Die Hysterisierung der gegenwartlichen Fußlümmelei – eine Streitschrift

Es ist kompliziert. Und es liegt an mir – ist klar. Ferner mag es für viele meiner längjährigen Verfolger, Leser, Zuhörer, Wahrnehmer schräg klingen, wenn ich mich über Emotionen oder Hysterisierung in unserem Fußlümmel-Zirkus beklage.

War ich – und meine meinungsstarken Kommentare und Beiträge – doch über viele Jahre selbst ein Kieselsteinchen unter den abendlichen, stolpernden Sandalen des Sisyphus, der Spieltag für Spieltag, Saison für Saison, den Stein der Ausgewogenheit, Abwägung, Nüchternheit und Empathie den Berg der Fußballemotionalität hinauf astete. Tja.

Leben wir in einer Gegenwart, in der man seine Meinung nicht mehr ändern darf? Doch, ganz im Gegenteil, aber nicht Allen ist diese Fähigkeit gegeben. Ich schweife ab.

Einige wird es erneut langweilen, aber mein Abstand zum Zirkus wurde in den letzten 12 Monaten (ohne Blog-Beitrag – morgen ist tatsächlich schon ein Jahr Funkstille) nicht geringer. Womit nicht gemeint ist, dass ich jetzt einfach ein paar Reihen hinter der Manege sitze, nein, wir reden hier eher von „außerhalb des Zeltes“ oder gar „in einer anderen Stadt“ …

Ich bekomme schlicht nicht mehr mit, was Kovac für einen Fußball spielen lässt, wie es sich in der 67. Minute am 23. Spieltag darstellt, der Kontext zu den fünf Spielen zuvor und dem Spiel danach ist. Ich verfolge Diskussionen über unseren Trainer und unsere Führung nur noch aus zweiter Hand über die sozialen Medien, versorge mich mit Bildern aus der Konserve. Ungewohnt – aber wohl wollend – nehme ich zur Kenntnis, dass ich es kaum vermisse, was auch daran liegen mag, dass die Ausprägung meines Ehrenamtes in der Fußball-Jugend und dem Amateurfußball immer größer wurde und kaum noch Platz lässt für andere fußball-spezifische Eindrücke. Kausalität.

Was ist aber so anders in der über vier Jahrzehnte gewohnten Welt des „großen“ Fußballs? Es ist die Gegenwart und es ist kein Ende abzusehen. Ähnlich wie bei der Immobilien-Blase in Großstädten, habe ich auch bei der Fußball-Blase inzwischen aufgegeben, Prognosen abzugeben, wann dieselbige platzt. Es gibt immer noch genügend Pay-TV-Abonnenten, Fußball-Konsumenten, komplett unkritische Stadiongänger, die sich einfach nur unterhalten lassen wollen und erst recht mehr als genügend Leser & Zuschauer für all die Berichterstattung rund um das Hochglanz-Produkt Fußball.

Kritisiere ich dies weiterhin? Ja. Bin ich davon überrascht? Nein. Resigniert? Vielleicht. Wo ist also das aktuelle Problem?

Sicher. Man sagt sehr leicht und sehr oft, „jeder sei für seine Timeline selbst verantwortlich“ also für die Zusammenstellung der eigenen Filterblase. Ist bei mir nicht anders. Aber was will man machen, wenn sich selbst, ansonsten gelassene und abwägende Fußballfans – sei es in Schwarz-Gelb oder Rot-Weiß – von der allgemeinen Hysterie anstecken lassen? Rund um das Spitzenspiel der Bundesliga – seit Jahren endlich einmal wieder in Schlagdistanz zwischen Dortmund und Bayern – ließen sich viele Fans von den Emotionen überwältigen und ich war mehr als irritiert, dass dies in meiner Komfortzone passierte.

Ich hatte ja schon vor einem Jahr gesagt, dass ich persönlich keine siebte Meisterschaft in Folge für mein Seelenheil benötige. Schon für derlei wird man von einigen Bayernfans kritisiert.

Äußert man Bedenken über die Zukunft des Vereins und die Sorge, ob die aktuelle Führung den Übergang schaffen kann, wird man zwar ebenfalls kritisiert, aber aus einer Ecke, die ich per se ausblende.

