Von Jörg, dem 45-Minuten-Poldi und jeder Menge Aluminium

Sind wir mal freundlich: Herr Podolski lieferte gestern in der ersten Halbzeit die besten 45 Minuten seit der WM 2006 ab.

Darüber mag man sich als Bayern-Fan ärgern, auch wenn die meisten, mich eingeschlossen, längst ihren Frieden mit diesem Missverständnis (also PrinzPeng und die große, weite Welt) gemacht haben. Als FC-Fan würde es mich aber zum Kochen bringen, wenn es erst eines Heimspiels gegen des FC Bayern braucht (am 25.Spieltag der Saison), bis man bei einem Fußballprofi wie ihm zum ersten Mal vollen Einsatz, Biss und Laufbereitschaft sieht.

Wohl gemerkt nur über 45 Minuten, aber das reichte, um die Bayern, den frischgebackenen Tabellenführer, zum Seitenwechsel in Rückstand zu bringen.

Albern. Und lächerlich.

Eine zutiefst mittelmäßige Mannschaft wie der kölsche FC, der nur im realitätsfernen Anspruchsdenken des Umfeldes auf Championsleague-Niveau spielt und im Heimspiel zuvor noch mit sage und schreibe 1:5 böse unter die Räder kam, wurde vom flügellahmen Branchenführer perfekt aufgebaut.

Ich hatte davon nichts mitbekommen, aber kurz vor Anpfiff, als ich per Sky die Mannschaftsaufstellung las, war plötzlich keine Rede mehr davon, dass alle Nationalspieler unversehrt von diesen Witz-Länderspielen zurückgekehrt waren.

Ribéry angeschlagen auf der Bank, Robben gar mit Grippe in München geblieben. Hallo?

Na fein, dachte ich, dann gibt’s ja für Startformation keine Ausreden. Bezüglich Laufen, rennen und kämpfen.

So ging auch das Spiel los. Mit bayerischer Dominanz und Ball- und Gegnerkontrolle.

Und einem aufgedrehten Podolski. Dem in der 8.Minute Flipperähnlich der Ball perfekt vor den einzigen Fuß fiel, dem man annähernd sowas wie fußballerische Fähigkeiten zuschreiben kann (mit dem rechten Fuß geschossen, wäre der Ball aus dem Stadion geflogen). Zack an die Latte. Ein Weckruf. Für die 11 Innenverteidiger des FC.

Fortan schaffte man es zumindestens 4-5 Mal die bayerische Abwehr in durchaus gefährliche Konter zu zwingen.

Weshalb die meisten Kommentatoren sich genötigt sahen, die Führung der Kölner der Pause „als nicht unverdient zu bezeichnen“.

Für mich kein Grund.

Ein Grund wäre es schon eher, wenn man einräumt, dass die Bayern das Spiel vor dem Pausentee zwar mehr als dominiert haben, aber vor dem Tor viel zu harmlos wirkten. Darüberhinaus fehlte den van-Gaal-Kickern jeglicher Dynamik und Geschwindigkeit im Spiel nach vorne. Ein Umstand der ohne Frage der Abwesenheit unserer Flügelzange geschuldet war.

Schlimm. Irgendwie vermittelte man insgesamt den Eindruck, dieses Gastspiel nicht sonderlich ernst zu nehmen und schon die Vorbereitung auf das wichtige CL-Rückspiel in Florenz gestartet zu haben. Nach innen wie nach aussen.

Nicht vergessen möchte ich an dieser Stelle übrigens denJörg. Immerhin war er nach dem Spiel souverän genug, seinen Torwartfehler einzuräumen. Und wenn diese neuen Bälle 100x so schlimm flattern, Alter, den Ball musst Du mit links halten. Oder mit rechts. Das gibt’s doch nicht. Natürlich setzte dieser geschenkte Ball dieser Halbzeit die Krone auf.

Hilft aber alles nix.

In der Kabine gab es von van Gaal offensichtlich die richtigen Worte. Endlich spielte mein Verein so, wie man es vom Anpfiff an erwartet hätte: Schnell, variantenreich, mit Druck und den FC in den eigenen 16er einschnürend.

Darüberhinaus Chancen fast im Minutentakt gegen eine Abwehr, die diesen Namen phasenweise nicht verdiente.

Warum nicht gleich so? Wo ist das Problem, immer 100% zu geben? Warum nur unterschätzt man derlei Gegner und lässt nicht erst nach einem 3:0 die Luft raus?

Da steckst Du nicht drin.

Insgesamt wäre ein Sieg der Bayern verdient gewesen. Zwar war Köln in Halbzeit 1 stark, viel stärker als vermutet, aber der Druck, den die Bayern nach dem Seitenwechsel aufbauten, war dann doch ’ne ganz andere Liga. Und neben dem Lattentreffer von PrinzPeng, trafen die Aluminium-Könige der Liga (Schweinsteiger zum 7.Mal!) zweimal Pfosten oder Latte.

Das gibt’s einfach nicht!

Trotzdem: Es sind weiterhin drei Punkte Vorsprung auf den ersten Verfolger und folglich muss Bayer in Nürnberg gewinnen. wie schwer das ist, haben die Bayern schon leidvoll erfahren müssen.

Aber ehrlich gesagt halte ich es nicht für möglich, dass derlei Ergebnisse gegen die Bayern auf andere Gegner übertragbar sind. Die Bayern sind nun einmal der Aufbaugegner der Liga. Da beisst die Maus keinen Faden ab.

Aus genau diesem Grund können wir uns nur auf uns selbst verlassen. Und sollten wir Halbzeiten wie die erste in Köln für den Rest der Saison ab sofort und bitte dringendst vermeiden!

Noch was? Einzelkritik? Nö. Eigentlich nicht.

Das Thema Butt habe ich schon angesprochen. Schweinsteiger lieferte eines seiner besseren Spiele ab, Contento wird langsam immer besser und sicherer, die IV stand zumeist gut und die Offensive – naja, ohne Ribéry und Robben nur die Hälfte wert. Von daher der FCB erst in Halbzeit 2 auf einem Niveau, dass eines Tabellenführers würdig ist.