Fegefeuer, Eitelkeiten, Institutionen und jede Menge Emotion

Die letzten Tage rund um den FC Bayern waren wild. Viel wilder als wir es noch wenige Tage vor diesen Tagen erwartet haben. Klar, den Pessimisten war sicher schon zuvor bewusst, dass das irgendwann mit der Verletztenliste des FC Bayern mal schief gehen müsste, die, durchaus noch als nicht gerade schwach zu bezeichnende Münchner Startelf irgendwann auf dem körperlichen und mentalen Zahnfleisch gehen würde. Nach den Schlachten in Dortmund und in Leverkusen. Derlei wäre und ist nur allzu menschlich.

Das Spiel gegen Frankfurt war hier eine Verblendung, nahmen doch die Hessen an diesem Spiel eher nicht direkt teil – problematisch wurde es dann in Porto, als es gegen einen Gegner ging, der nicht nur gebrannt hat sondern auch zu 100% richtig gecoacht wurde. Dieser Gegner rannte sich von Anfang an die Seele aus dem Leib und zwang unsere wenigen Problemstellen in Probleme. Wer körperlich erschöpft ist, bei dem hinken manchmal auch der Kopf und somit noch intensiver die Beine hinterher. Eine mehr als schlüssige Erklärung für das frühe 0:2 nach 9-10 Minuten in Portugal. Lassen wir diese ersten Minuten mal außen vor, hätte der FC Bayern im Viertelfinal-Hinspiel ein durchaus verdientes Remis erzielt und so ein Fehler, wie vor dem dritten Gegentor, passiert dem Sportskameraden Boateng auch nur einmal pro Saison. Schade, dass es an diesem Abend sein musste, sonst hätte es vielleicht auch ein Auswärtssieg sein können.

So weit so schlecht die Ausgangssituation vor dem Rückspiel am nächsten Dienstag.

Wäre das Ergebnis und die aktuelle Verletztenlage nicht schon schlimm genug (danach auch noch Götze angeschlagen und seit gestern unser Kapitän mit Magen-Darm-Problemen), kam es zu einem offensichtlichen Comeback des FC Hollywood. Und zwar auf allen Ebenen: Unser langjähriger Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt schmeißt unmittelbar nach der Porto-Pleite die Brocken hin. Mit sofortiger Wirkung und sein Team gleich mit. Der FC Bayern – noch dazu in dieser, nicht gerade einfachen Situation – steht medizinisch quasi blank da. Natürlich ist dem nicht so und man hat inzwischen den Teamarzt der Amateure kommissarisch eingesetzt, aber spontan war ich sprachlos. Ähnlich sprachlos, wie ich es beim Daum-Skandal war, oder als Hoeneß‘ Steuerstory publik wurde. So fühlt sich das an, wenn so langjährige Institutionen des eigenen Vereins sich von eben diesem entfernen. Bayerische Erdbeben.

Betrachten wir zunächst einmal nicht den medialen Gesichtspunkt, war ich unmittelbar danach noch viel erschrockener, wie sich einige Bayern-Fans in Rage redeten gegenüber unserem Trainer. Was da aus Einigen herausbrach, irritierte mich zunehmend. Ergänzen muss ich hier natürlich, dass ich generell mit zwischenmenschlichen Äußerungen Probleme habe, denen ich anmerke, mein Gegenüber hat nur auf eine Gelegenheit gewartet, diese Häme, Flüche, etc. los zu werden. Völlig losgelöst vom Fußball, Fans und auch ganz allgemein. Ist halt ein Wesenszug von mir und dies nur zur Erklärung meiner Einschätzung. Zurück zu den Stunden dieses sehr aufgeladenen Abends. Ich entschied spontan, mich zunächst extrem wenig, bis gar nicht zu äußern, auf keinem meiner Kommunikationskanäle. Ich verteilte nur Twitter-Sterne für die wenigen besonnenen Stimmen.

