Bayerische Blaupause oder Saulus-Paulus

Mein Leben ist wie es ist. Ihr kennt das. Ich muss das nicht immer und immer wiederholen. Weil es aber so ist wie es ist, stresst mich nicht allein der Fußball. Zusätzlich war ich von all dem Gezanke und Gestichel ermüdet. Zwischen uns und den Schwarzgelben. Oder umgekehrt. Jeder versuchte sich über Wochen zu positionieren. Bloß nicht nachgeben. Kommunikationshoheit erreichen. Wer findet welchen Trainer, Spieler, Funktionär blöder. Und warum. Logischerweise und per Definition.

All das zog mich runter. Schmälerte meine Vorfreude. Auf das große Finale. Auf ein Finale der letzten drei Jahre. Nicht wenige Borussen erwähnten ja die Analogie zu 1997. Geschenkt. Tatsächlich hätte mir eine Niederlage im Finale der Championsleague unsere Rekordsaison in der Bundesliga nicht kaputt gemacht, aber es hätte doch einen mehr als dunklen Schatten auf unser Projekt „Revanche auf allen Ebenen“ geworfen. Ich wollte das nicht. Weiß man immer mehr, was man nicht will, bleibt übrig, was man will. Seine Ruhe haben zum Beispiel. Ruhe vor dem permanenten Hype, dem gegenseitigen Shitstorm zwischen den gegnerischen Fan-Lagern. Anfangs noch aktiv beteiligt, zog ich mich später massiv zurück und freute mich neutral bis relaxed auf unser gemeinsames Endspiel. Viele BVB’ler nahmen mir diese Gelassenheit eher nicht ab, aber tatsächlich war mein Gemütszustand unaufgeregt. Abstreiten will ich hingegen nicht, dass obiger Aspekt (mein Leben) einen ebenfalls nicht geringen Anteil daran hatte.

Irgendwann endet jeder Stress. Irgendwann ist Feierabend und man kann sich… fokussieren. Bei mir war das am Nachmittag des 24.05. der Fall. Meine Tweetrate stieg wieder an, ich beschäftigte mich zunehmend mit „Wembley“, ein paar ruhige Momente ohne Familie am Samstag (Dank an meine Fußball-affine Frau) und die Anreise zum „Private viewing“. Zustand? Ruhiger Puls. Irgendwie – selbst für mich – irritierend.

Anpfiff.

Wie aus dem Nichts überwältigte mich dieser emotionale Wirbelsturm. Alles was ich über Wochen versäumte, was mir die Ruhe brachte, stürzte mit einem Wimpernschlag der Geschichte auf mich ein – da war sie, diese unmenschliche Anspannung. Diese Anspannung, wie sie viele FCB- und BVB-Fans wohl seit Wochen gespürt hatten und welche ich nur abweisend zur Kenntnis genommen hatte. Dieses Gefühl, diese Emotion hatte ich zuletzt empfunden am… 19.05.2012. Da war es wieder dieses Unwohlsein, diese Kombination aus Freude, Angst, Stress, Aufspringen, Los schreien, Verstummen, Schimpfen, Hinsetzen, Aufspringen, Los rennen, Abstoppen, Haare raufen, Fluchen, Trinken, Schreien, Hinsetzen, Daumen drücken, unfassbarem Entsetzen, Aufspringen, Fluchen, Jubeln und Weinen.

Wem sag‘ ich das.

Da macht es sich nicht gut, wenn der Gegner unerwartet stärker auftritt als man das selbst über Wochen propagiert hat. Die Klopp-Kicker sperrten uns in ihren Schnellkochtopf ein und drehten am Herdknopf. If you can’t stand the heat, stay out of the kitchen. Klar. Fassungslosigkeit ob unserer Hilflosigkeit. Wäre Sportkamerad Neuer nicht der Torhüter, der er nun einmal ist, hätte Dortmund sich in dieser Phase der ersten 25 Minuten entscheidend abgesetzt. Aber Neuer ist eben Neuer und deshalb hielt er alles, was es zu halten gab. War das nun dieser Moment, wo man akzeptieren kann, dass Neuer die Verstärkung ist, die uns einmal die Championsleague sichern würde? Nein? Dann lasst mich fortan mit diesem Thema in Ruhe! Weiter im Text.

Meine Bayern gefielen mir zu diesem Zeitpunkt gar nicht. Zu wenig Bewegung, zu wenig Pässe, zu wenig Risiko. Oder war es doch die Borussia, die so unfassbar lauf bereit und uns somit einfach überlegen war? Mir bricht kein Zacken aus der Krone, diesem Plan A Respekt zu bezeugen. Im Grunde ist dies ein Mittel der Klopp’schen Wahl. Und das – schwarzgelbe Zitate – erstaunte die Fans unseres Gegner nicht minder. Unsere Schwäche in dieser Phase. Ebenso zeichnete sich unter den differenzierten Fan-Vertretern aber mit der ersten Chance der Bayern durch Mandzukic schon das Ende der Herrlichkeit ab. Der Plan A lautete, im Finale der UEFA-Championsleague, alles, einfach alles in einem Rutsch in die Waagschale zu werfen und auf entsprechend fette Beute zu hoffen. Das Pech der Ruhrpottler? Der FC Bayern 2013 ist nicht mehr der FC Bayern des Jahres 2012. Wir hielten stand. Wir sammelten uns. Wir gewannen Zugriff auf das Spiel. Wir befreiten uns. Wir waren auf der Spur.

Zur Halbzeit ein 0:0, welches auch 2:2 oder 2:3 hätte lauten können. Begeisternd, wie auf dem heiligen englischen Rasen die beiden besten deutschen Mannschaften ein Duell mit offenem Visier austrugen. Es war die – von Medien und Marketing-Vertretern herbeigesehnte – „Werbung für die Bundesliga“. Im Detail hatte der BVB 2-3 gute Chancen zur Führung. Als die nicht genutzt wurden, kamen die Bayern zu ihren Chancen. Und sollte Robben zunächst erneut in Weidenfeller seinen Meister finden. Thema #Schimpfen und #Schreien. Entweder es war der „falsche Fuß“ oder Arjen versuchte einen Lupfer und zimmerte den Ball ins Gesicht der schwarzgelben Keepers. Schlimm. Das war so 2012.

Nach dem Seitenwechsel sah ich mich hingegen endgültig bestätigt. Wäre ja noch schöner, wenn meine Cato-Tarnung aufgeflogen wäre. Meine Gebetsmühlenartigen Äußerungen, dass die Bayern sich nach 2012 erneut weiter entwickelt haben, fanden hier ihre Belege. Die Bayern haben einen Plan. Einen Plan, mehrere Pläne zu haben. Der BVB hatten einen Plan. Und der reichte eben nicht. Die Bayern dominierten die Dortmunder im zweiten Abschnitt und – ausgerechnet – Robben passte sich spielentscheidend an, wurde der entscheidende Faktor unter vielen, sich während des Spiels verbessernden Faktoren. Wie überrascht muss Weidenfeller gewesen sein, als Robben ihn unmittelbar vor dem 1:0 nicht anschoss sondern einfach umspielte und die 5cm Lücke nutze, um den Ball in die Mitte zu spitzeln? Weidenfeller blieb nur ein Abfälschen des Balles, ein Erreichen blieb ihm erstmals verwehrt. Diese marginale Richtungsänderung ließ aber die verbliebenen Verteidiger vor dem Tor wie Kreisliga-C-Spieler aussehen. Mandzukic hatte keine andere Wahl als die längst verdiente Führung zu erzielen.

Dann die 89. Minute und ein Spielzug, den wir noch unseren Enkeln erzählen werden. Ein Ribéry, der allen Ernstes einen hohen Ball in die Spitze gegen mehrere Verteidiger kontrollieren und rückwärts durch 4-5 BVB-Beine spielen kann. Ein Robben, der im Vollsprint durch die versammelte IV-Elite der Dortmunder spaziert und Weidenfeller erneut in die falsche Reaktion zwingt. Selten zuvor war ein Kullerball für mehr Dynamik noch vor Überqueren der Torlinie verantwortlich. Robben. Arjen Robben. Der Spieler, der für alles Schlechte der Saison 2011/12 fast allein verantwortlich gemacht wurde, dessen Bild in der Öffentlichkeit – außerhalb des FC Bayern – kaum schlechter sein konnte. Dieser Spieler schießt den FC Bayern zum Championsleague-Titel. Sorgt dafür, dass wir das dritte Finale in vier Jahre dann endlich auch verdient gewinnen. Unfassbar. Bilder für die Ewigkeit. Alles nur an Robben festzumachen würde aber zu kurz greifen und den Erfolg des FC Bayern in dieser Saison verfälschen. Der FC Bayern 2012/13 ist nicht nur ein Spieler, der FC Bayern 2012/13 ist ein Team. Eine Wagenburg, ein Kollektiv, ein… fast perfektes Gebilde. Ein Rad greift in das andere und wird eins ausgetauscht, funktioniert das neue zumeist nicht schlechter.

Im Finale ist hier zunächst Neuer zu nennen, der uns – wie erwähnt – bis zur 25. Minute im Spiel hielt. Unsere Viererkette gewann zum gleichen Zeitpunkt von Minute zu Minute an Dynamik. Selbst diese unvorstellbare Dummheit – oder nennen wir es Ungeschicklichkeit? – von Dante, die zum Elfmeter für den BVB führte, glichen wir mannschaftlich aus. Überraschend auch und gerade für mich, dass ein Boateng einem Dante an Einsatz, Willen und entscheidenden Aktionen die Butter vom Brot nahm. Das, was Boateng auf den Rasen brannte, soll hier in jeder Form gewürdigt werden. Einen Spieler, der sich ab der 30. Minute nur noch über das Spielfeld humpelte und versuchte in die Pause zu retten, später aber an der Ereigniskette zu beiden Toren beteiligt war und eine unglaubliche Zweikampfquote aufwies – vor dem muss man schlichtweg niederknien. Kaum vorstellbar, was passiert wäre, wenn unser Trainer auf mich gehört und Boateng im Rahmen seiner Humpelminuten ausgewechselt hätte…

Die Außen – Lahm & Alaba – machten mit zunehmender Spieldauer ebenfalls Druck nach vorne – kaum vorstellbar in den ersten 25 Minuten. Klasse. Weltklasse hingegen unser defensives Mittelfeld. Und hier im Besonderen Herr Martinez. Alter, ist dieser Spieler jeden Cent seiner 40 Mio. Euro Ablöse wert oder nicht? Auch hier: Schaut Euch dieses Finale an, Ihr Neuer- und Martinez-Zweifler!

Unsere Offensive stand ohnehin wie zumeist außerhalb jeglicher Kritik. Persönlich hatte ich mir für Müller eine tragendere Rolle vorgestellt, aber da hatte Herr Subotic was dagegen (ohnehin wäre es ja eher ein Robben-Tor geworden). Unseren Thomas wird das eh nicht kratzen. Mandzukic, Ribéry und Robben (in dieser Reihenfolge) standen hier diesmal für die entscheidenden Szenen parat. Who cares.

