Von Schongängen, Umschaltern und Mr. Perfect

Ich fühle mich komisch während ich hier sitze und den Bericht zum gestrigen Heimsieg gegen Mainz verfasse.

Komisch, weil mir einfach nix einfallen will, was ich zu kritisieren hätte.

Die Bayern haben die ersten 20 Minuten in dieser Begegnung einen perfekten Fußball gespielt gegen eines von diesen Teams, die uns – bislang – angeblich so wenig liegen sollen. Also extrem gut in der Defensive gestaffelt (inklusive Extrem-Nachlaufing) und bei Ballbesitz explosionsartig in Richtung unseres Tores rennen, um auf direktem Weg den Abschluss zu suchen.

Von Mainz – gerüchteweise als Angstgegner tituliert – sah man derlei nur sehr selten. Und selbst in den Phasen, als die Bayern schon im Schongang waren und Mainz „mal machen ließen“ – auf Deutsch: Wir durch unseren Schlendrian in „Gefahr“ gerieten – war unsere eigene Defensive zumeist Herr der Lage. Stark, was die Sportskameraden Neuer, Lahm, Boateng, Dante und Badstuber ablieferten. Nicht minder erwähnenswert die Leistung der Herren Schweinsteiger und Gustavo (hört, hört).

Sicher. In der letzten Saison, den letzten Jahren, hatte Mainz mit seiner Taktik nicht unerheblichen Erfolg, aber erneut (schon im dritten Spiel) hatte ich eigentlich kaum Sorge um mein Team. Und Mainz hat es ja – nach den ersten 20 Minuten und in HZ2 – tatsächlich probiert. Aber irgendwann war halt Schluss. Und wäre der – verdiente – Elfmeter nicht gewesen, hätte Dante nicht seinen einzigen Fehler (war es nicht gar sein erster in dieser Saison?) gemacht, Mainz wäre wohl erneut ohne Tor geblieben (ohnehin nur per Elfmeter in dieser Saison).

Schwacher Gegner, von mir aus. Aber eben diese(r) schwache(r)n Gegner haben uns bis heute trotzdem Probleme bereitet. Mich euphorisiert so eine Erkenntnis. Und mit dieser Beschreibung ist zunächst einmal gemeint, ich nicht schon nach drei Spieltagen erste Flecken auf unserer weißen Weste analysieren muss.

Allein, es gibt noch mehr, worüber wir Bayern-Fans uns endlich wieder freuen können.

Was wäre wohl noch vor Jahresfrist hier und all überall in der Community los gewesen, wenn wir kurz vor einem Spiel erfahren hätten, dass neben Alaba, Gomez auch Ribéry und Robben verletzt fehlen? Der weißblaue Himmel wäre uns bedrohlich nahe gekommen.

Und jetzt?

Spult – zugegeben gegen (noch) keine großen Gegner – Herr Badstuber solide und oft kritikfrei sein Programm als dritter Vertreter auf der LAV-Position ab und schicken wir einfach Shaqiri und Müller (auf seine WM 2012er-Position) ins Rennen. Ganz zu schweigen von Mandzukic, der Herrn Gomez sicherlich – und völlig zu Recht – nicht kampflos den Stammplatz zurückgeben wird (wann kommt Super-Mario 1 eigentlich wieder zurück?)!

Sehr, sehr gut.

Und wenn all das nicht schon positiv genug wäre, durften wir die letzten 15 Minuten erneut unseren neuen Mr. Perfect bewundern.

Auf Twitter gelte ich ja inzwischen schon als #Fanboy und ich glaube tatsächlich, dass hier vieles medial auch arg überhöht wird (um ihn bei der nächsten Gelegenheit zünftig abstürzen lassen zu können), aber wie stark war gestern erneut die Performance von Javier Martinez?

Einem Spieler, der quasi ohne(!) Vorbereitung vor zwei Wochen bei uns aufgeschlagen ist und dann mal locker so einen Sprint in der 92. Minute hinlegt und ebenso butterweich wie präzise auf Toni – der-hat-so-eine-tolle-Schusstechnik – Kroos flankt.

Der Wahnsinn.

Andererseits: Bremsen, Leute.

Jetzt fängt endlich die Saison an. Wir haben sieben Bundesliga-Spieltage bis zum nächsten Länderspiel-„Spaß“ zu absolvieren und am Mittwoch startet ferner die nächste Königsklasse. Ganz zu schweigen vom nächsten nationalen Spiel in Gelsenkirchen. Da wird sich zeigen, wie viel von der Euphorie da der Realität standhält.