Was genau war hier eigentlich das Problem? Unser Ex-Arzt verschickt eine Pressemitteilung, die jede Menge Raum für Spekulationen bietet. Ob bewusst oder unbewusst, sei einmal dahin gestellt. Er unterrichtet darüber nicht einmal den Verein, für den er fast 40 Jahre gearbeitet hat. Die Fans, die hier unserem Trainer spontan vorwarfen, er zerstöre den Verein, wenn er nun auch noch diese Vereinsikone rausekeln würde, sollten auch einmal diesen Umstand beleuchten. Hat Müller-Wohlfarth eigentlich daran gedacht, in welche Lage er den FC Bayern bringt durch seine Entscheidung? Alles Spekulation, sicher, aber wieso sollte ich nicht auf all die ins Kraut schießenden Spekulationen mit Gegen-Spekulationen reagieren?

Gegen Pep wurde argumentiert, dass er ja noch nie mit „Mull“ gekonnt hätte und er diesen, nicht nur zuletzt in Leverkusen, öffentlich angegangen wäre („Klatsch-Szene“) – das entsprechende Video machte schnell die Runde. Die Diskussionen wurden, in meinen Augen, zu diesem Zeitpunkt immer hysterischer. Der Verein – wie gesagt, ohne Vorab-Kenntnis dieses „radikalen“ Schnittes – musste sich zunächst sammeln und gab dann irgendwann eine Pressemitteilung heraus, die formal korrekt war und die Arbeit und die Verdienste von MW entsprechend würdigte. Diese Pressemitteilung enthielt weder Meinungen, noch weitergehende Informationen, bot aber vielen, die immer noch emotional aufgeladen waren und vor allem den Medien, augenscheinlich erneut eine Steilvorlage. Die (Pflicht-)Pressekonferenz vor dem Spiel der Bayern in Hoffenheim tat ihr übriges, da es in dieser PK fast ausschließlich um das nächste Bundesligaspiel ging. Man kann über die Wortwahl und die „Basta“-Verhaltensweise von Markus Hörwick denken was man will (ich denke auch, man hätte hier souveräner reagieren können, aber wer will den Stab über Hörwick brechen und wer weiß, was dieser Rücktritt intern wirklich ausgelöst hat?), aber im Prinzip war das Thema dieser PK nicht der Rücktritt des Mannschaftsarztes. Punkt. Das können die Medien gut oder schlecht finden, war aber so und ob all das mit einem Uli Hoeneß in verantwortlicher Positionen anders gelaufen wäre – wer will das wissen?

Von Seiten der Medien wird dann gar von einem Bruch der „Pressefreiheit“ gefaselt, weil die öffentliche Kommunikation des FC Bayern zu diesem Thema nicht die gewünschte Richtung hat und man darum bittet, in der PK keine weiteren Fragen zu diesem Thema zu stellen – geht es auch eine Nummer kleiner? Ich als mündiger Bürger würde von der freien Presse schlichtweg erwarten, dass man sich nicht nur in eine PK setzt und dann darauf wartet, dass hier der Verein die Schlagzeilen produziert – ich erwarte von „den Medien“, dass diese die Produktion der Storys, die Recherche, die handwerklich erforderliche Arbeit selbst übernimmt! Das ist meine Erwartungshaltung an „die Medien“ – auch und gerade wenn es um Fußball und meinen Verein geht.

Meine Erwartungshaltung ist im Übrigen auch – und jetzt kommen wir zu meinem roten Faden – das wir nicht nur Berichte über die Sprachkünste, die Kleidung oder andere triviale Themen zu Pep Guardiola lesen, hören, vorgelegt bekommen, sondern auch einmal selbst recherchiert wird, wie die Gemengelage im Team so aussieht, schlichtweg kritisch gearbeitet wird. Die journalistische Arbeit kann ja nicht darin bestehen, dass man zunächst den Trainer Guardiola zu einer Ikone, zu einem Welttrainer hochjazzt, um ihn dann irgendwann, in vergleichbaren Situationen wie der jetzigen, „vom Hof zu schreiben“. Natürlich leben wir in einer „Medienwelt“, die offenbar immer seichter wird, aber gut finden muss ich das nicht und kritisieren darf ich dann auch, dass einzelne Medienvertreter mit Geschützen wie „Gefahr für die Pressefreiheit“ ein wenig sparsamer umgehen sollten. Danke.

Apropos Kritik.

