Das war es noch nicht. Doch!

Am heutigen Tag wird Ulrich Hoeneß erneut zum Präsidenten des FC Bayern e.V. gewählt werden. Zwar steht die Wahl auf der Jahreshauptversammlung des eingetragenen Verein FC Bayern München noch aus, aber Hoeneß ist erstens einziger Kandidat und zweitens – sind wir einfach mal ehrlich – Meinungen und Überzeugungen wie die meine sind in der eindeutigen Minderheit. Für 1-3 Sekunden hatte ich zwischenzeitlich mit dem Gedanken gespielt, mich selbst als Präsident zur Wahl zu stellen. Ist natürlich Unsinn und war auch nur eine kurze Tagträumerei über diesen speziellen Moment und die imaginären Gesichtszüge unseres Vorstandes. Illusorisch ist es ohnehin, da man bei einem Weltverein wie dem FC Bayern nicht „einfach so“ Präsident des e.V. werden kann. Die Kandidaten / der Kandidat werden / wird vom Verwaltungsbeirat vorgeschlagen und die JHV darf dann abnicken. Deutsches Vereinsrecht in Kombination mit einer Fußball-AG.

Es schließt sich für mich ein Kreis, habe ich doch als Bayernfan die Steueraffäre, den Prozess, die Verurteilung, die Haftzeit und seine Rückkehr verfolgt. Ich war – bekanntermaßen – Augen- und Ohrenzeuge von Hoeneß‘ letzter Rede in Freiheit auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung 2014. Ich bin immer noch schockiert, wenn ich daran denke. Seine Erregung, seine Vehemenz und die Stimmung unter der Mehrheit der anwesenden Bayernmitglieder. „Das war es noch nicht!“ waren seine abschließenden Worte und ich befürchtete, dass es genau zu diesem Punkt kommt, an dem wir uns heute befinden. Hoeneß kehrt zurück in alle Ämter, die er nach seiner Verurteilung abgeben musste. „So, als wäre nichts gewesen.“ ist mein diesbezüglicher Satz, der mir immer wieder in den Sinn kommt.

Wir müssen das nicht immer oder schon wieder durchkauen, ich weiß, dass es hier durchaus jede Menge gegensätzliche Meinungen gibt, aber für mich gibt es einfach gewisse Dinge in der Gesamtkonstellation Hoeneß und FC Bayern, die für mich nicht gehen (und damit ist nicht das Thema „Zweite Chance“, „Strafe abgesessen“ oder „Resozialisierung“ gemeint). Warum muss es diese Rückkehr sein? Damit es Hoeneß wirklich „allen gezeigt hat“? Braucht ein Hoeneß dies für sich? Braucht ein FC Bayern solch einen Hoeneß? Offensichtlich. Beides.

Kommen wir aber zu mir.

Nicht nur die Personalie Hoeneß hat mich in der jüngeren Vergangenheit meines Vereins umgetrieben. Es geht nicht weniger um Katar und den Umgang des FC Bayern damit. Sicher, einige Leser dieser Zeilen werden all das nicht mehr hören können. Damit muss und kann ich leben. Womit ich nicht leben kann, wäre eine gewisse Inkonsequenz meinerseits. Im Blog, auf meinen Social Media – Kanälen oder persönlichen Gesprächen, habe ich viel über Kausalitäten und Konsequenzen geredet – irgendwann muss man liefern, um glaubwürdig zu bleiben.

Lange Zeit stand der Besuch der heutigen JHV, gar eine Rede, eine Wortmeldung im Raum. Am Ende wurde es weder noch. Dies hat multiple Gründe, welche abendfüllend sind. Es hat mit dem Alltag als berufstätiger, zweifacher Vater und intensiver Ehrenämtler, Zeit, Geld und vielen anderen persönlichen wie privaten Dingen zu tun, die auszubreiten, ich noch nicht bereit bin. Kurzum: Ich schaff(t)e es schlicht nicht. In den letzten Wochen kam aber noch ein weiterer – stetig kräftiger werdender – Grund hinzu:

Seit Anfang der Saison bin ich Trainer – sog. „Vatertrainer“ – der Fußball-Mannschaft unseres Großen. Da trainiert man nicht nur die (seine!) Jungs, da ist man auch bei den Spielen mit Leib und Seele dabei. Am Tag nach der JHV findet um 12:00 das letzte Spiel der Hinrunde unserer E-Jugend statt. Wie sollte ich das schaffen? JHV in München besuchen und dann am Samstagmorgen den normalen Spielvorbeitungsrhythmus hier in Bonn? Für diesen Stress bin ich zu alt. Nein, als ich diesen Spielplan sah und die emotionale Bindung zu den Jungs spürte, war mir klar: Ich will auch gar nicht (mehr) zur JHV.

Andere – kritische – Bayernfans sind sowohl vor Ort als auch in der Lage und gewillt ihre Meinung dem Vorstand auf der Bühne mitzuteilen. Meine Unterstützung und Solidarität aus der Ferne ist ihnen gewiss!

Einen letzten Grund habe ich noch: Resignation. Meine Euphorie, kritische Stimmen zu sammeln, zu bündeln und zu verbreiten, hat spürbar nachgelassen. Ich hatte das schon auf dem Gipfel meiner Erregung, meiner Wut befürchtet (glaube gar, dass der Verein solche überaus menschlichen Verhaltensmuster bei uns „Wutfans“ einkalkuliert hat), aber ich erinnere mich eben noch ganz genau an meine damaligen Emotionen. Meine Meinung hat sich im Übrigen kein bisschen geändert, allein mir fehlt inzwischen die Kraft, diese offensiv zu vertreten. Einen Entschluss im Falle der heutigen Ereignisse habe ich hingegen schon vor längerer Zeit gefasst und setze diesen nun in die Tat um:

Nach über 25 Jahren Mitgliedschaft im FC Bayern München e.V. habe ich am heutigen Tag der JHV und Hoeneß-Wiederwahl meinen Austritt erklärt.

Einige Fans / Mitglieder werden nun fragen, weshalb ich diesen Schritt des Rückzug gehe und z.B. diesen „Status“ der niedrigen Mitgliedsnummer „einfach so“ aufgebe (Für manche Bayernfans ja Hauptgrund für eine Mitgliedschaft). Nun, erstens mache ich dies nicht „einfach so“ (siehe oben und die vielen Artikel unten) und zweitens sind wir da wieder beim Thema Resignation. Resignation ggü. diesem FC Bayern (seiner Führung!) im Speziellen und dem heutigen Fußball im Allgemeinen. Ferner erhält man auch mit niedrigen Mitgliedsnummern Absagen auf Ticketanfragen. Die „Garantieregionen“ (unter 3.000 oder 1.000) werde ich zu Lebzeiten ohnehin nicht mehr erreichen. Nicht ausgeschlossen ist hingegen eine Rückkehr. Mit einem neuen Vorstand und neuen Ansichten zu, mir wichtigen Themen. Die Hoffnung stirbt zuletzt und bis dahin bin ich halt raus.

Karten bekommen zu können, um mit meinen Jungs zu Bayernspielen zu gehen, war ein weiterer Aspekt, den ich bewertet habe. Sagen wir es so: Sind die Jungs alt genug, können sie selbst eintreten oder ich nutze eine der vielen – legalen – Optionen, an Tickets zu gelangen. All das war aber nicht Grund genug, diesen Schritt nicht zu gehen. Jeder geht anders mit diesen Themen um, für mich ist dies die richtige Konsequenz.

Und jetzt ist es auch mal gut.

Für wen es noch nicht gut ist und wer meine gesammelte Vorgeschichte noch einmal nachlesen will – bitteschön:

20.04.2013 Ach, Uli #1
15.11.2013 Von Wagenburgen, Medien, Tränen, dem Mob. Und Uli.
14.03.2014 Ach, Uli #2 oder Stunde Null
14.06.2014 Ach, Uli #3
07.05.2014 Paule, Uli, Karl, Pep und jede Menge Versammlungen
21.01.2015 Mia san mia oder Practise what you preach
17.01.2015 Fußball ist unpolitisch oder Ein Leben in der Blase
22.02.2015 Next stop: China
22.12.2015 Jedem Abschied wohnt eine gewisse Taktik inne
01.02.2016 Offener Brief an den Vorstand
28.02.2016 Zurück in die Zukunft oder Übervater Uli

Von Wagenburgen, Medien, Tränen, dem Mob. Und Uli.