Nein, eigentlich verbietet sich eine explizite Hervorhebung eines Spielers. Denn die Mannschaft hat es gerissen. Immer war es ein anderes Teil des Mosaik, welches Entscheidendes auf unserem Weg in dieser Saison geleistet hat. Ein Finale als Blaupause für eine ganze Saison – wie könnte es besser laufen?

Apropos schlecht laufen.

Ich glaube ja tatsächlich, dass wir dieses Spiel auch gewonnen hätten, wenn der Schiedsrichter alle strittigen Situationen gegen uns entschieden hätte. Ribéry also Rot gegen Lewandowski und/oder Dante Geld-Rot für den Tritt gegen Reus bekommen hätten. Kühne Vermutungen, klar. Aber wer weiß schon, wie sich das Spiel entwickelt hätte, wenn allein der erste PV ausgesprochen worden wäre? Komplett unklar. Hätte der BVB überhaupt noch die Luft gehabt, in Überzahl ein „Spiel zu machen“? Wären die 10 Bayern dann nicht erst Recht enger zusammen gerückt?

Im Fußball gleicht sich ja imho zumeist alles aus. So auch in diesem Finale. Denn der Schiedsrichter ließ insgesamt und auf beiden Seiten fast alles laufen. Den Tritt von Lewandowski gegen Boateng, das Trikotziehen gegen Müller, diverse kleinere Fouls auf beiden Seiten, Provokationen, etc.

Derlei soll z.B. die Aktion von Ribéry nicht kleinreden, ich glaube allerdings, dass diese Entscheidung falsch, aber nicht zwingend spielentscheidend gewesen sein mag. Sei es wie es sei, ich glaube schließlich auch daran, dass sich „Glück irgendwann aufbraucht“. So wohl im Falle des BVB. Denn wer hat schon vergessen, dass z.B. gegen Real Madrid nur ein Gegentor zum Ausscheiden gefehlt und gegen Malaga gar nur ein Abseitstor ins Halbfinale geführt hat? Da lasse ich übrigens auch das Argument „aber wir waren doch die bessere Mannschaft, allein die vielen Chancen“ nicht gelten. Denn wenn man seine vielen Chancen immer wieder als Argument anbringen muss, dann hat man ein Problem, denn Chancen generieren keine Pokale.

Damit mich keiner falsch versteht: Der BVB hat eine grandiose Championsleague-Saison gespielt und hätte es in dieser Saison nicht den FC Bayern gegeben (den es heuer imho übrigens nur aufgrund des BVB der letzten Jahre gab), hätten die Klopp-Kicker wohl den europäischen Thron bestiegen. Klassischer Fall von Pech gehabt. Wir Bayern können davon ein bis zwei Lieder singen. Deshalb höre ich jetzt auch auf von diesen Dingen zu reden.

Der FC Bayern ist Championsleague-Sieger der Saison 2012/13 und dies nicht unverdient. Punkt. Nächste Saison ist nächste Saison. Jetzt wird erst einmal gefeiert. Also am Sonntag. Unabhängig davon, wie das Pokalfinale am Samstag ausgeht. Klar ist, dass ich auch hier von einem Sieg ausgehe (siehe Cato), aber gespielt werden muss es ja dann trotzdem noch. Ob nüchtern oder mit 1,8 Promille.

Apropos freudetrunken.

Die Nacht des Championsleague-Sieges war die kürzeste Nacht seit dem 19.05.2012. Völlig zu Recht, alles, aber auch wirklich alles wollte ich an Eindrücken mitnehmen. Selbst wenn ein Finale vor Ort einen anders mitnimmt, als vor dem TV – ich war fertig. Und glücklich. Wie wir alle. Hoffen wir, dass es am nächsten Samstag exakt genauso sein wird.

Auf geht’s, Ihr Roten!

Von Bastian, Thomas, Franck, Javier, Arjen. Und meiner Oma.

Ich könnte darüber schreiben, wie stolz ich auf meine Mannschaft bin. Wie stolz, dass wir gegen die – namentlich – stärkste Mannschaft der Welt mit einem 7:0 in das Finale der Championsleague eingezogen sind.

Ich könnte darüber schreiben, wie begeistert ich vom Spiel des FC Bayern in Barcelona war und bin. Wie begeistert, dass wir nicht nur das Hin- sondern auch das Rückspiel zu Recht gewonnen haben.

Ich könnte darüber schreiben, wie stark Schweinsteiger, Müller, Alaba, Lahm, Ribery, Martinez, Robben und all die anderen gespielt haben. Zumindest in der Summe und nur mit kleinen Schwächen zwischendurch.

Ich könnte darüber schreiben, dass das nun für mich natürlich noch keine Wachablösung im europäischen Fußball war. Weil Barcelona in keinem der beiden Spiele „Normalform“ hatte, nie in Topbesetzung spielte und auch ein Messi faktisch nicht anwesend war.

Ich könnte über die taktische Meisterleistung unseres Trainers referieren. Wie er gegen Barcelona(!) einen Matchplan und Alternativen dazu entwickelt hat. Wie er quasi die Basis von van Gaal veredelte, hoffentlich versilbern wird.

Ich könnte darüber schreiben, wie sehr mich diese Rekordsaison schon jetzt begeistert. Wie klasse es ist, dass der „FC Bayern der Neuzeit“ dazu in der Lage ist, in vier Jahren dreimal(!) in ein Championsleague-Finale einzuziehen. Sollten wir – der Fußballgott möge es verhindern – das Finale in London verlieren – wer glaubt inzwischen nicht, dass wir auf neue Chancen nicht lange warten werden müssen? Eben.

Ich könnte über all dies schreiben. Könnte.

Ich schreibe stattdessen über meine Oma, meinen Opa. Und über mich. Als ich vor 41 Jahren geboren wurde, war der Vater meines Vaters schon einige Jahre tot. Die Mutter meines Vaters starb, als ich sieben Jahre alt war. Meine Kindheit über hatte ich nur einen Opa. Und nur eine Oma. Eine ganze erfüllte Kindheit lang. Ferien voller Spaß, Fahrradtouren zum Töppersee, ins Hallenbad, mit selbst gemachtem Quark mit Schnittlauch aus dem eigenen Garten. Zechensiedlungsgarten. Getoastetes Brot. Verwöhnprogramm. Spannende Entdeckungstouren in der Mansarde auf dem Dachboden, wenn in der Mittagspause unten alles schlief. Ein paar Groschen, um am Büdchen was Süßes zu kaufen. Geschichten aus Ostpreußen. Opas Heimat. Der Heimat meiner Vorfahren. Zumindest von Teilen meiner Vorfahren.

Mein ostpreussischer Opa, Jahrgang 1923, gelernter Kaufmann, konnte nach dem Krieg nicht mehr in eben diese Heimat zurück. Er landete, mit seiner Frau, meiner Oma, im Ruhrgebiet. Wurde Bergmann, brachte es bis zum Steiger. Mehrere Zechen, mehrere Umzüge, jedes seiner vier Kinder wurde in einer anderen Stadt geboren. Ich, sein erster Enkel, in Rheinhausen, später Duisburg-Rheinhausen, seiner letzten Station. Er hat die letzten 20 Jahre meines Lebens nicht mitbekommen. Nicht die Liebe meines Lebens, meine Hochzeit, seine Ur-Enkel.

Aber mein Opa hat mitbekommen, wie ich zum Bayern-Fan wurde. Und hat sich mit mir oft über Fußball unterhalten. Über meine Bayern, oder seine Schalker. Oder Duisburger.

Als ich 22 Jahre alt war, starb ein großer Teil dieser Kindheit und ich vermisse es nun schon seit 20 Jahren. Ich glaube aber, dass er von oben all das verfolgt hat und glücklich war, was er da alles gesehen hat. In meinen Gedanken war er zumindest immer dabei.

Der andere Teil meiner Kindheit – meine Oma – blieb zurück. Am Abend des Todes meines Opas versammelten sich große Teil der Familie um meine Oma. Auch ich. Da fiel es mir zum ersten Mal auf. Dieses Zittern. Parkinson. Fortan der „Begleiter“ meiner Oma. Wer Parkinson kennt, weiß was das bedeutet. Es geht bergab. Fortlaufend. Und ganz langsam. Bei meiner Oma über 20 Jahre. Und trotzdem hat meine Oma oft noch ihren Witz, ihre Ironie zum Besten gegeben. Ein Lächeln. Auf unseren und ihrem Gesicht. Sie hat all das miterlebt, was meinem Opa verwehrt blieb, ich glaube, das hat sie gefreut. Wer würde sich nicht über Ur-Enkel freuen.

In der 5.Spielminute des gestrigen Halbfinalspiels erhielt ich einen Anruf. Zu sehr von der Anspannung des Spiels gefesselt, ging meine Frau ans Telefon. Mein Ärger darüber, wer mich während eines solchen Spiel anruft, wich unmittelbar dem Gefühl der Trauer. Natürlich war mir der Zustand meiner Oma bekannt, auch dass „es“ bald passieren würde – es dann aber tatsächlich zu empfinden, ist doch ein Unterschied. Ein Zwiespalt, der mich 92 Minuten beschäftigen sollte. Gibt es eine größere emotionale Klippe als zwischen dem Erreichen eines Championsleague-Finales und dem Tod der Oma? Wohl kaum. Tränen kamen erst später. Heute. Nach all der Empathie meiner Twitter-Timeline. Oder als ich am Abend mit meiner Mutter die Beerdigung in der nächsten Woche besprach. Oder als ich im Kopf diesen Beitrag zusammenbaute.

Für den Rest meines Lebens werde ich an diese 5.Spielminute denken. Und an das endgültige Ende meiner Kindheit.

Ich hab‘ Dich lieb, Oma. Mach’s gut.

Anarchie & Ordnung schlagen Ball & Zauber

Unwohlsein. Zweifel. Anspannung. Erstaunen. Ungläubigkeit. Urknall. Rausch. Mein gestriger Tag in Kurzform. Und welcher Bayern-Fan könnte eine solcher Achterbahnfahrt nicht für sich genau so beschreiben. Seit Samstag. Seit Hoeneß. Seit Hannover. Seit Götze. Dabei ist es ja nicht so, als hätten die Bayern in den letzten Monaten und Jahren nicht genug erlebt. Guardiola und Martinez sind da nur die Spitzen der Eisberge. Auch die Bilanz der letzten Jahre ist trotz der zwei nationalen schwarz-gelben Jahre bemerkenswert. Haben wir nicht immer gesagt, dass wir mal dahin kommen wollen – dauerhaft – in ein Championsleague-Finale einziehen zu können? Damals Sätze wie von einem anderen Stern, inzwischen offenbar unsere Realität.

Apropos Gegenwart.