Am Trainer Guardiola ist sicher nicht alles Gold was glänzt und nicht alles an diesem Trainer gefällt mir vorbehaltlos (wie z.B. seine Katar-Tätigkeit), aber ich versuche zumindest derlei Bedenken nicht zu sammeln, um sie dann irgendwann komplett auf den Tisch zu legen, nein, ich versuche, kritisches auch schon einmal aktuell zu äußern. Viel wichtiger finde ich in diesem Zusammenhang aber, dass man auch die Person der „Klub-Ikone“ Müller-Wohlfahrt einmal etwas kritischer beleuchtet. Es geht mir nicht darum, dass ich in Abrede stellen will, dass MW auch für mich eine sehr große Identifikationsfigur ist/war (er ist/war quasi so lange Arzt beim FC Bayern wie ich Fan dieses Vereins bin) und schon gar nicht will ich seine Verdienste rund um den Klub schmälern, es muss aber durchaus auch erlaubt sein, kritisch mit dem Mediziner MW umzugehen.

Warum zum Beispiel muss ich bei unabhängigen Medienvertretern, die sich teilweise mühsam durch Crowdfunding finanzieren müssen, von den – bei anderen Medizinern und Experten durchaus – umstrittenen Behandlungsmethoden lesen und hören? Warum lese ich derlei nur sehr wenig bei „alteingesessenen“ Journalisten und auch nicht zwingend in Münchner Medien? Warum erfahre ich aus eben diesen unabhängigen Kanälen, dass unser Ex-„Medizinmann“ Kontakte hatte zum Doping-Arzt Klümper?

Worauf ich hinaus will: Ein Müller-Wohlfahrt ist kein „Heiliger“, auch wenn ihn einige (Bayern)Fans in den letzten Tagen dazu machen wollten. Wir Außenstehende wissen weder Details noch Fakten – wir spekulieren nur (s. oben). Ins Bild passt da, dass es – gerüchteweise – gar nicht Guardiola sondern Rummenigge war, der MW nach dem Porto-Spiel noch in der Kabine Vorwürfe machte hinsichtlich der Ribéry-Verletzung. War das wirklich der Anlass für seine fristlose Kündigung? Was ist da zuvor gelaufen? Der Streit mit Guardiola hinsichtlich Teamärzten, die direkt an der Säbener Straße arbeiten und Verletzungen (im Training) direkt vor Ort behandeln können? Aus meiner Sicht hat hier Pep Recht. Oder der Streit um die Thiago-Verletzung? Hier hatte aus meiner Sicht wiederum unsere medizinische Abteilung Recht und Pep hat dies im Nachhinein auch akzeptiert und sich entschuldigt (oder etwas nicht?).

Nein – meiner spekulativen Meinung nach – geht es hier ganz viel um verletzte Eitelkeit, um Machtspiele, um das Verteidigen des eigenen Einflussbereiches. Ich muss das in keinster Weise gut finden, denn alles was dem Verein schadet lehne ich ab, aber offenbar stimmte hier die Chemie nicht. Und da hat dann auch unsere Führung versagt, denn die ist für das interne Betriebsklima verantwortlich und hätte hier evtl. bei Problemen einschreiten müssen. Ob sie diese Probleme gesehen hat oder nicht und ob sie versucht hat, diese Probleme auszuräumen oder eben nicht – wir wissen es nicht! Wir wissen aber, dass daran nur und ausschließlich unser Trainer Schuld trägt? Atmet mal bitte ganz tief durch.

Insgesamt muss ich sagen, dass die Gesamtsituation mehr als bedenklich ist. Der Verein sieht sich nun gezwungen seine komplette medizinische Abteilung neu zu strukturieren, noch dazu mit einer größeren Verletztenliste von Weltklasse-Spielern, deren Rückkehr mehr als sehnlich erwartet wird. Im Worst-case-Szenario scheiden wir am Dienstag schon im Viertelfinale aus der Königsklasse aus, weil unser Team körperlich wie mental angeschlagen ist. Wie das Pokal-Halbfinale gegen die Dortmunder Borussia verlaufen soll mit dieser Ausgangslage, wo die Anzahl der abwesenden Spieler eher größer als kleiner wird (noch dazu, weil dann die Belastung für die Spieler, die noch spielen, sich aber gar nicht mehr ausruhen können, immer größer wird, usw.) und der Gegner – nach dem bevorstehenden Abschied seines Kulttrainers zum Saisonende – mit Sicherheit noch einmal zu maximal möglicher Leistung aufschwingen wird, um Klopp zum Abschied einen Titel zu schenken – Puh.