Hat man in diesem Kontext wiederum Sympathie für – sagen wir mal – keine zwingende Dauer-Siegesserie, um die Grundlage zu schaffen, dass der Verein keine Wahl hat, auf „Weiter, immer weiter“ oder „Klappt doch alles, man muss nix ändern“ zu verzichten – brechen bei manchen Bayernfans die Dämme – totales No-Go. Was fällt uns ein, nicht (nur) den kurzfristigen Erfolg zu sehen!

Vollends anstrengend wird es, wenn man Dortmund Fans dabei zusah, wie sie eine – eher den Bayernfans zugesprochene – Eigenschaft an den Tag legten: Dünnhäutigkeit im Falle von Niederlagen und schmelzendem Vorsprung in der Tabelle. Das hat mich nachhaltig überrascht. Was war nur aus dem Underdog-Narrativ geworden? Fühlte man sich – aufgrund von neun Punkten Vorsprung schon als sicherer Meister? Dies gipfelte in Kommentaren nach der hohen Niederlage des BVB in München, die klangen wie „so ein Pech – jetzt habt ihr so hoch gewonnen und werdet trotzdem nicht Meister“ …

Auch hier: Derlei hörte man früher nur aus dem bayerischen Seelenleben.

Den Rest gaben mir die Berichterstatter. Man ist ja seit Jahren gewohnt, dass in der öffentlichen Wahrnehmung, ein Erfolg, gar ein Sieg der Münchner Bayern wenig Begeisterung außerhalb der rot-weißen Blase auslöst. Mir ist dies bewusst und ich hatte mit diesem „Naturgesetz“ nie ein Problem – im Gegenteil. Was mich sprachlos machte, war die Kurzfristigkeit, die neuerdings hier an den Tag gelegt wird:

Dortmund führt mit neun Punkten vor den Bayern? Großartige Liga! Endlich wieder Spannung!“ (Spannung? Bei neun Punkten Abstand?)

Bayern holt Vorsprung des BVB auf und setzt sich dank der besseren Tordifferenz an die Spitze! Laangweeiliig.

Erneut: Alles gut, derlei halten wir (also Fans wie ich) seit vielen Jahren aus. Was war in den letzten Wochen anders?

Das sowohl Bayern- als auch BVB-Fans im Wochenwechsel – wahlweise dem Fußball abschwören wollten, die Welt zusammen brach oder die Bundesliga einpacken könne!

Bayern Tabellenführer? BVB-Fans resignierten en masse. Bayern spielt nur Remis gegen Freiburg – BVB zurück an der Spitze? Bayern-Fans fordern – erneut – den Kopf des Trainers, BVB-Fans wollten die Welt umarmen!

All dies klingt wirr für euch? Dann haben wir was gemeinsam. Womit wir wieder beim Anfang dieses Artikel sind:

Es liegt an mir. Ich bin hier nicht mehr Zielgruppe, mir ist all das zu anstrengend, ich muss aus diesem Fußballzug aussteigen. Deshalb zuletzt eine zwei-wöchige Social-Media-Pause (auf meinem Fußball-Account).

Nun sind – ganz offensichtlich – all die Grassiko-Emotionen aus meiner Timeline entwichen. Ich will es – natürlich – noch einmal versuchen. Was ich befürchte? Dass es – nach einem Punktverlust unserer Bayern in Düsseldorf – wieder von vorne los geht. Ich werde es mir – nach Jahren der Live-Spiel-Pause – vor Ort im Stadion anschauen, ggf. lasse ich mein Smartphone einfach mal ganz aus.

Fußball pur. Ohne Vorberichte, krakeelende Kommentatoren, vermarktende Moderatoren und wilde Aufruhre in den sozialen Medien. Wie es sein sollte, einmal war und nie wieder sein wird.

Ich weiß. Schade.

Offener Brief an den Vorstand

Sehr geehrte Herren des Vorstandes der FC Bayern München AG,

ich bin heute auf den Tag genau seit 25 Jahren Mitglied des FC Bayern München e.V. und seit über 35 Jahren Fan unseres FC Bayern. Mein erstes Spiel sah ich 1989 im Münchner Olympiastadion und bin seit damals zu Dutzenden Spielen gereist, kaufte mir 1992 gar eine Dauerkarte für die Südkurve, obwohl ich 620 km vom Stadion entfernt wohnte. Über all diese Jahre konnten wir einige Titelgewinne feiern, erlebte ich aber auch schmerzliche Niederlagen wie „Barcelona“ oder „Wien“ oder „Rotterdam“. 1999 im Berliner Pokalfinale oder 2012 im „Finale Dahoam“ war ich gar live vor Ort.