Nicht immer war ich in dieser Königsklassen-Saison von einem längeren Verweilen überzeugt. Zu „holprig“ verliefen manche Spiele (Bate, Arsenal, etc.). Ungewohnt schwach für diese Rekord-Saison. Dann kam Juventus. Und zwei Spiele, die alles andere zuvor vergessen machten. Das war europäische Spitzenklasse. Turin ist schließlich – nachweislich – keine Laufkundschaft. Aber Barca? Ich hatte – während der Gruppenphase – das Halbfinale, je nach Auslosungsglück, als Ziel vorgegeben. Weshalb ich nach dem katalanischen Los auch richtig begeistert war. Endlich Barca, endlich Messi, endlich die „ultimative“ Prüfung. Und was sollte schon passieren? Wenn ausscheiden, dann bitte nicht noch einmal im Finale. Gegen Barca ist das ohnehin aller Ehren wert. Würden wir unsere 50%-Chance hingegen nutzen können, stünde uns Historisches bevor.

Es wurde – wir haben es gestern alle erlebt – Historisches.

Selbst wo ich diese Zeilen gerade schreibe, kann ich die Dimension noch gar nicht richtig fassen. Wir haben Barcelona geschlagen. Die Unschlagbaren. Und wir haben es nicht geschafft wie Inter oder Chelsea, die in ihren Halbfinalsiegen gegen Messi & Co. ein destruktives Defensivfeuerwerk abbrannten, nein, wir haben sie, obwohl kaum am Ball, dominiert. Dominiert? Ja, wir haben einen – zugegeben – Messi, der nicht „auf der Höhe“ war, aus dem Spiel genommen. Wir haben Xavi, Iniesta genervt. Iniesta holte sich später gar Gelb ab. Frust-Gelb. Iniesta!

Schweinsteiger – zunächst fahrig, nervös, hohe Fehlpassquote – agierte wie gegen Juventus und schwang sich zum kämpfenden Dirigenten auf, Martinez gab den unüberwindlichen Stier, Müller mit seiner Anarchie, Ribéry und Robben mit ihrem Esprit und ihrem Mannschafts-Gen rundeten unser famoses Mittelfeld ab und zogen den Weltbesten ihres Faches den Zahn. Das machte mich – schon wieder – sprachlos. Was ist das für ein geiles Team? Wie konnte es zur letzten Saison noch einmal eine solche Steigerung geben? All das ist so unfassbar. Unfassbar gut.

Apropos Klasse.

Was unsere Defensive ablieferte war ebenfalls aller Ehren wert. Unser Spielführer, früher gerne mal eines meiner Lieblingsobjekte für ungezügelten Frust, liefert heuer eine seiner besten Spielzeiten im Trikot des FC Bayern ab. Dazu noch zwei – sprichwörtliche – Türme in der Schlacht. Dante und Boateng wuchsen nicht nur körperlich über ihre Gegenspieler hinaus. An ihnen prallte so ziemlich alles von der Barca-Herrlichkeit ab. Immer und immer wieder bangten wir Ungläubigen, dass es „jetzt, jetzt, jetzt, jetzt, jetzt“ doch bestimmt passieren würde, dass Messi, Xavi, Iniesta, Busquets, oder, oder, oder nun endlich „einen raushauen“ würden, um auch uns zu zeigen, wo der Katalane den Most holt. Allein, es geschah nicht. Es geschah einfach nichts. Nichts, was unseren Sieg (ein Sieg! Zu Null!) gefährden konnte (ok, zwei, drei Aktionen gab es vielleicht). Im Gegenteil, wir schossen immer mehr Tore.

Natürlich – und nach einem 4:0 gegen die weltbeste aller Mannschaften kann man das locker zugeben – waren zwei unserer Tore eher nicht berechtigt. Gomez stand beim 2:0 wohl im Abseits und Müller blockt vor dem 3:0 Robbens Gegenspieler (vor dem 1:0 habe ICH kein Aufstützen von Dante gesehen. Wieso auch, Dante überragte seinen Gegenspieler ohnehin um Längen – der brauchte sich dafür gar nicht aufstützen). Kann man abpfeifen, tat der Schiedsrichter nicht. Er pfiff aber auch 2-3 Handelfmeter für uns nicht. Pech. So läuft das Leben. Man kann generell nicht behaupten, dass die UEFA-Schiedsrichter sich in der diesjährigen Königsklasse mit Ruhm bekleckert hätten, von den Tor-Schiedsrichtern(!) ganz zu schweigen.

Ganz großes Kino, dass sich Barcelonas Spieler nicht über den Schiedsrichter beschwert haben. So reagieren wahre Champions. Da können wir alle in der Bayern-Familie tatsächlich noch was lernen (ich schließe mich da nicht aus). Vielleicht ist es aber auch eher so, dass die Katalanen erkannt hatten, dass wir das Spiel einfach, irreguläre Tore hin oder her, über weite Strecken beherrscht haben. Womit wir beim nächsten Thema wären.

Der FC Bayern des Jahres 2013 hat einen Plan. Die Spieler wissen, was sie da machen. Das war beim FC Bayern nicht immer so und auch unter Trainer van Gaal noch nicht wirklich ausgeprägt. Spätestens hier kommt Josef, genannt Jupp Heynckes ins Spiel. Ich gestehe – nicht immer in den letzten zwei Jahren war ich komplett von ihm überzeugt. Es gab da das eine oder andere Spiel, die eine oder andere Entscheidung, die ich durchaus kritisiert habe. Aber was er seit Monaten beim FC Bayern leistet, ist – man kann es nicht anders sagen – grandios. Leider sehen das offenbar immer noch nicht alle Mitglieder des Zirkus Fußball in Deutschland so.

Da muss sich Heynckes nach dem Los Barcelona „witzige“ Bemerkungen zu möglichen Telefonaten mit Guardiola gefallen lassen und ferner Kritik, als er derlei – zu Recht – abschätzig kommentiert. Warum ich das so sehe? Was war das denn gestern? War das ein Matchplan, der Barca lahm legte, oder hat sich hier – die beste Mannschaft, die man so kennt – etwa auch freiwillig ergeben? Wer dieses „Argument“ immer noch in seinem Repertoire hat, dem kann man nicht mehr helfen. Oder hat Pep hier dem Jupp ins Ohr geflüstert, wie man das gegen die Katalanen so macht? Kommt mal klar, Leute. Offenbar ist der FC Bayern an einem Punkt seiner Entwicklung (ich bin entzückt, dass ich dieses Wort endlich im Zusammenhang mit meinem Verein benutzen kann) angekommen, an dem er – sprechen wir es offen aus – Barcelona besiegen kann. Wahnsinn.

Apropos Wahnsinn.

Ein Thomas Müller bringt mich sehr oft an den Rand der Verzweiflung. Ein Thomas Müller lässt aber auch sehr oft meinen Kopf explodieren (Remember Finale Dahoam). Ein Thomas Müller ist ein Phänomen. Ein Thomas Müller ist der Schuss Anarchie, der unserer perfide perfekten Spielordnung das gewisse Etwas, das Unberechenbare gibt. Ein Thomas Müller weiß sicher selbst manchmal nicht, was als nächstes passiert – wie soll das da sein Gegner erst wissen? Ein Thomas Müller ist ein Mehmet Scholl.

Fassen wir den gestrigen Blockbuster noch einmal zusammen:

Wir stehen mit einem Bein im Finale in London. Aber wir haben noch ein Rückspiel in Camp Nou vor uns. Und in Camp Nou haben schon andere Mannschaften viel mehr als die notwendigen fünf Gegentore eingeschenkt bekommen. Allein, keines dieser Teams (seit 2009) war der FC Bayern. Sind wir so selbstbewusst? Sind wir. Im Rückspiel steht unsere größte Pressing-Waffe – Mario Mandzukic – wieder zur Verfügung. Ohne Gelb-Vorbelastung. Vom Finale also nur per Platzverweis zu trennen. Bei der restlichen Offensive sieht es genauso aus. Da gibt es nur eine Richtung: Vollgas. Und am besten ein frühes Auswärtstor. Sechs Tore erzielt selbst Barcelona nicht gegen den FC Bayern des Jahres 2013!

Was uns Sorgen macht? Nicht viel. Aber die drohenden Sperren für Martinez, Schweinsteiger, Dante oder Lahm (Rest lassen wir mal außen vor). Ok, Lahm droht die Sperre schon länger und insofern er keine Dummheiten wie Herr Schweinsteiger macht (Gelb fürs Ballwegschlagen – also echt jetzt, Bastian!), sollte das klar gehen. Bleibt Dante. Auch er spielt seit einigen Spielen schon mit dieser „Gefahr“. Könnte also im Rückspiel klappen. Pessimistisch – wenn überhaupt – bin ich bei Schweinsteiger & Martinez. Je nach Schiedsrichter und taktisch erforderlichen Aktionen, könnte das schief gehen. Andererseits: Wie soll DonJupp das planen? Schon in der Startelf auf die Gelb-Gefährdeten verzichten und hoffen, dass es die 1b-Elf schon richten wird, mit dem 4:0 im Rücken? Und was passiert, wenn Barca sich, mit einem erstarkten Messi bis dahin in einen Rausch gespielt hat? Wie sollte Messi aber in den nächsten sieben Tagen seine Form und Fitness wiederfinden?!

Fragen über Fragen, Heynckes wird auch hier Antworten finden.

Abschließend ein Novum: Zum ersten Mal ist mir – und vielen anderen wohl auch – ein Bundesliga-Spiel aber mal so was von sch**ssegal. Gegen Freiburg darf am Samstag gerne mal die A-Jugend ran. Oder eben die Spieler, die jetzt gegen Freiburg spielen müssen, um in Barcelona in Top-Form zu sein. Wie wäre es hiermit?

Neuer
Contento – van Buyten – Boateng – Rafinha
Gustavo – Tymo
Shaqiri – Pizarro – Højbjerg
Mandzukic

Auf geht’s, Ihr Roten!

Von Ellbogen, unerwarteter Dominanz und jeder Menge Barca

Ein neuer Rekord. Ein Breitnigge-Rekord. Noch nie habe ich einen Beitrag über ein Spiel verfasst, während das nächste Spiel schon hinter uns lag. Es sind die Umstände. Meine, die der Zeit und die Gewohnheiten. Sicher, früher hat das niemanden gestört, dass ein Bericht erst am Mittwoch online war. Vom Samstags-Spiel. Damals, als ich noch für 50 Leute geschrieben habe. Heute ist es – in der Regel – eine mind. 20-fache Zielgruppe.

Wie auch immer. Dann wird dieser Beitrag halt kürzer und – aus zwei mach eins – enthält ferner Inhalte zur gestrigen Championsleague-Auslosung.

Nach dem Hinspiel in München rieben wir uns alle schon die Augen, gingen wir doch – ob der medialen Überhitzung des Gegners – von einem „fast aussichtslosem Unterfangen“ aus. Kaum etwas davon blieb im Nachgang übrig. Nicht, weil Juventus vielleicht nicht gewollt hätte, nein, nein, unser Pressing, unser Wille hat sie dann wohl doch überrascht.

