Von Ellbogen, unerwarteter Dominanz und jeder Menge Barca

Ein neuer Rekord. Ein Breitnigge-Rekord. Noch nie habe ich einen Beitrag über ein Spiel verfasst, während das nächste Spiel schon hinter uns lag. Es sind die Umstände. Meine, die der Zeit und die Gewohnheiten. Sicher, früher hat das niemanden gestört, dass ein Bericht erst am Mittwoch online war. Vom Samstags-Spiel. Damals, als ich noch für 50 Leute geschrieben habe. Heute ist es – in der Regel – eine mind. 20-fache Zielgruppe.

Wie auch immer. Dann wird dieser Beitrag halt kürzer und – aus zwei mach eins – enthält ferner Inhalte zur gestrigen Championsleague-Auslosung.

Nach dem Hinspiel in München rieben wir uns alle schon die Augen, gingen wir doch – ob der medialen Überhitzung des Gegners – von einem „fast aussichtslosem Unterfangen“ aus. Kaum etwas davon blieb im Nachgang übrig. Nicht, weil Juventus vielleicht nicht gewollt hätte, nein, nein, unser Pressing, unser Wille hat sie dann wohl doch überrascht.

Vor Tagen also das Rückspiel und wir alle dachten: „Aber jetzt bereitet uns Turin im neuen Stadion die Hölle auf Erden“. Ja. In den ersten 15 Minuten. Da war es laut, da war die alte Dame das heiße Messer in der Butter. Bis unsere Bayern Zugriff auf das Spiel bekamen und wir somit die Weichen für das Halbfinale stellten. Denn machen wir uns nichts vor: Hätten die Italiener in dieser Phase tatsächlich die Führung erzielt, ich weiß nicht, wovon dieser Beitrag heute handeln würde.

So kam es aber nun einmal anders und wir reden statt dessen von unserer Spitzenqualität über zwei Spiele DER Top-Mannschaft aus Italien den Zahn gezogen zu haben. Da brauchen wir jetzt auch nicht mehr den Konjunktiv, denn im Rückspiel gab es diese 150%-tigen Chancen für die Conte-Kicker nicht wirklich. Und falls doch war Neuer zur Stelle.

Die Tatsache, dass ich – nach drei Tagen – eigentlich nur noch die ersten 15-Juventus-Minuten, Neuers Taten, unseren Spielzugriff und die italienische Zweikampf-Härte im Hinterkopf habe, spricht für sich.

Wir müssen uns nicht mehr über das Hinspiel unterhalten, Vidal, Ribery, das Abseits und den Schiedsrichter insgesamt. Nein. Es ging für Juve ja noch darum, mit der seit Jahren bestehenden Heimstärke ein 0:2 umzudrehen. Sie hatten die gleichen Chancen wie wir. Gewonnen haben wir. Mit 2:0. Verdient. Aber der Reihe nach.

Der Anfang ließ mich zunächst Böses ahnen. Nicht nur besagte 15 Minuten, nein, auch der Schiedsrichter (der mit dem Faible für alles was Gelb ist). Und Herrn Chiellini. Man mag mir gerne Unsouveränität unterstellen (und davon wurde während des Spiels auf Twitter auch ausgiebig Gebrauch gemacht), aber ich war und bin schon ein wenig, sagen wir mal „irritiert“, dass ein Chiellini mit seiner Spielweise über 2x 90 Minuten in voller Länge auf dem Platz stand. „Tragisch“ wird es für uns, dass Mandzukic zwei seine drei gelben Karten in Duellen mit diesem – seinem – Gegenspieler kassiert hat. Nicht, dass Mandzukic nicht auch einen Ruf hätte (dem er imho in seiner Anfangszeit in München leider auch gerecht wurde), aber sein Verhalten bzgl. Ellbogen-Einsatz hat sich in größerem Maße gebessert, als es von den Schiedsrichtern im In- und Ausland honoriert werden würde. Meine Meinung.

Zurück zur Tragik.

