Erfolgsfan-Artikel während meines Urlaubs

Während meines Urlaubs entstand auf dem Bolzplatz der Artikel „Der Erfolgsfan“.

Nun, bei diesem Wort werde ich immer hellhörig, weil es dann zumeist um Bayern-Fans geht und unbestreitbar bin ich auch einer!

Lassen wir mal Polemik, Ignoranz, Schützengräben und Sonstiges beiseite und nehmen wir den Begriff ganz nüchtern auseinander:

Was ist ein Erfolgsfan?

Ein Erfolgsfan ist ein Fußball-Fan, der seine Zuneigung zu einem Verein von dessen Erfolg abhängig macht und in der Regel auch nur deshalb auf Verein xy aufmerksam wird.

Im Grunde hat Christian Dülpers auch nichts anderes geschrieben und ist sein Protagonist auch eine üble Ausprägung dieser Sorte von Fans, aber mir fiel dazu eine kleine Geschichte ein, die mich immer mal wieder zum Schmunzeln bringt:

Zu den Zeiten, als ich noch regelmäßiger auch mit befreundeten Bayern-Fans in die Stadien der Republik gepilgert bin – wir waren so um die fünf, sechs Bayern-Fans – hatten wir einen Gladbach-Fan(!) in unserer Clique, der, nur um nicht isoliert zu sein, auch zum Bayern-Fan wurde und sich uns bei Live-Spielen anschloss, bis auf eine Ausnahme – wenn die Bayern in Gladbach spielten, denn da holte er immer seine Gladbach-Fahne aus der Kiste und ging in die gegenüberliegende Kurve!

Wie würde man solch einen „Fan“ bezeichnen?

Opportunistisch, hilflos, einsam, ok, aber Erfolgsfan?

Wohl eher nicht, denn das war ihm ja völlig egal…

Aber zurück zum Bolzplatz:

Er ist geradezu schockiert, dass der Erfolgsfan sich nun den Bayern zuwendet („Nein, es konnte nur Bayern sein.“) und lebt das weiter, was allen Gladbach-Fans in die Wiege gelegt zu sein scheint, ich zitiere da einmal mehr ein Gladbacher-Mitglied des drsf:

Borussia ist immer der Verein gewesen, der den vielen imaginaeren und realen Nachteilen trotzte, dem die besten Spieler weggekauft wurden und der familiaere Verein blieb. So ist unsere Idealvorstellung.

Wir wollen voller Hoffnung junge Talente im Trikot mit der Raute sehen wie einst Netzer, Wimmer, Vogts und Heynckes Jupp. Und uns dann aergern, dass die boesen Geldsaecke uns diese Spieler wegen der besseren Finanzlage wegkaufen. Und wenn wir mal Erfolg haben koennten, gibt es tragische Pfostenbrueche, Buechsenwuerfe, Schiedsrichter-Benachteiligungen, Spieler mit Blackouts und kiffende hollaendische Nachwuchstalente.

Und dann schließt er mit dem befriedigenden Satz, dass „solche Menschen niemals die inbrünstige Freude erleben werden, wenn in der 90 Minute der entscheidende Treffer füllt, wenn in einem Pokalspiel der haushohe Favorit an die Wand gespielt wird oder gar der Titel gewonnen wird, auf den man sein Leben lang wartet“.

Und hier sind wir an einem Punkt, wo ich mein Fan-Sein und vor allem das Bayern-Fan-Dasein definiere und rechtfertige:

Ich hatte mein „Barcelona“, mein „FC Porto“, mein „Aston Villa“, meine zweiten Plätze ’88, ’91, ’93, und ’98, ich hatte mein „Uerdingen“ und mein „Werder“ im Pokalfinale, aber auch mein Mailand, mein Hamburg und mein Kutzop!

Und ich habe nie gezweifelt, nie habe ich mein Fan-Sein in Frage gestellt, auch nicht nach Häme, Spott und Hohn – irrelevant für mich an meinen Überzeugungen zu rütteln oder zu zweifeln!

Und ich habe selten den Zeigefinger gehoben, wenn Vereinen wie Dortmund die (Erfolgs-)Fans in Scharen zugelaufen sind, mehr eine stille Freude und ein Schmunzeln in mich hinein war da zu vernehmen und das begleitet mich bis heute, wenn ich dieses Wort höre: Erfolgsfan

[via Bolzplatz.de]

9 Gedanken zu „Erfolgsfan-Artikel während meines Urlaubs“

  1. ManU ist Barcelona. Oder besser: Barcelona ist Youknowwho. Denn Porto ist nicht Wien. Soviel zur Geographie der Bayernpleiten.