Vor Tagen also das Rückspiel und wir alle dachten: „Aber jetzt bereitet uns Turin im neuen Stadion die Hölle auf Erden“. Ja. In den ersten 15 Minuten. Da war es laut, da war die alte Dame das heiße Messer in der Butter. Bis unsere Bayern Zugriff auf das Spiel bekamen und wir somit die Weichen für das Halbfinale stellten. Denn machen wir uns nichts vor: Hätten die Italiener in dieser Phase tatsächlich die Führung erzielt, ich weiß nicht, wovon dieser Beitrag heute handeln würde.

So kam es aber nun einmal anders und wir reden statt dessen von unserer Spitzenqualität über zwei Spiele DER Top-Mannschaft aus Italien den Zahn gezogen zu haben. Da brauchen wir jetzt auch nicht mehr den Konjunktiv, denn im Rückspiel gab es diese 150%-tigen Chancen für die Conte-Kicker nicht wirklich. Und falls doch war Neuer zur Stelle.

Die Tatsache, dass ich – nach drei Tagen – eigentlich nur noch die ersten 15-Juventus-Minuten, Neuers Taten, unseren Spielzugriff und die italienische Zweikampf-Härte im Hinterkopf habe, spricht für sich.

Wir müssen uns nicht mehr über das Hinspiel unterhalten, Vidal, Ribery, das Abseits und den Schiedsrichter insgesamt. Nein. Es ging für Juve ja noch darum, mit der seit Jahren bestehenden Heimstärke ein 0:2 umzudrehen. Sie hatten die gleichen Chancen wie wir. Gewonnen haben wir. Mit 2:0. Verdient. Aber der Reihe nach.

Der Anfang ließ mich zunächst Böses ahnen. Nicht nur besagte 15 Minuten, nein, auch der Schiedsrichter (der mit dem Faible für alles was Gelb ist). Und Herrn Chiellini. Man mag mir gerne Unsouveränität unterstellen (und davon wurde während des Spiels auf Twitter auch ausgiebig Gebrauch gemacht), aber ich war und bin schon ein wenig, sagen wir mal „irritiert“, dass ein Chiellini mit seiner Spielweise über 2x 90 Minuten in voller Länge auf dem Platz stand. „Tragisch“ wird es für uns, dass Mandzukic zwei seine drei gelben Karten in Duellen mit diesem – seinem – Gegenspieler kassiert hat. Nicht, dass Mandzukic nicht auch einen Ruf hätte (dem er imho in seiner Anfangszeit in München leider auch gerecht wurde), aber sein Verhalten bzgl. Ellbogen-Einsatz hat sich in größerem Maße gebessert, als es von den Schiedsrichtern im In- und Ausland honoriert werden würde. Meine Meinung.

Zurück zur Tragik.

Im Hinspiel erhält Mandzukic als erster (FCB)Spieler eine gelbe Karte. Wohlgemerkt nach besagter Vidal-Ribery-Geschichte. Und im Rückspiel? Im Rückspiel erhält Mandzukic seine dritte gelbe Karte im laufenden Wettbewerb für eine Aktion, wo ich sogar schon in der Realgeschwindigkeit dachte „Foul Chiellini“! Denn imho trat der Italiener Mandzukic beim Kampf um den Ball vor das Schienbein. Zu meinem Entsetzen entschied der Unparteiische nicht nur auf Foul von Mandzukic, nein, er gab dem Kroaten auch noch Gelb. Da war ich dann sprachlos. Vor allem, da auch die Zeitlupen mich meine Meinung nicht ändern ließen…

Unsere schlimmsten Befürchtungen schienen einzutreten und ich sah neben Mandzukic auch Lahm und Dante in einem möglichen Halbfinale gesperrt. Allein, es kam anders. Welch‘ ein Glück. Der Schiedsrichter beruhigte sich und bekam seine Gelb-Schwäche in den Griff. Als weiteren Verlust hatten wir – dank Arm-Einsatz des Gegners – nur Daniel van Buyten zu beklagen. Es kam Boateng. Erneut hatten wir nicht das Pech, dass die Spieler rund um Pirlo diese Schwäche auszunutzen vermochten.

Sehen wir es positiv: Im ersten Halbfinale müssen wir zwar auf Mandzukic – inzwischen eine unserer schärfsten (Pressing-)Waffen verzichten – den Rest der Championsleague steht er uns dann aber (Platzverweis und Verletzung außen vor) definitiv zur Verfügung. Ebenso wie unser zentrales Mittelfeld mit Schweinsteiger und Martinez, die ja nun wieder bei 0/2 gelben Karten stehen. Blieben nur Lahm und Dante als Faktor (Gustavo ist imho hier nicht relevant (s. BS und JM)). Wobei Lahm heuer keine Karte mehr bekommen und bei Dante (wie zumeist bei der Abwehr) es darauf ankommen wird, was das defensive Mittelfeld durchlassen muss. Gedankenspiele.

Wir stehen im Championsleague-Halbfinale. Und das ist mehr als ich in manchen Phasen dieser Europapokal-Saison erwartet hatte. Nach dem 1:3 gegen Bate oder dem Achtelfinal-Rückspiel gegen Arsenal, welches ich live ertragen musste. Einerseits. Andererseits könnte nun gegen Barcelona auch wirklich Schluss sein. Könnte. Nie war diese Option aber unwahrscheinlicher als heute.

Warum habe ich also so gute Laune nach der Auslosung gehabt?

Wir haben lange (seit 2009) auf Barcelona gewartet. Und haben uns seit diesem 0:4 sicher in größeren Schritten weiterentwickelt als Barcelona. Klar, keine Kunst, aber näher „dran“ an Barcelona waren wir nie. Wobei hier nicht (wie sicher jetzt von Einigen vermutet) die typische Bayern-Arroganz zum Tragen kommt, nein, denn ich meine hier nicht, dass wir nun annähernd so sind wie Barcelona, so als Kopie, auf keinen Fall, das wollen wir ja auch nicht. Wir haben aber – seit van Gaal und danach dann mit Heynckes – ein eigenes System auf die Beine gestellt und optimiert, dass uns nun doch dauerhaft unter die Top-Mannschaften Europas gebracht hat. Nachhaltig. Die CL-Erfolge der letzten Jahre sprechen da für sich (nicht nur auf Titel bezogen jetzt).

Warum also sollten wir Barcelona, welches für mich in dieser Saison nicht mehr so perfekt funktioniert wie zuvor, nicht auch gefährden können?! Weshalb sollten in zwei Spielen die Chancen nicht größer sein, als in einem Finale auf neutralem Grund? Eben. Ich bin zuversichtlich. Und auch zunächst in München zu spielen ist gut. Erstens weil wir die Auswärtstorregel im Rückspiel auf unserer Seite haben. Da wo wir es brauchen. Zweitens können wir im Heimspiel mit einem guten Ergebnis (0:0 oder Sieg zu Null) Druck auf Barca aufbauen. Hat Paris ja im Viertelfinale auch lange geschafft. Drittens ist es doch so: Wenn ausscheiden, dann bitte nicht noch einmal im Finale (das hatten wir jetzt 2x in drei Jahren, das reicht) und gegen wen, wenn nicht gegen Barca? Sind die Ende April, Anfang wieder so stark, dass die uns weghauen, dann sind wir wenigstens gegen den Championsleague-Sieger ausgeschieden!

Alles noch in Frühjahrssternen, aber rund um eine solche Auslosung wird man sich ja mal Gedanken machen dürfen. Bis dahin einfach auf Bundesliga und Pokal konzentrieren – das macht den Kopf frei und hält frisch.

Weiter, immer weiter!

(So viel zum Thema kurzer Bericht)

Von alten Damen. Und dicken Ladys.

Vor dem Spiel gegen Juventus hatten wir vor dem Spiel gegen den HSV Sorge. Dass wir nur Juventus im Kopf hätten und das Spiel schwierig werden könnte. Das Resultat? Bekannt. Vor dem Spiel gegen Juventus hatten wir Sorge, dass die Gala in der Bundesliga die Sinne trüben und Bruder Leichtfuß wieder auftreten könnte. Resultat? Berauschend. Der nach-österliche FC Bayern hat ganz offensichtlich seine bisherige Saison-Ernsthaftigkeit zurückgewonnen. Eine Ernsthaftigkeit die in Hoffenheim, gegen Fortuna, Arsenal und in der zweiten Halbzeit in Leverkusen abhanden gekommen schien.

KRISE! Weg damit. Wir sind wieder da. Kein Spiel zu früh. Und ich bin – mal wieder ehrlich – aber mit diesen beiden Spielen hätte ich so tatsächlich nicht gerechnet. Weder mit diesen neun Toren noch mit einen so deutlichen Vorsprung für das Rückspiel in Turin. Ein 2:0 ist aus meiner Sicht herausragend. Das war Juventus, Leute. Nicht das von 2009, nein, dass Team, dass seit 2 Jahren die ital. Liga beherrscht. Und deshalb gefiel mir das Spiel richtig gut. Aber der Reihe nach.

Es mag nicht von Nachteil gewesen sein, dass Sportkamerad Alaba in der 24. Spielsekunde den Ball bekommt, auf das gegnerische Tor schießt und der Ball – dank Abfälschung – unhaltbar ins Tor fliegt. Wirklich nicht. Auch wenn wir uns im Nachgang für 15-20 Minuten Sorgen machen mussten, dass die Conte-Kicker ihrer Überlegenheit im Spiel irgendwann Tore folgen lassen würden. Aber dann kamen wir zurück. Wir kamen so stark zurück, wie wir zumeist die gesamte Saison schon zurückkommen. Wie wir nach zwei Meisterschaften des BVB zurückkamen. Großartig.

Großartig auch, wie wir gegen diese Spitzenmannschaft agierten. Taktisch meisterlich von unserem Trainer eingestellt. Wurde es erst nach der Verletzung von Kroos richtig gut? Was weiß ich denn schon? Es hatte den Anschein, aber das werden wir nie erfahren. Robben kam rein und brannte. Brannte für dieses Spiel. Brannte für was auch immer. Aber er brannte. Und deshalb brannte Juventus auch. Und zwar phasenweise lichterloh. Da war aber nicht nur Robben. Da war Ribéry, später Müller, da war Schweinsteiger, Lahm, Dante, Alaba, wer auch immer. Und als Krönung mal wieder: Mandzukic. Unfassbar was der erneut gelaufen ist, was der gekämpft hat.

Ich erinnere mich noch an eine Szene. Da bekommt ein italienischer Abwehrspieler den Ball und will ihn nach vorne treiben. Von hinten läuft Mandzukic ihn an. Der Gegner reagiert und schlägt Haken, Mandzukic muss reagieren und läuft eine Kurve, bleibt aber dran und schafft es, trotz wesentlich größerer Laufstrecke, seinen Gegner immer noch unter Druck zu setzen. Wahnsinn.

