Die Toskana-Faust in der Tasche

Also wenn ich Florenz-Fan wäre, hätte ich nach den beiden Spielen gegen den FC Bayern gestern Nacht in mein Kopfkissen gebissen.

Da ist man – ungewöhnlich genug – eine der ganz wenigen italienischen Mannschaften, die der Offensive zugeneigt ist, spielt in beiden Spielen die Münchner phasenweise an die Wand – und was kommt dabei heraus?

1 Tor, 1 Punkt.

Kaum zu glauben.

Die üblichen Verdächtigen sprechen hier reflexartig sicherlich wieder vom Bayern-Dusel, ich für meinen Teil kann das so nicht unbedingt unterschreiben.

Wer wie Florenz in beiden Spielen derart viele Chancen auslässt, der hat kein Pech, der zeigt ein Ausmaß an Unvermögen, dass es weh tut. Und zwar den eigenen Fans.

Sowas kann auch demoralisieren. Sah man nach gespielten 168 Minuten im direkten Vergleich. Der Ausgleich brach Florenz endgültig das Genick. Plötzlich liefen die Bayern als ob’s kein Morgen gibt, hatten die Florentiner Defensivprobleme und Klose die Chance tatsächlich so etwas wie ein Siegtreffer zu erzielen. Neben einigen anderen Bayern-Spielern.

Sei’s drum.

Ich bin mit dem Punkt zufrieden. Mit einem knappen 0:1 hätte ich auch leben können. Schließlich gehe ich davon aus, dass wir im nächsten Heim-Spiel Bukarest schlagen. Nur der Gruppensieg wäre dann ernsthaft in Gefahr geraten.

Zum Spiel selbst.

Gestern haben wir zum ersten Mal gesehen, was es heisst, wenn man ein funktionierendes Flankenspiel aufzieht. Also bei Florenz jetzt.

Bei Bayern zeigte sich, dass wir auf dieser Position ein Problem haben. Auf beiden Seiten, wenn Lahm verletzt ist.

Für die Bundesliga reicht ein Zé Roberto als Aushilfskraft, in der CL offenbart auch er seine Schwächen.

Zwei, drei Mal dachte ich, er möchte einen dritten IV geben, soweit stand er in der Defensive zentral. Sein Gegenspieler konnte so ungehindert flanken.

Geht nicht. Gar nicht.

Oddo? Naja, wahrscheinlich war es ein letztes Geschenk an ihn, da es gegen seine Landsleute und für den italienischen Nationaltrainer zur Sache ging.

Tatsächlich zeigte er auch mehr Engagement als zuletzt. Allein, es genügt imho internationalen Ansprüchen in keinster Weise.

Im Sturm war’s trotz 4-4-2 lange Zeit nur ein laues Lüftchen. Die bayerischen Bank ist nicht so stark, wie wir immer glauben.

Dabei fällt mir gerade noch ein Gedanke von gestern Abend ein: Wann sind eigentlich all unsere Flügelspieler endlich wieder einsatzbereit? Was machen Lahm (ok, in zwei, drei Wochen?), Sagnol, Altintop (hatte der nicht zuletzt einen Rückschlag?) und Co. die ganze Zeit?

Anderes Thema.

Im Mittelfeld spielte van Bommel bemüht, aber nicht so stark wie zuletzt. Borowski war – bis auf das allerdings sehr schöne und wichtige 1:1 – kaum zu sehen. Ribéry flink wie eh und je, aber mit zu wenig Unterstützung gegen oft 4 bis 5 Gegenspieler (das werde ich übrigens nie begreifen: Wo sind die 3-4 Bayern-Spieler, die in einer solchen Situation völlig ungedeckt sind??). Eventuell auch, weil Schweinsteiger relativ früh im Spiel einen mächtigen Schlag auf’s Schienbein, die Wade abbekommen hat (und hoffentlich bis Sonntag wieder fit ist).

Überhaupt. Die Spielweise der Florentiner.

Eigentlich haben die Toskana-Kicker das gar nicht nötig, aber ich würde die Spielweise durchaus als „schmutzig“ bezeichnen.

Was Gilardino während des ganzen Spiels so macht, ist imho das Sturm-Pendant zu Herrn Franz. Ich glaube, abgesehen vom Schiedsrichter, hatte jeder Bayern-Spieler mal seinen Ellbogen im Gesicht, oder?

Ganz besonders süß fand ich die Beschwerde von Mutu kurz vor Schluss, der sich genau über ein solches Vergehen gegen ihn beim SR beschwerte. Großes Kino.

Und in der Abwehr werden dort auch keine Gefangenen gemacht.

Im Hinspiel haben wir doch Lahm verloren, oder? Und Florenz‘ Kapitän hätte das Rückspiel eigentlich gar nicht erleben dürfen.

Hätte. Hat er aber.

Umso erfreulicher die Stimmung im Team und auf den Rängen rund um den bayerischen Ausgleich.

Sowas gibt einem so einiges. 😉

Jetzt gegen Bukarest (wieder mit Lahm und Toni?) das Achtelfinale klar machen und am Sonntag gegen Schalke einen weiteren Schritt in die richtige Richtung.

Dann wird doch noch alles gut, oder?