    „Aber ihr habt es wirklich verdient, auch mal während einer Durststrecke eure Treue beweisen zu dürfen“ ist toll! Wo kann ich das unterschreiben?

  2. Keine Frage, auch Bayern hatte ganz bittere Momente und ich wundere mich nicht, dass in deiner Aufzählung nicht ManU genannt wird (wahrscheinlich der Voldemort unter den Bayern-Fans: Youknowwho!). Aber, das musst du zugeben, ist Jammern auf hohem Niveau. Wenn man verdammt viele Endspiele erreicht, gehen auch einige verloren.

    Nur, und das gestehe ich ein, kann man nicht den Bayern-Fans zum Vorwurf machen. Wer von euch konnte schon in den 80ern ahnen, dass der Verein weiterhin so steil gehen würde. Der HSV zum Beispiel hat bewiesen, dass es mit ähnliche Voraussetzungen auch ganz anders laufen kann. Deswegen kann ich nix gegen echte Bayern-Fans sagen. Aber ihr habt es wirklich verdient, auch mal während einer Durststrecke eure Treue beweisen zu dürfen. Und lass dir gesagt sein: Irgendwann dankt Hoeneß ab, und dann Gande euch Gott ;).

  3. Danke Stefan für die Erklärung, ich hätte es nicht besser ausdrücken können…

    Und zum Thema Durststrecke sei erwähnt, es gab auch diese:

    In der Meisterschaft z.b. zwischen ’81 und ’85 und zwischen ’94 und ’97 (ganz zu schweigen von der Zeit zwischen ’74 und ’80, die ich allerdings eher kindlich abwesend erlebt habe), dazwischen auch solche Chaos-Spielzeiten wie 91/92, im Pokal ging zwischen 1986 und 1998 gar nix und im Europapokal zwischen ’76 und ’96 zwanzig Jahre lang nix – ok, Jammern auf hohem Niveau, aber vom HSV oder von Köln erwartet man diese Titel ja auch nicht jede Saison, ob jetzt die Erwartungen auch aus dem Verein selbst oder von aussen kommen…

    Eine Niederlage ist aber eine Niederlage, oder?

    Auch wenn es einen Unterschied zwischen einem Bundesliga-Abstieg und einem verlorenen Pokal- oder CL-Finale gibt, ok, aber diese Position hat man sich ja auch langfristig erarbeitet!

  4. Niederlagen und Niederlagen. Oh bitte. Du weißt doch: Wenn es um Helfen und Völkerverständigung geht, bin ich ganz vorne mit dabei.

    Trotzdem (Auch wenn ich Dich persönlich nicht für einen Erfolgsfan halte. Aber das hatten wir schon diskutiert.): Es gibt Niederlagen und Niederlagen. Spiele, die Dir einen hübschen goldenen Pott klauen und Spiele, die Dich zwingen, auf unbestimmte Zeit LR Ahlen, Erzgebirge Aue, Wacker Burghausen oder RW Erfurt zu sehen. Das obendrein mit einer Mannschaft, von der Du jetzt schon weißt, dass alle Spieler, die Dir ein wenig Hoffnung gegeben haben, den Verein verlassen werden und Du Dich weiter mit dem Teil des Teams beschäftigen muss, der mehr aus Versehen Fußball-Profi geworden ist.

    Und dann gibt es auch noch Serien. 1000 Minuten ohne Tor z.B., Du rennst trotzdem noch hin und alle Freunde kommen irgendwann verlegen, aber neugierig aufs Thema FC zu sprechen („DU gehst aber noch hin, oder?“) und haben diesen Blick, den sie normalerweise für Leute reservieren, bei denen ein naher Verwandter gestorben ist.

  5. Solche Blicke kenne ich, nur zeigen die bei mir zunächst Überaschung („Aber Du bist sonst so ein netter Kerl – was ist da nur schief gelaufen?“) und danach Verachtung – manche lassen die Überaschung auch gleich ganz weg…

    Diese Blicke ernte ich übrigens immer!
    😎

  6. Der feine Unterschied. Du vergisst dabei etwas. Du kannst sagen „OK, ein verächtlicher Blick, ABER unsere Trophäensammlung ist dreistellig!“ Unsereiner kann nur sagen „OK, ein mitleidiger Blick UND das völlig zu Recht.“

  7. Mag sein, aber trotzdem hat Euch jedes Jahr – sofern der FC erstklassig spielt – mind. zweimal jeder in diesem Land lieb, wenn ihr nämlich gegen „die Bayern“ spielt!

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