Eigentlich hatte ich Hoffnung. Hoffnung, dass inzwischen jeder alles zum Thema Ulrich H., Präsident der FC Bayern e.V. gesagt hatte. Falsch gedacht. Natürlich hatte auch ich mich schon geäußert. Damals, als die Gerüchte um seine Steuerhinterziehung auftauchten. Im Mainstream, im Boulevard, unter den Fans.

Inzwischen sind aus Gerüchten Fakten geworden. Die Staatsanwaltschaft München hat ermittelt und Anklage gegen unseren Präsidenten erhoben, das Gericht ließ – nach einer entsprechenden Einspruchsfrist für die Verteidigung – die Anklage inzwischen zu, der Prozess wird im März 2014 stattfinden. All diese Daten erzeugten keinen vergleichbaren… Shitstorm wie im April 2013. Ich hatte Hoffnung. Das wir mit diesem Thema seriös umgehen könnten. Und keine Stellvertretergefechte austragen, keine, teilweise lebenslangen Ressentiments ausgraben müssten. Und dann kam es dieser Woche zur FC Bayern Jahreshauptversammlung. Diese Veranstaltung ließ offenbar niemanden kalt. Die Reaktionen außerhalb des FC Bayern Biotops waren dann auch meine größte Motivation mal wieder in die Tasten zu hauen. Und ich war hier nicht der einzige langjährige Bayern-Fan, der das so sah.

Aber der Reihe nach. Am Montag gab ich dieses Interview auf Sport1.fm. Meine Zeit ist begrenzt, aber wenn man mich nett fragt und mir die Möglichkeit gibt, derlei in meinen Alltag zu integrieren, dann sage ich schon mal zu. Im Gegensatz zu meiner Erinnerung an obigen Beitrag, die ich im Interview zum Besten gab, hatte ich damals tatsächlich andere Meilensteine im Hinterkopf. Meilensteine, wann ich(!) denke, dass Hoeneß wie handeln sollte.

#1 Steuerhinterziehung ist strafbar. Für Alle. Auch für einen Uli Hoeneß.

#2 Hat sich Uli Hoeneß der Steuerhinterziehung strafbar gemacht, gehört er betraft.

#3 Ob sich Uli Hoeneß strafbar gemacht hat, sollte ein Richter entscheiden.

#4 Sollte Uli Hoeneß rechtswirksam verurteilt werden, muss er – meiner Meinung nach – von all seinen Ämtern beim FC Bayern zurücktreten.

#5 Ob Uli Hoeneß schon jetzt oder zumindest vor einer rechtskräftigen Verurteilung von seinen Ämtern zurücktreten sollte, entscheiden allein er oder die Gremien der AG und des Vereins.

#6 Ob der FC Bayern hier an einer Straftat beteiligt war oder davon profitierte, muss auf jeden Fall von den Ermittlungsbehörden oder in einem möglichen Gerichtsverfahren rückhaltlos aufgeklärt werden.

Inzwischen – und so habe ich mich am Montag auch geäußert – hätte ich(!) es angemessen gefunden, wenn Hoeneß schon nach Zulassung seiner Anklage „das eine oder andere Amt“ hätte ruhen(!) lassen. In erster Linie würde ich hier den Posten Aufsichtsratsvorsitzenden sehen. Vor allem, weil bei ähnlichen Vergehen – in der freien Wirtschaft – eine Person in seiner Position längst gegangen worden wäre. Wie gesagt, dass hätte ich(!) mir gut vorstellen können. Ob er oder unser Aufsichtsrat sich das vorstellen können, müssen sowohl er als auch die Aufsichtsratsmitglieder (vor allem gegenüber der eigenen DAX-Konzernbelegschaft) entscheiden und begründen.

Nicht mein Bier.

Mein Bier ist meine Einstellung zu Hoeneß.

