Vom Profifußball, Shankly, Nebensachen und jeder Menge Geld

Im nächsten Jahr werde ich 50, für Fußball brenne ich seit über 40 Jahren und über das berühmteste Zitat von Bill Shankly haben wir alle seit Jahrzehnten immer nur geschmunzelt. Zeiten ändern sich – dass sie sich allerdings so schnell ändern, wie in den letzten Wochen oder gar Tagen, konnten wir uns nicht vorstellen. Keiner von uns.

Am Sonntag vor zwei Wochen sehnten meine Kinder und ich noch den Start der Rückrunde entgegen – nach einer gefühlt ewigen Winterpause bis Anfang März, starteten wir mit einem Auswärtsspiel beim Oberkasseler FV. Die Corona-Krise war wenig greifbar, auch wenn es schon – von Seiten des Fußballverband Mittelrhein – Mitteilungen und Empfehlungen zum Umgang mit Hygiene gab. Als der gegnerische Trainer mir vor dem Spiel sagte, dass sie „sich als Team dazu entschlossen hätten, auf die Shakehand-Geste vor und nach dem Spiel zu verzichten“ (und mir selbst auch nicht die Hand gab), fand ich das (damals) übertrieben.

Keine drei Tage später, musste ich selbst in häusliche Quarantäne – vorsorglich, da ich Kontakt zu einer Person hatte, die ihrerseits Kontakt mit – möglicherweise – infizierten Personen hatte. Erstmals war Corona real, nicht nur ein stetig wachsender Teil der täglichen Nachrichten.

Für mich und meinen Sohn fiel an diesem Mittwoch das Training – vorsichtshalber – aus, nach 24h und negativem Test der Betroffenen, ging ich Freitags wieder zur Arbeit. Es war allerdings der Freitag, der nicht nur den Höhepunkt der allgegenwärtigen Spielabsagen-Diskussion (auf Profifußball bezogen) darstellte, sondern auch der Zeitpunkt, als der FVM sämtliche Spiele im gesamten Verantwortungsbereich für Wochen absagte.

Um die Dynamik zu illustrieren, lässt sich berichten, dass wir im Trainerteam an diesem Freitag (13.03.) noch trainierten und mit den Kindern und Eltern die Fußballfreie Zeit planten – denn das Training war ja noch erlaubt. Am Abend, nach der Rückkehr vom Training, las ich hingegen die Pressemitteilungen über die komplette Schließung aller Bonner Sportplätze (u.a.) durch die Stadt Bonn. Die E-Mails über die Absetzungen aller Spiele im gesamten Verein ließen das Vereinspostfach überlaufen.

Am darauffolgenden Montag wurden in NRW die Schulen geschlossen (16.03.), seit letztem Mittwoch befinde ich mich im Homeoffice (18.03.), jeden Tag erlebten wir in Deutschland neue Maßnahmen auf Landes- oder Bundesebene, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Inzwischen sind wir bei Kontaktsperren, die z.B. das Aufhalten in der Öffentlichkeit mit mehr als zwei Personen untersagt (abgesehen von Familien, etc. – aber im Kontext des Fußballbetrieb ist dies die Vorgabe).

Nun bin ich ein sehr weltoffener und zuweilen pragmatischer Mensch, ich muss aber zugeben, dass die Dynamik und die Veränderungen im öffentlichen Leben, welche wir alle gerade erleben, mich zwar nicht überfordern (wie viele Andere), mir dies aber immer noch sehr surreal oder abstrakt vorkommt. Szenen beim Einkaufen wirken wie eine Mischung aus Sozialismus und Hollywood-Blockbuster.

Wie aus der Zeit gefallen erscheinen da die Diskussionen um die Olympischen Spiele in Tokyo und deren Verschiebung oder wann der Profisport (endlich) seinen Betrieb wieder aufnehmen sollte…

Zu letztem Thema las ich heute diesen Beitrag von Tobias Escher, der mich – nach fast einem Jahr – mal wieder zu einem Beitrag inspirierte, da all die Gedanken der letzten Tage nicht in 2-3 Tweets passen.

Escher berichtet geordnet und deutlich, wo das Problem des (Profi-)Fußball in Zeiten von Corona liegt. Natürlich geht es um Geld und mögliche Insolvenzen im Profifußball, dortige Arbeitsplätze, etc. – keine Frage. Von mir aus sollen alle diese Probleme auch gelöst werden, aber wie kann man darüber noch ähnlich diskutieren, wie wir dies vor drei Wochen getan haben? Im Anblick des Status in Italien, des Kampfes, derlei Zustände in Deutschland – und überall dort, wo europäische Vereine zuvor Champions- und Europa-League gespielt haben – zu verhindern? Will „der (Profi-)Fußball“ die Verantwortung dafür übernehmen, wenn es noch mehr Infektionsketten gibt, wie in besagtem Bergamo-Spiel und danach? Nein, sicher nicht, oder?

Die deutschen Verantwortlichen klammern sich immer noch an den Plan, bis 30.06. die Saison zu Ende gespielt und alle notwendigen Entscheidungen für die neue Saison ermittelt zu haben. Die UEFA ihrerseits, die zuvor die EM (in x europäischen Staaten – ein Wahnsinn in diesen Zeiten) verlegte, redet von den europäischen Wettbewerben – ebenfalls zu diesem Datum. In welchem Rhythmus müssten die Profis dann spielen? Jeden zweiten Tag? Was passiert mit Mannschaften, die – sicherlich und imho definitiv – in Quarantäne gehen werden, insofern weitere Spieler positiv getestet würden?

Ich bin ja seit Jahren dafür bekannt, mich mehr und mehr vom sog. „Fußball-Zirkus“ entfernt zu haben, aber es gab eine Zeit davor und da gab es keine zwei Meinungen, dass „der Fußball“ mein Leben, die Struktur meiner privaten Zeit mehr oder weniger deutlich bestimmte und den Takt vorgab (wie jetzt der Jugendfußball), aber kann es ernsthaft Diskussionen darüber geben, dass Escher hier Recht hat, wenn er sagt:

Im Falle einer baldigen Wiederaufnahme des Wettbewerbs stellen sich zahlreiche Anschlussfragen. Wenn die Klubs der ersten und zweiten Liga Geisterspiele austragen dürfen, warum dann nicht auch die Vereine der Regional- oder Kreisliga? Was wird aus den zig anderen Sportarten wie Eishockey, die ihre Saison bereits abgebrochen haben? Und wie will der Fußball begründen, dass ausgerechnet Fußballspiele weitergehen sollen? Restaurants, Einkaufsläden, Kinos, Theater, Reiseunternehmen: Sie alle stehen vor gewaltigen wirtschaftlichen Herausforderungen. Sie alle werden die Frage stellen, wieso der Fußball eine Ausnahmegenehmigung erhält. Die DFL verweist in diesem Zusammenhang gerne auf die knapp 60.000 Arbeitsplätze, die an ihm hängen. Was ist aber mit Industrien wie der Autobranche, die Millionen Arbeitsplätze in Deutschland schafft? Muss die Reihenfolge nicht lauten: Erst Leben retten, dann die Wirtschaft wieder hochfahren – und ganz zum Schluss kommt der Fußball?

So sieht es aus. Womit wir wieder bei Shankly wären.

Bleibt gesund, ihr alle, die das hier lest. Schützt euch und eure Lieben ebenso wie alle eure Mitmenschen, Nachbarn, Kollegen und Familien. Haltet euch an die Hygiene-Vorschriften, haltet Abstand und – vor allem – haltet durch!

Der Fußball wird (über)leben, dafür ist seine Begeisterungsfähigkeit bei Jung und Alt ungebrochen, aber die Menschen, die Fußballfans, die Infizierten, die Risikogruppen, die (unbewussten) Virusträger – all diese Menschen gilt es nun in den Vordergrund zu stellen! Solange es auch dauern mag – Fußball schauen, spielen oder trainieren werden wir wieder früh genug. Ob nun im Juni, Herbst oder erst 2021 wieder.

FC Hoeneß, Kovac oder Rückwärts in die Vergangenheit

Der FC Bayern hat offiziell einen neuen Trainer zur Saison 2018/19. Es wurde am Ende dann Niko Kovac.

