Der Weltuntergang steht unmittelbar bevor. Oder so.

Mein Sohn hat weit über 39 Grad Fieber. Die Mandeln sind ebenso entzündet wie unsere Nächte kurz.

DAS sind Probleme.

Was kümmern mich da ein paar Millionäre, die ihrem Hobby nachgehen und in kurzen Hosen einen Lederball über gepflegte Grashalme stolpern?

Hier könnte dieser Beitrag beendet sein.

Wenn es da nicht doch noch eine andere Wahrheit gäbe. Die eines Fans. Eines Fans, der mittlerweile eigentlich keine Lust mehr hat, nach jedem Spiel seiner Mannschaft ein Grundsatzmanifest zu veröffentlichen.

Der erste Entwurf für diesen Beitrag enthielt – in meinem Kopf – viele Kraftausdrücke. War eher als destruktiv und aufrührerisch zu bezeichnen.

Jetzt 24 Stunden später, nach dem ausgiebigen Studium diverser Kommentare und Berichte zum Thema bin ich eher ruhig.

Ich bin’s leid. Nach jedem Spiel alles grundsätzlich in Frage zu stellen. Was soll das auch bringen? Soll 2009 als 4-Trainer-Jahr in die Geschichte des FC Bayern eingehen? Muss ich nicht haben.

Sollen wir einfach nur weiter Kapital vernichten? Spieler überteuert kaufen, um sie nach einer Hinrunde mit massivem Verlust zu verschenken?

Wohin soll das führen? Ist die (Fußball-)Welt inzwischen so schnelllebig geworden? Oder ist das nur beim FC Bayern so? Inzwischen?

Die Bayern haben immer noch die Chance die Gruppenphase der Championsleague zu überstehen und in die K.O.-Runde einzuziehen.

Zwei Siege der Bayern, kein Juve-Sieg in Bordeaux und der zweite Platz geht klar.

Natürlich kann man sich die Frage stellen, ob man es mit derlei Leistung überhaupt „verdient“ hat, weiter an der Königsklasse teilzunehmen.

Gegenfrage: Wieviele Mannschaften würden diesbezüglich gerne mit dem FC Bayern tauschen, die Millionen der Championsleague zu bekommen – egal mit welcher Leistung oder Ergebnissen in dieser Vorrunde?

Dazu gibt’s sicherlich keine zwei Meinungen unter uns Bayern-Fans. Es doch noch zu schaffen, würde mich nicht stören.

Klappt es nicht, geht dann die Welt unter? Offensichtlich. Wenn man einige Kommentare in unserem Umfeld zu liest.

Für mich nicht.

Wieso?

Weil die Bayern diese Gruppenphase schon im Heimspiel gegen Juve vergeigt haben. Ein Sieg dort und man hätte sicherlich gestern ganz anders gespielt. Von der Belastung, von der Perspektive her.

Aber diese Verschwendung stört mich schon die ganze Saison. Klar. Ist schon immer ein Problem des FC Bayern gewesen. Aber wo würden wir stehen, wenn wir nur ein bißchen mehr Kaltschnäuzigkeit an den Tag gelegt hätten. Nur in den Spielen, als wir die Chancen und die Überlegenheit hatten.

Im Heimspiel gegen Bremen, gegen Juve. Die Liste erscheint endlos.

Ist aber alles müßig.

Und in meinen Augen auch nicht das Problem des Trainers.

Ich denke nämlich nicht, dass van Gaal seinen Spielern verbietet Tore zu schießen. Oder sich einen Spaß daraus macht, mal eine passende Einstellung an den Tag legen zu lassen (wie im Pokal in Frankfurt). Und mal nicht (wie in HZ1 in Bordeaux).

Die Klasse, die in jedem Spieler im Kader des FC Bayern steckt, wurde sicherlich nicht von einem van Gaal abgesaugt. Oder wegtrainiert.

Aus meiner Sicht gibt es „lediglich“ folgende Probleme:

– Vorbereitung & Verletzungen

Beim FC Bayern häufen sich in den letzten Jahren die miserablen Vorbeitungsphasen. Und das liegt nicht nur an EM- und WM-Turnieren.

Was wäre zum Start der Saison möglich gewesen, wenn van Gaal den kompletten Kader gesund und über die vollen vier Wochen zur Verfügung gehabt hätte? Aha.

– Systeme

Louis van Gaal hat eine bestimmte Vorstellung von Fußball. Ein System vor Augen. Dummerweise ist das eins, dass beim FC Bayern so in den letzten Jahren nicht gespielt wurde.

Dieser Punkt wurde aber offenbar von den Verantwortlichen des FC Bayern bewusst in Kauf genommen. Also diese notwendige Umstellungsphase. Es wird zwar langsam, aber zäh ist’s trotzdem. Was haben wir aber von einem funktionierenden System, wenn wir in allen Wettbewerben nur noch um die goldene Ananas spielen? Schwierig.

Womit wir beim nächsten Problem wären:

– Trainerwechsel

Seit Juni 2008 hatte der FC Bayern vier Trainer.

