Debütanten-Ball-Rausch an der kurzen Leine.

Als Fan des FC Bayern lebt man in diesen Wochen in einem „schizophren“ Zustand. War es in den letzten Jahren, gar Jahrzehnten zumeist so, dass ein Zufalls-, oder Nicht-Bayern-Meister auch nur jeweils für ein Jahr eine Konkurrenz darstellte und wir uns auf diese „Gesetzmäßigkeit“ verlassen konnten, ist seit der letzten Saison alles anders.

Der BVB hat seinen „Überraschungserfolg“ aus 2011 nicht nur in 2012 bestätigt, nein, er hatte es ferner vor Jahresfrist in kürzester Zeit geschafft uns 15 Punkte abzujagen und sich von Rekord zu Rekord zu siegen.

Diese Erfahrung prägt uns noch immer. Ob wir wollen oder nicht. Vom Vorstandsvorsitzenden bis zum Kommentierer hier auf meinem Blog.

Diese Erfahrung hat eine Unruhe zur Folge, die uns nicht nur ständig zwischen den Extremen hin und her taumeln lässt, sondern auch noch völlig neu für uns ist. Sie entspricht so gar nicht unserem Selbstverständnis.

Wie anders ist zu erklären, dass einige von uns (ich will mich da gar nicht intellektuell überhöhen und hier ausschließen), nach den beiden Remis gegen Nürnberg und Valencia nicht nur den alten Trainer endlich los sondern zusätzlich den halben Verein umkrempeln werden woll(t)en, wir alle nach der heutigen Gala gegen Hannover aber eigentlich das Gegenteil verlangen müssten?

Leute, wir haben zwei(!) Tore nach einer Standard-Situation erzielt. Und unser greiser Trainer gibt vor dem Spiel am Mikro zu Protokoll, dass er „dies sogar hat trainieren lassen“! Ungläubiges Staunen.

Und zu allem Überfluss, schießt Sportskamerad Martinez nicht nur sein erstes Tor für den FC Bayern, sondern liefert er imho das erste Spiel in unserem Trikot ab, nach dem ich ohne Zögern sage: Ja, auf Basis eines solches Spielvideos waren wir wohl endgültig bereit hier 40.000.000,- Euro locker zu machen.

Ganz zu schweigen vom ebenfalls ersten Saisontor von Dante (genau solche haben wir von ihm im Gladbach-Trikot einige gesehen) und erst Recht der Explosion nach dem Tor von Rückkehrer Gomez!

Was ist das für eine Geschichte?

Wir haben drei Stürmer für die eine Spielposition.

Der erste, Mandzukic, steht an der Spitze der Bundesliga-Torschützenliste. Der zweite, Pizarro, liefert (von der Bank) mal eben so ein Festival wie gegen Lille ab.
Und der dritte, Gomez, feiert sein Bundesliga-Comeback und erzielt 26 Sekunden nach dem Betreten des Platzes sein erstes Saisontor!

Ist das ein un-fucking-fassbarer Traum?!

Was wäre wohl mit dem Sturmkader der letzten Saison jetzt unsere Situation?!

Wer Zweifel an sich, dem FC Bayern oder ganz allgemein hat, sollte allein nur an dieses Thema denken.

Klar, es war „nur“ Hannover. Eine Mannschaft, die aktuell nicht mehr zwingend in Top-Form agiert. Und auch am Donnerstag erst in der Europa-League gespielt hat. Aber am Anfang des Spiels hat Hannover ja noch einigermaßen gut und mit gespielt. Nicht nur ich hatte bis zum 2:0 Sorge um ein fränkisches Deja-vu.

Unbegründet, wie sich herausstellen sollte. Spätestens mit dem 3:0-Pausenstand war der Drops gelutscht. Und ein Tor schöner als das andere.

Ebenso in HZ2. Und hätte Super-Mario noch ein bißchen mehr Glück gehabt, er oder Ribery hätten das Ergebnis noch unangenehmer werden lassen können. Für die Leine-Kicker.