Eins vorab: Ich glaube nicht, dass Niko Kovac ein schlechter Trainer ist, vielmehr bin ich davon überzeugt, dass der Kroate in Frankfurt gute Arbeit macht. Ich blende einfach mal seine früheren Zitate in der Endphase seiner Tätigkeit als kroatischer Nationaltrainer aus, nein, wenn er am 01.07.2018 Trainer unseres FC Bayern wird, dann ist er – natürlich – auch mein Trainer. Er sollte eine faire Chance bekommen, auch wenn er außer Frankfurt nur die kroatische Nationalmannschaft und Brauseteams in Salzburg trainiert hat.

Was mich viel mehr stört, ist etwas ganz anderes. Und so einiges. Aber der Reihe nach.

Mich stört dieses 80er/90er – Gehabe des FC Bayern, Dinge öffentlich auszutragen, bzw. Informationen über Haus- und Hofmedien zu streuen und so über eben jene Öffentlichkeit Druck in die gewünschte Richtung auszuüben. Mich stört es für die Fans unserer Gegner – in diesem Fall der Eintracht – die nun wirklich keine direkte Liga-Konkurrenz darstellen und somit noch nicht einmal ins – vermeintliche – Beuteschema passen, aber durch diese Nachricht und dieses Verhalten unseres Vereins, ggf. ihre aktuellen Ziele verfehlen. Und für einen Verein wie die Eintracht ist eine Europapokalteilnahme nun einmal bedeutsamer als die x-te Championsleague für uns Münchner Großkopferte.

Mich stört, wie die gesamte #Trainerfindungskommission abgelaufen ist. Und zwar grundsätzlich. Natürlich habe ich keine Insiderinformationen, weil ich weder dem Vorstand des FC Bayern angehöre, noch an der Säbener Straße bei entsprechenden Meetings Mäuschen spielen durfte, aber von medialen Quellen ist nun einmal recherchiert worden, wie diese Tragödie scheinbar abgelaufen ist und das Schlimmste an der Geschichte ist, dass man es sich im aktuellen FC Hoeneß ganz genauso vorstellen kann und es sofort für bare Münze nimmt.

Man überredet den – sich im wohlverdienten Ruhestand befindlichen – Trainer-Rentner Heynckes, Retter des, in offenbarer Schieflage befindlichen Tanker Bayern München zu werden. Heynckes, Gentleman der er ist, noch dazu Hoeneß-Freund, sagt zu und lässt sich auf das Abenteuer ein, um von Anfang anklar zu betonen, dass er zum Saisonende wieder in sein altes Leben zurückkehren wird. All dies, um nach dem Ancelotti-Missverständnis zumindest die Mindestziele einzufahren und dem Vorstand Zeit für die Suche nach einem ebenso qualifizierten wie renommierten Trainer zu geben.

Und was passiert? Nichts. Zumindest von Seiten des großen alten Mannes, dem Rückkehrer von der Pritsche auf den Königsstuhl, dem – offenbar personifizierten Mr. FC Bayern – Ulrich H.

Schon nach der Ancelotti-Entlassung gab es gerüchteweise erste Kontakte zu Thomas Tuchel, dem – gemäß allgemeinem Konsens – legitimen Nachfolger Guardiolas an der Säbener Straße. Tuchel soll sogar seinerseits großes Interesse bekundet und sich schon auf den Job in München vorbereitet haben. Es gab Einigkeit zwischen Rummenigge und Brazzo, einzig Hoeneß stand dieser Personalie ablehnend gegenüber. Kein Wunder, war er doch auch komplett damit ausgelastet, seinen „Freund“ Jupp Heynckes permanent und öffentlich zum Bleiben beim FC Bayern zu überreden. All dies, obwohl dieser im Dezember intern erneut unmissverständlich erklärt hatte, den Verein ganz wirklich zum Saisonende im Sommer 2018 erneut und endgültig zu verlassen. Hoeneß versuchte es unbeirrt weiter. Heynckes – zunehmend ungehaltener – bestätigte immer wieder mehr oder weniger seine ursprünglichen Aussagen.

Als sich Hoeneß – dieser Funktionär mit den unbestritten großen Verdiensten in der Vergangenheit des FC Bayern – im März 2018 endlich dazu bewegen ließ, der Personalie Tuchel vielleicht doch irgendwie zuzustimmen, hatte dieser international begehrte Übungsleiter – laut eigener Aussage – bei einem anderen europäischen Großclub zugesagt. So was nennt man ja mal Pech. Oder Unvermögen. Oder Absicht und somit Vereinsschädigend. Aber gut, der FC Bayern wurde nach Hoeneß‘ triumphaler Rückkehr in Amt und Würden, so als wäre nichts als ein „Versehen“ oder „Fehler“ passiert, ohnehin von ihm und seiner Familie zum FC Hoeneß umgebaut. All die Innovationen und viel der Moderne, die man in seiner Abwesenheit etablierte, verschwand und machte Platz für Bewährtes, Stallgeruch und Provinzialität. An dieser Argumentationslinie teilen sich die Massen der Anhänger des FC Bayern. Also wir Kritiker sind jetzt diese 1-5% und der Rest würde den Ulmer auch noch mit Jubel, Trubel, Heiterkeit auf der JHV wieder wählen, wenn der im Gefängnis gesessen hätte… oh, wait.

Mich stört aktuell so viel am FC Bayern und ich muss mir trotzdem immer wieder über die sozialen Medien aka Twitter, Vorwürfe von #Ulianern anhören, was mein Gemotze eigentlich soll und dass ich ja immer nur noch Negatives über den FC Bayern suchen würde und was der Uli doch alles für den FC Bayern getan hätte. Geschenkt.

Glaubt einer dieser Kritiker-Kritiker, dass mir das Spaß macht, meinem aktuellen FC Bayern – außerhalb des Platzes – zuzuschauen? Und damit meine ich noch nicht einmal diesen ganzen Mist rund um unsere, immer dichter werdende Verbindung nach Katar und Co. – einem Thema, bei dem ich zunehmend resigniere. Nein, ich sehe mit Schrecken, wie der FC Bayern sich immer weiter zurückentwickelt, zu einem bodenständigen Verein Hoeneß’scher Prägung. Und damit meine ich nicht den Verein, bei dem am Spieltag Fans noch ins Büro des Bayern-Managers kommen konnten, um ihr Leid zu klagen, oder den Opel-LKW, der auf Auswärtsspielen Fan-Utensilien verkaufte und unser Präsident die Ware selbst mit abverkaufte. Ich meine den Verein, der allein auf der Führungsebene und bei den Konzepten für die Zukunft auf Altbewährtes und längst überwunden geglaubtes setzt.

Der FC Bayern hat zuletzt einen tollen, neuen Jugendcampus eröffnet, auf den man zu Recht stolz war und ist. Dies ist prinzipiell die richtige Strategie, neben Investitionen in hochwertige Spieler, die uns im Kader und auf dem Platz direkt weiter helfen. Aber warum setzt man einen Hermann Gerland an die Spitze? Nichts gegen Gerland und seine Verdienste in der Vergangenheit, aber symbolisiert HG die Zukunft? Und als es einen Trainerwechsel hin zu Heynckes gibt und dieser nach Gerland als zweiten Co-Trainer ruft, da lässt man die Position des Leiters dort einfach unbesetzt? Deutlicher kann man den Stellenwert der Jugend-Abteilung eigentlich nicht illustrieren.

Mich stört dann dieser Artikel in der tz, der vermeldet, dass der U19-Coach Sebastian Hoeneß, offenbar gezielt vor allem Talente aufstellt, die von Dieter Hoeneß beraten werden. Andere hoffnungsvolle Talente verlassen daraufhin verständlicherweise mangels Perspektive den Verein. Sieht so Innovation, Vereinsphilosophie, Konzept oder Modernität aus?

Und nun also doch ein Cheftrainer Kovac. Sportdirektor Brazzo wird in der offiziellen Pressemitteilung des FC Bayern folgendermaßen zitiert:

Niko war Spieler bei Bayern, er kennt die handelnden Personen sowie die Strukturen und die DNA des Klubs sehr gut. Wir sind überzeugt, dass er der richtige Trainer für die Zukunft des FC Bayern ist.