Warum leite ich meinen Brief an Sie mit diesen Beschreibungen ein? Weil ich Ihnen verdeutlichen will, wie viel wir alle zusammen mit dem FC Bayern erlebt haben, wie sehr mir mein Verein ans Herz gewachsen ist, wie viel und wie lange er mir schon so viel bedeutet. Ich wähle meine Worte aus diesem Grunde nicht unüberlegt oder leichten Herzens.

Meine Liebe zum FC Bayern entdeckte ich, als Uli Hoeneß Manager unseres Vereins wurde und diesen „aus den Schulden“ geholt und zum modernen FC Bayern gemacht hat – einem der größten und erfolgreichsten Fußballvereine Europas, wenn nicht gar der Welt. Ein vorbildlicher Verein. Diese Entwicklung geschah nicht von heute auf morgen, sondern stetig und kontinuierlich – gesund würde man heutzutage wohl sagen. Für diese Art des Wachstums wird ein Uli Hoeneß immer einen besonderen Platz im Herzen eines jeden Bayernfan haben.

Zum Zeitpunkt meines Vereinseintritts – vor 25 Jahren – war der FC Bayern schon ein gestandener Club, in vielen Punkten aber trotzdem noch ein anderer Verein als er es heute ist. Veränderung ist zunächst einmal per se nichts Schlechtes, es stellt sich nur die Frage, welche Art von Veränderung man als Fan gerade so noch akzeptieren kann und wo es zu weit geht. Diese Grenze zieht jeder Fan für sich und seinen Verein sehr persönlich.

Für mich hat diese Grenze mit dem Thema Katar zu tun.

Ich verstehe, dass, insofern die FC Bayern München AG ihren Status quo bewahren oder gar ausbauen will, Wachstum oder die Generierung neuer Geldströme vonnöten sind – allein, weil es „die Anderen“ gleichermaßen tun, die mit uns international in Konkurrenz stehen. Eine Sichtweise, die diesen Zusammenhang ignoriert, wäre mehr als weltfremd. Mir ist ferner klar, dass ein Unternehmen wie die FC Bayern München AG – was seinen Anspruch an seine Sponsoren oder Geldgeber angeht – eher nicht agieren kann wie z.B. der FC St. Pauli – ich habe aber nun einmal – als Fan wie als Mensch – ein Problem damit, dass ausgerechnet der FC Bayern, als Verein mit einer großen jüdischen Tradition – zu der sich der Verein ja (inzwischen) bekennt und diese lebt („Kurt-Landauer-Platz“, Ausstellungen israelischer Künstler in der Allianz-Arena, etc.) – mit Ländern wie Katar geschäftliche Beziehungen unterhält. Einem Land, welches Israel – gelinde gesagt – ablehnt und u.a. israelischen Sportlern die Einreise verwehrt.

Für mich ist dies ein Widerspruch – wie stehen Sie dazu?

Des Weiteren stört es mich, wie Sie argumentativ mit diesem Problem umgehen bzw. umgegangen sind. Nach den – erstmaligen – größeren öffentlichen Protesten im Rahmen des Trainingslagers des FC Bayern in Katar im Jahr 2015 (sicherlich auch in Bezug auf das Freundschaftsspiel in Saudi-Arabien), entschieden Sie sich Ende 2015, erneut Teile der Winterpausen-Vorbereitung dort zu absolvieren. Einerseits gibt es Äußerungen, dass ein Trainingslager in Katar per se keine politische Äußerung sei (Frage: Akzeptiert oder zumindest toleriert man aber die Zustände in einem solchen Land nicht doch, insofern man sich als weltweit einflussreiche Marke „FC Bayern“ dort präsentiert?), andererseits erfahren wir vor dem Trainingslager, dass sich Spieler des FC Bayern laufend über die politische Lage in diesem Land informieren und entschieden hätten trotzdem dorthin zu reisen, man vor Ort „die Augen aufhalten“ und mit der Regierung sprechen wolle.

Ob all dies geschehen ist, erfuhren wir im Nachgang nicht. Was die Öffentlichkeit erfuhr, ist, dass die FC Bayern München AG nicht nur nicht nach alternativen Reisezielen für Trainingslager gesucht, sondern sich stattdessen – durch die Partnerschaft mit dem Flughafen von Doha – wirtschaftlich noch enger an Katar gebunden hat.

