht los.

Werde auch ich noch meinen Kindern und Enkeln von diesem Spiel erzählen? Ich denke ja – so oder so. Hoffen wir also für uns alle nur das Beste.

Ich bin dann mal weg.

Bild Breitnigge Finale Dahoam

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