Ach und das ist nun das entscheidende Kriterium für einen Trainerjob beim FC Bayern? Er hat noch vergessen zu erwähnen, dass Kovac ja deutschsprachig ist. Noch so ein modernes Konzept. Als ob Ancelotti daran gescheitert wäre. Oder Guardiola. Ein Jürgen Klinsmann sprach auch weitestgehend Deutsch. Nein, mit einem solchen Konzept wären weder Klopp in Liverpool, Guardiola in Manchester oder Zidane in Madrid Trainer geworden und – ganz ehrlich – es bestätigt auch nur erneut unsere eigene Provinzialität.

Am Ende des Tages ist die Entscheidung für Kovac natürlich nur konsequent. Für ihn ist der FC Bayern tatsächlich noch „die große Chance“, da „sagt man nicht nein“. Eine Antwort übrigens, die ein FC Bayern nicht gewohnt ist und war und rund um die Tuchel-Peinlichkeit neue Horizonte und ungeahnte Telefonkosten erzeugt hat. Kovac würde zusagen, dass war den Münchner Alphatieren klar und somit gingen sie aufs Ganze, überdeckend, was in diesem Frühjahr sonst noch alles in die falsche Richtung lief, sie brauchten nun mal langsam einen Erfolg und den hat ihnen der Kroate geliefert. Wie nachhaltig dieser Erfolg sein wird, steht in den Sternen. Ich persönlich würde Kovac nicht absprechen mit unserem Kader Erfolg zu haben (nationale Titel sind mit der aktuellen Qualität immer drin), aber in diesen Tagen, rechnet man beim FC Hoeneß ja mit allem und da sind Gedanken nicht so abwegig, dass Kovac zwar einen Dreijahres-Vertrag unterschrieben hat, er insgeheim aber nur der – unbelastete, unerfahrene (respektive, erfolgreichere) – Platzhalter (als Ancelotti) sein soll oder wird. Wie gruselig diese Vorstellung ist, vermag ich nicht in Worte zu kleiden, aber wir werden die mittlere Zukunft ja alle erleben. Ich wünsche Kovac nichts Schlechtes, das wäre unfair, aber nach all den Siegen, all den Erfolgen in den letzten Jahren, nach sechs Meisterschaften in Folge, ist mir Misserfolg nicht mehr so sehr ein Graus, als er es früher war. Vor 2013 oder der vierten Meisterschaft, der ich als Fan 35 Jahre hinterher lief (nein, ich will nicht über das Leben anderer Fans diskutieren). Von mir aus kann 2019 jede andere Mannschaft Meister werden (abgesehen von #Spielfrei, Hoffenheim oder den sonstigen Konzernteams), mir würde es nicht so viel ausmachen, ich bin schlicht darüber hinweg, davon mein persönliches Glück abhängig zu machen und vor allem wir hatten ja in den letzten Jahren so viel von diesem Glück zu spüren, zu empfinden. Ich weiß das schon ganz gut einzuordnen.

Mich stört, dass ich zuletzt Gerüchte vernahm, dass unsere Führung wohl doch noch weiter im Amt bleiben will, dabei hatte doch sogar Hoeneß bei seiner Comeback-Kampagne explizit darauf verwiesen, dass er zurückkomme, weil da etwas noch nicht vollendet ist und er vom ersten Tag an seinen oder seine Nachfolger aufbauen würde. Was genau hat Hoeneß dafür seit seiner Rückkehr getan? Die Wahrheit ist, dass es seine „Nachfolger“ längst gab. Der FC Bayern war mit Guardiola, Sammer und Reschke bereits exzellent für die Zukunft aufgestellt. Guardiola verlängerte seinen Vertrag nicht. Sammer schied „auf eigenen Wunsch“ aufgrund „gesundheitlicher“ Probleme aus. So zumindest die Sprachregelung, mit der alle Beteiligten ihr Gesicht wahren konnten. Und Reschke? Reschke wollte in den Vorstand, mehr mitentscheiden. Nun, er tut dies jetzt in Stuttgart. Ach und Sammer stellte seine Expertisen zunächst als TV-Experte zur Verfügung und unterstützt nun die Konkurrenz in Dortmund.

Well done, FC Bayern!

Wie all dies nun weiter- und ausgehen wird? Das weiß niemand. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass die aktuell in breiter Öffentlichkeit beklagte Langeweile in der Bundesliga mittelfristig enden wird. Warum? Weil die Münchner unter der aktuellen Führung und mit deren Entscheidungen, „Konzepten“ wohl kaum nachhaltig Talente, a la Schweinsteiger, Lahm oder Müller an der Säbener Straße ausbilden oder halten können. Sie werden, wie in den 90er- und 00er-Jahren, in die Schatulle greifen müssen und dank der überhitzten Märkte wird dies stark am berühmten Festgeldkonto kratzen. Es sei denn, man verabschiedet sich auch hier vom Anspruch in der Championsleague, wie wir ihn seit 2012 aufgebaut haben. Für die nationale Liga wird es – aufgrund des in Jahrzehnten aufgebauten Vorsprung (Milliardär-Spielzeuge wie in Leipzig, die Fußball wie Monopoly spielen können, mal außen vor) – immer reichen, aber die Dominanz wird auch hier – mittel- bis langfristig – zu Problemen in der Vermarktung und somit den Erlösen führen. Weniger Erlöse, weniger Budget für Transfers und Gehälter. Eben. Zurück in die 90er.

Was sind hier die Lösungen aus bayerischer Sicht?

Wer mich kennt und diesen Bericht aufmerksam gelesen hat, kennt die Antwort schon.

Mir bleibt nur die Gegenwart. In dieser wünsche ich mir ein fulminantes Halbfinale in der Championsleague gegen Real Madrid und im Anschluss ein weiteres Europapokal-Finale zum Abschluss der Karriere des großartigen Menschen und Trainer Heynckes. Von mir aus auch das nationale Double. Ferner wünsche ich Kovac bei seinem alten Verein nur das Beste, gerne soll und darf sich die Eintracht für den Europapokal qualifizieren, am liebsten für die Championsleague und/oder eine Platzierung vor dem Mateschitz-Spielzeug.

Für mich persönlich bedeutet dieser Tag nur einen weiteren Schritt des Abschiedes vom aktuellen Fußball oder FC Bayern. Am Ende der Saison endet – endgültig – mein letztes Sky-Abo und in der nächsten Saison stehe ich zum Zeitpunkt der Bundesliga ohnehin in der D-Jugend meines Großen als Trainer an der Außenlinie und arbeite im Ehrenamt an der Basis, die Begeisterung unserer Kinder für diesen im Prinzip wundervollen Sport zu behalten und auszubauen.

In diesem Sinne:

Auf geht’s, Ihr Roten! Forza FVP!

UPDATE: Nach der Publikation dieses Artikel schrieb die SZ, dass der FC Bayern schon vor einem Jahr an das Kovac-Umfeld deutliche Zeichen über eine mögliche Vakanz auf dem bayerischen Trainerjob übermittelt hat. Sauber. Sollte dies stimmen, kann man weder die gestrigen Aussagen von Kovac & Bobic noch das Balihoo der Bayernführung vollumfänglich ernst nehmen. Dann ist es eher ein weiterer Schritt zum Abschied vom Fußballgeschäft im Allgemeinen.

They did it their way oder Old blue eyes Uli

Vor einigen Tagen las ich Aussagen unseres Ex-Kader-Planer Michael Reschke, in denen er erneut den Gerüchten entgegen treten musste, er wäre in München nicht mehr wohlgelitten gewesen, da er im Rahmen eines möglichen Transfer von Ousmane Dembele zum FC Bayern mit dem falschen Berater gesprochen hätte. Bayern-Präsident Ulrich – Uli – Hoeneß hatte dieses Gerücht zuletzt erneut befeuert.

So etwas passiert und gehört zum Geschäft. Bei Dembélé müssen wir Dortmund zugestehen, dass sie früher an den richtigen Leuten dran waren. Da gibt es keine Vorwürfe von uns an niemanden. So etwas muss man auch mal akzeptieren.