Aber freuen darf ja wohl erlaubt sein. Es gab nicht wenige Saisonstarts, da mussten wir uns zum gleichen Zeitpunkt schon ganz andere Sorgen machen. So.

Wer mich allerdings kennt, der kann sich vorstellen, dass ich trotzdem noch ein wenig was zum Kritisieren finde.

Zum Beispiel, weshalb wir überhaupt erst in diesen Schongang verfallen sind. Beim Stand von „nur“ 2:0. Oder was sich Herr Dante dabei dachte, vor dem Elfmeter seinen Gegner derart zu verteidigen. Oder das rings um das Gegentor der Schiedsrichter sich sicherlich eher nicht um die Auszeichnung „Heimschiedsrichter des Monats“ beworben hat.

Womit wir wieder beim Punkt Euphorie wären: Es kratzt uns alle nicht! Wir machen einfach weiter und finden auch immer wieder den Umschalter. Offenbar bald eine Phrase weniger, die die üblichen Verdächtigen im Zusammenhang mit dem FC Bayern benutzen können.

Mich stört es nicht.

Weitere Einzelkritik vonnöten?

Nö. Ihrso?

Jetzt gegen Valencia gut auf der „Road-to-London“ starten und danach(!) auf Schalke fixieren. Das wird schwer genug.

Auf geht’s, Ihr Roten!

17 Gedanken zu „Von Schongängen, Umschaltern und Mr. Perfect“

  1. Ja, stimmt, ist ja auch bald wieder CL. Aber diese Saison ist die Meisterschaft das wichtigste Ziel. Was hilft es uns, wenn wir wieder ins Halbfinale oder noch weiter kommen, aber am Ende die Spitze der Liga wieder nur von hinten sehen? Heynckes sollte die Mannschaft auch so aufstellen, dass wir in der BuLi immer eine Topelf an den Start bringen, dafür sollten dann Leute wie Shaqiri, Mandzukic und Co auch ordentlich Spielpraxis in der CL sammeln. Und bitte reichlich durchwechseln. Gerne schon zwei Spieler nach jeweils 45 Minuten.

  2. Kleine Erinnerung: Am 12. Spieltag führten die Bayern die Tabelle an mit 5 Punkten Vorsprung und einem Torverhältnis von 32:4 (+28). Ich kenne keinen – vermutlich noch nicht mal in Dortmund – der zu dem Zeitpunkt auch nur einen Pfifferling auf die Dortmunder Borussen gesetzt hätte. Nach dem 13.(!) Spieltag hätten es eigentlich 8 Punkte Vorsprung gewesen sein sollen/müssen/ können. Dortmund hatte zu dem Zeitpunkt eine abgrundtief schlechte CL-Runde gespielt, die Bayern souverän ihre Gruppe mit Manchester City angeführt. Götze stolperte ’ne Oma rein, der Rest ist Geschichte, nach dem 18. Spieltag war der Käse praktisch gegessen.

    Wer nach dem dritten Spieltag schon wieder Bärenfelle verteilt hat nichts, aber auch rein gar nichts aus der vergangen Saison gelernt. Klar, Geschichte wiederholt sich nicht usw. blablablubb, aber vor dem 15. Spieltag ist jede Prognose Makulatur. Danach sehen wir weiter.

    Faktisch hat Bayern die letzte Saison in den vier Spielen gegen die beiden Borussias verloren, gut die eine fällt wohl dieses Jahr aus, aber die andere ist nach wie vor da…und es macht nicht den Eindruck als ob sie schon aufgegeben hat, einige scheinen Klopp immer noch nicht kapiert zu haben, der Mann ist vor Ehrgeiz zerfressen und der will das vertikale Triple….’nuff said.

  3. Paules zweiten Satz kann ich so ungeändert übernehmen. Im Team gabs tatsächlich wenig bis nix zu kritisieren. Lobend erwähnen möchte ich gern Supermario II. Der hat mich gestern endlich davon überzeugt, dass er auch der mitspielende Stürmer sein kann.
    Einzig der Cheftrainer ging mir gestern (mal wieder) auf den Wecker. Vor der Saison wird (mal wieder) von Rotation gefaselt, und dann spielt doch wieder dieselbe Elf (außer Shaq für Ribery – wäre der nicht verletzt gewesen…) und es kommt der einzig „echte“ Wechsel erst 15 Minuten vor Schluss. Angesichts zweier größerer Gegner in den nächsten 7 Tagen.

