Auf sie mit Gebrüll. Die Holländer.

Klar. Wenn es um das Thema FC Bayern geht, hat jeder was zu melden. Sportjournalisten, Blogger, Twitterer. Und fast jeder hat so seine Schublade.

Wird es kontrovers, macht es noch viel mehr Spaß.

Und kontrovers ist es heuer mal wieder. Aufgrund des Saisonstarts. Aufgrund der Verletzten. Und überhaupt.

Aber versuchen wir doch einfach mal all das außen vor zu lassen. Selbst wenn es schwer fällt.

Hauptsächlich geht es mir hier um das Thema Verletzungen.

Den ersten Schock erlitten wir im Rahmen des Oberschenkels des Sportskameraden Robben.

Das Thema ist noch nicht ausgestanden und offenbar werden hier irgendwie ordentliche Gerichte ins Spiel kommen. Der KNVB sieht sich auf der sicheren Seite. Abwarten.

Hat man dieses Thema aber im Hinterkopf – aus Bayernsicht hat hier ein verletzter Spieler bei der WM gespielt und sich somit eine noch größere Verletzung zugezogen – dann kann man doch vielleicht die eine oder andere Reaktion aus dem FC Bayern-Umfeld rund um die Verletzung unseres Kapitäns Mark von Bommel ein wenig nachvollziehen, oder?

Nicht? Dann besser jetzt aufhören mit dem Lesen.

Mark van Bommel ist im ersten EM-Qualifikationsspiel gegen Moldawien auf sein lädiertes Knie gefallen. Daraufhin – mit dem Fall Robben im Hinterkopf – wollte der FC Bayern (van Bommels Arbeitgeber) kein Risiko eingehen und seinen Spieler zwecks Untersuchung nach München zurückbeordern.

Spätestens nach der verharmlosenden Aussage von van Bommels Schwiegervater wurden die Reaktionen des FC Bayern von den obigen üblichen Verdächtigen nur noch belächelt. [1]

„Es ist nichts kaputt in Marks Knie. Es handelt sich um eine kleine Schleimbeutelentzündung am rechten Knie. Die hat er schon einige Wochen.“

Von KNVB-Chef Bert van Oostveen wurden wir ob dieser Pressemitteilung gar als asozial beschimpft.

Das Blatt wendete sich imho erst, als van Bommel dann tatsächlich schwerer verletzt vom Länderspiel zurückkehrte. Wie eben von uns Bayern befürchtet.

Der Spieler hat sich […] einen Faszienriss mit ausgedehntem Hämatom (Bluterguss) im rechten Knie zugezogen. Der Bluterguss musste von unserem Klub-Arzt heute auf Grund dieser Verletzung punktiert werden, dabei wurden 25 ml Blut aus dem Kniegelenk entfernt. Mark van Bommel wird wegen dieser Verletzung fünf Tage absolute Ruhe benötigen und muss sich danach an weiteren fünf Tagen einer Bewegungstherapie unterziehen.

Soso. Also nur eine kleine Schleimbeutelentzündung.

Ich will hier nicht die uralte Diskussion weiterführen, dass man sich Nationalspieler auch leisten können muss und dass Vereine, die mehr Nationalspieler beschäftigen, kaufen oder selber ausbilden, hier eben ein höheres Risiko tragen als Vereine, die kaum Spieler für deren Verbände anbieten.

Es geht mir ausschließlich darum, was der holländische Verband und die Verantwortlichen (Mediziner) rund um die holländische Nationalmannschaft hier für ein Spiel betreiben. Da werden angeschlagene Spieler eingesetzt, die sich bei der Gelegenheit aber mal richtig verletzen und anschließend wieder bei uns vor der Tür abgelegt. Vielleicht, damit wir sie dann bis zum nächsten Länderspiel wieder fit bekommen?

Waren so nicht auch Rummenigges Worte?

„Leider ist nun genau das eingetreten, was wir schon vor dem EM-Qualifikationsspiel Niederlande – Schweden am Dienstag befürchtet hatten […] Es wäre verantwortungsvoll gewesen, wenn Mark van Bommel schon gestern nach München zurückgekehrt und von unserem Klub-Arzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt diagnostiziert und behandelt worden wäre. Stattdessen wurde einmal mehr der Beweis erbracht, dass ein Verband ausschließlich seine eigenen Interessen vertritt – und dabei sogar eine Gesundheitsgefährdung der Spieler in Kauf nimmt.“

Diese Meinung hat der FC Bayern übrigens doch nicht exklusiv.

„In dem Fall müssten Verein wie Verband sagen: Dann spielt er halt nicht. Aber die Niederländer handeln nach dem Motto: Nach uns die Sintflut. Damit verletzten sie die Verpflichtungen nationaler Verbände gegenüber FIFA und abgebendem Klub. […] Wir haben dieses Problem in der Tat nur in Holland, wo Spieler ohne Rücksicht auf Verluste für die nächste Begegnung fit gemacht werden. Ansonsten wird damit offensichtlich verantwortungsbewusster umgegangen.“

Vielleicht aber doch auch in anderen Ländern und mit anderen Bundesligateams.

