Bayerns Ernst, Bayers Dusel und Paules Erinnerung

Bild Leverkusen gegen FC Bayern
Links im Bild, zwischen den Blöcken: Wer denkt sich bitte so eine Sichtbehinderung aus?

Ich war offenbar lange nicht mehr da. Im Ulrich-Haberland… in der BayArena. Das Dach, das über die Bismarkstraße reicht. Die Schleusen vorm Gästeblock. Der Außenaufgang(!) zum Block. Diese unfassbare Sichtbehinderung während man in G4 sitzt. Und diese Hechtsuppe. Was haben wir gefroren.

Ich war bei Gastspielen in Leverkusen, da stand rechts noch die alte Kurve und waren direkt daneben die Heimfans untergebracht. Ja, ja, die Gästefans standen damals auch mal kurz auf der anderen Seite der Haupttribüne. Andererseits: Wo auch immer wir damals standen, ein Aufenthalt in der Farbenstadt war immer sehr zwiespältig und bot eigentlich im Rückblick die gesamte Bandbreite.

Üblen Klatschen folgten knappe oder deutliche Auswärtserfolge. Aus diesen Spielen stammt meine ausgeprägte Abneigung dem Spieler(!) Ulf Kirsten gegenüber. Aus (torreichen) Gründen. Lassen wir das.

Zeiten ändern sich. Umstände auch. Rund um das Spiel traf ich mich mit vier – auch über Twitter – liebgewonnenen Menschen. Vor dem Spiel mit Alex (@Lizaswelt) und Andre (@fernglasfcb), im Stadion mit Olaf (@kickwelt_de) und Christoph (@RC_KH). Wer sie nicht kennt, sollte sie kennen lernen. Für mich die Abrundung dieses Spiels.

Apropos Spiel.

Ich hatte ja massive Bedenken. Was das Resultat dieser „Revanche“ für die – weiterhin – bislang einzige Saisonniederlage anging. Unser Trainer wollte mit Mandzukic, Müller und Lahm drei Startelf-Kräfte schonen. Geschenkt. Ribéry verletzt, angeschlagen? Eh klar.

Aber wie kommt er auf das schmale Brett, dies im Rahmen des Gastspiels beim Tabellendritten(!) und vor einer Länderspielpause(!) machen zu müssen, gar unseren Franzosen (verletzt!) zur französischen Nationalmannschaft reisen und eventuell „im zweiten Spiel spielen“ lassen zu wollen/dürfen?

Gerne will ich einräumen, dass dieser Umstand im Vorfeld eine „leichte“ Emotion bei mir erweckte…

Das Wort B-Elf waberte in meinen Kopf. Und dann hörte ich den Anpfiff. Die Bayern übernahmen das Kommando in der Bayer-Arena. Zumindest in der ersten Halbzeit. Zumindest überwiegend. Zumindest im Vergleich zu den „Drecksspielen“ gegen Hoffenheim, Düsseldorf und erst Recht gegen Arsenal.

Natürlich war das noch nicht Hinrunde. Noch kein 6:1-gegen-Werder. Aber in der Hinrunde haben wir ja eben auch gegen Bayer verloren. Gegen diese Bayer-Spieler? Diesen Gedanken hatte ich bis zum Halbzeittee.

Einerseits. Andererseits gab es auch nur dieses eine (Klasse)Tor von Gomez. Trotz weiterer Chancen. Ob ich deshalb Zweifel hatte? Nein. Analog zum Arsenal-Spiel. Bis das Gegentor fiel. In einer zweiten Halbzeit, in der Bayer(!) uns(!) einschnürte und presste als gäb‘ es kein Morgen. Am Ende hatte das Heimteam doppelt(?) so viele Eckbälle erzielt wie wir. Einer führte zum Ausgleich. Effizienz muss man leben (Arsenal ick hör Dir treffen).

Den Rest des Spiels kann man auf unterschiedliche Arten beschreiben. Haben die Bayern danach (wieder) ernst gemacht, den Siegtreffer „erzwungen“, eiskalt die eigene Stärke ausgespielt? Wasweissich.

Es klingt komisch in dieser famosen Bayern-Saison, aber das Hinspiel war einer der wenigen Anlässe, in denen ich mich aufregen musste. Ein Gegentor mit massivster Mithilfe und ein quasi Eigentor gaben imho Grund genug dafür. Dass wir jetzt in Leverkusen mit Hilfe eines Eigentores gewannen? Es gab meiner Seele Ruhe. Wie gesagt, dem 2%-tigen Teil davon, der unruhig war.

Noch etwas?