Als ein Uli Hoeneß Manager des FC Bayern wurde, war ich schon Fan dieses Vereins. Gleichwohl ist der FC Bayern imho sehr stark mit der Person Uli Hoeneß verbunden. Für mich war und ist Hoeneß immer eine der Konstanten beim FC Bayern und für mich als Fan gewesen. Er war halt immer da. Und war der Vater des Erfolgs, der „Erfinder“ des neuen FC Bayern, der sich emporschwang und über Jahrzehnte zu einem der größten Fußballvereine Europas, wenn nicht der Welt wurde. Solch ein gemeinsamer Weg schweißt zusammen. Und wenn man so eng verbunden ist, dann fällt einem eine Trennung immer schwer.

Eine Trennung, eine Abkehr von Hoeneß, die am heutigen Tag einigen anderen Bayern-Fans ganz und gar leicht fiel. Innerhalb weniger Stunden. Nachdem unser Präsident dem FC Bayern seit 1970 als Spieler, Manager und Präsident immerzu und vorbildlich gedient hat (nein, ich will jetzt nicht über Ultra- und Fanproblematiken reden). Klar, seit heute wird man sich als Anhänger der Münchner für solche Sätze immer rechtfertigen müssen, weil diejenigen, die Hoeneß und den FCB ohnehin noch nie leiden konnten jetzt – endlich – die Munition erhalten haben, auf die sie – teilweise ein Fan-Leben lang – gewartet haben. Dieser Sturm wurde für mich phasenweise so unerträglich, dass ich Twitter & Co. für Stunden schließen musste – ein echtes Novum für mich.

An diesen Worten hat sich in den letzten Monaten Null-Komma-Null geändert. Deshalb auch das 1:1-Zitat. Für mich ist es kein Widerspruch, dass ich einerseits inzwischen den Funktionär Hoeneß differenter beurteile als den Menschen. Blenden wir all die (bis zum Beweis des Gegenteils) hanebüchenen Geschichten des Boulevards aus (hunderte Millionen auf Schweizer Konten, etc.), dann hat Hoeneß durch seine Selbstanzeige eingeräumt, dass er Steuern hinterzogen hat. Punkt. Dies ist eine Straftat. Es gibt in unserem Rechtsstaat aber seit einiger Zeit die Option der Selbstanzeige. Durch dieses Instrument begleicht der geständige Steuersünder seine Schuld und geht straffrei aus. Ich halte dies für ein legitimes Mittel. Denn damit kommt ja das Geld wieder in die Staatskassen, welches durch die Hinterziehung fehlte und welches „der Staat“ dann nicht für Kinderspielplätze, -Betreuung & Co. investieren kann (das Lieblingsargument der Hoeneß-/Steuerhinterzieher-Bewerter). Alles richtig. Aber – Achtung – Meinung, ggf. Polemik – Steuerhinterziehung ist für mich(!) „weniger schlimm“ als jemandem körperliches Leid zuzufügen. Einzelne erwecken ab und an den Eindruck, Hoeneß hätte genau dies getan. Schlimm.

Und mal ganz ehrlich, lieber Leser dieses Blogbeitrages: Noch nie im Rahmen einer Steuererklärung das Finanzamt um Geld erleichtert? Wirklich nicht? Ganz, ganz ehrlich?! Soso. Wo ist der Unterschied zwischen einem „ganz normalen“ Steuersünder und einem Hoeneß? Die Summe. Welcher „normale“ Steuerzahler schafft es – in seinem gesamten Leben – so viel Geld zu verdienen, wie Hoeneß hier offenbar hinterzogen hat? Wohl kaum jemand. Deshalb ist diese Story für die Medien, das Boulevard, schlicht die gesamte Öffentlichkeit so interessant. Und ja, natürlich ist das nur die Hälfte der Wahrheit. Denn nicht minder entscheidend bei der aktuellen Einschätzung der Akte Ulrich H. ist ja auch die Tatsache, dass er – Zeit seines Fußballer-/Manager-Lebens – ein Mahner war. Ein Kritiker der Auswüchse des modernen Fußballs, ein Moralist.

