Weisheiten # 35

„Das waren genug Feuerzeuge, um mich die nächsten zehn Jahre über Wasser zu halten.“

Bayern-Kapitän Oliver Kahn nach dem Spiel in Schalke, wo er Mitte der zweiten Halbzeit von den Wuppertaler Anhängern mit zahlreichen Feuerzeugen beworfen wurde.

Strohfeuer über der Wupper

Das Übliche. David gegen Goliath. Goliath ist immer der FC Bayern. David in wechselnder Besetzung. Diesmal kam er von der Wupper.

Ferner keine Live-Bilder im TV, aber dafür finden Fans ja Auswege.

Ärgern würde ich mich, wenn ich für’s Bayern-TV Geld bezahlt hätte und der Stream dann beim Spiel abstürzt. Die ganze Zeit WDR2 zu hören ist andererseits auch kein Genuss. Für Bayern-Fans. Ein kurzer Wind aus den 80ern umwehte meine Erinnerungen. So haben wir hier im Westen den ersten Live-Kontakt zum Fußball, zu den Bayern bekommen (und die Schotts und Hanschs haben durch ihre Freude an der Bayern-Niederlage unsere Liebe noch verstärkt).

Frau T. erzeugte bei mir gestern die gleichen Gefühle wie damals. Ihr merkte man natürlich Freud und Leid über den Spielstand, wie immer auch in der Stimme an. Egal. Zum Spiel.

Bayern stark. Die Führung mehr als verdient. Dann der Ausgleich wie aus heiterem Himmel. Und hätte Lucio seine Gliedmaßen unter Kontrolle, hätte Wuppertal wohl jetzt noch kein Tor geschossen. So aber wurde der David-Geist geweckt und die ganze Republik witterte Morgenluft. Bleistifte wurden gespitzt, Tastaturen gequält. Was sich für den Rest der Halbzeit anschloss, ließ die ARD wohl vollends bereuen, „endlich“ mal nicht das Bayern-Spiel gezeigt zu haben. Vor allem, wenn man den Langweiler danach bewundern durfte…

Tor folgte auf Tor. Emotion auf Emotion. Natürlich auch bei mir. Vor allem Wut, weil ich nichts sehen und somit einschätzen konnte, ob uns das Spiel entgleitet, oder die Tore „aus Versehen“ fielen.

Zur Halbzeit dann also ein 2:2 und alle Aussenstehenden schwelgten in Sensationsgelüsten. Persönlich war ich da hin- und hergerissen. Ob die Bayern in HZ2 Gas geben, oder das Spiel, den ersten Titel herschenken würden.

Die Gas-Option wurde gewählt, inzwischen auch von Augenzeugen-Seite bestätigt. Stille über weite Teile der zweiten Halbzeit in der 90%tigen WSV-Arena. Recht so. Und der Torschütze zum 5:2 machte gerade in Gelsenkirchen besonders Spaß…

Jetzt also Viertelfinale. Noch zwei Siege bis Berlin.

Auslosung am Samstag. Schon wieder ein Münchner Derby? 😉

Heimat im Exil

Im Pokal kommt es bekanntermaßen zum Aufeinandertreffen meiner alten Heimat und meiner Liebe. Fußballerisch gesprochen.

Das Team aus meiner ehemaligen Heimatstadt hat sich nun entschlossen den Heimbonus aufzugeben und wenigstens große Kasse zu machen, falls es mit der nicht minder großen Sensation doch nicht klappen sollte.

Das Achtelfinale des WSV gegen den FC Bayern findet in der Arena in Gelsenkirchen statt. Man „habe schon über 40.000 Kartenanfragen“, dass im Umbau befindliche Zoo-Stadion fasst aktuell aber nur 16.500 Zuschauer. Klare Sache.

Bleibt die Frage, ob das wirklich so klug war, denn so können natürlich auch mehr Bayern-Fans in den Genuss einer Karte kommen. Potential gibt’s im Bergischen Land und im Ruhrgebiet genug…

Ganz davon abgesehen gönne ich dem WSV selbstverständlich jeden Euro an Mehreinnahmen, den Erfolg allerdings umso weniger.

Bayern-Spiele im TV

Also sowas.

Da verzichtet die ARD doch tatsächlich auf die Live-Übertragung des Achtelfinal-Spiels der Hitzfeld-Kicker im DFB-Pokal und der eine oder andere verliert den Wind in seinen Argumentationssegeln (war eben keine Frage, dass WSV-FCB eventuell weniger attraktiv ist als BVB-Werder, aber das hat ja früher ARDZDF auch nicht gestört) – und dann das: Bayern zum Rückrundenstart live im Free-TV!

Schon ganz schön bitter. Vor allem da diese „Ehre“ normalerweise dem aktuellen Meister vorbehalten ist. Pech für die Öffentlich-Rechtlichen, dass das heuer eben nicht der FCB ist (obwohl man doch immer diese Wahnsinns-Spannung propagiert…). Klassische Quotenfalle.

