Schlimm. Was hat nur dieser Katalane aus unserem schönen FC Bayern gemacht? Wir waren Triple-Sieger und haben für den, unseren Don Jupp vom bayerischen Hof gejagt. Und was hat er erreicht mit unseren geliebten Jungs? Noch nicht einmal ein CL-Finale hat er erreicht! Drei Meisterschaften in drei Jahren. Pfff. Haben Lattek & der alte Mathematiker Hitzfeld schon vor 20, 30 Jahren geschafft. Und dann noch dieser langweilige Fußball. Nur noch ein Kollektiv an Stars. Wo ist der Heldenfußball geblieben, den wir alle so geliebt haben? Wo diese Grottenkicks, die immer nur 0:0 oder 0:1 ausgegangen sind, hätte der Willy nicht immer wieder diese Halbfeldflanken auf Michaels Kopf geschaufelt, oder Häuptling Stefan die Ärmel hochgekrempelt, um mal „dazwischen zu hauen“ um ein „ein Zeichen zu setzen“?!
So oder so ähnlich sieht doch das Weltbild einiger Bayernfans, Fußballfans, Medienvertreter oder schlicht Menschen aus, die sich für diesen Volkssport Nr. 1 interessieren, oder?
Meine Welt ist dies nicht. Aber wem sag‘ ich das, wir reden ja nicht das erste Mal über unseren scheidenden Übungsleiter Josep – Pep – Guardiola.
In diesen Tagen wird viel über die Ära Guardiola geredet. Obwohl diese noch gar nicht beendet ist, woll(t)en viele, auch ohne Entscheidung über Deutsche Meisterschaft und den Deutschen Pokal, schon wissen, was von Guardiola in München bleiben wird, wie seine Ära einzuordnen ist und das sie dies ja schon immer genau so gesagt haben.
Mich erinnert dies immer an diese Twitter-Fake-Accounts, die vor Championsleague-Auslosungen alle möglichen Paarungen in geschlossenen Accounts vorgezwitschert hatten und danach die falschen Tweets löschten und den Account öffentlich schalteten. Wie viele der aktuellen Abgesänge lagen gespeichert und vorgeschrieben in realen wie digitalen Schubladen und werden nun endlich hervorgeholt?!
Dieser Gedanke mag nach Verschwörungstheorie müffeln, die Vehemenz der Verurteilung des Trainers Guardiola irritiert mich nicht erst seit dem dritten CL-HF-Ausscheiden am letzten Dienstag…
Wir drehen uns im Kreis liebe Fußballverrückte. Und ich wiederhole mich – ob gern oder ungern ist hier irrelevant.
Der FC Bayern hat im Nachhinein betrachtet – nach dem Triple 2013 – genau richtig gehandelt. Auch die Ultra-Romantiker müssen doch einsehen, dass die Saison 2012/13 unter dem scheidenden Trainer Heynckes etwas sehr Außergewöhnliches war. Nach der bitteren Niederlage im Finale 2012 war der ganze FC Bayern – vom Zeugwart bis zum Präsidenten – heiss auf den Titel in der Königsklasse. Dieses Argument mag abgedroschen klingen und viele können es aus meinem Mund sicher immer weniger hören, es entspricht aber meiner Meinung nach klar den restlichen Prozenten, die oft den Unterschied zwischen Titel und Halbfinal-Aus ausmachen. Beispielhaft stehen hier alle CL-Spielzeiten seit 2010.
Ohne den Wechsel auf dem Trainerstuhl hätte der FC Bayern eine ähnliche Entwicklung wie 2001/02 genommen, davon bin ich überzeugt. Niemals hätte ein Trainer Heynckes das Niveau halten können, was er in seiner letzten Saison erreichte. Der Trainer Guardiola hingegen brachte neue Reize, neue Konzepte, neue Ideen, einfach jede Menge Know-How mit, welches jeden Spieler jeden Tag ein wenig besser machte. Was der Trainer Klinsmann seinerzeit nur formulieren konnte, brachte Guardiola auf den Rasen. Und jetzt soll mir niemand daher kommen und all diese grandiosen Spiele ignorieren, die wir seit 2013 als Bayernfans erleben durften!
Guardiola ist immer auf der Suche nach der Perfektion und diese Entwicklung hat mich bis heute fasziniert. Für Außenstehende mag der Status quo langweilig sein, aber ich bin immer wieder begeistert, wenn ich meine Mannschaft mit einer Vielzahl von Lösungen auf dem Spielfeld sehe. Haben wir alle diese Spiele vergessen, als unser Team mit exakt einer Spielidee versuchte, destruktive Gegner zu besiegen? Mit einer Spielidee, deren einziger Inhalt lautete: „Irgendwann schießen wir schon ein Tor. Mit einer Einzelleistung.“ Haben wir all diese Spiele der 00er – Jahre unter Trainern wie Hitzfeld und Magath vergessen? Ich mein‘ klar, vergessen haben diese Art des Fußball auf jeden Fall die Ex-Trainer und Jetzt-Experten Hitzfeld und Magath, die zurzeit über den Trainer Guardiola und seine Bayern-Ära urteilen…
Man kann – ich wiederhole mich schon wieder – viel am Trainer und Menschen Guardiola kritisieren (Katar-Botschafter, Einstellung zur Rückkehr verletzter Spieler, Trainingsintensität und damit einhergehende mögliche Verschleisserscheinungen, etc.), aber es ist doch bitte unstrittig, dass durch die Anwesenheit und die Arbeit Guardiolas in München, Verein und Mannschaft auf noch höhere Höhen gehoben wurden. Wer hätte noch zwischen 2001 und 2013 gedacht, dass wir uns in der Weltspitze etablieren würden und – relativ – ungefährdet unter die letzten acht oder vier Mannschaften Europas kommen – jede Saison? Ich vergleiche hier nicht 2010-13 mit Guardiolas Zeit sondern mit all diesen Zitterpartien um die Qualifikation für die K.O.-Phase oder bittere Niederlagen gegen absolut überlegene Gegner, wo wir damals schon vor den Auslosungen Sorge ob der möglichen nächsten Gegner hatten.