Schweinsteiger bockstark, imho stärkster Spieler auf dem Platz. Gomez mit Weltklasse-Aktion beim Führungstreffer. Robben bemüht, aktuell aber leider kein Ersatz (mehr) für Antreiber Ribéry. Dante mit guter Leistung vor allem gegen Kießling. Martinez deutlich(!) stärker als Gustavo.

Zum Rest fällt mir kaum noch was ein. Auch eine Aussage.

Jetzt erst einmal die Länderspiel-Pause ohne Verluste überstehen und danach volle Konzentration auf das HSV-Heimspiel. Ob es eine Meisterfeier an Ostern geben wird? Ob der VfB Stuttgart(!) gegen den BVB punkten wird? Glauben wir wirklich noch an den Oster-Weihnachts-Hasen-Mann?

Eben. Die vier Punkte müssen wir selbst holen.

Auf geht’s, Ihr Roten!

Die Akte Neuer

Der FC Bayern hat kein Torwart-Problem.

Wir haben Jörg Butt und dahinter einen Thomas Kraft. Also einen soliden Torhüter, der starke Reflexe auf der Linie und jede Menge Erfahrung hat (lassen wir mal das Thema fußballerische Fähigkeiten und Abschläge ins Seitenaus mal aussen vor). Ganz nebenbei ist er auch noch bescheiden und nicht unintelligent. Butt war die Garantie, dass es beim FC Bayern nach dem Rensing-Desaster auf dieser Position nicht völlig den Bach runter ging.

Thomas Kraft ist aktuell die perfekte Nr.2. Er hat in den beiden Spielen, die er bislang unter Trainer van Gaal spielen durfte, gezeigt, dass er ein Guter ist und vielleicht ein noch besserer Torhüter werden kann.

Ähnliches hat man von Herrn Rensing allerdings auch immer behauptet.

Womit wir beim Thema wären.

Der FC Bayern könnte bald ein Torhüter-Problem bekommen.

Beide Verträge laufen am Ende der laufenden Saison aus. Und beim FC Bayern ist man sicherlich vieles, aber bestimmt nicht blauäugig, was derlei Situationen betrifft.

Man macht sich Gedanken. Und man schaut sich um.

Gute Torhüter fallen da sofort auf. Wie zum Beispiel Herr Neuer. Nicht erst seit dem Weltklasse-Spiel gegen unseren Verein.

Ich äußere mich ja nicht zum ersten Mal zu diesem Thema. Aber hier endlich einmal zusammenhängend und ausführlich.

Der Verein stellt sich sicherlich mehrere Fragen.

Erstens: Wie gehen wir mit den aktuellen Spielern um? Verlängern wir die Verträge? Mit Butt? Und mit Kraft? Oder nur mit Kraft? Und machen wir ihn – analog zu Herrn Rensing – zur zukünftigen Nr. 1?

Zweitens: Hat Butt noch oder Herr Kraft schon die Klasse, die es braucht, um das Tor des FC Bayern so zu hüten, wie es der Anspruch des FC Bayern ist?

Drittens: Oder gibt es da draußen einen Weltklasse-Torhüter, der sich schon bewährt hat, Klasse darstellt und dazu noch jung ist und Entwicklungspotential hat?

Mir fallen zu diesen möglichen Fragen diverse Antworten ein.

Das Thema Butt strebt einem natürlichen Ende entgegen. Wie lange will er noch spielen? Gäbe es einen Manuel Neuer gar nicht, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass das aktuelle Gespann noch 1-2 Jahre so weiterspielt und dann Kraft übernimmt.

Andererseits erscheint die Torhüter-Position beim FC Bayern doch dermaßen wichtig, dass uns ein „Bauen auf die Jugend“ analog zu den Sportskameraden Badstuber, Müller, Lahm oder Schweinsteiger doch ungleich riskanter erscheint, oder?

Realität ist allerdings ohnehin, dass es einen Neuer gibt und der sich von Jahr zu Jahr weiter steigert. Womit wir beim Thema Mario Gomez wären.

Hier hatte der FC Bayern die Chance einen Spieler von besonderer Klasse zu gewinnen. Zwar mit einer leicht überhöhten Ablösesumme, aber inzwischen zeigt sich a) dass er Vertrauen zurückzahlt und b) die Etablierten nach und nach verdrängt (wer hätte gedacht, dass sich seine Situation mit Klose komplett dreht?).

Man musste seinerzeit zuschlagen, ansonsten wäre Gomez nun irgendwo im europäischen Ausland und evtl. unfinanzierbar.

Gleiches vermute ich beim Thema Neuer.