Diese Zeilen sollen Ihnen einen unmittelbaren Eindruck darüber vermitteln, wie sehr Fans wie ich darüber enttäuscht sind, dass der Verein es weder geschafft hat, die Bedenken der Fans über diese Vorgehensweise (und diese Probleme sind Ihnen bekannt, wie wir aus veröffentlichten, direkten Gesprächen mit einzelnen Fans wissen) in seine Handlungsweisen einfließen zu lassen, noch den Eindruck widerlegen konnte, dass die Krisenkommunikation wirklich nachhaltig war, will sagen, dass der FC Bayern hier tatsächlich meint oder tut, was er sagt.

Ich möchte als jahrzehntelanger Fan und Mitglied meines FC Bayern nicht die unausweichliche Entwicklung im modernen Fußball stoppen, ich will nur wieder den Eindruck gewinnen, dass mein Verein auch in der Gegenwart oder Zukunft noch ein Stück von dem Verein repräsentiert, dem ich 1991 beigetreten bin:

Nicht um jeden Preis den Erfolg zu suchen, sondern neben einem sozialen auch ein moralisches Gewissen zu haben – ist dies der Fall?

Mit rot-weißen Grüßen
Oliver Schmidt

Bayernfan (seit über 35 Jahren) und
Mitglied (seit 25 Jahren (Nr.: 8.813))

Unterstützer und Mitzeichner:

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#71 Michael Wiemer (Bayern-Fan)
#72 Arnie (Mitglieds-Nr.: 101.810)

Paule gibt den Kohl und jede Menge Antworten. Im 11Freunde-Sonderheft.

Es ist mal wieder soweit. Ein Jahr ist rum, die Sommerpause strebt ihrem Höhepunkt entgegen und die Bundesliga-Sonderhefte zur neuen Saison schlagen auf.

Auch von den 11Freunden. Und der Paule ist dabei. Mal wieder.

Wer das Heft noch nicht gekauft hat, oder an der ungekürzten Fassung meines Fragebogen interessiert ist – biddeschön.

Die neue Saison wird legendär, weil:

…wir seit der letzten Saison wissen, dass ein FC Bayern immer noch einen oben drauf setzen kann. Oder unten. Drunter.

An die alte Saison werde ich mich noch lange erinnern, weil:

…ich mich – wie jedes Jahr – an jede Saison meines Vereins erinnern kann…

Drei Wünsche frei für die nächste Saison? Hier sind sie:

Ein #FinaleAbroad mit Eiern vom Punkt, ein Trainer, der beim FC Bayern Standards trainieren lässt und ein Toni Kroos, der die 100m in unter 25sek laufen lernt.

Huaaah! Mein größter Albtraum:

Noch einmal ein #FinaleDahoam durchleben zu müssen. Live und am Rande der Belastungsgrenze. Ich werd‘ auch nicht jünger.

Mein Lieblingsspieler im aktuellen Team ist:

Keine Chance. Da leg‘ ich mich nicht fest. Meine Vorauswahl: Neuer, Alaba, Schweinsteiger, Ribery, Müller oder Gomez

Warum? Weil ich es kann.

Mein Held vergangener Jahre:

siehe Fragebögen der letzten Jahre. Neu-Einsteiger in dieser Liste: Neuer und Alaba

Lustigster Fangesang der letzten Saison war:

Nach Lachen war mir heuer im Stadion nicht zumute. Vor allem gegen Ende der Saison…

Nie wieder! Was müsste passieren, damit Du nicht mehr ins Stadion gehst?

Was für eine Frage! Vielleicht wenn der FC Bayern sich auflösen würde, oder es nur noch Spiele der Nationalmannschaft gäbe? Abwegig.

Auf dieses Auswärtsspiel freue ich mich besonders, weil:

Düsseldorf. Ein erstes Mal könnte meine Frau mich live im Stadion erleben. Ob sie will oder nicht…

Unser aktuelles Trikot ist…

…was für Farbenblinde. Obwohl: Vielleicht eher was _von_ Farbenblinden? Oder was machen die Trikotdesigner in Herzogenaurach von Beruf?

Wenn Kathrin Müller-Hohenstein und Olli Kahn im nächsten Jahr auch die Champions League moderieren, dann…

…schaue ich mir das weiterhin nicht an. Ob Kahn nun twittert oder schwimmt.

