Weisheiten #177

Jetzt schieben sie uns Arjens Leistenbruch in die Schuhe, anstatt uns dankbar zu sein, dass wir ihn noch einmal gründlich untersucht haben lassen […] Auf einmal geben sie uns die Schuld, da wird man verrückt von. Das ist beinahe asozial. […] Bei uns ist es üblich, dass alle Spieler, die angeben, ein Gesundheitsproblem zu haben, vor Lehrgangsbeginn untersucht werden. Deshalb haben wir Arjen von unserem Arzt am Montagmorgen untersuchen lassen. Doktor Gert-Jan Goudswaart hatte Zweifel an der Diagnose Schambeinentzündung. So war er nicht überrascht, als er den Leistenbruch feststellte.

Bert van Marwijk, Ex-Sympath

Auf sie mit Gebrüll. Die Holländer.

Klar. Wenn es um das Thema FC Bayern geht, hat jeder was zu melden. Sportjournalisten, Blogger, Twitterer. Und fast jeder hat so seine Schublade.

Wird es kontrovers, macht es noch viel mehr Spaß.

Und kontrovers ist es heuer mal wieder. Aufgrund des Saisonstarts. Aufgrund der Verletzten. Und überhaupt.

Aber versuchen wir doch einfach mal all das außen vor zu lassen. Selbst wenn es schwer fällt.

Hauptsächlich geht es mir hier um das Thema Verletzungen.

Den ersten Schock erlitten wir im Rahmen des Oberschenkels des Sportskameraden Robben.

Das Thema ist noch nicht ausgestanden und offenbar werden hier irgendwie ordentliche Gerichte ins Spiel kommen. Der KNVB sieht sich auf der sicheren Seite. Abwarten.

Hat man dieses Thema aber im Hinterkopf – aus Bayernsicht hat hier ein verletzter Spieler bei der WM gespielt und sich somit eine noch größere Verletzung zugezogen – dann kann man doch vielleicht die eine oder andere Reaktion aus dem FC Bayern-Umfeld rund um die Verletzung unseres Kapitäns Mark von Bommel ein wenig nachvollziehen, oder?

Nicht? Dann besser jetzt aufhören mit dem Lesen.

Mark van Bommel ist im ersten EM-Qualifikationsspiel gegen Moldawien auf sein lädiertes Knie gefallen. Daraufhin – mit dem Fall Robben im Hinterkopf – wollte der FC Bayern (van Bommels Arbeitgeber) kein Risiko eingehen und seinen Spieler zwecks Untersuchung nach München zurückbeordern.

Spätestens nach der verharmlosenden Aussage von van Bommels Schwiegervater wurden die Reaktionen des FC Bayern von den obigen üblichen Verdächtigen nur noch belächelt. [1]

„Es ist nichts kaputt in Marks Knie. Es handelt sich um eine kleine Schleimbeutelentzündung am rechten Knie. Die hat er schon einige Wochen.“

Von KNVB-Chef Bert van Oostveen wurden wir ob dieser Pressemitteilung gar als asozial beschimpft.

Das Blatt wendete sich imho erst, als van Bommel dann tatsächlich schwerer verletzt vom Länderspiel zurückkehrte. Wie eben von uns Bayern befürchtet.

Der Spieler hat sich […] einen Faszienriss mit ausgedehntem Hämatom (Bluterguss) im rechten Knie zugezogen. Der Bluterguss musste von unserem Klub-Arzt heute auf Grund dieser Verletzung punktiert werden, dabei wurden 25 ml Blut aus dem Kniegelenk entfernt. Mark van Bommel wird wegen dieser Verletzung fünf Tage absolute Ruhe benötigen und muss sich danach an weiteren fünf Tagen einer Bewegungstherapie unterziehen.

Soso. Also nur eine kleine Schleimbeutelentzündung.

Ich will hier nicht die uralte Diskussion weiterführen, dass man sich Nationalspieler auch leisten können muss und dass Vereine, die mehr Nationalspieler beschäftigen, kaufen oder selber ausbilden, hier eben ein höheres Risiko tragen als Vereine, die kaum Spieler für deren Verbände anbieten.

Es geht mir ausschließlich darum, was der holländische Verband und die Verantwortlichen (Mediziner) rund um die holländische Nationalmannschaft hier für ein Spiel betreiben. Da werden angeschlagene Spieler eingesetzt, die sich bei der Gelegenheit aber mal richtig verletzen und anschließend wieder bei uns vor der Tür abgelegt. Vielleicht, damit wir sie dann bis zum nächsten Länderspiel wieder fit bekommen?

Waren so nicht auch Rummenigges Worte?