Wo bleibt hier die Wertschätzung? Haben uns die berauschenden Jahre seit 2010 inzwischen so „versaut“ in Bezug auf unsere Erwartungshaltung? Natürlich haben wir einen sehr guten Kader und wurde dieser seit 2013 auch noch einmal verstärkt, aber warum gewinnt dann ein Messi oder Ronaldo nicht jedes Jahr die Championsleague? Unter Guardiola galt der FC Barcelona doch als das Nonplusultra. Gewonnen haben sie auch unter ihm nicht jedes Spiel. Fußball ist am Ende des Tages vielleicht doch nicht planbar, ein Sieg in der Königsklasse auf jeden Fall nicht. Aber wir erwarten nichts weniger als das?
Guardiola hat – ich glaube hier einfach mal der Biografie von Intimus Perarnau – im 2014er Halbfinale beim 0:4 im Rückspiel gegen Real auf seine Spieler gehört und die eigene Taktik über den Haufen geworfen. Ein Fehler, den er danach nicht noch einmal begangen hat. Das Ausscheiden gegen Barcelona 2015 hatte exakt zwei Gründe: Man wollte im Hinspiel nach dem 0:1 unbedingt auf das Auswärtstor gehen und fing sich noch zwei Gegentore (es bleibt unbewiesen, ob Pep dies anordnete oder die Spieler dies eigenmächtig versuchten (ich glaube an letzteres)) – zweitens hatten wir massive Verletzungsprobleme und Barca agierte in Bestbesetzung und -form (genau entgegen gesetzt zum 2013er Halbfinale)).
Das Aus gegen Atletico 2016 ist sicher noch nicht in Gänze analysiert, aber irgendwann, ist auch der stärkste Trainer mit seinem Latein am Ende. Das 1:0 im Hinspiel war eine schier unglaubliche Kette von verlorenen Zweikämpfen, die es dem Schützen ermöglichten dieses Traumtor zu erzielen. Eine zweite Halbzeit, wie die der starken Bayern in Madrid, hat unter Guardiola auch oft genug zu 1-2 Toren geführt. Sei es drum, wie man aber nach dem Rückspiel in München, in dem ein Thomas Müller einen Elfmeter verschießt und dem bärenstarken Boateng (einer der Gründe für manch fades Spiel in der Rückrunde. Also dessen Abwesenheit jetzt) dieser Fehlpass vor dem 1:1 passiert, dem Trainer vorwerfen kann, er hätte sich erneut „vercoacht“ erschließt sich mir einfach nicht.
Am Ende fehlte den Bayern in der Addition ein Tor und musste selbst Atletico-Trainer Simeone zugeben, gegen den bisher stärksten Gegner seiner Karriere ausgeschieden zu sein (und damit war neben der Championsleague auch eine spanische Liga mit Real und Barca gemeint). Geschenkt, ob dies nur „Fishing for compliments“ war, aber dieser Eindruck drängte sich auch Außenstehenden auf, wenn man das andere diesjährige Halbfinale verfolgen musste…
Jedem steht seine eigene Meinung zu. Jedem Fan, jedem Journalisten und auch jedem Experten, aber wir alle werden Guardiola noch vermissen lernen. Aus vielen Gründen. Persönlich bin ich, der sich seinen Verbleib bis zu seiner Entscheidung gewünscht hatte, inzwischen froh, wenn das Kapitel Guardiola – aus medialer Sicht – beendet ist. Ich kann all diese Experten, diese offensichtlich verletzten Eitelkeiten nicht viel länger ertragen. Alles ist mir immer einen Tick zu viel. Erst die Überhöhung zum quasi Trainergott, dann die Verteufelung zum Depp der Nation. Das ist mir alles zu deutsch, zu sehr geschlossener Männer(fußball)club, zu viel Boulevard.
Man kann nur hoffen, dass zumindest dieser Aspekt unter Trainer Ancelotti besser wird, allein, mir fehlt der Glaube. Es wird andere Dinge an ihm zu kritisieren geben. Als Selbstzweck. „Sie wissen ja, ich muss das fragen.“ Schlimm.
Ich habe nur einen Satz im Kopf: „Gracias, Sr. Guardiola, und beschenken Sie sich und uns zum Abschied mit dem Double!“