Dieser Story widersprach Reschke.

„Es gibt bei Bayern München exakt drei Personen, die im Fall Dembele alles beurteilen können“. Namentlich nannte der 59-Jährige Chef-Scout Marco Neppe, der den Rekordmeister auf Dembele aufmerksam gemacht habe, Anwalt Michael Gerlinger, der Transferverhandlungen der Münchner juristisch überwacht, und Boss Karl-Heinz Rummenigge, mit dem zusammen Reschke damals mit Stade Rennes über einen Wechsel verhandelte. Bayern wusste, dass Dembele „eine Granate ist“. „Wenn einer von diesen drei Personen Vorwürfe in meine Richtung äußern würde, würde ich mir Gedanken machen“, sagte Reschke. Hoeneß selbst zählte er ausdrücklich nicht zu diesem Kreis: „Uli Hoeneß war bei der Causa Dembele nicht dabei.“

Ferner:

Aber der Spieler selbst hat erklärt, dass er nur zu Borussia Dortmund möchte. Er fühlte sich noch nicht bereit für den Schritt zu Bayern oder Barcelona, wollte zunächst garantiert spielen und sich entwickeln. Das ist die ganze Wahrheit bei Dembélé.

Warum erwähne ich diesen „Streit“?

Weil mich seit diesem hervorragenden Artikel, in dem der „Bayerische Weg“ behandelt wird, der Gedanke nicht mehr loslässt, was dieser bayerische Weg eigentlich ist und ob er mir gefällt. Ich befürchte nicht. Aber der Reihe nach.

Christian zitiert Hoeneß, der in diesem Sommer den „Bayern way of life“ formuliert.

Wir müssen unseren eigenen Weg finden. Transfers nicht um jeden Preis. Sondern kluge Transfers. Irgendwann wird sich durchsetzen, dass nicht Geld entscheidet, sondern kluge Strategie.

(Hervorhebung durch mich)

Als ich das las, erinnerte ich mich wieder an die Umstände, die zur Entlassung von Louis van Gaal führten. Ich erinnerte mich an einige Blogbeiträge, an Hoeneß-Aussagen, PMs, PKs – alles sehr unschön. Ich war sowohl wütend als auch frustriert, aber einen roten Faden gibt es:

Wie kann man sich einvernehmlich trennen, wenn „unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung des Klubs“ der Grund waren?

Daraus resultierende dritte Frage: Ich bin ehrlich, diese Frage ist für viele Bayern-Fans die wohl wichtigste Frage der letzten 30 Jahre:

Welche Auffassung über die strategische Ausrichtung des Klubs hat denn der Vorstand des FC Bayern?

Schon vor sechs Jahren beschäftige mich also die „strategische Ausrichtung“ des FC Bayern, hatte ich die Sehnsucht nach einer Philosophie meines Verein, wie sie Ajax, Barca und Co. haben und hatten. Den größten Teil meines Fußball-Fan-Leben hatte ich „nur“ diesen Heldenfußball unter Lattek, Hitzfeld, Magath & Co. gesehen, allenfalls unter Csernai moderne taktische Elemente erlebt.

Für Nicht-Bayern-Fans mag dies skurril klingen, bei all den Titel, all den Siegen und Erfolgen. Aber mein Anliegen, meine Sehnsüchte spielten sich auf anderen Ebenen ab. Ich war schlicht neidisch auf diesen „Fußball total“. Aber ein solches System kann man sich nun einmal nicht erkaufen, man muss es (sich) entwickeln (lassen), muss die fähigsten Leute an die Schalthebel setzen, machen lassen, nicht jedes Jahr das Triple erwarten. Tja.

Schon van Gaal wurde – nach Klinsmann – von Hoeneß mit den Worten begrüßt: Endlich wieder ein „echter Fußballlehrer“. Das Drumherum bei Klinsmann muss Hoeneß, den Traditionalisten genervt haben. Massiv. Bei der Entlassung von Gaals hatte man dann „unterschiedliche strategische Auffassungen“. Es sind immer wieder diese Aussagen von Hoeneß, die mich im Laufe der Jahre zunehmend an einer echten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Strategie bei ihm zweifeln lassen!

Wir müssen hier nicht mehr meine Thesen über die Rückkehr von UH auf den Bayern-Thron durchkauen – die unterschiedlichen Standpunkte sind erschöpfend ausgetauscht, aber Hoeneß selbst setzt doch immer wieder diese grundsätzlichen Punkte auf die Bayern-Agenda.

Mein Punkt ist:

Der FC Bayern hatte sich nach 2012 mit den Personalien Sammer, Guardiola, Reschke und Co. in meinen Augen so zukunftsfähig wie nur möglich aufgestellt. Mit dem Bayern-Campus – wenn auch 5-10 Jahre zu spät – geht man ferner endlich auch in der Jugendarbeit in die richtige Richtung. Viel Zeit ging verloren mit diversen Personalwechseln in den Veranwortlichkeiten für die Bayern-Amateure und -Jugend.

Sicher, halten wir Hoeneß und der restlichen Bayern-Führung zugute, dass man einen Guardiola nicht halten konnte, weil er Fußball-Trainer-Stationen als Projekt betrachtet und ewig auf der Suche nach der Perfektion ist – die er ggf. in seinen späten Spielen gesehen haben mag (ich will das nicht abstreiten) und dass ein Sammer einfach aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr konnte.

Aber wieso besetzt man die Leitung der bayerischen Jugendakademie mit einem Trainer Gerland, der – zugegeben – in der Vergangenheit große Verdienste hatte um die Entwicklung und Entdeckung diverser bayerischer Eigengewächse im aktuellen Kader? Hat Gerland etwa mit seinem modernen Konzept überzeugt, die führenden Einrichtungen in Leipzig, Hoffenheim, Dortmund, Gelsenkirchen und und und kurz-, mittel- oder langfristig zu erreichen, gar zu übertreffen? Wie lange ist Gerland nun aus der Jugendarbeit raus? Sechs, gar sieben Jahre?!

Wie passt es ins Bild, dass man erst eine Instanz wie Michael Reschke unter großen Anstrengungen aus Leverkusen holt, ihn 3-4 Jahre machen und dann zum VfB Stuttgart ziehen lässt? Wieso konnte man ihn nicht zum Sportvorstand machen, wenn Reschke dies so wichtig war? Wieso setzte man ihm den Novizen Salihamidzic buchstäblich vor die Nase?

Weil man übersah, dass Reschke, als er nach München kam, quasi bei Null anfangen musste, was seine Abteilung betraf – vor allem im Vergleich mit Dortmund, Leverkusen und Co.? Weil man trotzdem erwartete, dass er einen neuen Müller, gar Neymar entdeckt, für 10-15 Mio.? Und dann will man ihn entlassen haben, weil er mit dem falschen Dembélé-Berater geredet hat?

Come on, Uli.

Hier ist meine Story:

Wenn Hoeneß – wie angekündigt – nur zurückgekommen ist, um seine Nachfolge im FC Bayern zu regeln – wo sind dann Anzeichen für einen Wandel? Bisher sehe ich nur Abschiede von ausgewiesenen Experten, dazu einen Welt-Trainer, der die Spätherbst-Spieler bei Laune halten soll, aber nicht zwingend für Innovationen-Feuerwerke berüchtigt ist. Als Ersatz werden Hoeneß-Buddies verpflichtet. Kategorie Heldenfußball. Wie anders soll ich ich die Personalien Sagnol, Salihadmizic einordnen? Unsere aktuelle Führung will alles andere als Stress auf der Führungsetage im Verlauf ihrer alten Tage. Salihamidzic arbeitet sich an Raucherzonen und Positionen in der medizinischen Abteilung ab, führt er Interviews besticht er nicht zwingend durch Expertisen. Auf welchem Gebiet auch immer. Ggf. sind dies auch alles Nebelkerzen und ich erkenne die Raffinesse dahinter bloß nicht…

Christian hat diverse Thesen und Vorstellungen zu den Themen „Mia san mia 2.0“, „Sport“, „Finanzen“, „Alternativlos ist nur der Tod“, „Soziales“, „Kommunikation“ und „Personal“ in seinem Artikel aufgeführt – ich unterschreibe all diese vorbehaltlos. Nicht, dass ich glaube, dass auch nur einer dieser Punkte ausgedruckt auf Hoeneß‘ Schreibtisch ankommt oder gar umgesetzt wird, aber es entspricht meiner Utopie von meinem Verein und würde mich diesem wieder sehr viel näher bringen!