Wonti, ich komme! Hier ist meine beinharte These für den nächsten Doppelpass:

Mehr Twitter, weniger Gezwitscher.

Im Stadion brauche ich nur Wurst, Bier und…

W-LAN. Was sonst?

Meinem Klub fehlt …

…der Erfolg. Seit Jahrzehnten. Gefühlt. Wenn man der Bayern-Seele in diesen Wochen Glauben schenken mag. Oder vielleicht einfach doch nur Eier. Beim Schießen von Elfmetern…

Diesen Fußball-Twitteraccount habe ich immer im Auge:

Meinen. Denn vom FC Bayern gibts ja keinen…

Wer verpflichtet in der Winterpause Otto Rehhagel?

Ob jemals noch ein Verein so verzweifelt sein wird? Andererseits: Kommt darauf an, in welchem Verein Herr Preetz in der Rückrunde Manager ist.

Und wer Rolf Schafstall?

Irgendwas mit Ostdeutschland. Da ist Schafstall sicher immer noch extrem beliebt…

Wer klagt sich nach dem Relegationsspiel durch alle Instanzen?

Soll ich jetzt hier den 375. Witz über Hertha oder Fortuna niederschreiben? Eher wird es das unterlegene Team werden. Nachdem der inszenierte Platzsturm keinen Erfolg brachte…

Apropos Inszenierung. Platzstürme werden die neuen Sommer-/Wintermärchen, wetten?

Die Erste Liga verlässt nach unten…

Kaiserslautern, 1860 und der Club. Ach ne, die drei Wünsche sind ja schon durch. Realistisch betrachtet wird es wohl die Plätze 16-18 treffen. Verrückt.

Aktion Libero

Aktion Libero - Sportblogs gegen Homophobie im Fußball

Ein Spiel dauert neunzig Minuten. Zumindest im besten Fall, für schwule Profifußballer dauert das Versteckspiel ein Leben lang: Keiner wagt es, seine Homosexualität offen zu leben. So schön Fußball auch ist – Ressentiments halten sich in seinem Umfeld hartnäckig.

Ein unerträglicher Zustand! Ob jemand schwul  ist, oder rund, oder grün, das darf keine Rolle spielen. Wir alle sollten ein bisschen besser aufpassen – auf unsere Worte, unser Denken, unsere Taten: Die Freiheit jedes Einzelnen ist immer auch die eigene Freiheit.

Wir schreiben in unseren Blogs über Sport, und unsere Haltung ist eindeutig: Wir sind gegen Homophobie. Auch im Fußball.

Logo Aktion Libero - Sportblogs gegen Homophobie im Fußball

Zur falschen Zeit am falschen Ort.

Ich bin jetzt mal ganz ehrlich.

Auch ich habe ihn im Bayern-Trikot spielen sehen. Auch ich hatte hier meine Zweifel.

Nach diesem Bericht muss ich offenbar einige meiner fast 30-Jahre alten Gedanken über ihn überdenken.

Mathy war schlicht und einfach zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort (und damit ist nicht zwingend der FC Bayern gemeint). Wäre er heute Profi – da hat er vollkommen Recht – hätte er bessere Chancen gehabt. Die Fußball-Szene der 80er war nicht dafür geeignet einen Menschen wie ihn aufzufangen.

Schade.

Weiterhin alles Gute, Reinhold!

A-Keeper, B-Sender, C-Kommentatoren und D-Phrasen

Die Bayern stehen in der zweiten Runde des DFB-Pokals.

Das ist jetzt zunächst mal keine Überraschung. Das Spiel, die Präsentation im TV und das Drumherum aber genausowenig.

Jedes Jahr die gleiche Leier. Ehrlich gesagt hätte ich diese Übertragung des bayerischen Erstrundenauftritts nicht wirklich im TV gebraucht. Nicht weil die Bayern nicht gut, flüssig und dominierend (bis zum 16er) gespielt und diverse Chancen gehabt hätten. Nein. Die TV-Pokal-Spiel-Übertragungen bei ARDZDF sind einfach immer wieder u n e r t r ä g l i c h.

Allein, dies ist keine echte Neuigkeit. Man weiß, dass schon mit dem ersten Trailer bis zur letzten Patrone die Sensation herbeigeredet werden soll. Da wird von tapfer kämpfenden Davids und hilflosen Goliaths gefaselt. Da wird der Große vor dem Spiel größer und der Kleine kleiner geredet, bloß um spätestens ab der 10., 15. Minute den Spannungsbogen aufzubauen. So platt. So albern.