Hitzfeld – der ja in den Augen vieler Bayern-Fans immer noch als Messias gefeiert wird. Aber muss ich vielleicht all die Spielberichte raussuchen, wo ich mich über ihn aufrege? Über die Spielweise, zwar erfolgreich, aber nicht wirklich schön anzusehen? Und muss ich all die Bayern-Fans wie -Verantwortlichen zitieren, die „endlich auch mal schönen Fußball sehen wollten“? Weil sich der Erfolg beim FC Bayern ja ohnehin im Abo realisieren lässt?

Klinsmann brachte dann die (lange vermissten) Innovationen. Alle waren begeistert. Hurra-Fußball. Und alles so modern. Als alles den Bach runter ging, wollte es aber keiner gewesen sein.

Dann Heynckes. Meine Güte. Wieviele weinen jetzt DonJupp wieder hinterher? Weil er mit Leverkusen an der Spitze steht? Und will noch jemand zugeben, dass man damals dachte: „Naja, ganz nett, aber nach fünf Spielen ist Schluss, oder? Schließlich wollen wir ja einen Trainer mit Perspektive. Was Junges, Frisches…“?

Und jetzt van Gaal.

Systemfußball. Ein Hauch von Ajax und Barca beim FC Bayern. Geil.

Kurz danach sind irgendwie alle verwirrt, dass die Spieler, die vor 16 Monaten noch mit Glanz und Gloria das Double geholt haben, plötzlich alle total neben der Spur sind?

Vielleicht ein bißchen viel Wechsel in so kurzer Zeit?

Ein erneuter Trainerwechsel soll das Abhilfe schaffen? Na dann.

Nein, nein.

Ich glaube, dass das alles eine Kopfsache ist. Und auch wenn es die meisten nicht hören wollen. Weil wir Bayern so etwas niemals in Anspruch nehmen sollten, dürften: Glück kann man erzwingen. Machen wir aber zuletzt nicht mehr.

Ein Toni kann in Bordeaux statt des Pfosten auch das Tor treffen. Dann holen wir mit 10 Mann dort noch ein Remis. Ein Brafheid kann seine Flanke statt auf die Latte auch ins Tor lenken. Der Schiedsrichter kann das Handspiel auf der Torlinie als Elfmeter für die Bayern werten. Die Bayern (Butt) hätte(n) davon absehen können, sich die beiden Tore der Franzosen irgendwie selbst ins Netz zu legen. Und, und, und.

Würden wir dann jetzt den Weltuntergang in München besprechen?

Das ist mir alles zu platt. Zu einfach.

Mein Vorschlag zur Güte: van Gaal den Rücken stärken. Ihn als Perspektive für die Zukunft sehen. Auch in der Öffentlichkeit. Ihn machen lassen. Den Kader weiter auf seine Vision umstellen. Punktuell. Wie das all die Anderen machen. Im Winter und nächsten Sommer ausmisten. Vorschläge gibt’s da genug. Eine weitere Übergangssaison akzeptieren.

Insofern es nur die geringste Chance gibt, dass wir aus all dem gestärkt zurückkommen, bin ich dabei. Allein die Vision, in Zukunft solche Dinge wie den Pokalauftritt in Frankfurt auch gegen die sogenannten Topteams zu zeigen, lässt meine Gedanken fliegen.

Dafür nähme ich sogar die Europa League in Kauf. Wäre doch spaßig im Halbfinale gegen den HSV zu spielen. Würde dafür auch ’ne Papierkugel stiften.

Vielleicht den Pokal gewinnen und in der Bundesliga irgendwie oben dran bleiben. Championsleague-Platz. Mindestens die Qualifikation.

Ist das weltfremd?

Aus meiner Sicht nicht. In den Verein muss endlich mal Ruhe einkehren!

Dafür bräuchte es allerdings noch eine weitere Veränderung: Weniger Interviews und öffentliche Statements unserer Führungskräfte. Schwer, ich weiß, aber unabdingbar für obige Ruhe.

Nur ein Beispiel: Die Torwart-Diskussion. Was soll das? Da hat man endlich mal Ruhe und einen Keeper zwischen den Pfosten, der eben diese ausstrahlt. Und was passiert? Man eröffnet diesem, dass er sowieso nur noch befristet sein Job machen darf und man Sommer so oder so ’nen Neuen holt. Und dann ist immer wieder dieser Neuer das Thema. Was haben unsere Bosse eigentlich an dem für einen Narren gefressen? Benaglio, ok. Von mir aus auch Adler. Aber Neuer?

Egal. Eigenes Thema.

Kann sich in diesem Zusammenhang aber vielleicht jemand vorstellen, dass ein Butt sowas nicht völlig egal ist? Er sich einfach so – nach Wochen der Sicherheit im Tor – zwei Klöpse erlaubt? Da besteht kein Zusammenhang? Nein? Ach so. Na dann.

Muss ich noch mehr zum gestrigen Spiel sagen?

Nö. Keine Lust.

Ich erwarte jetzt für Samstag einfach nur eine Steigerung. Egal in welcher Form. Und natürlich einen Sieg. Alles andere bringt uns nicht weiter.

Punkt.