Ich befürchte allerdings, dass vor allem Hoeneß ein ebenso natürliches, verständliches wie weit verbreitetes Problem hat: Er kann nicht los lassen. Wie viele Inhabergeführte Unternehmen der ersten Generation hatten nicht schon vor Hoeneß dieses Problem? Eben.

Ich hoffe hingegen, dass hinter den Kulissen, tief verborgen vor der großen bayerischen Öffentlichkeit, schon fieberhaft und mit perfektionistischer Akribie am neuen Post-Hoeneß-FCB gearbeitet wird, man es in Oskar-reifer Manier nur vor uns allen zu verbergen weiß und wir somit eines schönen Tages den modernen, breit aufgestellten Verein und nicht solche Blogbeiträge von mir erleben werden.

Die Hoffnung stirbt – wie immer – zuletzt.

Alles hat ein Ende – auch Zeit, Motivation und Provisorien

Meine Frau sagt mir das schon seit Monaten oder gar Jahren:

Was tust Du Dir das noch an?

Gemeint ist das Bloggen. Und wenn ich mich mal wieder über den einen oder anderen Kommentar aufrege.

Tja, warum eigentlich? Aber der Reihe nach.

(In den nächsten Absätzen werde ich mich – bewusst – wiederholen. Wem das zu viel ist und wer es nicht mehr hören oder lesen mag, klickt bitte hier und überspringt diesen Teil.)

Als ich mit dem Bloggen 2004 angefangen habe, waren ich und mein Leben gänzlich anders als heute. Wer würde dies über einen Zeitraum von 13 Jahren nicht auch von sich behaupten? Meine Frau war noch meine Freundin und dann waren da noch Job und Fußball. Viel mehr nicht (ist natürlich übertrieben, aber übertreiben verdeutlicht). Da ich ohnehin gerne und viel rede, kam dieses „Bloggen“ über mein liebstes Hobby Fußball wie gerufen und – zack – ging es los. Zeit war ja genug da und Themen auch, schließlich war Werder gerade Double-Sieger geworden und wir Bayern hatten Hitzfeld zum zweiten Mal vom Hof gejagt, um ihn mit Felix Magath zu ersetzen.

Da ich damals schon ein politischer Mensch war, bloggte ich neben Themen wie Fußball und den FC Bayern u.a. noch über George W. Bush und die NRW- sowie Bundestagswahl 2005. Dieser Aspekt wird später im Beitrag erst wichtig.

Am Anfang waren wir Blogger fast unter uns und erst langsam, später schneller, wuchs die Zahl der Menschen, Leser, Kommentierer unserer Beiträge. Vieles verändert sich mit der Zeit. Aus meiner Freundin wurde meine Frau, wir bloggten über die Hochzeit 2005, die Hochzeitsreise nach Kanada 2006. Ich entdeckte 2007 neben dem Bloggen Twitter, später Facebook für mich, zunächst als weitere Verbreitungskanäle, dann als völlig eigenständige Diskussionsplattformen zu den gleichen Themen, mit zumeist aber ganz anderen Menschen. Toll.

Es machte mich stolz, als ich die Besucherzahlen auf dem Blog wachsen sah, Zehntausende Menschen pro Monat meine Beiträge lasen, teilweise über 300 Kommentare unter diesen Artikeln zu finden waren. Wieso sollte ich das abstreiten?

Es schmeichelte mir, dass irgendwann der FC Bayern auf mein privates Blog aufmerksam wurde, ich Kooperationen mit „richtigen“ Medien wie der Münchner Abendzeitung einging, später meine Meinung in Podcasts oder Live-Sendungen auf Sport1, Sport1.fm oder Sky gefragt war. All das gehört zu der Geschichte von Breitnigge.de.

Zu dieser Story gehört aber ebenfalls, dass sich Dinge, Lebensverläufe und -Umstände verändern.

Wir bekamen 2008 das erste Kind und ich dachte, dass sich mein Bloggen wandeln würde. Es verwandelte sich nicht. Wir bekamen 2010 das zweite Kind und ich hatte erneut die gleiche Befürchtung. Es veränderte sich allenfalls die Uhrzeit des Bloggens und ein Verschieben des TV-Konsum ins Re-Live.

Im Nachhinein ist mir klar, dass aber schon damals erste Erschöpfungszustände zu Tage traten, die mit einer solchen Belastung oder veränderten Lebensumständen einhergehen. Bei vielen Vätern in vergleichbaren Situationen. Aber erst, als ich 2013 mit dem Höhepunkt meines Fan- und Bayern-Blogger-Lebens – dem Erreichen des Triple – ein Gefühl der Leere spürte, nicht mehr wusste, worüber ich im x.ten Bundesliga-Beitrag noch Neues schreiben sollte, zog ich eine erste Reißleine. Das Ende der regelmäßigen, eigenen Blogbeiträge, die Geburt der „Kommentar-Vorlagen“.

Ich tat dies auf vielfachen Wunsch der Breitnigge-Community, die diese Diskussionsplattform erhalten wollte. Für mich und die Kommentatoren eine praktikable Lösung.

Anfangs hatte ich tatsächlich noch eine „Sabbatical“ Planung, d.h. ich wollte einfach mal ein Jahr Pause machen und sehen, wie es mir danach geht und ob ich ggf. weiter Spielbezogen bloggen wollen würde. Auch 2014 sah ich das noch so und verlängerte mein „Sabbatical“. Heute sind wir (und ich) schlauer. Es wird nie wieder so werden, wie es einmal war. Beim Bloggen wie mit meinen früheren Lebensumständen.

Das 2013 gefundene Konstrukt hätte sicher noch einige Zeit halten können, selbst wenn auch daran immer mal wieder „herum kritisiert“ wurde und einzelne, die „Kommentar-Vorlagen“ eben doch zu inhaltsleer empfanden. Die Mehrheit war immer noch froh über den Stats quo.

Offensichtlich kam der „Bruch“, als ich auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise in Deutschland und Europa nicht anders konnte, als mein politisches Bloggen wieder zu entdecken. Sollte ich dafür ein eigenes Blog eröffnen? Nein, mir war das Thema und meine Reichweite in diesem Zusammenhang wichtiger. Ich will einräumen, dass ich zumindest irritiert war, als sich heraus stellte, wie sehr sich (politische) Ansichten, bzw. Ansätze zur Lösung oder dem Umgang mit dem Thema Flüchtlinge, zwischen mir und einigen – langjährigen – Kommentierern unterschieden. Aber dies ist offenbar ganz normal, wenn man sich ansonsten über viele Jahre nur über das gemeinsame Thema Fußball austauscht.

Als die weitere Diskussion ferner Aspekte der Ökologie & Nachhaltigkeit streifte, traten selbst hier grundsätzliche Unterschiede zu Tage. Mich erreichte der „Vorwurf“, dass man derlei doch nicht auf einem Fußballblog diskutieren müsse. Hier waren über die Jahre viele Dinge in der Wahrnehmung verschmolzen und die Erwartungshaltung an mich als „Content-Lieferant“ – für mich unmerklich – gestiegen.

Dem konnte und wollte ich aber – wie sich herausstellte – nicht gerecht werden.

Warum ich dies (erneut und in epischer Breite) darlege? Weil offenbar in dieser Zeit bei einigen noch etwas hängen geblieben ist.