  4. @Tracid
    der Vollständigkeit halber muss ich (erneut) darauf hinweisen, dass der FCB mit der am Ende erzielten Punktzahl in 9 von 10 Jahren Meister wird.
    Es hat also nichts mit verfrühter Euphorie oder dem Stand nach x Spieltagen zu tun.

    Egal. Ich sehe es wie @paule. Logisch, bin ja auch ein #Fanboy. 🙂

    Und ich denke, was Javi da in den wenigen Minuten auf den Platz bringt lässt schon hoffen. Andere sieht man kaum, wenn sie um diese Zeit kommen aber er ist direkt voll drin und gleich absoluter Aktivposten und Fixpunkt. Ok. Abwarten. Aber er scheint auch menschlich ein Volltreffer zu sein. Was man so liest.

    Zum Spiel? Weiss nicht mehr was noch erwähnenswert wäre, außer dem subjektiven Eindruck, dass es im Grunde nur 4 schwere Spiele für uns geben wird (je nach Einstellung). Der Rest der Bundesliga erscheint mir irgendwie auf einem weniger guten Level.

  5. (#128029) Tracid sagte am 16. September 2012 um 18:10 :
    Kleine Erinnerung: Am 12. Spieltag führten die Bayern die Tabelle an mit 5 Punkten Vorsprung und einem Torverhältnis von 32:4 (+28). Ich kenne keinen – vermutlich noch nicht mal in Dortmund – der zu dem Zeitpunkt auch nur einen Pfifferling auf die Dortmunder Borussen gesetzt hätte.

    Doch! Ich! Hatte ich hier auch kundgetan … 😉

  6. Diese gebetsmühlenartige Verbissenheit, mit der einige hier immer irgendwelche Wechsel nach 45 oder 60 Minuten fordern, nur um was zu Motzen zu haben…

    Ich kann diesen Quatsch echt nicht mehr hören.

    Man rotiert in der STARTAUFSTELLUNG. NICHT im SPIEL!

    Am Samstag fehlten: Gomez, Ribery, Robben, Alaba.

    Die wurden super ersetzt durch eine bärenstarke Bank. Die war dann aber auch ziemlich ausgedünnt. Wen soll man denn bringen? Ach ja, Can und Weiser. Damit die endlich mal Spielpraxis kriegen.

    So ein Schmarrn.

    Man wechselt, wenn es nicht läuft. Wenn ein Spieler neben sich ist. Wenn man taktisch etwas ändern will.

    Aber nicht, damit andere auch mal mitmachen dürfen.

    Diese Arroganz kann man sich leisten, wenn man 3:0 führt und auch elf Hamburger das nicht verdaddeln würden.

    Und soweit sind wir dann doch noch lange nicht.

  7. @jennifer
    diesmal bin ich (ausnahmsweise muss man ja inzwischen fast sagen) komplett anderer Meinung.
    Es wird sicher keiner behaupten (zumindest hoffentlich), dass das Bayern-Spiel in der zweiten HZ „lief“. Insofern beste Argumentationen für diverse Wechsel.
    Pizarro hätte ich bspw. viel früher gebracht, da bei Mandzukic nicht mehr viel zusammenlief und Pizza da nochmal richtig Wirbel veranstaltet hätte (und auch hat, halt nur 4 Minuten…)
    Martinez hätte ich von der Position her gar nicht gebracht. Das war ein Zugeständnis an ihn/die Ablösesumme/die Medien und an die Integration.
    Ansonsten gab es in der Tat wenig weiterhelfende Alternativen.
    Für Can und Weiser war definitiv nicht die Zeit.

  8. @jennifer8,

    „… Diese Arroganz kann man sich leisten, wenn man 3:0 führt und auch elf Hamburger das nicht verdaddeln würden. …“

    Jetzt sei doch nicht so gemein zu unserem Bundesliga-Dino. Die fangen sich noch ;oP
    Viel mehr hat micht der Auftritt der TSG begeistert. So arbeitet man konzentriert und zielstrebig für den Abstieg. Bitte weiter so.

    Wirklich schönes Spiel des FCB. Müller ist auf seiner Lieblingsposition einfach Gold wert.

    Bin mal gespannt, was die Knappen Euch entgegen zu setzen haben.

  9. @Ribben

    Bei uns lief es in der zweiten HZ? Hab ich nicht gesehen.