Naja. Das Bayern-Gastspiel in Rostock ist natürlich ’ne Hammerpartie. Die MUSS unbedingt im Free-TV laufen!

Ein Schelm wer da einen Zusammenhang zwischen Pokalspielübertragungsverzicht und Rückrundenstartbildern sieht… 😉

Heimat vs. Liebe

Die Bayern müssen im DFB-Pokal-Achtelfinale in Wuppertal antreten. Beim dort ansässigen SV.

Das bringt mich in eine leichte Zwickmühle. Habe ich doch 27 Jahre lang dort gelebt. Heimat. Auf der anderen Seite bin ich seit nunmehr fast 30 Jahren Bayern-Fan. Liebe.

Sollten wir gegen den WSV ausscheiden, würde ich sicherlich weniger schlechte Gefühle empfinden als bei jedem anderen der restlichen 14 Achtelfinal-Teams.

Will ich aber gar nicht. Und werde ich (hoffentlich) auch nicht.

Was anderes ist jetzt viel spannender: Welches Achtelfinal-Spiel wird im TV übertragen?

Die Partie Dortmund gegen Bremen ist im Grunde der Knaller. David gegen Goliath gibt es auch bei Werder II gegen Meister Stuttgart und vor allem bei RWE gegen den HSV. Die Partie der Bayern sehe ich (für die Allgemeinheit) eher als dritt-attraktivstes Spiel.

Auf Nachfrage sah aber Steffi Jones tatsächlich die Bayern an der Wupper als Top-Spiel – wer überträgt das Achtelfinale? Für den Rest der Fans rechne ich schon wieder mit dem „Schlimmsten“…

Was den WSV selbst betrifft, habe ich ihn natürlich in den letzten 7 Jahren ein wenig aus den Augen verloren. Inzwischen hat man den zweitgrößten Verein, Borussia Wuppertal, geschluckt und es tatsächlich und endlich geschafft, dass das Stadion am Zoo zum reinen Fußballstadion ausgebaut wird. Zumindestens so irgendwie.

Für alle Nicht-Wuppertaler sei diese unendliche Geschichte kurz zusammengefasst:

In den 20er-Jahren wurde das Stadion an der Wupper im Stadtteil Sonnborn auf einer ehemaligen Deponie der unweit flußaufwärts gelegenen Bayer-Werke aus dem Boden gestampft. In den 30ern versammelten sich sogar einmal über 100.000 Menschen um den damaligen Reichskanzler zuzujubeln. Dunkle Geschichte. Nach dem Krieg machte das Stadion vor allem durch seine Steher-Rennen auf sich aufmerksam. Es soll sogar noch ein Weltrekord auf der Bahn liegen. In den 70ern spielte man wenige Jahre in der Bundesliga. Das Team um Stürmer-Star Pröpper rang den goldenen Bayern der 70er im Aufstiegsjahr gar ein 1:1 ab. Euphorie. Am Ende war man mit Platz 4 der dritt-erfolgreichste Aufsteiger aller Zeiten (neben Lautern und den Bayern)!

Schnell kam dann allerdings auch wieder der Abschwung und im dritten Jahr war Schluss. Absturz ins Mittelmaß. Einige Jahre 2.Liga. Abstieg in die Oberliga.

Besagte Bausubstanz der ehemaligen Deponie führte Ende der 80er-Jahre zu massiven Statikproblemen der Haupttribüne. Ein jahrelanger Streit um Geld und Baupläne war die Folge. Da das Stadion der Stadt gehört, wurden über die Jahre 27 Mio. DM aus öffentlicher Hand verbrannt. Wohlgemerkt für eine Haupttribüne, die sage und schreibe 3.000-4.000 Zuschauern Platz bietet. Das Problem war die Aussenfassade, die unter Denkmalschutz steht und somit nicht abgerissen werden durfte.

Lange Jahre war Denkmalschutz ebenfalls Thema beim weiteren Aus- und Umbau des Stadions. Besagte Steher-Bahnen standen modernen Erwägungen im Weg.

Der oben erwähnte abgebrochene Informationsfluss hat dazu geführt, dass ich eines Tages mehr als erstaunt war, als ich im Regionalfernsehen ein Spiel des WSV sah, auf dem Baustellen-Equipment zu sehen war. Und die Bahnen wurden tatsächlich abgerissen…

Nun. Wie der aktuelle Stand Ende Januar 2008 beim Gastspiel der Bayern sein wird und wieviel Fans zugegen sein werden, kann ich aktuell nur vermuten. Ich werde es definitiv nicht sein. Und selbst eine Übertragung im TV werde ich wohl nicht verfolgen können. Denn für den 31.01.08 ist unser Kind ausgezählt. 😉

P.S. Falls ein Wuppertal- oder zumindestens WSV-Insider an obiger Geschichte Korrekturen vornehmen will – nur zu. Geschrieben habe ich es als Gedächtnis-Protokoll.