Das Arschloch im Schrank

Schon praktisch. Wenn man seine gesammelten Animositäten an einer Person festmachen kann. Immer mal wieder holt man das „Arschloch aus dem Schrank“, prügelt drauf ein und schon geht’s einem besser.

Uli Hoeneß ist so ein „Arschloch“.

Und dabei will ich gar nicht abstreiten, dass er derlei über die Jahre ab und an vielleicht sogar provoziert hat. Aktuell befindet er sich mal wieder ausserhalb des Schranks.

Aber zurück zur Sachebene.

Ich bin Bayern-Fan. Und Mitglied. Beides seit Jahrzehnten. Ich WEISS, dass Personen austauschbar sind. Spieler, Trainer und Funktionäre. Der Verein bleibt immer. Das ist schließlich auch meine Meinung.

Von allen für mich aber am wenigsten austauschbar, ist eben jener Uli Hoeneß (viel weniger als Rummenigge, Beckenbauer und Co.). Für viele mag diese Ansicht völlig unverständlich sein, aber ich sehe Hoeneß halt nicht immer nur mit puderrotem Kopf und während einer Brandrede. Selbst wenn das viele andere zumeist gerne ausblenden, weil es nicht ihrer Überzeugung entspricht.

Was ist denn überhaupt passiert?

Eigentlich bin ich’s fast leid über das Thema FC Bayern und seine Fans zu sprechen, aber es hilft ja nichts – man will es offenbar immer wieder von mir hören…

Grundlegendes habe ich zu diesem Punkt schon geäußert, ich muss es also nicht ständig wiederholen – meine Meinung hat sich nicht geändert.

Über den aktuellen Ausbruch von Hoeneß kann man dagegen durchaus diskutieren. Vor allem über Form und Podium. Über den Inhalt imho nur wenig.

Es wurde sich von Fan-Seite beschwert über Stimmung, Logen und Preispolitik.

Na fein.

Ein bißchen weltfremd ist das schon. Das Stadion hat durchaus ein bißchen Geld gekostet. Das hatten die Vereine nicht auf der hohen Kante. Ganz im Gegenteil, 1860 ging daran fast zugrunde und erst die 100%-tige Beteiligung des FC Bayern an der Allianz-Arena rettete die Löwen (war doch so, oder? Eben.).

An dieser Investition hat selbst ein (finanzieller) Großverein wie der FC Bayern noch einige Jahre zu knabbern. Ein Re-Invest durch Logen hilft dabei. Und jede Loge, die verkauft wird, sichert Geld, dass man in „billige“ Plätze stecken kann (oder verlieren, je nach Sichtweise). Man könnte so etwas als Quersubventionierung bezeichnen, womit wir bei den 7-Euro-Stehplatzkarten wären.

Ganz offensichtlich gibt es hier einen direkten Zusammenhang…

Das der Geschäftsmann in der Logo eventuell anders jubelt, als ein 12-jähriger Bayern-Fan in der Südkurve, ist nicht unlogisch (aber selbst dort soll das vorkommen). Wie viele Fan-Plätze unter den 69.000 Zuschauern stehen den Logen-Besuchern gegenüber? Theoretisch wäre die Stimmungslücke auszugleichen, oder?

Kommen wir also zur Stimmung.

Es gibt Stadien, in denen es lauter zugeht als in München. Das ist zum einen nichts Neues (und war auch schon im Olympiastadion so. Einem Olympiastadion, dass alle Fans irgendwann nur noch hinter sich lassen wollten) und hat zum anderen teilweise rein technische Gründe (auch hierzu habe ich mich schon ausgelassen). Ein weiterer Grund liegt tiefer. In den Gräben zwischen Verein, Fan-Betreuung, Alt-Fans und Ultras.

Wer dieses Thema schon länger verfolgt, kann diese Dinge ein wenig differenzierter sehen als Aussenstehende.

Von Vereinsseite sind sicher in der Vergangenheit diverse Fehler gemacht worden. Das ist unbestritten (zumindestens von mir). Auch hat man im Raststätten-Fall vielleicht überreagiert. Aber wieso sollte der Verein anders handeln, als die Staatsanwaltschaft? Wer den Finger hebt und auf den Vorstand zeigt (Stadionverbote, Jahrenkartensperren), sollte auch erwähnen, dass diverse Verbote und Sperren, ähnlich wie die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, in vielen Fällen aufgehoben, bzw. eingestellt wurden.

Angebote von Seiten des Vereins wurden von Fan-Seite oft ausgeschlagen, wohl oft aus prinzipiellen Gründen (wer sich also durch seine Prinzipien verschließt, mit dem kann man nur schwer kommunizieren). Die Hoeneß-Frage „Wer glaubt Ihr, dass Ihr seid?“ ist so abwegig für mich nicht. Zumindestens auf einzelne Teile der Fan-Szene bezogen. Aufmerksame Leser werden wissen, was ich von Teilen der Ultra-Szene halte. Mit „Gewalt“ (im doppelten Sinne, hier mit Stimmungsboykott) soll hier gegen den Verein ein neues Fan-Sein, Fan-Wesen durchgedrückt werden. Ohne mich. Vor allem, wenn es diese Ausmaße annimmt, mit derlei Konsequenzen.

Wer Hoeneß nicht durch seine ein-dimensionale Brille sieht, wird ebenfalls wissen, dass er mit seinen Anschuldigungen NICHT alle Fans gemeint hat. Wer ihm derlei unterstellt, hat ganz andere Interessen, die der Fans verfolgt er sicherlich nicht.

Ich habe für vieles Verständnis und das hier soll auch keine Brandrede Pro Vorstand werden, aber die Aufregung verstehe ich in ihrer Gänze nicht wirklich. Vielmehr ist mir ein Hoeneß, in all seiner Offenheit und Authentizität zig mal lieber als all die „Schwiegersöhne“ dieser Welt à la Bierhoff & Co..

Wie geht’s jetzt weiter?

Wir kommen nur gemeinsam zu einer Lösung. Oder glauben Vereinigungen wie SM und Club12 tatsächlich, dass sie soviel Macht haben, den Vorstand aus dem Verein zu drängen? Sollte so etwas möglich sein, wäre das ohnehin nicht mehr mein Verein, dann wären wir ja Italien…

Nein. Es muss Kommunikation geben. Denn es geht um den Verein. Um den FC Bayern. Und daran ist doch wohl offensichtlich allen gelegen, oder habe ich da was falsch verstanden?

Die Lösungen liegen parat. Habe ich ebenfalls schon mal alles vorgeschlagen:

– Zusammenlegung der Fangruppen innerhalb der Südkurve (bis unters Dach)
– Mehr Stehplätze (aber nicht gleichzeitig weniger Logen)
– Keine Mischung zwischen Fangruppen („Fans“ mit Familienvätern & Co.)
– Verbannung der gegnerischen Fans in „akustisch schwächere“ Blocks
– Verbesserung der Kartensituation (s. Stehplätze)

und schließlich

– Mehr Verständnis füreinander (Verein -> Fans -> Verein)

Wäre doch mal ein Anfang, oder?