    Wir haben uns gefangen nach dem Anschluss, ja. Aber wenn Mainz ein Duseltor macht und wir durch einen (unnötigen) Wechsel noch Unruhe reingebracht hätten, dann wäre hier was los gewesen…

    Klar kann man Piza für Mand bringen, auch vorher. Muss man aber nicht.

    Und Martinez zu bringen war kein Risiko. Der braucht Praxis mit der Mannschaft. Den haben wir für die Startelf geholt.

  10. @jennifer
    „bei uns lief es in der zweiten HZ“

    Nein, eben nicht, hab ich ja geschrieben.

    In Summe kann ich deine Argumentation so aktuell nicht nachvollziehen. Wenn Martinez kein Risiko war, warum bring ich ihn nicht mal 30 Minuten?
    Pizza hat (und hätte) definitiv vorne nochmal mehr Impulse gesetzt. Und auch das wäre ohne jegliches Risiko gewesen. Insofern bleib ich dabei: Man muss nicht immer bis zur 75. warten. Na wenigstens kommt dann nicht Tymo…

  11. @Ribben: Das ist der rote Faden in dieser Saison: „Wenigstens kommt dann nicht Tymo“!

    Jetzt nix gegen Tymo, aber das hatte ab der 75. Minute schon eine ganz andere Klasse… 😉

  12. Weil für den Wechsel die Statik unseres Spiels verändert wurde.

    Kroos auf links, Schweinsteiger auf die 10, Martinez auf die 8.

    Hat geklappt, was gut ist, da wir taktisch flexibler geworden sind.

    Ist halt nur immer so eine Sache. Wenn das schiefgeht, hacken wieder alle auf dem Trainer rum. Wenn er diese Umstellung macht, muss er den richtigen Zeitpunkt dafür erwischen.

    Hat er getan, also alles gut 🙂

  13. Zur Wechseldiskussion:

    Ich denke, dass das Spiel am Samstag für Heynckes diesbezüglich schwierig war: Der Spielstand- und verlauf, eine etwas weniger gut besetzte Bank durch die zahlreichen Ausfälle. Daher nehm ich ihm das erneute Zögern diesmal gar nicht so übel, wobei ich persönlich Piza und Martinez auch früher gebracht hätte. Aber lassen wir das.

    Was wichtiger ist: Es ist zwar noch etwas früh, aber Anzeichen dafür, dass Don Jupp sein Wechselverhalten zumindest nicht wesentlich ändern wird sind schon vorhanden. Zum Beispiel beim Spiel in Fürth: Das 3:0 fiel in der 79. Minute. Das Spiel entschieden, noch elf Minuten plus Nachspielzeit auf der Uhr, und was macht der Don? Gut, zunächst bringt er postwendend Piza für Mandzukic. Geht in Ordnung. Aber der nächste Wechsel ist dann Tymo für Kroos. Mal abgesehen davon, dass es komplett sinnlos ist, einen Spielertypen wie Tymo in einer solchen Situation zu bringen, würde ich da einfach gerne einen Can oder Weiser sehen. Wenn sie nicht mal da spielen dürfen, wann denn bitte dann? Und zum Bank auffüllen sind beide zu Schade, dann sollen sie lieber für Schollis Truppe auflaufen.

    Aber wie gesagt, es ist noch früh in der Saison. Warten wir mal ab, wie sich die Wechselei in den nächsten Wochen mit erhöhter Belastung und mehr Personal entwickelt. Die Ausrede mit der zu schwach besetzten Bank zieht dieses Jahr unter normalen Umständen jedenfalls nicht mehr.

  14. Dass es momentan gut läuft, merkt man allein daran, dass noch nirgends von den Folgen der vorangegangenen EM (es ist ja schließlich Post-Großturnier-Sommer) gesprochen wurde.

  15. @ Christian:
    „Und zum Bank auffüllen sind beide zu Schade, dann sollen sie lieber für Schollis Truppe auflaufen.“

    Beide wurden bereits am Freitag abend für die Amateure über 90 Minuten eingesetzt.

  16. @ Finanzbeamter

    Ok, hab ich nicht gewusst. Das war auch nicht wirklich auf Samstag bezogen, ich meinte das mehr allgemein. Die Spiele der Regionalliga Bayern finden häufig Samstags statt. Da wäre es dann besser, die beiden würden dort spielen, anstatt bei den Profis die Bank zu wärmen.

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