So würde man doch normalerweise reagieren, wenn man nur diese Schlagzeile lesen würde, oder?
„Oliver Kahn glaubt, dass Deutschland mit ihm Fussball-Weltmeister 2006 geworden wäre.“
Die meisten schalten danach direkt ab, dabei wäre es interessant, sich auch noch den Rest anzuhören…
„Das soll aber nicht heißen, weil ich besser gewesen wäre. Quatsch. Das ist auch überhaupt keine Kritik an Jens Lehmann, denn der hat eine sehr gute, sehr solide WM gespielt. Nein, es liegt einfach am Verlauf meiner Karriere, dass ich diese Überzeugung habe“
Und warum?
„Ich bin 1994 mit dem Karlsruher SC im Halbfinale des Uefa-Cups gescheitert, zwei Jahre später habe ich mit dem FC Bayern diesen Pokal geholt. Ich habe 1999 die Champions League auf brutalste Weise verloren, und dann habe ich sie zwei Jahre später gewonnen, wie man sie nicht schöner gewinnen kann. Ich habe 2002 die WM im Finale unglücklich gespielt. Diese Logik – und an solche Phänomene glaube ich immer noch – hätte sich bei der WM 2006 fortgesetzt. Bei vielen Karrieren gehen oftmals großen Erfolgen immer heftige Niederlagen voraus, das ist so eine Art Prüfung: Hast du den Erfolg überhaupt verdient? Anscheinend musst du dafür erst mal leiden. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass dieses Muster, oder wie auch immer man das bezeichnen mag, möglicherweise wieder eingetreten wäre.“
Komisch, das passt so gar nicht zum landläufigen Bild Kahns, der im Verborgenen der öffentlichen Meinung ein Wandlung durchgemacht hat…
„Bei dieser WM habe ich gemerkt, dass es auf dieser Welt auch noch eine andere Art von Erfolg gibt. Das hatte für mich etwas Befreiendes. Auch wenn man es kaum glauben mag: Die WM war für mich als Mensch bedeutender, als hätte ich sie gespielt.“
Allen anderen ist es natürlich freigestellt ihre seit Jahren festgelegte Meinung zu behalten…
Was ganz ähnliches hat er auch schon vor n paar Wochen im „Kicker“ gesagt. Die haben dann auch so ne Überschrift gebastelt, in etwa: Mit mir wären wir 2006 Weltmeister geworden. Ach ja, die Presse…
Mir ist es mittlerweile fast schon lieber, Kahn als arrogantes Schwein statt als Glaubenden zu erleben. Aber wer Rilke zitiert, glaubt auch an Phänomene. Ich warte eigentlich nur darauf, dass sich Oli irgendwann zum Buddhismus bekennt.
Da geraten Weltbilder ins Rutschen…