Wie ich darauf komme? Weil ich 13 Jahre lang immer die Kommentarbenachrichtigung aktiviert hatte und somit (fast) alle Kommentare gelesen habe. Einige der Kommentare enthielten immer mal wieder Bezüge, Spitzen, Nebensätze oder einen gewissen Unterton zu oder aus dieser Zeit. Bis jetzt habe ich darüber hinweg gelesen und mich allenfalls 1-3 Minuten geärgert, aber inzwischen bin ich nun doch an einem Punkt, an dem mir auch dies zu viel ist. Jede Minute ist mir inzwischen kostbar und in Kombination mit dem Eindruck, dass die Kommentarquote aktuell ohnehin weiter rapide sinkt, sehe ich a) immer weniger Grund und habe ich b) nur noch rapide sinkende Lust, weiterhin 3-4 Stunden pro Saison darauf zu verwenden, „leere“ Beiträge zu erstellen, die am Ende des Tages doch kaum jemand nutzt oder nutzen will.

Diese Entscheidung wird nicht dazu führen, dass ich dieses Blog schließe – ich werde lediglich (wie schon angekündigt) nur noch zu, mir wichtigen Themen bloggen, für die 140 Zeichen nicht ausreichen.

Und weil in Kommentaren immer mal wieder „Alternativ“-Blogs wie z.B. „Miasanrot“ erwähnt wurden:

Ich will gerne einräumen, dass ich am Anfang schon ein wenig… neidisch darauf war, was anderswo auf die Beine gestellt wurde und zu was ich nur noch in der Lage war / bin. Daran hatte ich zu knabbern, durchaus. Auch was die mediale Aufmerksamkeit betraf. Aber irgendwann machte es Klick und der Rheinländer in mir trat zu Tage (in Hochdeutsch):

Man muss auch gönnen können!

Jede Blogtätigkeit, jedes Blog, jeder Blogger hat seine Zeit. Meine aktive – regelmäßige – Bloggerzeit ist zu ende. Wie sollte ich mit Mitte 40, zwei Kindern, Teilzeit-Job & -Betreuung plus Ehrenämtern etwas zu leisten im Stande sein, was eine Redaktion von einem Dutzend(?) Autoren schafft?

Eben.

Von daher: Geht rüber, zu all den anderen tollen (aktiven) Bayern-Blogs. Kommentiert dort, wie ihr es hier immer gerne getan habt. 😉

Es war eine tolle Zeit, danke für das Dabeisein. Bis zum nächsten Herzblut-Beitrag!

Gestern. Heute. Morgen.

Es ist Sommerpause und das tut uns allen mal ganz gut. Also vielleicht nicht allen, zumindest nicht denen, die jetzt schon wieder der neuen Saison entgegen fiebern. Früher war das bei mir auch so, aber derlei ist inzwischen in den Hintergrund getreten. Nein, wir müssen das jetzt nicht schon wieder diskutieren, es ist schlicht weiterhin so, dass mein Alltag komplett ausgefüllt ist. Der Fußball im allgemeinen und der FC Bayern im Speziellen sind nur noch ein Teil davon. Es ist wie es ist.

Man merkt diesen Unterschied auch daran, dass ich a) gar nicht bemerkt habe, dass seit meinem letzten „Beitrag“ schon mehr als 31 Tage vergangen sind und somit die, im Blog hinterlegte – Anti-Spam – „Kommentare-schließen“ – Funktion greift. In den letzten Tagen erreichten mich einige besorgte E-Mails, ob es das denn jetzt endgültig mit „Breitnigge“ gewesen und dass dies ja wirklich sehr schade sei. B) definiert sich meine Sommerpause seit einem Jahr auch noch an ganz anderen Dingen. Ich traniere seit einem Jahr die E-Jugend meines Großen als sog. „Vatertrainer“ und entdeckte dabei so ganz nebenbei eine neue Leidenschaft für den Fußball, die ich schon verschüttet glaubte. Das hat mich phasenweise überrascht, begeisterte mich aber durchgehend. Die Trainings- und Spielzeiten der E-Jugend in unserem regionalen Fußballverband orientieren sich nicht an der Bundesliga oder Länderspielpausen, nein, es geht um Schulferien, denn zu diesen Zeiten pausiert der Spielbetrieb in der Jugend (macht auch Sinn) – wir als Trainerteam haben da ebenfalls ein wenig Ruhe, da wir die Schulferien jeweils auch mit einer Trainingspause belegen.

Mit anderen Worten startet meine ganz persönliche „Sommerpause“ nach dem Ende der Spielrunde Anfang Juni, dem letzten Training gestern und dem Saisonabschlussgrillen am Wochenende.

All dies ist antizyklisch zu vielen Fußballfans „da draußen“ und Bloglesern „hier drinnen“, dass ist mir bewusst, aber es führt eben zu obigen Eindrücken bei einigen Lesern dieses Blogs.

Nur ein kurzes Statement, um dann zum eigentlichen Thema dieses Beitrags zu kommen: Sollte ich mein Blog tatsächlich eines Tages schließen, werde ich dies auch sagen und nicht implizit abschalten. Dafür ist mein Mitteilungsbedürfnis viel zu groß… 😉

Der Punkt.

Ich trage seit Wochen Gedanken in mir, wie ich einen Saison-Rück- und Ausblick-Beitrag rund um den FC Bayern angehen könnte. Allerlei lose Enden schwirren in meinem Kopf umher und ich habe es bis heute nicht geschafft, mich einmal hinzusetzen und diese zu bündeln. Ich sitze zwar jetzt gerade, aber einen Plan habe ich trotzdem nicht. Ursprünglich wollte ich den 30.06., oder 01.07., dem offiziellen Ende meiner 26-jährigen Bayern-Mitgliedschaft, als Anlass nehmen, hier einen größeren Beitrag zum Besten zu geben, aber das Resultat dürfte bekannt sein.

Machen wir es also eher stichpunktartig, kurz und bündig.

Thema Ancelotti

Ich war von seiner Verpflichtung aus mehreren Gründen begeistert. Es machte mich stolz, dass ein FC Bayern im Jahre 2016 einen Trainer verpflichten kann, den wir noch vor 5-10 Jahren niemals bekommen hätten, für den ein Klub wie der unsere, niemals eine Option gewesen wäre. Ich war ferner optimistisch, dass wir mit ihm so etwas erleben könnten, wie Real Madrid unter ihm, also sie uns im Halbfinale 2014 schlugen und zum Titel stürmten. Nun, es blieb uns versagt. Aus vielen Gründen. Gründen, die teilweise im erneuten Verletzungspech (und hier muss man ja wirklich von echtem Pech reden, denn gemeinhin ist Ancelotti nicht dafür berüchtigt, seine Spieler so zu „verheizen“, wie es ein Pep Guardiola angeblich tut, oder?!) aber andererseits in – meiner Meinung nach – taktischen Fehlern des Trainers begründet lagen. Hier sei vor allem das Aufeinandertreffen mit Real Madrid erwähnt. Das Pokal-Ausscheiden gegen den BVB können wir erneut unter „gibt es doch nicht“ abspeichern.

Im Grunde also gemischte Gefühlte bei mir, was den Trainer angeht. Hoffen wir, dass er uns in dieser Saison mit seinen „Umbruch-Fähigkeiten“ überrascht…

Thema Kader & Transfers

Im Rahmen der letzten Tage und den bestätigten Transfers kehrte bei mir doch noch so etwas wie Begeisterung zurück, wie ich sie 2007, 2009 oder 2012 spürte. Natürlich ist nichts mit „Ribéry & Toni“ „Robben“ oder „JM8“ vergleichbar, oder ggf. haben wir uns in all den letzten, erfolgreichen Jahren allzu sehr daran gewöhnt, aber ich glaube durchaus, dass es gut ist, Spieler wie James Rodriguez „von der Madrider Bank“ oder auch Tolisso zu verpflichten und eben nicht einen Sánchez aus der englischen Liga, die finanziell komplett versaut ist. Ferner noch einige junge Spieler, die, mit dem absehbaren Abschied von Robben und Ribéry in mittelnaher Zukunft durchaus Perspektive in unserem Team finden werden.

All das stimmt mich optimistisch und freut mich an Mitarbeitern wie Reschke und Co.