Das passt nicht zusammen. Irgendwo natürlich auch nicht (mehr) für mich. Logisch, ich bin ja nicht komplett meschugge. Und dann seine Tränen auf der jetzigen JHV. Da brach der Mob sich Bahn. Verteidigungsstragie! Eine üble noch dazu. Was sollen diese Krokodils Tränen?! Was soll diese schwachsinnige Rede? „Sportpalastrede“ (ich setze hier bewusst keinen Link)!

Hui. Sind wir also nicht nur auf der Fäkalebene angekommen, nein, jetzt werden auch schon NS-Vergleiche herangezogen? Ich bin raus.

Auch dies habe ich ja im Interview erwähnt – ich unterhalte mich seit Monaten (seit April) nicht mit Außenstehenden über das Thema Hoeneß. Mit Außenstehenden sind hier Personen gemeint, die mit mir über mein Verhältnis (oder die Aufgabe dieser Beziehung) zu Hoeneß diskutieren wollen, die nicht verstehen können, wie man noch Fan eines solchen Vereins sein kann. Tja. Dann lasst es auch besser. Also mich dazu zu bewegen (s. oben).

Ganz ehrlich – für mich waren die Tränen von Hoeneß nicht… inszeniert. Warum sollte er so was machen? Für seine Verteidigung? Macht euch nicht lächerlich. Welcher Richter würde derlei in seinem Urteil berücksichtigen? Ausgerechnet diese Strafkammer? Ausgerechnet diese Staatsanwälte, die Hoeneß nach dem Breno-Prozess ohnehin nicht mehr, sagen wir mal „wohlgesonnen“ waren? Ausgerechnet diese Strafermittlungsbehörde, die – in der Geschichte der BRD einmalig, oder? – Details über seine Selbstanzeige durchsickern ließ?

Nein, Hoeneß war – und das nehme ich ihm ab – wirklich emotional berührt. Kann sich irgendjemand eventuell vorstellen, dass die Story seit Monaten in ihm arbeitet und er sich ansonsten in der Öffentlichkeit nur besser unter Kontrolle hat? Ja, natürlich ist Hoeneß ambivalent. Ich verstehe auch nicht, was ihn dazu treibt, in seiner jetzigen Situation noch Wetten auf eine Niederlage der Dortmunder in Wolfsburg zu platzieren. Damit macht er viel mehr an „Verteidigung“ kaputt, als er durch Tränen auf einer JHV erreichen könnte. Nur mal so.

Wie geht es jetzt weiter?

Je mehr Anfeindungen Hoeneß widerfahren, desto geschlossener werden die bayerischen Reihen sein. Punkt. Abgesehen natürlich von den Bayern-Fans, die sich inzwischen von Hoeneß verabschiedet haben. Auch gut. Muss jeder selber wissen. Ich bin dazu noch nicht in der Lage. Ich warte immer noch das Urteil ab. Lasst mich.

Je öfter Details von Hoeneß bekanntwerden, wie die Wette gegen Dortmund, wie so eine außerordentliche HV nach dem Urteil, wo ihm doch jetzt schon klar sein muss, dass er als verurteilter, inhaftierter(?) Steuerhinterzieher wohl kaum noch den FC Bayern als Präsident führen kann, desto mehr schadet er imho seiner Verteidigung. Keine Ahnung, ob es _jetzt_ noch Sinn macht, doch Ämter ruhen zu lassen, nieder zu legen. Echte Reue sähe anders aus, oder?

Je öfter und intensiver Fans, Leser oder ganz normale Menschen in der näheren Zukunft versuchen werden, mir ihre Hoeneß-Meinung aufzuzwingen, desto intensiver werde ich das Thema auf das Wetter lenken. Betrifft ja zum Glück zurzeit nur einen überschaubaren Teil von Menschen.