Zurück zum roten Faden. Der holländische Verband.

Wären wir Bayern ob all dieser Verletzungen und Verhaltensweisen nicht ohnehin schon geladen, müssen wir uns immer weiter provozieren lassen.

„Wir saßen in der Klinik von Klubarzt Müller-Wohlfahrt. Er sprach nur mühsam Englisch und wiederholte eigentlich nur seinen einen Spruch, dass Muskelverletzungen nur durch Ruhe auskuriert werden können. Das stünde auch in diesem berühmten Buch, sagte er stets. Wer denn das berühmte Buch geschrieben habe, fragte ich ihn. ‚Ich natürlich‘, antwortete er. Bert van Oostveen hatte danach Probleme, ihn ernst zu nehmen.“

So Henk Kesler, Vorgänger von Bert van Oostveen. Diese Worte sprach er im Nachgang der Fifa-Auszeichnung des „KNVB mit dem MEDICAL CENTRE OF EXCELLENCE AWARD“ („Wir haben eine Kopie der Auszeichnung sofort nach München geschickt.“).

Wie lange ist Müller-Wohlfahrt jetzt eigentlich schon als Mediziner tätig? Nicht nur für den FC Bayern, sondern auch für die deutsche Nationalmannschaft? Nicht nur für Fußballer?

Und? Hat er in all den Jahren bei irgendwelchen Sportlern 5cm große Löcher übersehen?

Ganz im Ernst: Bin ich der einzige Bayern-Fan dem bei so was das Messer in der Tasche aufgeht?

[1] Selbst wenn van Bommel zuvor schon eine Verletzung hatte, mit der er beim FC Bayern gespielt hat, muss der FC Bayern das gewusst, bzw. die Ärzte ihn behandelt haben. Falls er dies verschwiegen hat, müsste man mit ihm auch mal ein Wörtchen reden. Im Rahmen der Pressemitteilung ging es aber um die Verschlechterung seines Zustandes (-> Faszienriss) und die Absicht der Holländer ihn trotzdem spielen zu lassen.

11 Gedanken zu „Auf sie mit Gebrüll. Die Holländer.“

  1. Also manchmal meint man echt, die bei der FIFA haben direkt Humor…

    Interessant, was der Herr Schickhardt im Interview so erzählt – andererseits: Der Name klingt so merkwürdig vertraut. Hat der die Bayern nicht schon öfter in gerichtlichen Angelegenheiten vertreten?

    Mich würde auch mal wundern, mit welchen Kriterien dieser „Excellence Award“ vergeben wird. Schon merkwürdig, dass den gerade der WM-Finalist kriegt, wo doch alle Verletzten in Europa entweder nach Deutschland oder in die USA zum ominösen Dr. Steadman geflogen werden.

  2. Servus,
    ich hab mich vor Tagen schon über den KNVB aufgeregt, und nun sowas…
    ZWEI solcher Fehldiagnosen innerhalb kürzester Zeit sind ja unglaublich.
    Dann verunglimpfen sie noch unseren HWMW, obwohl doch augenscheinlich zweimal deren medizinische Abteilung Mist gebaut hat.

    Aber als i-Tüpfelchen dann noch die Auszeichnung der FIFA für hervorragende Medizinische Betreuung -> der blanke HOHN!

  3. Das die Holländer überhaupt sich so hochgestochen hinstellen und meinen sie hätten rein gar nichts zu befürchten und ja auch nichts getan.

    Es gibt wohl wenige Mediziner unter uns und keiner von uns hat unsere beiden verletzten Spieler mit der Verletzung persönlich gesehen, aber es ist doch nun wirklich bei allen aktiven Spitzensportlern bekannt, (wie ja hier auch schon erwähnt wurde), zu welchem Arfzt man hinfliegt oder fährt um sich behandeln und untersuchen zu lassen. Und das ist doch wohl eindeutig unser Doc.

  4. Natürlich ärgere ich mich als Bayernfan auch über die Verletzungen und die damit verbundenen Ausfälle, schließlich ist die Verletzungsserie einer der Hauptgründe für unsren Fehlstart.

    Trotzdem sehe ich das ganze auch etwas differenzierter und finde, dass durchaus auch die beiden betroffenen Spieler in die Verantwortung genommen werden müssen.

    Zu der zitierten Aussage des holländischen Mediziners muss ich sagen, dass auch mir Leute suspekt sind, die Ihre Meinungen durch Bücher untermauern, die sie selbst geschrieben haben. Wobei natürlich niemand weiß, ob sich diese Geschichte da wirklich so zugetragen hat. Ich hatte eigentlich immer gedacht, dass MW eine durchaus nicht nur in Deutschland anerkannte Größe in der Sportmedizin ist.