Wer auch immer für diese komplexe Ausgangslage verantwortlich ist – Vielen Dank. Nicht.

Natürlich kann man nun argumentieren, dass auch schon das aktuell Erreichte mit diesem Kader und der Verletztenliste eine ganz ordentliche Leistung ist, aber dann kommen wir zum nächsten Punkt, den ich auch nicht müde werde zu erwähnen: Erwartungshaltung!

Die letzten Jahre(!) waren für viele Bayernfans (auch für mich) einfach nur ein Weltklasse-Traum. Da ich nun aber durchaus Tendenzen zum Pessimismus habe, hatte ich immer im Hinterkopf, diese Phase bloß nur so maximal wie möglich genießen zu wollen, denn irgendwann ist all das auch mal wieder zu ende. Die, die die Phrasen dreschten „die Bundesliga ist tot“, hatten diese Fähigkeit offenbar nicht, aber Fakt ist, dass all diese Erfolge, all diese Dominanz, irgendwann einmal zu einem Ende kommen müssen. Der FC Bayern ist allenfalls in der sehr komfortablen Lage, nach einer längeren Hochphase und einem kleinen „Tief“ die nächste Hochphase einzuleiten. Hoffentlich, muss man als Bayern-Fan sagen, aber wenn man sich die Historie anschaut, dann war es ja oft so. Gegenbeispiel ist hier Borussia Dortmund, die diese Hochphase nicht beliebig verlängern konnten und tatsächlich Schwankungen nicht so gut auffangen können, wie ein FC Bayern durch seine Jahrzehntelange sehr gute Arbeit. Ich schweife ab.

Mit einem Fazit komme ich zum Schluss dieses Beitrages: Es gibt für diese Situation nicht den Verantwortlichen. Es gibt in München viele Alphatiere in verantwortlichen Positionen. Derlei war immer die Strategie und die Ausrichtung bei meinem Verein, damit sind wir Zeit meines Fan-Lebens gut gefahren. Aber die Welt entwickelt sich weiter, auch der Fußball. Wer glaubte ernsthaft, dann wir das 2013er Triplejahr beliebig verlängern hätten können? War nicht gerade der Weg hin zu Guardiola der entscheidende Unterschied zu 2001, als uns nur ein „Weiter so“ einfiel? Denkt mal drüber nach, aber nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte – als einzelnes Jahr betrachtet, größer als andere Jahre des FCB zuvor – hätten wir, wenn wir im CL-Halbfinal-Rückspiel gegen einen brennenden Gegner nicht die falsche – vom Team gewünschte – Taktik genutzt hätten, beinah eben dieses Triple verteidigt! So falsch kann also diese Weiterentwicklung hin zu Pep Guardiola nicht gewesen sein, oder? Und jetzt müssen wir wieder zurück in Prä-Pep-Ära? Wird dann alles wieder gut? Was ist denn gerade schlecht?!

Menschen machen Fehler. Fans, Journalisten, Trainer, Präsidenten und Vereinsärzte. Derlei sollten wir bei unserer Einschätzung des aktuellen FC Bayern immer berücksichtigen und wer weiß, irgendwann einmal, wenn alle Beteiligten an dieser Situation einmal ihre Memoiren geschrieben haben, werden wir eventuell die wahren Hintergründe erfahren. Bis dahin bleibt uns nichts anderes übrig, als zu versuchen, über die Gräben hinweg zu sehen und zusammen für den Erfolg des Vereins alles zu geben. Denn der Erfolg dieser Saison steht gerade auf der Kippe – wer will am Ende des Tages für ein Scheitern mitverantwortlich sein? Ich nicht.

Auf geht’s, Ihr Roten!

Weisheiten #266

„Natürlich ist es eigentlich fast unmöglich, das alles zu wiederholen – vor allem direkt im Jahr darauf. Aber wir streben danach. Wir wollen wieder da hin, wo wir waren. Wir wollen wieder in die Finals, wir wollen wieder Trophäen! Das wird eine große Herausforderung.“

Philipp Lahm, bayerischer Kapitän.

Im Süden nichts Neues

Selten zuvor war es schwerer einen Rückblick zu schreiben. Was sollte auch noch erwähnt werden, was im Laufe dieses Jahres 2013 nicht schon gesagt wurde? In epischer Breite. Wer bin ich, dass mir da noch etwas Neues einfällt? Eben.