Wenn man nun noch 1-2 Jahre die Entscheidung auf dieser Position hinauszögert, spielt Neuer in Chelsea, bei Barcelona oder sonstwo. Zutrauen würde ich ihm das von seiner Klasse her.

All das ist imho der Grund, weshalb man sich von Seiten des Vereins aus dieser – scheinbar – ruhigen Situation heraus überhaupt mit diesem Thema beschäftigt.

Kommen wir aber zu einem ganz anderen Abspekt, der die ganze Problematik mehr als kontrovers macht:

Neuers Schalker Seele und „die Bayern-Fans“.

Meine Güte, was habe ich da alles in den letzten Tagen und Wochen gelesen.

„Die“ Bayern-Fans zeigen Flagge und entwickeln eine Choreo nach der anderen, die ihre Ablehnung Neuers visualisieren soll.

Mir ist ein solches Weltbild fremd.

Ich bin differenzierter.

Was wäre die Konsequenz, wenn der Verein wirklich so handeln würde, wie es „die Bayern-Fans“ sich so sehr wünschen?

Nur noch gebürtige Bayern oder Münchner im Kader des FCB?

Aber bitte auf gar keinen Fall irgendwelche Clubberer oder 60er! Und wenn die in ihrer Kindheit mal Fan dieser Vereine waren, dann sind die für den FCB verbrannt! Und selbstverständlich dürfen nur Spieler unser Trikot tragen, wenn die einerseits nach jedem Spiel das Wappen küssen und andererseits den Verein und nur diesen Verein so sehr lieben wie nur Ultras und Allesfahrer das können!

Übertriebene Worte? Zuviel Unverständnis und Zynismus?

Mag sein. Tatsächlich scheint es so zu sein, dass ich mich nicht mehr in die Denke der Bayern-Fans hineinversetzen kann, deren alleiniger Lebensinhalt der FC Bayern ist. Die offenbar nichts anderes haben und deshalb so dermaßen emotional auf so ein Thema reagieren.

Sorry, auch dieser Absatz ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich reagiere nun einmal allergisch, wenn ich mir von „halb so alten“ Fans meines Vereins vorschreiben lassen soll (gute Beschreibung), was ich zu tun oder zu lassen (lieben) habe.

Wenn ich die Kommentare auf diversen, vor kurzem aus dem Boden gestampften (Facebook-)Seiten so lese, dann bin ich wieder bei obigem Absatz.

Abgesehen davon ist meine gespaltene Haltung gegenüber unseren Ultras und ähnlichen Fan-Vereinigungen rund um den FC Bayern ja bekannt. Auch hier wird aktuell von „den Bayern-Fans“ und „einer breiten Ablehnung“ gesprochen.

Davon fühle ich mich nicht angesprochen. Und auch was das Thema Ablehnung betrifft, ist mein Umfeld (nein, das sind nicht nur Sky-Kunden, viele haben sogar schon einmal ein Bayern-Spiel live gesehen, im Stadion, auf ’nem Stehplatz. Hui.) weiß Gott nicht so eindimensional. Nicht nur Schwarz oder Weiß.

Wenn es dort alternative Meinungen (gegen Neuer) gibt, dann sind die in der Klasse Krafts und dem (neuen) Nachwuchsansatz beim FCB begründet. Damit kann ich schon viel besser umgehen.

Abschließend noch eine kurze Liste von „untragbaren“ Transfers der Vergangenheit (aus meiner Sicht):

Miroslav Klose. Pfälzer Urgestein. Und zwar durch und durch. Geht normalerweise für mich gar nicht. Wenn ich so wie obige Bayern-Fans denken würde.

Stefan Effenberg. Hat uns 1992 im Stich gelassen. Kehrte dann wieder nach Gladbach zurück. In meiner Wahrnehmung immer ein Borusse gewesen. Aber wäre 2001 ohne ihn möglich gewesen? Eben.

Giovane Elber. Machte sich vor seiner Bayern-Zeit mehrmals über uns lustig. Zu Zeiten des magischen Dreiecks. Und dann? Publikumsliebling. Auch meiner.

All das ist ganz anders als bei Manuel Neuer? Vielleicht. Aber ist derlei nicht immer subjektiv? Was man als persönliches No-Go bezeichnet und was nicht?

Die Eckfahnen-Alberei wird allen Ernstes immer noch als Grund für seine Ablehnung angeführt? Von mir aus kann er nach jedem gehaltenen Elfer, nach jedem gewonnenen Titel für uns so einen Affentanz aufführen.

Aber das ist auch nur meine Meinung. Meinungen können sich ändern. Ideologien nur schwer.

Apropos Meinung: Was denkt ihr, wer steht 2012 im Tor des FC Bayern?