Keine Frage. Burghausen hat getan was es konnte und vielleicht noch mehr. Wie eine Burg stemmten sich 11 Spieler am und um den eigenen Strafraum gegen Angriffswelle auf Angriffswelle. Ab und an einen Konter, schon hatte man seine Story parat.

Ok. Wir wollen natürlich nicht verheimlichen, was die wirkliche Geschichte dieses Spiel war: Starker Torhüter im David-Tor und gar nicht so flüssige Goliath-Kombinationen in Strafraumnähe bei mit Mann und Maus verteidigendem Gegner.

Das war das Hauptmanko der gestrigen Bayern: Die Konsequenz, die mangelhafte Chancenverwertung.

Ganz zu schweigen von der immer noch nicht optimalen Aufstellung. Ein Stürmer, wenn auch Klose, sind gegen solche Gegner einfach zu wenig. Das geht nicht. Da spielt Klose plötzlich gegen vier Innenverteidiger – das kann nicht gut gehen. Auch nicht, dass man seinerseits einen IV zum zweiten Stürmer macht. ‚War zwar witzig, mal einen van Buyten als Jancker zu sehen, aber diese Torschüsse in der Endphase hätte ein Podolski wohl mit einem Bein ins Tor gezimmert…

Es passte übrigens ferner ins Bild, dass Burghausen bis in die Verlängerung so um die 2-3 Torschüsse zustande brachte und daraus allen Ernstes ein Tor erzielte. Wie aus dem Nichts (es war deutlich zu bemerken, weshalb Burghausen im Sommer in die Regionalliga abgestiegen ist). Aber damit muss man als Top-Team eben rechnen und zumindestens seinerseits mal 3-4 Chancen aus dem Dutzend verwerten.

Gefühlte 50 Torschüsse haben die Bayern gestern abgegeben, 15 Ecken erzielt, noch mehr Freistöße. Und was kam dabei heraus? Nicht viel. Das gilt es abzustellen bis Samstag.

Der Stromausfall des Premiumsenders ARD (noch eine Heimat des Fußballs) überraschte ebenfalls nicht. Ich dachte schon, das wird ’ne ähnliche Story wie damals in Bremen, beim Saisonauftakt des Zwischendurchmeisters Werder.

Nicht ganz. Darüberhinaus bescherte es uns endlich mal wieder Oldschool-TV. Herrlich. Nur eine Kamera und ein Kommentator der, aufgrund der schlechten (Telefon-)Leitung, auf’s Wesentliche beschränkt war. Mehr braucht man nicht! Ehrlich, ARD!

Bitter natürlich für Burghausen, dass es doch nicht zur Sensation reichte. Vor allem, wenn man nur einen Schuss davon entfernt war, nachdem man nach 120 Minuten Abwehrschlacht sonst nicht viel dazu beigetragen hatte.

Aber das ist Fußball. Plötzlich hält Kahn auch mal wieder Elfmeter. Keine Sekunde zu früh. Ob übrigens in einem Jahr noch jemand vom neuen Stern am Torhüter-Nachwuchs-Himmel redet, ist mehr als fraglich: Oder kennt jemand noch den letztjährigen Erst-Runden-gegen-Bayern-Pokalheld?

Überschrift – verzweifelt gesucht.

Wie soll ich nach dem gestrigen Spiel nur solch einen Bericht überschreiben?

„Auf dem Boden der Tatsachen“?

„Überfordert“?

„Ausgeträumt“?

Keine Ahnung. Alles stimmt irgendwie. Die Bayern hatten gestern die Chance ins Championsleague-Halbfinale einzuziehen, hatten eine gute Ausgangslage nach dem Hinspiel und waren trotzdem … überfordert. Vergleicht man einfach mal Spieler wie Lahm, Lell, Görlitz, Podolski, Santa Cruz, Ottl & Co. mit Spielern wie Pirlo, Seedorf, Nesta, Kaka oder Gattuso, dann wird schnell klar, wo europäische Klasse spielt.

Sicher. Die Bayern haben Potential. Aber mit diesem Spielermaterial so (noch) nicht in Europa.