Ziehen wir es also auf die persönliche Ebene. 2013 – nicht nur 2012/13 und 2013/14 – war ein Jahr der Wiedergutmachung, des Friedenmachens mit den Geistern der Vergangenheit, jüngeren Vergangenheit.

Dieser Tage wird viel über die „Dominanz des FC Bayern“ geredet, auch hier. Man vergisst dabei sehr schnell die Narben und Närbchen, die wir erst vor 18 Monaten bekamen und die uns in der Folge antrieben.

Rekord-Saison des BVB 2011/12? Bestätigung des „Überraschungsmeisters von 2011? Demütigung im Pokalfinale 2012 mit anschließenden schwarzgelben Doublefeiern? Unfassbare Niederlage im Finale Dahoam? All dies liegt gefühlt noch sehr viel länger als 1,5 Jahre zurück.

Der bayerische Phönix stand im Herbst 2012 wieder auf. Unerwartet in seiner Konstanz, Zielstrebigkeit, Schnelligkeit und Schönheit. Erste emotionale Höhen nach Dauertälern. Gleichwohl Unsicherheit, da wenige Monate zuvor schon einmal ein Triple verspielt wurde. Der Weg als Ziel beseitigte zunehmend restliche Zweifel, beim Zählen der Rekorde hatten wir damals alle noch unsere helle Freude. Wieso auch nicht, war es doch eine direkte Replik auf den Klopp’schen Stolz, Beckenbauer-esk die eigenen Bestleistungen längerfristig als unerreichbar zu klassifizieren. Erstes Erstaunen auf breiter bayerischer Ebene, so kurzfristig wie möglich zu reagieren.

Ziel Nr.1: Reaktion auf BVB-Bundesliga-Rekorde. Check.

Das nächste Ziel lag nahe. Es ist das Standardziel, wenn die Bayern mal irgendwas nicht gewonnen haben: Sich den Titel zurück holen. Eh klar. Im Falle der Dortmunder Borussia ist die Gemengelage ein wenig komplexer als bei Werder, Lautern, Stuttgart oder Wolfsburg. Der Pottkonkurrent wuchs zum echten Konkurrenten heran und diese Stärke zeigte sich in der Spielweise, den Ergebnissen, den Titeln und dem Gefühl. Dem Gefühl eines jeden Anhängers des FC Bayern, egal, ob inner- oder außerhalb des Vereins: Leute, die machen uns fertig und wir können nix dagegen machen. Klar, die Niederlage in Dortmund im 2012er-Bundesliga-Endspurt war mehr als unglücklich für uns, aber sie bestätigte nun einmal besagte Serie.

Derlei muss man im Hinterkopf behalten, wenn man die Verbissenheit betrachtet, mit der die Bayern die folgende Bundesliga-Saison angingen und die symbolhafte Erleichterung bei Arjen Robben sah, als er nach dem Schlusspfiff des gewonnenen DFB-Pokalspiel gegen den BVB auf den Boden sank und diesen wild bearbeitete. Wer würde zumindest in der Stunde des Sieges abstreiten wollen, dass Minuten der Niederlage schmerzen? Der Rest der Double-Geschichte lief recht flüssig, wenn man davon absieht, dass die Bayern ganz zum Schluss der Triple-Komplettierung – im „einfachsten“ Spiel – fast noch dieses historische Erlebnis aufs Spiel gesetzt hätten, als sie einen zunächst überforderten schwäbischen VfB, im Gefühl des sicheren Triumphes, beinah noch einmal vollumfänglich ins Spiel zurück kommen ließen. Nach so viel, fast unmenschlicher Konzentration, sei Lahm, Müller, Schweinsteiger & Co. diese Schwäche zugestanden.

Ziel Nr.2: BVB als Double-Sieger ablösen. Check.

Selten zuvor war ein Tal tiefer als nach der Niederlage im Championsleague-Finale 2012. Sei es durch die Überhöhung dieses Ereignisses (Medien), oder durch die körperlich durchlittene Dramaturgie (ich). Nach diesem Spiel wusste ich, wie jeder andere Bayern-Fan auch, natürlich nicht, wie wir da jemals wieder raus kommen würden. Erneut in der Königsklasse antreten, logisch, qualifiziert waren wir ja. Gruppenphase, klar, Achtelfinale, mhm, dann mal schauen, yep. Aber gewusst, geahnt hat doch nun wirklich niemand, was uns in den nächsten 12 Monaten bevorstehen würde. Eine Gruppenphase ist eine Gruppenphase. Und das Rückspiel gegen Arsenal war mein bis dato letztes Livespiel des FC Bayern. Von daher war mir auch und gerade an diesem bitterkalten Februarabend so ganz und gar nicht klar, wohin all das noch führen würde.