Sich zu wiederholen mag bisweilen langweilig wirken. Hier wiederhole ich mich aber inzwischen gerne, denn ich glaube immer noch, dass weder Hamburg sich freiwillig neun(!) Tore in München einschenken lässt, noch dass sich Juventus Turin(!) im Viertelfinal-Hinspiel der Championsleague – wissend um die eigene Stärke der letzten zwei Jahre und die Tatsache, dass wir Bayern auswärts eher noch stärker sind – freiwillig so eine Dominanz aufzwingen lässt. Nein, wenn wir in Top-Besetzung antreten können und die richtige Einstellung zum Spiel finden, dann kann uns in dieser Saison offenbar kaum jemand schlagen. Das Thema Barca (oder Madrid) lassen wir hier mal außen vor – wir sind noch nicht im Halbfinale.

Ob das überheblich ist? Nein, für mich ist das eher eine empirische Aussage. Bis wir eines Besseren belehrt werden. Denn immer wenn es diese Saison eng wurde, fehlten uns entweder wichtige Spieler (Martinez, Ribéry, Schweinsteiger) oder eben die Einstellung (Hoffenheim, Düsseldorf, etc.). Manchmal auch beides (s. Arsenal).

Kurz zurück zu Kroos. Gegen Juventus sah der Schachzug, dass wir Robben für Kroos bringen konnten und dieser dann zum Faktor wurde, genial aus. Aber erstens war dies nur ein Spiel und was machen wir, wenn Robben sich irgendwann im Rest der Saison erneut verletzt? Dann haben wir imho ein mittelgroßes Problem. Nicht in der Bundesliga (denn da ist am nächsten Samstag um 17:25 der Drops gelutscht), nein, vielleicht im Pokal aber ganz sicher in der Championsleague. Im möglichen Halbfinale (für das VF-Rückspiel hat selbst Robbens Körper zu wenig Zeit sich zu verletzen) oder erst recht in einem traumhaften (mehr ist es zur Zeit noch nicht) Finale in London. Denn dort geht es auf neutralem Grund gegen Real, Barca oder entfesselte Dortmunder. Könnte bessere Perspektiven an dieser Stelle geben.

Sehen wir es positiv. Wir haben Juventus zu Null und mit zwei Toren Unterschied geschlagen. Dies ist – wie erwähnt – wesentlich mehr als ich erwartet hatte. Wir stehen mit einem Bein im Halbfinale. Wenn wir in Turin ein Tor erzielen, sind es 1,5 Beine. Weil Turin zwei wichtige Spieler ersetzen muss. Einer davon ist Vidal. Und Vidal ist das Herz von Juventus. Während Pirlo das Gehirn ist. Pirlo konnten wir ausschalten, mit Vidal hatten wir eher mehr Probleme. Nun gut, der liebe Arturo ist fast einen eigenen Beitrag wert, die Gesamtsituation ist komplex.

Weil Vidal in der ersten Halbzeit „holzen“ konnte / durfte, was unsere Muskeln, Sehnen und Bänder aushielten. Vor allem von Ribéry. Der englische Schiedsrichter ließ es zu. Er ließ recht viel zu und die Spieler dankten es ihm nicht. Die Fouls von Vidal, die Hände am Kopf und im Gesicht von Mandzukic, all solche Dinge hätte der Schiedsrichter bestrafen können. Hat er in der ersten Halbzeit nicht und deshalb kassierte Vidal seine dritte, Spielsperrende Karte in HZ2 für ein Handspiel. Ein Witz, denkt man an seine körperlichen Aktionen. Sei es, wie es war. Das Schiedsrichter-Gespann hatte sich in der Halbzeitpause – ganz offensichtlich – überlegt, die eigene Linie zu verschärfen. Nach Anpfiff der zweiten Halbzeit wurde phasenweise fast jede strafwürdige Aktion auf dem Rasen abgepfiffen. Erfahrene Championsleague-Schiedsrichter müssen eher nicht zu solchen Korrekturen gedrängt werden.

Vidal also für das Rückspiel gesperrt. Insgesamt hätte er auch Gelb-Rot bekommen können. Ebenso wie Chiellini übrigens (Thema Hände und Gesicht Mandzukic) auch. Die weitere Spielsperre für Juve in Person von Lichtsteiner ist imho zu hart. In der Aktion mit Dante im Strafraum war es weder eine Schwalbe von Lichtsteiner, noch foult hier Dante strafstoßwürdig (was ich teilweise auf Twitter zu lesen bekam). Normale Aktion in Strafraum. Gut für uns, schlecht vom Schiedsrichter.

Nicht minder gut für uns und schlecht für das Schiedsrichter-Gespann war der Tritt von Ribéry gegen Vidal. Wir reden hier nicht davon, dass „es mit Vidal ja schon irgendwie den Richtigen getroffen hat“, nein, wir reden hier davon, dass ein Weltklasse-Spieler wie Ribéry sich – auch wenn er noch so oft im Spiel getreten und gefoult wurde – nicht zu einer solchen Aktion hinreißen lassen darf. Das darf man nicht in einem Championsleague-Viertelfinale. Und auch nicht einem Pokalspiel in Augsburg. So sehr einen der Gegner auch provoziert. Das hast Du doch gar nicht nötig, Franck! Glück für uns, dass der Schiedsrichter ganz offensichtlich die Aktion tatsächlich gesehen hat(!) aber trotzdem das Platzverweiswürdige Foul nicht als solches bewertet hat(!!). Ribéry ist somit im Rückspiel dabei, Vidal nicht. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass all die Schiedsrichter, die in Zukunft (dieser Saison) ein Spiel des FC Bayern in der Championsleague pfeifen werden, ein ganz besonderes Auge auf Ribéry werfen werden. Das hat er nun davon.

Nun, die Oper ist noch nicht zu Ende, die fette Lady hat noch nicht gesungen. Turin ist zuhause inzwischen eine Macht und ein frühes Heimtor wird uns eventuell verunsichern können. Wer weiß das jetzt schon mit Sicherheit auszuschließen? Zu unserem Glück haben wir kaum Zeit uns dieses Szenario auszumalen. Wir spielen am Samstag um die Deutsche Meisterschaft in Frankfurt und danach geht es direkt nach Turin. Das Gegenteil vom Achtelfinale. So muss es sein.

Es klingt komisch. Aber in diesen Tagen dürfen / müssen wir Bayern nur von Spiel zu Spiel denken. Frankfurt. Turin. Sind wir dann Meister und stehen im Halbfinale der Championsleague, geht es weiter. Und unser Trainer wird sicher auch dann das Richtige tun, um unsere frisch zurückgewonnene Ernsthaftigkeit beizubehalten. Sonst lässt er denMatthias auf die Mannschaft los. Fass! 😉

Habe ich was vergessen?

Kein Gegentor nach einer Ecke. Fabulös. Kein Spieler für das Rückspiel gesperrt, Martinez steht wieder zur Verfügung, analog zu Schweinsteiger bei quasi 0 Verwarnungen. Gefährdet sind dafür weiter Lahm & Dante und zusätzlich nun Gustavo und Mandzukic. Zwei davon können wir ausklammern. Wenn unser Kapitän das will, bekommt der im restlichen Verlauf der Saison keine Karte mehr und Gustavo wird nur noch ein Faktor werden, wenn Martinez oder Schweinsteiger sich verletzen oder später noch eine Sperre absitzen (beides möge der Fußballgott verhindern (am Ende im Finale?!)). Bleiben also als negative Faktoren Dante und vor allem Mandzukic. Fällt unser kroatische Super-Mario aus, bricht unsere größte Pressing-Waffe weg, denn wer glaubt ernsthaft, dass ein Gomez diese Eigenschaft kompensieren könnte? Was Gomez aber kompensieren könnte, wäre die Torgefährlichkeit in der roten Zone, klar. Die hat mit Mandzukic‘ Pressing natürlich gegen Juventus gefehlt. Wie man sieht, gibt es immer noch vortreffliche Optionen im Münchner Kader. Noch. Andererseits: Uns stehen „nur“ noch (max.) sechs Partien in den Pokalpartien dieser Saison bevor. Realistisch betrachtet, sind es wohl nur noch vier kritische Spiele in der Königsklasse. Denn gegen Wolfsburg, Freiburg oder Stuttgart muss es – in dieser Saison – doch eigentlich auch die 1b-Elf schaffen. Ansonsten wäre bisher national was schief gelaufen…

Kommen wir langsam zum Ende.

Die Ausgangslage gegen Juventus ist bemerkenswert und unerwartet. Lasst uns diese Chance verwerten. Und lasst uns bitte am Samstag mit einem Sieg in Frankfurt endlich diese Rekordmeisterschaft holen!

Auf geht’s, Ihr Roten!

Don’t mention Inter oder Drecksspiel, Damisches

Der FC Bayern steht im Viertelfinale der Championsleague. In dieser fabulösen Saison wäre es unter normalen Umständen nur eine Randnotiz. Das es mehr werden würde, verdanken wir den 93 Minuten, die auch ich am Mittwoch live vor Ort miterleben durfte.

Nach dem Hinspiel in London hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass Arsenal in München überhaupt nur ein einziges Tor erzielt. Bis es fiel. In der dritten Spielminute. Vor meinen Augen (Block 108).

Selbst nach dem Rückstand hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass Arsenal in München ein zweites Tor erzielt. Bis es fiel.

Und ganz besonders ausgeschlossen hätte ich, dass das Ausscheiden aus der Königsklasse überhaupt noch einmal eine Option wird. Bis die Angst davor vom Rasen bis in den Oberrang der Arena zu spüren war.

Unfassbar.

Und unser Gegner war noch nicht einmal sonderlich stark. Ganz im Gegenteil lieferte Arsenal in München eine eher durchschnittliche Leistung ab.

Was ist aber dann der Grund für dieses Spiel und dieses Ergebnis?

Was mich persönlich betrifft, ich hatte schon vor der Anreise nach München deutliche Tendenzen für das Auftreten des „tödlichen Männerschnupfens“. Während der 93 Minuten fror ich fast durchgängig. Einerseits.

Andererseits konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass unsere Spieler ihrerseits ebenfalls irgendwie gehemmt, „fest gefroren“ waren. Unserem Spiel fehlte tatsächlich die nötige Wendigkeit, Spritzigkeit und Frische. Vor allem aber Kaltschnäuzigkeit (sic!) und Konzentration.

Nicht alles ist nun nach diesem Spiel schlecht (gewesen). Um Himmels willen! Aber offenbar haben die Mahner nicht ganz Unrecht, dass – mal wieder – der FC Bayern selbst unser größter Gegner ist. Fehlt die (An)Spannung, die Notwendigkeit immer 110% zu geben? War es in der bisherigen Saison (und auch tief in diese Rückrunde hinein) nicht das(!) Alleinstellungsmerkmal a la BVB 2011/12 einfach jedes Spiel (also national betrachtet jetzt) brutal ernst zu nehmen? Waren die eher nicht so berauschenden Siege gegen Hoffenheim und Düsseldorf doch eher das „halb leere“ Glas und der Anfang des „Schlendrian“?

Ist dies unser diesjähriges Luxudproblem, das Haar in der Suppe, reagieren wir über?!