Bitter ist das Ausscheiden trotzdem, allein weil die vier Milan-Tore alle irgendwie komisch waren. Schon das Hinspiel gab uns lächerliche bis irreguläre Tore, im Rückspiel ein Abseitstor (Inzaghi) und einen holländischen Spaziergang in den bayerischen Strafraum!

Aaaaber!

Milan versprühte immer den Eindruck, sie könnten, wenn sie wollten, noch viel mehr Tore schießen und hätten die Italiener im Hinspiel die beiden Großchancen verwertet, die Kahn-Vertreter Rensing in Weltklassemanier herausfischte, dann gäbe es nichts zu meckern (von dem nicht gegebenen Milan-Tor (vermeintliches Abseits) im Hinspiel ganz zu schweigen)!

Schlimm auch, dass die Bayern keine Stürmertore mehr schießen. Zwei Tore für van Buyten gegen Milan, zwei Lucio-Tore gegen Real und auch ein van Bommel brachte da gestern nichts zustande.

Unerträglich auch die Schwächen im Spielaufbau. Ok. Sagnol ist verletzt und konnte uns gestern nicht eines Besseren belehren, aber Lell und später Görlitz brachten auch nur die ebenso merkwürdig wie harmlosen Flanken aus dem Halbfeld zustande. Selbst als Herr Ballack noch bei uns sein Unwesen trieb war dieser Schachzug nur bedingt erfolgreich – seit seinem Abschied erst recht nicht mehr. Und ob ein Herr Nesta derlei Flanken vielleicht mehr als gerne abfängt? So ein einfaches Kopfballspiel kennt der wahrscheinlich aus der Serie A überhaupt nicht.

Dann die Standards.

Mir fällt in letzter Zeit immer deutlicher auf, dass wir da mehr als harmlos sind. Auch in der Bundesliga.

Aber sowas kann man trainieren, oder?

Und wieso bewegen wir uns so wenig? Ist Fußball in München kein Laufspiel mehr? Haben wir das jetzt abgeschafft? Soll der Franz mal beim Fifa-Board vorstellig werden, dass das abgeschafft wird? Aber halt. Phasenweise geht das. Sogar bei uns und unseren limitierten Spielern. Wieso nicht permanent?

Will mir jemand ernsthaft erklären, wir würden statt der ManU- (90 Min. Tempofußball) die Chelsea-Strategie (intelligentes, variantenreiches Spiel) verfolgen?

Wieso geht dann Lahm seit der WM die immer gleichen Laufwege, die inzwischen jedem Verteidiger der Welt bekannt sind? Grotesk auch, dass man gestern tatsächlich einen Schweinsteiger vermisst hat, dem ich am Samstag noch die Hauptschuld für den Offenbarungseid in HZ1 in Hannover gegeben habe…

Ob das alles gestern irgendwie anders gelaufen wäre, wenn wir wirklich 1:2 im Hinspiel verloren hätten? Mit mehr Wut im Bauch und Engagement im Herzen?

Vielleicht. Sogar ganz bestimmt. Denn nach oben war ja viel Luft.

Es war aber auch wichtig, das Spiel. Es hat (hoffentlich) allen im Verein gezeigt, wie limitiert wir sind, denn Milan war in beiden Spielen keine Übermannschaft, man merkte den „Verfall“ an vielen Ecken (im Vergleich mit ManU und Chelsea). Auch die Abwehr kam in beiden Spielen mehrmals in Bedrängnis, als die Bayern mal schnell(er) und über die Flügel spielten, allein, dauerhaft Druck auszuüben, dazu waren wir nicht in der Lage.

Sei’s drum. Jetzt gibt es keiner Ausreden mehr. Volle Konzentration auf den Kampf um Platz um 3. Noch sechs Spiele. Alles Endspiele.

Die Gefahr?

Die Hälfte der Mannschaft im Umbruch beschäftigt sich mit Abschiedsgedanken, weil sie entweder weg gehen, weg wollen, oder weg sollen (unbedingt, z.B. RSC, der hoffentlich gestern in HZ2 allen gezeigt hat, wie sehr er zur Belastung für uns alle geworden ist!)!

Auf der anderen Seite ist das auch eine Chance. Denn jetzt zeigt sich, wer sich für den Verein zerreisst, wer alles gibt und auf wen wir in Zukunft besser verzichten.

Je schneller wir übrigens Nägel mit Köpfen bei der CL-Quali machen, desto besser für die Transfers der nächsten Saison. Bekannt, aber offenbar noch nicht von allen verinnerlicht. Es wird Zeit.