Ich war weiterhin unsicher und dachte nur von Spiel zu Spiel, von Szene zu Szene. Juventus – was ein Brett. Eliminiert. Klar eliminiert. Dann Barca. Vielen Dank, war schön mit Dir, Königsklasse, wenn ausscheiden, dann wenigstens nicht im Finale. Dann diese erste Halbzeit in München. Diese zweite, diese erste in Barcelona und eine letzte im Camp Nou. Was geht ab, Leute? An dieser Stelle muss ich einschieben, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht diese „Siegessicherheit“ hatte, wie sie mich derzeit beruhigt, nein, davon war ich weit entfernt und am allerentferntesten weg war ich davon im Championsleague-Finale in London. Bei allem, was ich rund um das Finale gesagt, gezwitschert oder sonstwie kundgetan habe: Ich war nervös, verdammt nervös.

Warum? Weil es tatsächlich zu befürchten stand, dass uns die Dortmunder, denen wir jeden zuvorigen Bundesligarekord unmittelbar wieder abgenommen hatten, die wir nach Belieben dominierten und einen – im Vergleich zu den tatsächlichen Kräfteverhältnissen zwischen BVB und FCB – aberwitzigen Vorsprung heraus gespielt hatten, mit einem Sieg in Wembley, alles, wirklich alles davon in der Außenwirkung negiert hätten. Ob es wirklich so gekommen wäre, werden wir zum Glück nie erfahren, aber unruhig war ich deshalb trotzdem. Mächtig unruhig. Bis zur 89.Minute. Bis Arjen Robben.

In dieser Szene liegt auch deshalb so viel Brisanz, weil sie eine Entwicklung manifestierte, die unsere – zwischen 2010 und 2012 – „geschundenen“ Seelen heilte und in der aktuellen Saison noch viel eklatanter zu Tage trat: Dortmund mit seinem (fast erfolgreichen) Plan A und wir mit unseren Plänen A-Z. Für andere ein möglicherweise – ähem – tödliches Konzept, für z.B. mich ein Gefühl der Demut, Zeitzeuge dieser Ära zu sein (denn ja, auch diese Ära wird enden).

Ziel Nr.3: Championsleague-Sieg im dritten Versuch in vier Jahren. Check.

Ziel Nr.3.1: Triple-Saison mit Sieg gegen BVB „retten“. Check.

Gemäß der festgelegten Kausalkette ergab sich folgerichtig in der abgelaufenen Hinrunde die Möglichkeit, neue, bislang ungewonnene oder runderneuerte Pokale und Titel für den FC Bayern zu gewinnen. Eine „Revanche“ gegen Chelsea in einem europäischen Endspiel. Diskussionswürdig einerseits, ob derlei eine Revanche für die 2012er Finalniederlage sein kann und ob es sich hier andererseits überhaupt um ein (ernst zu nehmendes) Finale handelt.

Wie so vieles liegt auch hier die Antwort im Auge des Betrachters. Dortmunder (und alle sonstigen Fußball) Anhänger werden die Bedeutung eher geringer eingeschätzt haben, Bayern-Anhänger eine Revanche-Option, da weder CL-Finale, noch in London, ebenfalls eher abschätzig bewerten. Mir war das wumpe. Spätestens als ich sah, wie wichtig Mourinho offenbar dieser Titel war, war mein Feuer vollends entflammt. Und auch hier war das Gesamtkunstwerk, aus Atmosphäre (Vorgeschichte Drehkreuze Arena, Stimmung), Spielweise, Dramaturgie (Martinez!) schlichtweg atemberaubend. Meine Explosion ebenbürtig.

Einräumen mag ich gerne, dass da der Weltpokal, äh die Klub-WM ein wenig hinten anstehen musste, aber gewinnen wollte ich sie dann doch, nicht für die Welt oder ihre unsägliche Beherrschung, nein, weil ich im Prinzip immer jedes Spiel gewinnen will und „den Medien“ keine Steilvorlage geliefert sehen wollte, vielleicht doch dem FCB, unserem 2013 oder gar Pep ein zumindest graues Wölkchen anzudichten. That’s it.