    Neben all dem berechtigten Ärger über das Verhalten der Holländer bin ich nach wie vor der Meinung, dass BILD und Konsorten nicht der Rahmen sind, in dem sowas ausgetragen werden sollte. Das ganze hat zur Zeit was von der Schlammschlacht nach dem Scheitern einer Promi-Ehe. Und dafür ist mir mein Verein eigentlich zu schade.

  5. Also bei dem Thema weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr was ich glauben soll bzw. kann. Natürlich bin ich geneigt MW zu glauben. Seine Kompetenzen und Verdienste sind sicher unbestritten.
    Ist er allerdings unfehlbar? Wohl kaum. Außerdem hat er mittlerweile ein beachtliches Alter erreicht, auch wenn man es ihm nicht ansieht. Der Mann ist fast 70….
    Wurde die Diagnose bei Robben mal verifiziert? Schließlich gibt es immer noch 2 Meinungen und einen schmerzfreien Spieler.

    Ich weiß es nicht und als gemeiner Fan kann man ohnehin nur mutmaßen, da sicher nicht alle verfügbaren Informationen bekannt sind.

    Jedenfall ist es im Falle von Robben sehr ärgerlich und im Falle von van Bommel war es mal an der Zeit, dass er eine Auszeit nimmt. Unter welchen Vorzeichen auch immer.

  6. Und dass MW nur „mühsam Englisch spricht“, hat ja mal mit seiner fachlichen Qualifikation überhaupt nichts zu tun. Das ist einfach nur Stimmungsmache.

    Anscheinend wollte er aber ihnen halt erklären, wie Robben hätte behandelt werden müssen. Und im Anbetracht der vorliegenden Diagnose, die ja zweifelsfrei belegt, dass Robben da irgendwo ein Loch im Muskel hat – also im Anbetracht der Tatsache, dass die Niederländer das übersehen haben und ihn spielen ließen – oder so: Im Anbetracht der Tatsache, dass sie nun mal Mist gebaut haben, dann den Bayern-Doc zu verunglimpfen, ist schon ein starkes Stück, ganz egal wie senil oder egozentrisch der wäre.

    Außerdem macht es ihre Fehler nicht ungeschehen.

  7. MMn hat sich in der van-Bommel-Sache niemand mit Lorbeeren bekleckert, inklusive der Spieler selbst.

    Aber davon unabhängig muss einfach eine Versicherungslösung her. Die Verbände profitieren von den Spielern, auch finanziell. Dann müssen sie wenigstens für Ausfallzeiten aufkommen, die sie verursachen. Üblicherweise habe solche Versicherungen Selbstbehalte und Prämien steigen, wenn diese häufig in Anspruch genommen werden. Dadurch werden Verbände auch gebremst, angeschlagene Spieler einzusetzen, fitzuspritzen oder überhaupt erst von den Vereinen anzufordern. Das ist z.B. auch das übliche Verfahren, wenn Nowitzki für Deutschland spielt, der Verband zahlt die Versicherung.

    Bei Verbänden, die sich vielleicht die Prämie nicht leisten können, müßten dann eben UEFA/FIFA oder der Spieler selbst unterstützen.

  8. Eine Ausfallversicherung ist zwar ein vernünftiger Lösungsansatz für die finanziellen Folgeschäden. Doch wie steht es um die sportlichen Konsequenzen? Die wird man nicht beziffern können. Hätten wir mit Robben den Saisonstart besser gestaltet? Das ist wahrscheinlich, aber nicht beweisbar. Und nun?

    Eine Lösung wäre es, dass ein Verein Mitspracherecht bei der medizinischen Betreuung auch während der Abstellungsphase an den jeweiligen nationalen Verband hat. Sollte dann die medizinische Abteilung der Vereins gegen den Einsatz des Spielers sein, dann müsste das als Veto gelten, das ggf. von einem dritten Arzt von neutraler Seite (z. B. aus einem dritten Land) bestätigt oder aufgehoben werden kann. Da gibt es doch bestimmt einige Sportärzte, die so einen Nebenjob machen könnten und wollten…

  9. Bei der Übertragung habe ich aber dennoch gedacht wir hätten heute wohl den 1. April, als man mitteilte das die medizinische Abteilung der Holländer ausgezeichnet wurde. Unglaublich…….

  10. @koo
    Da würden aber manche Vereinsärzte bestimmt oft ein Veto einlegen, nur um im Zweifelsfall einen Einsatz zu verhindern. Außerdem würde es die Sache auch ungemein verkomplizieren, und das auch noch auf eine Weise, die von gegenseitigem Misstrauen geprägt ist.

    Ich würde es für besser halten, wenn da eine bessere Zusammenarbeit herrschen würde. Die Frage ist nur, ob das mit den Holländern schon ausgereizt wurde und diese einfach unverbesserliche Idioten sind, oder ob die Bayern-Führungsriege vorab überreagiert hat.

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