„Leider ist nun genau das eingetreten, was wir schon vor dem EM-Qualifikationsspiel Niederlande – Schweden am Dienstag befürchtet hatten […] Es wäre verantwortungsvoll gewesen, wenn Mark van Bommel schon gestern nach München zurückgekehrt und von unserem Klub-Arzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt diagnostiziert und behandelt worden wäre. Stattdessen wurde einmal mehr der Beweis erbracht, dass ein Verband ausschließlich seine eigenen Interessen vertritt – und dabei sogar eine Gesundheitsgefährdung der Spieler in Kauf nimmt.“

Diese Meinung hat der FC Bayern übrigens doch nicht exklusiv.

„In dem Fall müssten Verein wie Verband sagen: Dann spielt er halt nicht. Aber die Niederländer handeln nach dem Motto: Nach uns die Sintflut. Damit verletzten sie die Verpflichtungen nationaler Verbände gegenüber FIFA und abgebendem Klub. […] Wir haben dieses Problem in der Tat nur in Holland, wo Spieler ohne Rücksicht auf Verluste für die nächste Begegnung fit gemacht werden. Ansonsten wird damit offensichtlich verantwortungsbewusster umgegangen.“

Vielleicht aber doch auch in anderen Ländern und mit anderen Bundesligateams.

Zurück zum roten Faden. Der holländische Verband.

Wären wir Bayern ob all dieser Verletzungen und Verhaltensweisen nicht ohnehin schon geladen, müssen wir uns immer weiter provozieren lassen.

„Wir saßen in der Klinik von Klubarzt Müller-Wohlfahrt. Er sprach nur mühsam Englisch und wiederholte eigentlich nur seinen einen Spruch, dass Muskelverletzungen nur durch Ruhe auskuriert werden können. Das stünde auch in diesem berühmten Buch, sagte er stets. Wer denn das berühmte Buch geschrieben habe, fragte ich ihn. ‚Ich natürlich‘, antwortete er. Bert van Oostveen hatte danach Probleme, ihn ernst zu nehmen.“

So Henk Kesler, Vorgänger von Bert van Oostveen. Diese Worte sprach er im Nachgang der Fifa-Auszeichnung des „KNVB mit dem MEDICAL CENTRE OF EXCELLENCE AWARD“ („Wir haben eine Kopie der Auszeichnung sofort nach München geschickt.“).

Wie lange ist Müller-Wohlfahrt jetzt eigentlich schon als Mediziner tätig? Nicht nur für den FC Bayern, sondern auch für die deutsche Nationalmannschaft? Nicht nur für Fußballer?

Und? Hat er in all den Jahren bei irgendwelchen Sportlern 5cm große Löcher übersehen?

Ganz im Ernst: Bin ich der einzige Bayern-Fan dem bei so was das Messer in der Tasche aufgeht?

[1] Selbst wenn van Bommel zuvor schon eine Verletzung hatte, mit der er beim FC Bayern gespielt hat, muss der FC Bayern das gewusst, bzw. die Ärzte ihn behandelt haben. Falls er dies verschwiegen hat, müsste man mit ihm auch mal ein Wörtchen reden. Im Rahmen der Pressemitteilung ging es aber um die Verschlechterung seines Zustandes (-> Faszienriss) und die Absicht der Holländer ihn trotzdem spielen zu lassen.

Die Akte Robben 03/10 – kurz vor der Entscheidung?

[02.09.2010] Laut der Zeitung mit den vier großen Buchstaben soll es vor dem nächsten Bundesliga-Spiel des FC Bayern (11.09. gegen Werder Bremen) einen Gipfel mit dem KNVB-Generalsekretär Harry Been zum Thema Robben geben.

Ziel der Bayern bleibt die Gehaltsübernahme Robbens durch den niederländischen Fußball-Verband.

[02.09.2010] Bondscoach Bert van Marwijk hat sich auch mal wieder zum Thema geäußert.

„Ich habe gehört, dass Arjen längere Zeit ausfällt. Das ist ein schwerer Schlag für ihn, ich werde ihn in dieser schwierigen Situation aber unterstützen. Ich kann zur Verletzung nichts sagen. Das Einzige, was ich sagen kann, ist, dass wir sehr vorsichtig mit ihm während der WM umgegangen sind. Es ist mysteriös, was mit ihm passiert ist.“

Mysteriös. In der Tat. Wie von Zauberhand, war das 5cm-Loch in Robbens Oberschenkel während der WM plötzlich geschlossen und hat sich erst wieder aufgetan als die Bayern mal reinschauten. Dieser böse holländische Muskel mag die Bayern einfach nicht und hat sich nur für die WM mal kurz zusammengerissen. Mysteriös.