Andererseits: Auch für ein 5:0 gibt es nur 3 Punkte. Und ob der BVB am nächsten Samstag ähnlich agieren wird, werden wir erst in der nächsten Woche wissen.

Einzelkritik?

Javier Martinez lieferte, wie gesagt, für mich sein bestes Spiel im Bayern-Trikot ab.

Franck Ribery scheint die Rippenprellung nicht mehr zu stören. Merklich.

Thomas Müller bemüht wie immer. Heute brauchte es keine Tore seiner speziellen Art.

Toni Kroos spielte in HZ1 sehr stark. Erst als es nicht mehr nötig war, nahm auch er sich eine Auszeit.

Bastian Schweinsteiger lieferte eine gute Vorstellung an – für die Glanzpunkte waren diesmal andere zuständig (z.B. Martinez).

Die Viererkette ließ kaum gefährliche Aktionen des Gegners zu. Besonders stark: Dante und Alaba. Solide: Lahm. Erneut noch nicht in alter IV-Form: Badstuber (leider).

Herr Neuer hat dann später auch noch die Chance bekommen, sich am Spiel zu beteiligen. Chance genutzt, ansonsten selten gefordert.

An Mandzukic gefiel mir vor allem seine Defensivarbeit. Punkt.

Vor dem „Gigantenduell“ reisen wir jetzt zunächst nach Freiburg. Ein extrem schwieriges Spiel. Denn wer denkt jetzt wirklich an Freiburg? Und nicht schon an Dortmund?

Andererseits: Sind alle Borussen komplett mit den Gedanken bei der Fortuna aus Düsseldorf?

Nein, ich genieße jetzt erst einmal den Moment. Und die Tatsache, dass für uns alle mal wieder das Glas halb VOLL sein sollte.

Und der BVB weiterhin nicht mehr aus eigener Kraft Deutscher Meister werden kann!

Ab morgen heißt es dann: Freiburg putzen!

Auf geht’s, Ihr Roten!

Ein, zwei Worte zur Championsleague

Vereinzelt wurde ja schon angeregt, den Blick wieder nach vorne zu richten. Machen wir.

Morgen ist Championsleague. Da haben wir uns bislang ganz gut aus der Affäre gezogen (weil’s ohnehin das Hauptaugenmerk einiger Profis und somit unser Hauptproblem ist?). Scheinbar. Dabei kann ich mich da an zwei Spiele gegen Florenz erinnern – alter Schwede, da hätten wir statt vier auch exakt null Punkte holen können.

Naja. Vergangenheit.

Gestern habe ich im Videotext schon die vermeintliche Aufstellung gesehen. Gefiel mir. Aber die Auswechslungen gefallen mir bei Klinsmann in letzter Zeit sowieso ganz gut. Besser als oft unter Hitzfeld. Das nicht so viel dabei herumkommt, liegt imho an den Spieler oder generell der Stärke/Schwäche des Kaders. Anderes Thema.

Auf jeden Fall sehe ich es genauso, dass a) Lucio, b) Toni und vor allem c) Altintop in der Startelf stehen könnten/sollten. Sicher – „die letzte Entscheidung trifft der Trainer“ – aber ich würd’s so machen.

Etwas anderes sind diese Gedanken hier.

Zwar als Scherz gemeint, aber gegen Köln entbehrte es nicht einer gewissen Tragik/Wahrheit.

Oder war van Buyten etwa nicht der stärkste Stürmer in den letzten 20, 30 Minuten?

Überhaupt. Hatten wir in der Vergangenheit nicht genug „echte“ Stürmer, die so ein Straumraum-Kopfball-Spiel anboten? Und auch hier muss ich Patrick Strasser zustimmen:

Für mich sah es auch so aus, dass van Buyten – als er vorne in der Spitze blieb – so ziemlich jedes Kopfball-Duell gewonnen hat – ganz im Gegensatz zu den versammelten Stürmern, ob sie nun Podolski, Klose oder Donovan hießen.

Also, Klinsmann, denk‘ mal drüber nach, wenn’s das nächste Mal ’ne Brechstange braucht!