Um das einmal klar zu stellen: Ich stehe lieber mit einem 0:2 in der nächsten Runde, als dass ich aufgrund eines glorreichen Sieges trotzdem ausscheide. Den fröhlich singenden Arsenal-Fans vom Mittwoch sei noch hinterher gerufen: „Enjoy the next games on TV.“

Mein körperlicher Zustand, die Anspannung nach dem frühen Rückstand und die doch noch aufkommende Sorge nach dem 0:2 – all das brauch‘ ich nicht wirklich. Allein, ich nehme es hin, denn solche Leiden gehören nun einmal dazu. Und nur so kann man sich über das Tänzchen an der Eckfahne der Herren Robben, Müller und Gomez erfreuen. Ebenfalls direkt vor meinen Augen. In der 91.-93. Minute. Wurde jemals ein effektiveres und professionelleres Zeitspiel arrangiert? Groß, ganz groß. Die Zeter und Mordio schreienden Arsenal-Spieler kurz vor und nach dem Abpfiff entschädigten für vieles an diesem kalten Märzabend.

Ein paar Details.

– Erzählt was ihr wollt und motzt auch in Zukunft weiter über die Beiden, aber Schweinsteiger und Ribery sind für uns auf diesem Niveau für den großen Wurf notwendig und nicht zu ersetzen.

– Ein Luiz Gustavo und ein Robben können/konnten die beiden nicht gleichwertig ersetzen.

– Ein Luiz Gustavo kommt – in meinen Augen – aktuell ohnehin nicht über den Status des Ergänzungsspielers hinaus. Warum auch immer sein bockstarker Saisonstart inzwischen gefühlte Lichtjahre entfernt scheint.

– Ein Arjen Robben war gegen Arsenal extrem aktiv und rackerte was das Zeug hielt (oft auch defensiv nach Ballverlusten). Aber ein Arjen Robben (und ich habe (ihr ahnt es) in HZ2 davon jede Menge direkt vor mir gesehen) hätte sehr gerne öfter mal den Ball dem besser postierten Mitspieler geben dürfen. Himmel. Er darf ja imho egoistisch spielen, aber dann sollte er auch mal eine seiner Chancen verwerten. Schafft er dies nicht, sollte er spätestens beim dritten, vierten Versuch alternativ auch mal kurz den Kopf heben.

– Selten zuvor – außer vielleicht, wenn ich (mit Grausen) an den Sportskameraden Inzaghi denke – habe ich einen CL-Gegner erlebt, der so brutal effizient agierte. Ich rede nicht von deutlichen Siegen einer Auswärtsmannschaft, nein, ich rede davon, dass ich z.B. in der Halbzeitpause auf die Anzeigetafel schaue und da stand bei Arsenal: „Shots 1 (On target: 1)“. In HZ2 wurde es nur geringfügig besser. Aus diesem Grunde hatte ich ja auch (siehe oben) bis zum 0:2 kaum Sorge, dass das 0:2 fallen würde. Wie viele Bälle hat Arsenal – unbedrängt – ins Aus gespielt?

Reden wir nicht drum herum: Bei den Bayern war überwiegend auch ein Torschuss harmloser als der andere. Reden wir einfach mal von „Glück“, dass Arsenal an diesem Abend nicht Ernst gemacht hat. Obwohl, hätte dies das heutige Arsenal überhaupt gekonnt?! Lassen wir das.

Was lief gut bei uns?

Nicht viel. Aber eben auch nicht viel so richtig schlecht. Klar, Alaba hätte vor dem 0:1 nicht ausrutschen, Dante sich die Hereingabe nicht durch die Beime spielen lassen müssen (0:1 gegen Leverkusen, anyone?!) und Herr Neuer sollte mal darüber nachdenken – zumindest in K.O.-Spielen der Championsleague bei Ecken von Links den linken Pfosten abdecken zu lassen („and now Goal“), aber sonst?

Gut, über Gustavo haben wir schon geredet. Herr Alaba hatte wahlweise einen „schlechten Tag erwischt“ oder „wurde von den Kollegen im Stich gelassen“. Beide Richtungen habe ich nach dem Spiel als Kommentare vernommen.

Herr Müller hatte – analog zu Herrn Robben – kein Glück in seinen Aktionen. Nennen wir es mal so. Denn hätte eine dieser vielen Chancen in HZ2 gesessen, hätten meine Nerven in den letzten 5-10 Minuten des Spiels nicht so gelitten (Remember Inter, Breno?!).

Wir können es drehen und wenden wie wir wollen, wir sind in der nächsten Runde, es war uns hoffentlich eine letzte Warnung in unserer Einstellung und Konzentration bis zum endgültigen Ende der Saison nicht(!) nach zu lassen.

Jetzt also gegen Juve. Es hätte besser kommen können. Aber auch schlechter. Liefern wir im Hinspiel in München ein solches Spiel wie gegen Arsenal ab, brauchen wir wohl nicht zum Rückspiel in Turin antreten. Punkt. Ferner fehlt im Hinspiel der gesperrte Javier Martinez (weshalb wir erneut Gustavo (diesmal neben Schweinsteiger) sehen werden) und sind die Herren Lahm(!) und Dante(!!) bei einer weiteren Verwarnung von einer eben solchen Abwesenheit bedroht. Nicht gut.

Insgesamt ist Juve für mich aber eine Wundertüte (einfach zu wenige Spiele gesehen). In Italien offenbar souveräner Tabellenführer und mit neuem Stadion im Rücken, dazu ein Team, dass nicht mehr mit dem zu vergleichen ist, dass wir in Turin 2009 mit 4:1 besiegt haben. Lassen wir uns überraschen. Ob wir bis Anfang April wieder die notwendige Spannung aufgebaut haben werden und was unserem Trainer dazu einfallen wird.

Unerreichbar ist das Halbfinale nicht.

Abschließend noch ein paar Worte hinein in unsere Bayern-Familie selbst.

Es geht mir nicht um den wohl neuerlichen Protest in der Südkurve. Den hatte ich – obwohl ansonsten gut vernetzt – bis nach dem Spiel gar nicht mitbekommen.

Es geht mir auch nicht um die unsäglichen Klatschpappen, aufgrund derer ich zum ersten Mal ernste Sorgen um mein Trommelfell hatte, weil zwei – besonders begeisterte Klatschpapp’ler direkt hinter mir saßen.

Nein, es geht mir um die „Fans“, die (regelmäßig) vor dem Abpfiff das Stadion verlassen. Ich weiß, es ist nur eine Minderheit unter den Zuschauern und man hat sich inzwischen daran gewöhnt (selbst wenn doch eigentlich jedem(!) inzwischen klar sein sollte, dass in den Parkhäusern direkt am Stadion 5 Minuten so unfassbar rein gar nix bringen, eher schon 20-30 Minuten, egal), aber Leute, was überhaupt so gar nie, nie, nie, nie niemals nicht geht, ist das Verhalten, dass man in einem Rückspiel in einer CL-K.O.-Runde, wo man 0:1 zurück liegt und der Gegner noch ein Tor braucht, damit es in den letzten 10 Minuten (inkl. Nachspielzeit) noch mal richtig(!) brennt und die Chance besteht, dass man mit einem dritten Tor gar ausscheidet, erstens einfach aufsteht, geht und sich zweitens (jetzt kommt der Gipfel) NOCH NICHT EINMAL VOM TATSÄCHLICH FALLENDEN 0:2 VOM GEHEN ABHALTEN LÄSST!

So fassungslos ich in diesem Moment war (weil ich aufgrund, um mich herum aufstehender Körper, dass Tor fast nicht gesehen hätte), so sehr kommt es mir jetzt noch einmal hoch (ich spiele mal kurz ein wenig Niveau-Limbo):

Schämt Euch! Schämt Euch, dass Ihr anderen Bayern-Fans, die ohne zu zögern in den letzten Minuten des Spiels unseren FC Bayern ebenfalls – wie die Mehrheit des Stadions – stehend(!) angefeuert hätten, die Karten vorenthalten habt! Ihr seid der Grund für unser „Konsumenten“-Image! IHR habt den Erfolg unseres Teams, den Einzug ins Viertelfinale, nicht verdient!

Punkt.

Zweitklassige Kanoniere oder 30-Minuten-Dampfwalze

Es ist so weit. Die Bayern stehen mit mehr als einem Bein im Viertelfinale der Championsleague und mir fällt dazu kaum etwas ein. Schuld ist wie zumeist der Kopf. Also der Stress, die Müdigkeit, schlichtweg der Alltag, den dieser zu verarbeiten hat. Aber genug von mir, es geht hier ja um den FC Bayern.

Nein, gefallen hat mir dieses Achtelfinal-Hinspiel in London außerordentlich. Die ersten 30 Minuten machten regelrecht Appetit auf das Rückspiel in München, welches ich live verfolgen werde.

Ob es das Beste war, was ein FC Bayern in letzter Zeit oder jemals auf den Rasen gebrannt hat? Ich will unserem Präsidenten da gerne mal widersprechen. Denn natürlich war Arsenal – einmal mehr – der nächste schwerste Gegner, den wir dann – wie alle anderen Teams – ebenfalls deutlich in die Schranken gewiesen haben. Ist man aber ehrlich, ist das aktuelle Team der Kanoniere nur noch ein Schatten vergangener Tage.

Mir soll es recht sein. Die wirklich engen Spiele kommen. Nächste Woche Mittwoch zum Beispiel. Aber zurück zum Dienstag.

Die Bezeichnung Weltklasse wurde mir nach den letzten Spielen ein ums andere Mal um die Ohren gehauen. Dann sagen wir es mal so: Martinez, Lahm und einige andere waren in London richtig, richtig stark.

Von Lahm war es das wohl beste Spiel der Saison, Martinez steigert sich ohnehin weiter von Spiel zu Spiel und selbst ein Gustavo – von mir noch frisch kritisiert – konnte seine Leistung inzwischen nicht nur stabilisieren, nein, er war gegen Arsenal auch wieder ein spürbarer Teil der Mannschaft – sehr gut, Luiz.

Weiter vorne ist zur Zeit ebenfalls fast alles in Butter. Mandzukic und Müller – unser 1a-Sturm – machen aufgrund ihrer Spritzigkeit, ihrer Gedankenschnelligkeit, ihrer Unberechenbarkeit mit jedem Gegner was sie wollen. Ihre beiden Tore sind Ausdruck ihres Willens und ihrer Form.

Nicht weniger begeistert war ich, dass ein Robben mit ansteigender Form offenbar die Schwäche eines Ribery aufzufangen vermag. Bitte Arjen gegen Bremen und Dortmund in die Startelf holen, DonJupp!

Ebenfalls klasse finde ich die Kurve bei Schweinsteiger. Kommt es nur mir so vor, dass selbige steigt, seit er von „Experten“ kritisiert wurde? Es zeugt imho von Charakter, wenn man als Reaktion auf solche Kritik, den Ärger darüber in positive Energie auf den Platz(!) übertragen kann.