Abschließend will ich noch einmal mit dem Thema Differenzierung nerven. Die Intensität, die einige Fans anderer Vereine bei der Bewertung Hoeneß‘ an den Tag legen, irritiert mich schon. Manchmal. Und dann muss ich immer an die Zeiten zurückdenken, als der BVB auch mal bei mir öfter Objekt der Beurteilung oder von Blogbeiträgen war. Lange her. Niebaum-/Meier-Zeiten. Wer Lust und Zeit hat, darf hier gerne mal meine alten Beiträge von vor 2007 durchforsten. Viel Spaß und viel Erfolg bei der Suche. Bei der Suche nach ähnlichen Verhaltensweisen meinerseits, a la „Siehst, hast Du doch ganz genauso gemacht!“.

Ich bin gespannt.

Ach, Uli #1

Eigentlich will ich nicht. Nicht nur nicht, weil ich „nicht auf dem Damm bin“, nein, weil ich auch noch zu aufgeladen bin um mich klar zu äußern. Eigentlich wollte ich mich zurückziehen, einschließen und dass mich alle in Ruhe lassen. Dann wurde mir zugetragen, dass man von mir erwarte, dass ich mich äußere und ich ja sonst so präsent sei und ein Zurückziehen gerade jetzt, einen falschen Eindruck erwecken würde.

Nun, das kann ich nicht von der Hand weisen. Worum geht es also? Um einen Bericht, dem wahrscheinlich noch weitere folgen werden müssen. Denn wir wissen nichts. Nichts außer ein paar Meldungen, ein paar sogenannten Fakten und jeder Menge emotionaler Statements. Denn zu diesen Thema hat in Deutschland ja jeder eine Meinung.

Zum Thema: Ulrich, genannt Uli Hoeneß.

Allein die Erwähnung dieses Namens lässt bei Einigen den Blutdruck steigen. Gut, diesen Reflex haben wir uns / hat er sich ja über Jahrzehnte erarbeitet. Worum geht es aber nun konkret? Was ist so anders als sonst, dass es nun derartige Wellen schlägt?

Weder bin ich einer dieser 80 Millionen Bundestrainer, noch Fachanwalt für Steuerrecht oder Ankläger oder Richter. Ich bin noch nicht einmal ein „richtiger“ Journalist. Deshalb schreibe ich einfach mal drauf los. Zu Beginn des heutigen Tages tauchten erste Meldungen auf, in denen darüber berichtet wurde, dass gegen Uli Hoeneß aufgrund des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt werde. Es soll sich dabei um ein Schweizer Konto handeln, die Ermittlungen wurden in Folge einer Selbstanzeige Hoeneß‘ aufgenommen. Hoeneß soll im letzten Jahr zunächst versucht haben, dieses Konto über das geplante Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz abzuwickeln. Da dieses nicht zustande kam, entschied er sich – nach Beratung mit seinen Beratern – für obigen Schritt. Weitere Berichte sprachen davon, dass auf diesem Konto ein dreistelliger Millionenbetrag liegen soll. Ferner würde gerade von der zuständigen Staatsanwaltschaft überprüft, ob die getätigte Selbstanzeige überhaupt wirksam werden könne.

Diese Details sollten am Abend des heutigen Tages inzwischen wohl jedem Bayern-Fan bekannt sein.

Ich sagte es bereits, ich bin kein Experte, ich bin Laie. Von daher bewerte ich Hoeneß‘ Verhalten nicht. Aus Steuer- oder Strafrechtlicher Sicht jetzt. Ich kann mir eine Meinung bilden und die äußern. Was ich hiermit mache.

#1 Steuerhinterziehung ist strafbar. Für Alle. Auch für einen Uli Hoeneß.

#2 Hat sich Uli Hoeneß der Steuerhinterziehung strafbar gemacht, gehört er betraft.

#3 Ob sich Uli Hoeneß strafbar gemacht hat, sollte ein Richter entscheiden.

#4 Sollte Uli Hoeneß rechtswirksam verurteilt werden, muss er – meiner Meinung nach – von all seinen Ämtern beim FC Bayern zurücktreten.

#5 Ob Uli Hoeneß schon jetzt oder zumindest vor einer rechtskräftigen Verurteilung von seinen Ämtern zurücktreten sollte, entscheiden allein er oder die Gremien der AG und des Vereins.