Um aber noch einmal auf das Thema Ancelotti zurück zu kommen: Ich hoffe sehr, dass Carlo mit diesem Kader, wie er sich jetzt für die nächsten ein, zwei Jahre abzeichnet, ein neues, starkes Team aufbauen kann, welches in der Lage wäre – auf Sicht – bis, sagen wir mal 2021, erneut die Championsleague zu gewinnen. Ein FC Bayern wird sich nach dem Abgang der alten Recken, wie Lahm, Alonso und bald Ribéry und Robben verändern, verändern müssen. Sind wir auf dem richtigen Weg? Ich hoffe es und bin aktuell guten Mutes.

Und was den Rest betrifft:

Auch in der neuen Saison wird es „Platzhalter“-Artikel auf diesem Blog geben, für alle die, die weiterhin diskutieren wollen. Was mich persönlich betrifft, werde ich bloggen, sobald sich Themen aufdrängen, zu denen ich zwingend Stellung beziehen muss. Davon abgesehen, werde ich über Spiel- und Trainingsplänen für meine Jungs sitzen und mich auf unseren Kunstrasenplatz freuen, den wir im Sommer 2018 erhalten werden.

Prioritäten, Leute. 😉

Das war es noch nicht. Doch!

Am heutigen Tag wird Ulrich Hoeneß erneut zum Präsidenten des FC Bayern e.V. gewählt werden. Zwar steht die Wahl auf der Jahreshauptversammlung des eingetragenen Verein FC Bayern München noch aus, aber Hoeneß ist erstens einziger Kandidat und zweitens – sind wir einfach mal ehrlich – Meinungen und Überzeugungen wie die meine sind in der eindeutigen Minderheit. Für 1-3 Sekunden hatte ich zwischenzeitlich mit dem Gedanken gespielt, mich selbst als Präsident zur Wahl zu stellen. Ist natürlich Unsinn und war auch nur eine kurze Tagträumerei über diesen speziellen Moment und die imaginären Gesichtszüge unseres Vorstandes. Illusorisch ist es ohnehin, da man bei einem Weltverein wie dem FC Bayern nicht „einfach so“ Präsident des e.V. werden kann. Die Kandidaten / der Kandidat werden / wird vom Verwaltungsbeirat vorgeschlagen und die JHV darf dann abnicken. Deutsches Vereinsrecht in Kombination mit einer Fußball-AG.

Es schließt sich für mich ein Kreis, habe ich doch als Bayernfan die Steueraffäre, den Prozess, die Verurteilung, die Haftzeit und seine Rückkehr verfolgt. Ich war – bekanntermaßen – Augen- und Ohrenzeuge von Hoeneß‘ letzter Rede in Freiheit auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung 2014. Ich bin immer noch schockiert, wenn ich daran denke. Seine Erregung, seine Vehemenz und die Stimmung unter der Mehrheit der anwesenden Bayernmitglieder. „Das war es noch nicht!“ waren seine abschließenden Worte und ich befürchtete, dass es genau zu diesem Punkt kommt, an dem wir uns heute befinden. Hoeneß kehrt zurück in alle Ämter, die er nach seiner Verurteilung abgeben musste. „So, als wäre nichts gewesen.“ ist mein diesbezüglicher Satz, der mir immer wieder in den Sinn kommt.

Wir müssen das nicht immer oder schon wieder durchkauen, ich weiß, dass es hier durchaus jede Menge gegensätzliche Meinungen gibt, aber für mich gibt es einfach gewisse Dinge in der Gesamtkonstellation Hoeneß und FC Bayern, die für mich nicht gehen (und damit ist nicht das Thema „Zweite Chance“, „Strafe abgesessen“ oder „Resozialisierung“ gemeint). Warum muss es diese Rückkehr sein? Damit es Hoeneß wirklich „allen gezeigt hat“? Braucht ein Hoeneß dies für sich? Braucht ein FC Bayern solch einen Hoeneß? Offensichtlich. Beides.

Kommen wir aber zu mir.

Nicht nur die Personalie Hoeneß hat mich in der jüngeren Vergangenheit meines Vereins umgetrieben. Es geht nicht weniger um Katar und den Umgang des FC Bayern damit. Sicher, einige Leser dieser Zeilen werden all das nicht mehr hören können. Damit muss und kann ich leben. Womit ich nicht leben kann, wäre eine gewisse Inkonsequenz meinerseits. Im Blog, auf meinen Social Media – Kanälen oder persönlichen Gesprächen, habe ich viel über Kausalitäten und Konsequenzen geredet – irgendwann muss man liefern, um glaubwürdig zu bleiben.

Lange Zeit stand der Besuch der heutigen JHV, gar eine Rede, eine Wortmeldung im Raum. Am Ende wurde es weder noch. Dies hat multiple Gründe, welche abendfüllend sind. Es hat mit dem Alltag als berufstätiger, zweifacher Vater und intensiver Ehrenämtler, Zeit, Geld und vielen anderen persönlichen wie privaten Dingen zu tun, die auszubreiten, ich noch nicht bereit bin. Kurzum: Ich schaff(t)e es schlicht nicht. In den letzten Wochen kam aber noch ein weiterer – stetig kräftiger werdender – Grund hinzu:

Seit Anfang der Saison bin ich Trainer – sog. „Vatertrainer“ – der Fußball-Mannschaft unseres Großen. Da trainiert man nicht nur die (seine!) Jungs, da ist man auch bei den Spielen mit Leib und Seele dabei. Am Tag nach der JHV findet um 12:00 das letzte Spiel der Hinrunde unserer E-Jugend statt. Wie sollte ich das schaffen? JHV in München besuchen und dann am Samstagmorgen den normalen Spielvorbeitungsrhythmus hier in Bonn? Für diesen Stress bin ich zu alt. Nein, als ich diesen Spielplan sah und die emotionale Bindung zu den Jungs spürte, war mir klar: Ich will auch gar nicht (mehr) zur JHV.

Andere – kritische – Bayernfans sind sowohl vor Ort als auch in der Lage und gewillt ihre Meinung dem Vorstand auf der Bühne mitzuteilen. Meine Unterstützung und Solidarität aus der Ferne ist ihnen gewiss!

Einen letzten Grund habe ich noch: Resignation. Meine Euphorie, kritische Stimmen zu sammeln, zu bündeln und zu verbreiten, hat spürbar nachgelassen. Ich hatte das schon auf dem Gipfel meiner Erregung, meiner Wut befürchtet (glaube gar, dass der Verein solche überaus menschlichen Verhaltensmuster bei uns „Wutfans“ einkalkuliert hat), aber ich erinnere mich eben noch ganz genau an meine damaligen Emotionen. Meine Meinung hat sich im Übrigen kein bisschen geändert, allein mir fehlt inzwischen die Kraft, diese offensiv zu vertreten. Einen Entschluss im Falle der heutigen Ereignisse habe ich hingegen schon vor längerer Zeit gefasst und setze diesen nun in die Tat um:

Nach über 25 Jahren Mitgliedschaft im FC Bayern München e.V. habe ich am heutigen Tag der JHV und Hoeneß-Wiederwahl meinen Austritt erklärt.

Einige Fans / Mitglieder werden nun fragen, weshalb ich diesen Schritt des Rückzug gehe und z.B. diesen „Status“ der niedrigen Mitgliedsnummer „einfach so“ aufgebe (Für manche Bayernfans ja Hauptgrund für eine Mitgliedschaft). Nun, erstens mache ich dies nicht „einfach so“ (siehe oben und die vielen Artikel unten) und zweitens sind wir da wieder beim Thema Resignation. Resignation ggü. diesem FC Bayern (seiner Führung!) im Speziellen und dem heutigen Fußball im Allgemeinen. Ferner erhält man auch mit niedrigen Mitgliedsnummern Absagen auf Ticketanfragen. Die „Garantieregionen“ (unter 3.000 oder 1.000) werde ich zu Lebzeiten ohnehin nicht mehr erreichen. Nicht ausgeschlossen ist hingegen eine Rückkehr. Mit einem neuen Vorstand und neuen Ansichten zu, mir wichtigen Themen. Die Hoffnung stirbt zuletzt und bis dahin bin ich halt raus.