Im Hinspiel erhält Mandzukic als erster (FCB)Spieler eine gelbe Karte. Wohlgemerkt nach besagter Vidal-Ribery-Geschichte. Und im Rückspiel? Im Rückspiel erhält Mandzukic seine dritte gelbe Karte im laufenden Wettbewerb für eine Aktion, wo ich sogar schon in der Realgeschwindigkeit dachte „Foul Chiellini“! Denn imho trat der Italiener Mandzukic beim Kampf um den Ball vor das Schienbein. Zu meinem Entsetzen entschied der Unparteiische nicht nur auf Foul von Mandzukic, nein, er gab dem Kroaten auch noch Gelb. Da war ich dann sprachlos. Vor allem, da auch die Zeitlupen mich meine Meinung nicht ändern ließen…

Unsere schlimmsten Befürchtungen schienen einzutreten und ich sah neben Mandzukic auch Lahm und Dante in einem möglichen Halbfinale gesperrt. Allein, es kam anders. Welch‘ ein Glück. Der Schiedsrichter beruhigte sich und bekam seine Gelb-Schwäche in den Griff. Als weiteren Verlust hatten wir – dank Arm-Einsatz des Gegners – nur Daniel van Buyten zu beklagen. Es kam Boateng. Erneut hatten wir nicht das Pech, dass die Spieler rund um Pirlo diese Schwäche auszunutzen vermochten.

Sehen wir es positiv: Im ersten Halbfinale müssen wir zwar auf Mandzukic – inzwischen eine unserer schärfsten (Pressing-)Waffen verzichten – den Rest der Championsleague steht er uns dann aber (Platzverweis und Verletzung außen vor) definitiv zur Verfügung. Ebenso wie unser zentrales Mittelfeld mit Schweinsteiger und Martinez, die ja nun wieder bei 0/2 gelben Karten stehen. Blieben nur Lahm und Dante als Faktor (Gustavo ist imho hier nicht relevant (s. BS und JM)). Wobei Lahm heuer keine Karte mehr bekommen und bei Dante (wie zumeist bei der Abwehr) es darauf ankommen wird, was das defensive Mittelfeld durchlassen muss. Gedankenspiele.

Wir stehen im Championsleague-Halbfinale. Und das ist mehr als ich in manchen Phasen dieser Europapokal-Saison erwartet hatte. Nach dem 1:3 gegen Bate oder dem Achtelfinal-Rückspiel gegen Arsenal, welches ich live ertragen musste. Einerseits. Andererseits könnte nun gegen Barcelona auch wirklich Schluss sein. Könnte. Nie war diese Option aber unwahrscheinlicher als heute.

Warum habe ich also so gute Laune nach der Auslosung gehabt?

Wir haben lange (seit 2009) auf Barcelona gewartet. Und haben uns seit diesem 0:4 sicher in größeren Schritten weiterentwickelt als Barcelona. Klar, keine Kunst, aber näher „dran“ an Barcelona waren wir nie. Wobei hier nicht (wie sicher jetzt von Einigen vermutet) die typische Bayern-Arroganz zum Tragen kommt, nein, denn ich meine hier nicht, dass wir nun annähernd so sind wie Barcelona, so als Kopie, auf keinen Fall, das wollen wir ja auch nicht. Wir haben aber – seit van Gaal und danach dann mit Heynckes – ein eigenes System auf die Beine gestellt und optimiert, dass uns nun doch dauerhaft unter die Top-Mannschaften Europas gebracht hat. Nachhaltig. Die CL-Erfolge der letzten Jahre sprechen da für sich (nicht nur auf Titel bezogen jetzt).

Warum also sollten wir Barcelona, welches für mich in dieser Saison nicht mehr so perfekt funktioniert wie zuvor, nicht auch gefährden können?! Weshalb sollten in zwei Spielen die Chancen nicht größer sein, als in einem Finale auf neutralem Grund? Eben. Ich bin zuversichtlich. Und auch zunächst in München zu spielen ist gut. Erstens weil wir die Auswärtstorregel im Rückspiel auf unserer Seite haben. Da wo wir es brauchen. Zweitens können wir im Heimspiel mit einem guten Ergebnis (0:0 oder Sieg zu Null) Druck auf Barca aufbauen. Hat Paris ja im Viertelfinale auch lange geschafft. Drittens ist es doch so: Wenn ausscheiden, dann bitte nicht noch einmal im Finale (das hatten wir jetzt 2x in drei Jahren, das reicht) und gegen wen, wenn nicht gegen Barca? Sind die Ende April, Anfang wieder so stark, dass die uns weghauen, dann sind wir wenigstens gegen den Championsleague-Sieger ausgeschieden!

Alles noch in Frühjahrssternen, aber rund um eine solche Auslosung wird man sich ja mal Gedanken machen dürfen. Bis dahin einfach auf Bundesliga und Pokal konzentrieren – das macht den Kopf frei und hält frisch.

Weiter, immer weiter!

(So viel zum Thema kurzer Bericht)