#6 Ob der FC Bayern hier an einer Straftat beteiligt war oder davon profitierte, muss auf jeden Fall von den Ermittlungsbehörden oder in einem möglichen Gerichtsverfahren rückhaltlos aufgeklärt werden.

Als ein Uli Hoeneß Manager des FC Bayern wurde, war ich schon Fan dieses Vereins. Gleichwohl ist der FC Bayern imho sehr stark mit der Person Uli Hoeneß verbunden. Für mich war und ist Hoeneß immer eine der Konstanten beim FC Bayern und für mich als Fan gewesen. Er war halt immer da. Und war der Vater des Erfolgs, der „Erfinder“ des neuen FC Bayern, der sich emporschwang und über Jahrzehnte zu einem der größten Fußballvereine Europas, wenn nicht der Welt wurde. Solch ein gemeinsamer Weg schweißt zusammen. Und wenn man so eng verbunden ist, dann fällt einem eine Trennung immer schwer.

Eine Trennung, eine Abkehr von Hoeneß, die am heutigen Tag einigen anderen Bayern-Fans ganz und gar leicht fiel. Innerhalb weniger Stunden. Nachdem unser Präsident dem FC Bayern seit 1970 als Spieler, Manager und Präsident immerzu und vorbildlich gedient hat (nein, ich will jetzt nicht über Ultra- und Fanproblematiken reden). Klar, seit heute wird man sich als Anhänger der Münchner für solche Sätze immer rechtfertigen müssen, weil diejenigen, die Hoeneß und den FCB ohnehin noch nie leiden konnten jetzt – endlich – die Munition erhalten haben, auf die sie – teilweise ein Fan-Leben lang – gewartet haben. Dieser Sturm wurde für mich phasenweise so unerträglich, dass ich Twitter & Co. für Stunden schließen musste – ein echtes Novum für mich.

All das macht(e) mich wütend, Uli!

Warum hast Du all diesen Leuten, nach einer ebenso erfüllten wie erfolgreichen Karriere, nun diese Steilvorlage geliefert?

Warum – und gehen wir mal davon aus, dass all das wirklich stimmt – hast Du überhaupt ein Konto in der Schweiz?

Warum hast Du über all die Jahrzehnte Gott und die (Heuschrecken-)Welt so verteufelt, um dann anscheinend selbst verurteilungswürdige Handlungen durchzuführen?

Wusstest Du nicht, was Du da tatest? Gerade Du, der Macher? Hat sich blind auf seine (Steuer-)Berater verlassen?

All das ist schwere Kost für mich. Ich bin im vierten Jahrzehnt Fan des FC Bayern und ich lasse einen Uli Hoeneß nicht fallen. Nicht nach nur einem Tag dieser Meldungen. Ich würde ihn auch nach einer Verurteilung nicht fallen lassen, denn derlei ist ja auch immer sein Credo gewesen. Eine endgültige Bewertung dieser Geschichte sollten wir uns alle bis zum Ende aufbewahren. Aber mein Fan-Dasein würde sich verändern. Mehr noch als es sich ohnehin verändert hätte, wenn er so oder so in wenigen Jahren von der großen Bühne abgetreten wäre.

Dieses Thema wird uns nun verfolgen. Und zwar über einen längeren Zeitraum. Ein Umstand der mich ebenfalls nicht… begeistert. Denn ich will, verdammt noch mal, dass unsere aktuelle Saison entsprechend gewürdigt wird! Reichte es nicht, dass wir den Dortmundern zwei Jahre lang beim Feiern zusehen, wir über zwei Jahre das Gefasel von der Siegesserie gegen uns ertragen mussten? Mir schon. Und dann legen wir eine derartige Traumsaison hin, pulverisieren Rekord auf Rekord und am Ende laufen wir Gefahr, dass uns entweder Dortmund die Saison medial gewaltig kaputt macht, wenn sie die Championsleague gewännen oder eben nur noch über den möglichen Steuerbetrüger, aka Moralapostel Uli Hoeneß berichtet wird?

Zwecks Einordnung meiner diesbezüglichen Gefühle fehlen mir die entsprechend negativ gefärbten Worte.

Ach, Uli.

[Fortsetzung folgt]