Erfolgsfan-Artikel während meines Urlaubs

Während meines Urlaubs entstand auf dem Bolzplatz der Artikel „Der Erfolgsfan“.

Nun, bei diesem Wort werde ich immer hellhörig, weil es dann zumeist um Bayern-Fans geht und unbestreitbar bin ich auch einer!

Lassen wir mal Polemik, Ignoranz, Schützengräben und Sonstiges beiseite und nehmen wir den Begriff ganz nüchtern auseinander:

Was ist ein Erfolgsfan?

Ein Erfolgsfan ist ein Fußball-Fan, der seine Zuneigung zu einem Verein von dessen Erfolg abhängig macht und in der Regel auch nur deshalb auf Verein xy aufmerksam wird.

Im Grunde hat Christian Dülpers auch nichts anderes geschrieben und ist sein Protagonist auch eine üble Ausprägung dieser Sorte von Fans, aber mir fiel dazu eine kleine Geschichte ein, die mich immer mal wieder zum Schmunzeln bringt:

Zu den Zeiten, als ich noch regelmäßiger auch mit befreundeten Bayern-Fans in die Stadien der Republik gepilgert bin – wir waren so um die fünf, sechs Bayern-Fans – hatten wir einen Gladbach-Fan(!) in unserer Clique, der, nur um nicht isoliert zu sein, auch zum Bayern-Fan wurde und sich uns bei Live-Spielen anschloss, bis auf eine Ausnahme – wenn die Bayern in Gladbach spielten, denn da holte er immer seine Gladbach-Fahne aus der Kiste und ging in die gegenüberliegende Kurve!

Wie würde man solch einen „Fan“ bezeichnen?

Opportunistisch, hilflos, einsam, ok, aber Erfolgsfan?

Wohl eher nicht, denn das war ihm ja völlig egal…

Aber zurück zum Bolzplatz:

Er ist geradezu schockiert, dass der Erfolgsfan sich nun den Bayern zuwendet („Nein, es konnte nur Bayern sein.“) und lebt das weiter, was allen Gladbach-Fans in die Wiege gelegt zu sein scheint, ich zitiere da einmal mehr ein Gladbacher-Mitglied des drsf:

Borussia ist immer der Verein gewesen, der den vielen imaginaeren und realen Nachteilen trotzte, dem die besten Spieler weggekauft wurden und der familiaere Verein blieb. So ist unsere Idealvorstellung.

Wir wollen voller Hoffnung junge Talente im Trikot mit der Raute sehen wie einst Netzer, Wimmer, Vogts und Heynckes Jupp. Und uns dann aergern, dass die boesen Geldsaecke uns diese Spieler wegen der besseren Finanzlage wegkaufen. Und wenn wir mal Erfolg haben koennten, gibt es tragische Pfostenbrueche, Buechsenwuerfe, Schiedsrichter-Benachteiligungen, Spieler mit Blackouts und kiffende hollaendische Nachwuchstalente.

Und dann schließt er mit dem befriedigenden Satz, dass „solche Menschen niemals die inbrünstige Freude erleben werden, wenn in der 90 Minute der entscheidende Treffer füllt, wenn in einem Pokalspiel der haushohe Favorit an die Wand gespielt wird oder gar der Titel gewonnen wird, auf den man sein Leben lang wartet“.

Und hier sind wir an einem Punkt, wo ich mein Fan-Sein und vor allem das Bayern-Fan-Dasein definiere und rechtfertige:

Ich hatte mein „Barcelona“, mein „FC Porto“, mein „Aston Villa“, meine zweiten Plätze ’88, ’91, ’93, und ’98, ich hatte mein „Uerdingen“ und mein „Werder“ im Pokalfinale, aber auch mein Mailand, mein Hamburg und mein Kutzop!

Und ich habe nie gezweifelt, nie habe ich mein Fan-Sein in Frage gestellt, auch nicht nach Häme, Spott und Hohn – irrelevant für mich an meinen Überzeugungen zu rütteln oder zu zweifeln!

Und ich habe selten den Zeigefinger gehoben, wenn Vereinen wie Dortmund die (Erfolgs-)Fans in Scharen zugelaufen sind, mehr eine stille Freude und ein Schmunzeln in mich hinein war da zu vernehmen und das begleitet mich bis heute, wenn ich dieses Wort höre: Erfolgsfan

[via Bolzplatz.de]