Ziel Nr.4: Revanche gegen Chelsea & Erstmaliger Sieg im europäischen Supercup. Check.

Ziel Nr.5: Dritter Weltpokal- / Erster Klub-WM-Sieg. Check.

Was all das für 2014 bedeutet? Keine Ahnung. Bislang haben wir noch keinen Titel verteidigt, auch wenn es zurzeit ganz gut aussieht und vor allem seit einigen Wochen unser Spiel von einer gewissen Sicherheit durchsetzt ist, die ihresgleichen sucht.

Was uns auszeichnet? Trotz all dieser Erfolge nicht nachzulassen und weiter an den nächsten Erfolgen zu arbeiten. Mein Dank dafür an Spieler, den Stab und alle beim FC Bayern, die daran ihren Anteil haben!

Auf geht’s, Ihr Roten! Auch in 2014.

Und allen anderen Lesern und Freunden von Breitnigge einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Weisheiten #261

„Das ist ein wunderschöner Abschluss für seine Trainerkarriere. Ich wünsche ihm als Freund, dass er das jetzt auch noch genießt, dass er sich als einer der wenigen von uns zurücklehnen kann, sich immer wieder die Höhepunkt der Saison auf Video anschaut, ein Glas Wein dabei trinkt und sagen kann: Das hab ich doch ganz gut gemacht beim FC Bayern.“

Uli Hoeneß, Jupp-Freund

Surreales Finale. Schwäbische Fighter.

Es war surreal. Meine Güte. Ein Finale. Das deutsche Pokalfinale. Wie viele Fußballer erreichen „Berlin“ nicht ein einziges Mal? Und dann wir Bayern. Gegen den schwäbisches VfB. Ein Team mit der Chance auf den großen Wurf, die große „Sensation“. Einen Sieg gegen den FC Bayern. Und ich? Sitze in Mallorca im Hotelzimmer (auf mehrfache Nachfrage ergab sich keine andere Option, trotz mehrerer Bars und Restaurants innerhalb der Anlage), ein spanisches Bier in der Hand, nebenan schlafen die Kinder, auf dem anderen Nebenan, dem Balkon, die Frau im spanischen Sonnenuntergang. Emotional erst eine Woche nach DEM Finale. Der Championsleague. Gegen den BVB.

Wie gesagt, surreal.

Und dann dieses Spiel. Viele, vor allem Nicht-Bayern und sogar Schwaben äußerten sich annähernd zweistellig über den Ausgang. Etwas, dass nicht zu Bruno und seinen Jungs durchgedrungen war. Rennen, Laufen, Kratzen, Beißen. Die Stuttgarter. Die Jupp-Jungs? Restalkoholisiert? Zumindest allenfalls zahm.

Sicher, der VfB ist nicht der BVB. Und es war nur Berlin und nicht Wembley. Gebraucht habe ich diese Irritation trotzdem nicht. Aber selbst in der starken schwäbischen Phase hatte ich zumeist im Hinterkopf: Pffff, Eeeeuuurooopaaapoookaaal!

Wie auch immer, in dieser immer noch unfassbar unglaublichen Saison schien einfach alles möglich und das übliche unmöglich. So auch eine Gefährdung unseres Triple-Traumes.

Man kann über den Schiedsrichter diskutieren. Eigentlich immer. Wenn man mag. Warum nicht auch nach diesem Spiel? Eben. Aber erstens können und haben das Profis wie „Collinas Erben“ schon besser gemacht, als ich es vermag und zweitens… Eeeeuuurooopaaapoookaaal!

Mir bricht nach all dem Erfolg kein Zacken aus der Krone, mich vorbehaltlos der Analyse von Klaas und Alex anzuschließen (wieso auch nicht – nicht nur diesmal?!). Insgesamt war der Sieg gegen die wackeren Schwaben verdient, klar, es hätte aber eben durchaus für „den Underdog“ zu einer Verlängerung reichen können. Was erstens schlecht für meine Nerven und zweitens für meinen Bierkonsum gewesen wäre. Um die Uhrzeit hatte da nix mehr auf. Aber ging ja noch mal gut.