Abgesehen von all diesen Personalien bin ich – natürlich – auch mit der Gesamtsituation zufrieden. Klar, Arsenal ist – wie oben erwähnt – vielleicht nicht mehr die ganz große Nummer in Europa, aber „auf der Insel“ muss man trotzdem erst einmal gewinnen. Unabhängig davon, dass ich genau das nach unseren ersten Rückrunden-Spielen erwartet hatte, fängt es jetzt wirklich an, interessant zu werden.

Wir erleben gerade die erste englische Woche in 2013 und haben nach Bremen die Dortmunder im Pokal zu Gast. Persönlich glaube ich, dass der BVB sich spätestens seit dem 1:4 gegen den HSV rein auf die Pokale und einen Heimspiel-Sieg gegen uns fokussiert.

Ich bin gespannt. Sollen sie ruhig mal kommen.

Gespannt bin ich auch, wie die Bremer in München agieren werden. Nicht nur einmal haben sie ihre Natur verleugnet und sich ein Remis in München ermauert. Nun, die Vorzeichen haben sich in letzter Zeit leicht verändert. Inzwischen wären die Hanseaten wohl froh, wenn sie nur so tun müssten, als würden sie wie eine graue Maus nach München reisen.

Auch darauf freu ich mich.

Auf geht’s, Ihr Roten!

Königsklassengruppenphasenende. Kein Spiel zu früh.

Es ist und war merkwürdig. Was wir in der diesjährigen Championsleague-Gruppenphase erlebt haben.

Da liefern wir ein klasse Heimspiel gegen Valencia – den scheinbar stärksten Gegner der Gruppe – bekommen das Gegentor, verschießen einen Elfmeter und sind deshalb im Rückspiel gegen 10 Gegner nach dem 0:1 nicht nur den fest eingeplanten Gruppensieg quit sondern gefährden das Achtelfinale. Erst eines dieser typischen Müller-Tore sorgte hier für Klarheit.

Da treten wir beim – scheinbar – schwächsten Gegner der Gruppe an und werden, ebenso eiskalt wie effizient, ausgekontert. Drama, Baby. Im gestrigen Rückspiel wenigstens kaum gefährliche Konter der Weißrussen. Und am Ende vier Tore. Himmel.

Die Spiele gegen Lille. Eine wilde Treterei im Hinspiel. Eine Demütigung im Rückspiel.

Alles im Allen sind wir froh, dass es vorbei ist. Blicken wir zurück auf den Abschluss gegen Bate?

Es war der erwartet zähe Gegner. Kein frühes Tor und deshalb unermüdliches Anrennen. Dazu eine leichte Befürchtung, ob es unser Trainer mit seiner größeren Rotation übertrieben haben könnte.

Hatte er nicht. Erst kam Shaqiri, dann Gomez. Und nach dem Platzverweis (völlig berechtigte Rote Karte gegen Boateng übrigens) nahm das Spiel richtig Fahrt auf. Das zu sehen tat gut. Nach den Erinnerungen an das Hinspiel.

Alles richtig gemacht. Späte Einwechslungen richtiger Klasse. Spieler, die noch was erreichen wollten in diesem Spiel.

Nein, nach der Gruppenphase bin ich mehr zufrieden als unzufrieden. Viel darf aber nun nicht mehr passieren. Beim Thema Verletzungen und Sperren.

Wie lange wird Boateng gesperrt werden? Ein Spiel? Ich befürchte eher zwei Spiele. Womit klar wäre, dass für das Achtelfinale Badstuber und Boateng sicher fehlen. Dem Kader sei Dank, dass wir auf Dante und van Buyten zählen können.

Insofern Herr Gustavo bis Februar wieder fit ist, stünde auch noch Herr Martinez für die IV-Position zur Verfügung. Falls was mit den beiden Erstgenannten passiert. Dante steht schließlich auch nur eine Karte vor einer Sperre.

So. Herr Gomez hat sein Tor gemacht. Der kommt wieder. Dann haben wir echte Klasse im vorderen Sturmzentrum. Herr Shaqiri zeigte ferner eines seiner besseren Spiele in der Startelf. Das macht Mut. Denn wir brauchen eine Absicherung für unsere Lebensversicherung Ribéry.

Eine weitere Lehre nach den ersten sechs Championsleague-Spieler dieser Saison: Niemals Herrn Müller abschreiben oder zu früh auswechseln. Da geht immer noch mal was. Wirkt er zuvor auch noch so unbeteiligt am Spiel.

Für wen die Winterpause offenbar auch keine Woche zu früh kommt, ist Herr Schweinsteiger. Täusche ich mich (ich mein, ich hab‘ ja eh keine Ahnung), oder läuft er in den letzten Spielen seiner Form hinterher?

Er spielt nicht schlecht, aber gegen Bate waren da durchaus einige schwäche (Fehl)Pässe dabei, die man von ihm eigentlich nicht kennt. Mhm.

Warten wir vielleicht das „beste Trainingslager aller Zeiten ab“…

Was geht weiter hinten?

Ich gebe zu, dass ich ob unserer Viererkette Sorgen hatte. Weil ich an das Hinspiel dachte. Unbegründet, klar. Rafinha, van Buyten, Boateng / Dante und Contento hatten nicht wirklich Probleme mit den Offensivbemühungen unserer Gäste.

Vielleicht ist es aber auch so, wie es unser Sportvorstand nach dem Spiel zum Besten gab: „Es gibt keine zweite Reihe.“ Und dafür war dieses Spiel wichtig. Trotzdem bin ich froh, dass wir zunächst Lahm und Alaba auf den Außen verteidigen lassen können.

Schauen wir nach vorne. In zwei Wochen wird das Achtelfinale ausgelost. Und es wird schon wieder wild diskutiert, wer sich jetzt welchen Gegner wünscht.

Was ich dazu sage? Wurscht. Sollen sie nur kommen. Freuen würde ich mich über Celtic und Arsenal. Beides meine Teams im jeweiligen Land. Real macht mir nach den Spielen gegen Dortmund und deren dort gezeigter Einstellung keine Angst. Milan? Schon lange nicht mehr gefährlich. Oder?

Lassen wir es einfach auf uns zukommen. Und hoffen wir, dass WIR uns keine Probleme machen. Mit weiteren Verletzungen und Sperren. Dann sollte unser Weg noch nicht zu Ende sein.

Auf geht’s, Ihr Roten!

Spanische Blitzeinschläge und Bayerischer Schlendrian

Machen wir es kurz – ich bin schließlich mal wieder spät dran.

GUT:

  • Der FC Bayern steht im Achtelfinale der Championsleague, überwintert im Europapokal.
  • Weitere Einnahmen und Abendspiele (mit der Option auf Eintrittskarten für mich) sind gesichert.
  • Wir haben es im Heimspiel gegen BATE selbst in der Hand den Gruppensieg zu fixieren. Mit einem Sieg in beliebiger Höhe.
  • Wir hatten endlich einmal einen guten Schiedsrichter in dieser CL-Saison.
  • Der FC Bayern kann noch mit zwei Stürmern spielen.
  • In Valencia kann der Blitz in Spieler einschlagen und die spielen danach einfach weiter.
  • Holger Badstuber kann Bälle nicht nur zum Torwart zurück spielen. Ich habe es selbst gesehen.

SCHLECHT:

  • Unser Turbodribbler, die Seele unseres Spiels – Franck Ribéry – spielte unter Schmerzen und war spätestens nach den ersten Fouls an ihm nur noch ein Schatten seiner selbst.
  • Wir hatten mit 10 Valencia-Gegnern mehr Probleme als gegen 11.
  • Unsere Standards sind weiterhin… verbesserungswürdig.
  • Insgesamt war es kein gutes Spiel.
  • Selbst dieser gute Schiedsrichter pfiff einen, an Lächerlichkeit nicht zu steigernden Freistoß für Valencia. Vor der spanischen Führung.

Sind das alle relevanten Punkte? Mehr fallen mir zumindest inzwischen nicht mehr ein.

Klar bin ich froh, dass wir – Dank der BATE-Niederlage gegen Lille – nun für das Achtelfinale qualifiziert sind, es im letzten Heimspiel nur noch um den Gruppensieg geht und wir es selbst in der Hand haben. Andererseits bin ich aber irritiert, dass wir in dieser Gruppe überhaupt so lange Probleme hatten, für klare Verhältnisse zu sorgen. Aber gut – abgerechnet wird am Ende der Saison. Denn was nützt dem amtierenden Deutschen Meister z.B. diese – zugegeben – nicht schlechte Gruppenphase, wenn man jetzt im Achtelfinale ausscheidet? Eben.

Nein. In diesem Spiel war eigentlich vom Anpfiff weg, nach dem Platzverweis und erst Recht nach dem Rückstand nur eines wichtig: Das Erreichen des Minimalziels: K.O.-Runde. Geschafft. Abhaken.

Bei all dieser Begeisterung der bisherigen – hervorragenden – Hinrunde, ist es uns Bayern-Fans offenbar gegeben, trotzdem hinter jedem Tor, jedem Ball, jedem Grashalm das herannahende Verderben zu vermuten. Wer zwei Jahre gebrannt hat, scheut das Euphorie-Feuer. Oder so.

Natürlich bin ich begeistert, wenn ich immer wieder auf die bisherige Saisonbilanz zurückblicke. Ich bin allerdings auch voller Zweifel, wenn ich unsere Abhängigkeit von Ribéry beobachte. Er fehlte gegen Leverkusen, gegen Nürnberg und er war – in keinster Weise – gegen Valencia nur im Ansatz im Besitz seiner vollen Kräfte. Resultat? Bekannt.

Ist das nun normal für eine europäische Spitzenmannschaft? Wie hat der BVB (ergebnismäßig) gespielt als es noch kein „Rötze“ gab sondern nur den heimgekehrten Borussen-Jung?

Ganz genau.

Bitter war es lediglich mitanzusehen, wie sehr unser Franck leidete. Leidete nach den ersten Fouls der Spanier. Bei jedem Sprint, jedem Zweikampf. Und wenn ein Kämpfer wie er aufgibt, dann muss es echt weh tun.

Andererseits: Es hat ja geklappt. Shaqiri machte nach seiner Einwechslung richtig Alarm und brachte Schwung. Ebenso Gomez. Gut, dass der auch wieder dabei ist. Nicht weniger gut, dass der Trainer Müller auf dem Platz ließ. Trotz seiner zuvor eher schwächeren Leistung. Aber nur einer mit solch krummen Beinen konnte diesen Ball zum Ausgleich ins Netz zimmern.

So verdient dieser Ausgleich ob unserer Leistung über 90 Minuten durchaus war, dass wir nicht mehr aus unseren vorhandenen Gelegenheiten und unserer numerischen Überlegenheit machten, muss uns Warnung genug sein. So kann das auf Dauer nicht weiter gehen. Dieser – zurückgekehrte – Schlendrian wird uns irgendwann vielleicht einmal das Genick brechen. Und dies völlig zu Recht.