Apropos gut.

Der Müller ist ’ne coole Sau, oder? Isser. Nicht nur so. Sondern auch vom Punkt. Und dann der Seitenwechsel. Die Stuttgarter, die schon auf dem Platz auf unsere Bayern warteten, offenbar noch einmal Bruno-esk top motiviert – stand ja nur 0:1. Und die Bayern? Die machten ihrerseits ernst und ließen dem 2:0 mit dem 3:0 die – offensichtliche – Vorentscheidung folgen. Der VfB in der 61. Minute am Rande der Klatsche? Kaum etwas deutete auf das Gegenteil.

Der Sportskamerad Harnik sah dies anders. Der hatte was dagegen. Imho war er phasenweise der Einzige in den schwäbischen Reihen, den die Rückstände störten. Da war es nur konsequent, dass er in der 71. Minute den – offensichtlichen – Ehrentreffer erzielte. Alles gut, wollen wir mal nicht so sein, eine Klatsche hätten diese tapferen Schwaben auch nicht verdie… oh, wait – 2:3?!

Wann würde einer wie Harnik wohl aufgeben? Wenn er sich einen Fuß bricht? Der Schiedsrichter das Spiel beendet und die Ordner ihn als letzten Spieler im leeren Stadion vom Platz geleiten? So in etwa muss das wohl sein. Anders kann ich mir seine Schuss-Kanonade vor dem Auftakt einer Blutdruck-fördernden Schlussphase nicht erklären. Da konnte Neuer noch so gut halten, Harnik drosch so lange auf den Ball ein, bis er in den Maschen des bayerischen Tores lag.

Ganz(!) am Ende dieser langen und maximal erfolgreichen Saison fingen wir noch mal das Zittern an. Ich mein, besser gegen den VfB im Pokalfinale in Bedrängnis geraten, als gegen den BVB in Wembley…

Aber ruhig Blut, es passierte ja nix mehr. Dann der Abpfiff. Pokalsieger! Das Triple! Und bei mir? Freude. Aber eine Explosion wie eine Woche zuvor? Nein, wenn ich ganz ehrlich bin.

Ich sag es ja: Surreal.

Im Schatten der WM den Mantel des Schweigens aktiviert

Im Grunde ist das ja nix Neues.

Ein Thema bestimmt die Gazetten und da drängt es sich gerade zu auf, mal schnell unangenehme Themen durch’s Dorf zu treiben.

Das funktioniert in der Politik genauso wie im Fußball.

Warum ich das erwähne?

Weil ich gestern im Videotext eine nette Meldung zu einem ehemals größeren Thema las.

Den Gerüchten rund um die Aberkennung aller letztjährigen Titel für Inter Mailand.

Nun, machen wir es kurz.

Das Thema ist durch und es wurde – nennen wir es einmal – „italienisch“ gelöst.

Inter Mailand Präsident Massimo Moratti wurde vom italienischen Verband FIGC für drei Monate gesperrt, nachdem Absprachen mit Genua-Präsident Enrico Preziosi in Transferfragen festgestellt wurden.

Hui. Im Untertitel wird es noch dramatischer…

Mitten im Transferfenster muss der italienische Meister ohne ihren Vorsitzenden auskommen.

Wichtig ist dagegen nur dieser Satz.

All zu sehr schmerzen dürfte die „Nerazzurri“ dieses Urteil nicht, denn obwohl Moratti seine Sperre absitzen muss, dürfen seine Kollegen weiterhin Geschäfte im Namen des Triple-Siegers machen.

Womit dann auch alles gesagt wäre.

Wunschzettel – was noch übrig ist

Der Anfang einer Saison ist etwas Herrliches. Man hat noch Wünsche, Träume, ist noch nicht auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Als Bayern-Fan ist das nicht anders, als als jeder anderer Fan. Diese Saison war der Aufprall zur Abwechslung mal etwas härter. Naja. Zuletzt haben wir uns (national) ohnehin zu Tode gesiegt.

Hier meine Liste:

Schöner Fußball
Gewinn der Triples
Erneute Double-Verteidigung
Pokalsieg
Schöner Fußball nach Trainerwechsel
Meisterschaft
Championsleague-Sieg
Vizemeisterschaft
Championsleague-Qualifikation

Mal schauen, was die nächsten Wochen bringen.