In diesen Zeiten ist kein noch so großer tabellarischer Vorsprung, kein 4:0 in der 60. Minute sicher genug, als das sich auch eine Mannschaft wie der FC Bayern zurücklehnen könnte.

Erklären kann ich mir es nicht, aber einige unserer Spieler schafften es nicht gegen unseren spanischen Gegner die volle Leistung abzurufen. War das dieser Schlendrian? War es der Gegner? War es die (geistige) Erschöpfung nach den letzten englischen (Erfolgs)Wochen?

Wer weiß das schon oder steckt in unseren Spielern drin? Der Trainer? Das will ich doch mal hoffen. Nicht auszudenken, wie desillusionierend es wäre, wenn auch der keinen Plan für das große Ganze hätte.

Ich schweife ab.

Irgendwie sind wir wohl alle ein wenig müde. Trotzdem müssen wir uns für die letzten 7 Pflichtspiele des Jahres motivieren, denn in der Bundesliga entscheidet sich nun, mit wie viel Vorsprung wir die Herbstmeisterschaft gewinnen und in die Rückrunde starten. Gegen Hannover, in Freiburg und dann das „Giganten Duell“ gegen den BVB. Danach sollte klar sein, wohin unsere Saisonreise geht. Gewinnen wir die ersten beiden Spiele, können wir gegen Dortmund schon Herbstmeister werden. Wir könnten aber plötzlich auch Schalke oder Frankfurt (spielen am WE gegeneinander) konkret im Nacken haben und den BVB mit halbem Punkteabstand in Reichweite.

Beides ist möglich – aber wir haben es in der eigenen Hand! Auch, ob sich schwarz-gelbe Aufholjagd-Geschichte wiederholt. Oder wir neue Geschichte schreiben. Für unseren glorreichen FC Bayern.

Lasst die Spiele beginnen!

Auf geht’s, Ihr Roten!

Verwirrend, berauschend, zügellos – Französische Slalomstangen zu Gast in München.

Mein erstes FC Bayern-Heimspiel liegt hinter mir. Jedes Mal eine organisatorische Herausforderung. Jedes Mal eine bächtige Vorfreude. Jedes Mal etwas ganz Besonderes. München, die eigene Arena.

Aufgrund der – speziellen – Karten- und meiner persönlichen Familiensituation sind diese Heimspiele zumeist Europapokalspiele, nur selten Bundesliga-Begegnungen. Mir macht das nichts aus, es spielt der FC Bayern und dies allein ist entscheidend.

Auch diesmal war alles voller Vorfreude, voller wundervoller Momente mit herzlichen Menschen. Aus München. Die man über die sozialen Medien kennen und schätzen gelernt hat. Vor und nach dem Spiel.

Ein perfekter Abend stand bevor.

Und dann kam der Allesversteher in mir durch. Viele Menschen aus dem Umfeld der Ultras, der Hardcore-Fans, des Club Nr.12 wissen dies inzwischen sehr zu schätzen, dass einer wie ich zumindest ein offenes Ohr für sie hat. Nicht für alle, aber für einige, die die gleichen Kanäle nutzen wie ich. Meinen Horizont hat dies erweitert, natürlich.

Ein „Nachteil“ hat diese Herangehensweise dann aber doch.

Trifft man sich umittelbar vor dem Spiel mit Club Nr.12ern und bespricht die aktuelle Einlass-Kontroll-Problematik für die Blöcke 112/113, sieht ferner den Check-In-Schalter, dann passiert es Fans wie mir doch tatsächlich inzwischen, das die eigene Empathie die pure Freude über das berauschende Spiel der eigenen Mannschaft überdeckt.

Sicher, es kann auch eine Rolle gespielt haben, dass ich im Block 225 von allerlei, ich nenn‘ sie jetzt mal, typischen Arena-Fans umgeben war.

Man stelle sich das einmal vor: Die eigene Mannschaft führt dank eines Freistoßtores(!) in der 4.Minute(!) mit 1:0 und es fällt einem nichts Besseres ein, als die eigenen Spieler weiter anzumotzen, wenn nicht jeder Ball sofort am gegnerischen Strafraum landet. Aber dann in der 70.Minute bei einer 5-Tore-Führung das Stadion verlassen. So was regt mich unfassbar auf. So kalt es wieder in einem dieser November-Spiele in der Arena war, ich bleibe natürlich bis mindestens zum Schlusspfiff im Stadion – wo sind wir denn?

Vor dem Spiel wurde ich per Twitter gebeten, doch erneut Videos im Stadion zu drehen. Zum Beispiel von der Stimmung beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung. Nun, nach „Stimmung“ war mir da schon nicht mehr zumute. Sorry.

Ich bin aber in jeder Hinsicht ehrlich: Hätten wir keine zügellose Vorstellung unserer Jungs erlebt, ich wäre zu diesem Zeitpunkt in der gleichen Stimmung gewesen. Weil da Gedanken in meinem Kopf waren, die größere Auswirkungen auf den Verein haben, als ein Torfestival gegen einen überforderten Gegner.

Trotzdem soll dieser Bericht nicht davon handeln, dafür werde ich getrennt in die Tasten hauen. Vielmehr will ich den Versuch starten, das Spiel aus meiner persönlichen Live-Perspektive zu beleuchten.

Das Ergebnis spricht eine deutliche Sprache. Wer das Spiel aber nicht verfolgen konnte, oder zumindest nur die TV-Bilder, dem will ich sagen, dass wir dieses Spiel ernsthaft(!) mit 12:0 hätten gewinnen müssen. Es steht außer Frage, dass der FC Bayern aktuell in einer mehr als guten Verfassung überzeugende Leistungen auf den Rasen brennt. Aber bei diesem Gegner fragte man sich doch über die vollen 90 Minuten, was die für die Königsklasse des europäischen Fußballs qualifiziert hat?

Ich habe mich phasenweise – vor allem in der ersten Halbzeit – gefragt, ob Lille nicht wollte oder nicht konnte. Im Training aufgestellte Slalomstangen leisten größeren Widerstand als die Doggen aus unserem Nachbarland. Unerklärlich.

Am Ende des Spiels sah ich direkt vor meinem Block einen lachenden Arjen Robben zur Ausführung eines weiteren Eckballs schreiten. Der Spieler, der zuvor viermal(!) alleine auf den gegnerischen Torhüter zugelaufen war und nicht eine einzige Chance verwert hatte. Unfassbar. Was willst Du da auch noch machen, als dich darüber kaputt zu lachen?

Oder ein Thomas Müller, der im famosen ersten Abschnitt ebenfalls 1-2 Tore erzielen muss(!)?

Oder ein Shaqiri, der nach seiner Einwechslung mächtig Alarm machte und fast in Ribéry’sche Angstzustände beim Gegner rannte?

Nein, nach diesem Spiel muss man eigentlich fast jeden Spieler in den Himmel loben. Mehr geht kaum.

Weshalb hatten wir in Frankreich so Probleme mit diesen Gegner, weshalb haben wir diese Vorrundengruppe immer noch nicht gewonnen?

Weil wir uns erst in diese – diesjährige – Championsleague hineinarbeiten mussten?

So sieht es wohl aus.

Heuer diskutieren wir die immer noch vorhandenen Schwächen unserer – in fast allen Belangen – schon extrem guten Mannschaft (was bleibt uns auch anderes übrig?) und was passiert?

Wir verbessern uns!

Das kann doch fast nicht wahr sein, dass unser Trainer in den letzten Tagen, 1-2 Wochen tatsächlich mal Standards trainieren lässt und wir dann in einem solchen Spiel wie gegen Lille zwei(!) Freistoßtore erzielen (wenn Robbens Tor auch mehr ein Eigentor war)?

Ist das wirklich passiert, dass ein Lahm drei(!) direkte Vorlagen zu Toren liefert? Noch dazu Flanken über Flanken schlägt, wie wir sie von ihm in dieser Dichte seit Jahren nicht gesehen haben? Ich mein‘, hier zählt auch nicht das Argument „schwacher Gegner“, denn selbst freistehend schafften wir ja in den letzten Jahren kaum brauchbare Flanken. Egal gegen welchen Gegner.

Ich mag all das. Und ich könnte es nicht glauben, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte.

Das ist alles Zucker im Moment. Was Alaba schon wieder rennt und spielt und rennt und passt. Was Schweinsteiger seit Wochen in Bestform dirigiert. Was auf einmal Stürmer Nummer 3(!) für Bälle ins Tor zimmert, wo wir doch früher nur einen(!) Topstürmer hatten. Wie sehr sich ein Toni Kroos – trotz immer wieder auftretender schwächerer Spiele – kontinuierlich weiter entwickelt.

Apropos Kroos.

Was war das noch einmal für ein Qualitätssprung nach seiner Einwechslung. Nicht dass hier Thomas Müller schlecht gespielt hätte – ganz im Gegenteil, aber mit Kroos kam da noch mal eine Schippe oben drauf. Unfassbar lässig wie er mit seinem Tor das halbe Dutzend voll machte. So jung der Kerl ist und so viel Potential er auch hat – die Hauptaufgabe der nächsten Zeit wird sein, ihm sein Phlegma auszutreiben, dann ja dann wird der Toni ein Großer. Echt jetzt. Und das von mir

Die Abwehr wie aus einem Guss, das Mittelfeld in ständiger Bewegung, ganz zu schweigen von unserer Offensive, die in ihrer Qualität und vor allem Breite in Europa fast ihres gleichen sucht – da bleiben kaum noch Wünsche offen.

Ob wir hier demnächst und erneut auf hohem Niveau jammern dürfen/müssen, hängt aber entscheidend von den nächsten Spielen ab.

Gewinnen wir in Valencia ist der „Betriebsunfall“ in Borisov endgültig Geschichte. Schlagen wir das Überraschungsteam aus Frankfurt ebenfalls, könnte das tatsächlich was werden mit herausragenden Perspektiven an Weihnachten.

Und darum geht es ja auch:

Noch ist nix gewonnen. Auch in der letztjährigen Hinrunde war vieles Gold, was im Frühjahr zu Blech wurde.

Hoffen wir das Beste!

Auf geht’s, Ihr Roten!

P.S. Ribéry erhielt seine gelbe Karte nicht für Zeitspiel, sondern für eine Schiedsrichterbeleidigung, weil dieser ihn zur Weißglut gebracht hatte (tatsächlich verletzte sich der gute Franck in diesem Spiel zwar nicht, aber so einige Fouls (es waren doch Fouls, oder?) an ihm wurden nicht geahndet). Die Geste in Richtung SR war nur im Stadion eindeutig zu beobachten.

P.P.S. Lasst Euch nix erzählen, Javi Martinez hat gegen Lille eines, wenn nicht DAS beste Spiel seiner Bayern-Zugehörigkeit absolviert. Ich habe ihn – natürlich – ganz besonders beobachtet und was der an Bällen erobert und gefährlichen Situationen verhindert hat, dazu ferner seine Ausstrahlung – das war schon erwähnenswert. Und ich glaube immer noch fest daran, dass da noch viel mehr Luft nach oben ist. So.