Karten bekommen zu können, um mit meinen Jungs zu Bayernspielen zu gehen, war ein weiterer Aspekt, den ich bewertet habe. Sagen wir es so: Sind die Jungs alt genug, können sie selbst eintreten oder ich nutze eine der vielen – legalen – Optionen, an Tickets zu gelangen. All das war aber nicht Grund genug, diesen Schritt nicht zu gehen. Jeder geht anders mit diesen Themen um, für mich ist dies die richtige Konsequenz.

Und jetzt ist es auch mal gut.

Für wen es noch nicht gut ist und wer meine gesammelte Vorgeschichte noch einmal nachlesen will – bitteschön:

20.04.2013 Ach, Uli #1
15.11.2013 Von Wagenburgen, Medien, Tränen, dem Mob. Und Uli.
14.03.2014 Ach, Uli #2 oder Stunde Null
14.06.2014 Ach, Uli #3
07.05.2014 Paule, Uli, Karl, Pep und jede Menge Versammlungen
21.01.2015 Mia san mia oder Practise what you preach
17.01.2015 Fußball ist unpolitisch oder Ein Leben in der Blase
22.02.2015 Next stop: China
22.12.2015 Jedem Abschied wohnt eine gewisse Taktik inne
01.02.2016 Offener Brief an den Vorstand
28.02.2016 Zurück in die Zukunft oder Übervater Uli

Zurück in die Zukunft oder Übervater Uli

Am morgigen Montag wird Uli Hoeneß aus seiner Haft entlassen und verlässt das Gefängnis als freier Mann – seine Reststrafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Die Personalie Uli Hoeneß wäre nicht vollständig, wenn nicht auch jetzt, wie zu seiner Freigänger-Zeit und seiner Haftstrafe insgesamt, immer wieder und intensiv darüber berichtet werden würde. Wieso auch nicht, hat doch ein Uli Hoeneß zeitlebens als medialer Mensch gelebt und dies für seine Zwecke und die des FC Bayern genutzt.

Ich für meinen Teil habe mich in der jüngeren Vergangenheit häufiger zu Hoeneß geäußert (Links am Ende des Beitrages) und so auch dokumentiert, dass sich Meinungen ändern und einer Entwicklung unterziehen können. Aktuell habe ich ebenfalls eine Meinung zu Themen, die viele Fans, Journalisten, etc. im Zusammenhang mit unserem Ex-Präsidenten beschäftigen. Ich gehöre weder der Fraktion an, die erstens nicht geglaubt hat, dass Hoeneß überhaupt angeklagt wird, die zweitens nicht für möglich hielt, Hoeneß werde tatsächlich verurteilt, die drittens dachte, Hoeneß käme – wie so viele Promis – mit einer Bewährungsstrafe davon und viertens sowieso davon ausging, dass all die „Vergünstigungen“, die Hoeneß genießen sollte (frühes Freigängertum, Hafturlaub, vorzeitige Entlassung auf Bewährung), ja nur auf einer ebenso einmaligen wie skandalösen Bevorzugung der Justiz basieren könne (ich vertraue und vertraute schlicht unserem Rechtsstaat und der bayerischen Justiz), noch der Fraktion, die Hoeneß offenbar alles unreflektiert verzeiht und den alten Status quo seiner Ämter und seines Einfluss beim FC Bayern lieber heute als morgen wieder herstellen würde.

Ich gehöre der Fraktion an, die Hoeneß eine – ihm zustehende – zweite Chance geben will. Die ihm eine Rückkehr zum FC Bayern nicht verwehrt. „Ob Hoeneß nach seiner Entlassung als freier Mann wieder zum FC Bayern zurückkehren soll / muss / darf, vermag ich jetzt noch nicht zu bewerten.“ schrieb ich im Juni 2014, als er seine Haft antrat. Die Zeit für Bewertungen ist gekommen.

Man kann sich dem Thema „Hoeneß Rückkehr zum FC Bayern“ nicht entziehen. Dabei ist er ja längst wieder da. Spätestens seit seiner Tätigkeit im Jugendbereich des FC Bayern, die er für seine Freigänger-Zeit ausüben musste (nicht zwingend beim FC Bayern, aber was lag näher?), ist er wieder präsent. Nicht so wie früher, aber es gibt eben aktuelle Bilder von ihm – in der Öffentlichkeit. Von einem Mann, der sich äußerlich spürbar verändert hat. Ob dies auch innerlich so ist, wird die Zukunft zeigen. In diesem Zusammenhang einige weitere Zitate von mir aus besagtem Beitrag:

Ein ganz anderes Thema ist das Weltbild eines Uli Hoeneß. Seine Worte auf der aoMV („Hass“) haben mir einen Menschen gezeigt, der mir – im Laufe dieses Verfahrens – zunehmend fremder geworden ist. Nichts vom „alten“ Ex-Bayern-Manager ist vergessen, seine Leistungen rund um unseren Verein bleiben unvergessen. Aber ihm, der ja dieses Argument explizit im Prozess angeführt hat, hätte das Leben des Wortes „Demut“ gut zu Gesicht gestanden. Auch für seine Zeit im und vor allem nach der Haftstrafe.

Wie gesagt, niemand weiß wirklich, ob Hoeneß hier eine Veränderung durchgemacht hat. Die zurzeit sehr intensiven Gerüchte, dass Hoeneß sich im November wieder zum Präsidenten des FC Bayern München e.V. wählen lassen wollen wird, reißen nicht ab – ich hätte damit so einige Probleme. Warum? Weil dieser Schritt eine Außenwirkung hätte, die mir ganz und gar missfallen würde. Sie würde Hoeneß Stimmung, seine Worte, seine Bitterkeit und Wut, die er auf dieser außerordentlichen Mitgliederversammlung in den Saal und die überwiegend tobende Menge rief, bestätigen. Eine schlimme Vorstellung, würde sie doch alles andere als Demut, Reue oder vergleichbare Gefühle symbolisieren und zusätzlich noch alles an Handlungsweisen eines Uli Hoeneß in den letzten Wochen und Monaten ad absurdum führen. Stößt dieser Zusammenhang ansonsten niemandem auf, wenn Hoeneß auf der aoMV „und dann, wenn ich zurück bin, werd‘ ich mich nicht zur Ruhe setzen. Das war’s noch nicht!“ ruft und dann tatsächlich nach seiner Haftstrafe zurück kommt und wieder das seinerzeit abgegebene Amt anstrebt? Suggeriert diese Vorgehensweise nicht recht unverhohlen, dass man die Haftstrafe nur als „Unterbrechung“ betrachtet hat und jetzt diese „Episode“ so schnell wie möglich ungeschehen machen will? Für mich ist dies ein merkwürdiges Rechtsverständnis. Aber vielleicht bin ich auch selbst nur ein wenig… weltfremd.

Ohnehin ist ja immer noch unklar, was Uli Hoeneß selbst von all dem hält. Gerüchteweise will er sich am 01.07.2016 dazu äußern, ob er wieder das Amt des Präsidenten oder eine vergleichbare Tätigkeit beim FC Bayern anstrebt – ich bin mehr als gespannt. Eine entsprechende Jahreshauptversammlung im Herbst diesen Jahren werde ich mir auf jeden Fall nicht entgehen lassen, auch wenn ich natürlich eine erneute Wahl Hoeneß‘ durch die überwiegende Mehrheit der anwesenden Mitglieder nie und nimmer verhindern könnte, ich werde anwesend sein.

Am Ende des Tages könnte aber auch eine ganz andere Utopie Realität werden.

Vielleicht hat Hoeneß ja wirklich seinen Frieden gefunden. Mit sich und all den anderen. Vielleicht gefällt ihm seine Rolle in der zweiten Reihe des FC Bayern – Familie (medial, intern wird er immer noch eine gewichtige Stimme haben)? Ich würde mir wünschen, dass Hoeneß die letzten 5, 10, 15 oder wie viele auch immer Jahre im Schoß seiner „Familie“ genießen kann, er ein für die Zukunft unseres Vereins sehr wichtiges Standbein komplett (neu) aufbauen kann – die Jugendarbeit und somit nicht nur – wie schon vor der Steueraffäre geschehen – seine Ämter für die Zeit nach dem Funktionär Hoeneß auf die Gleise stellt, sondern auch dem Verein eine Perspektive bietet, die wieder mehr „Verwurzelung“ in die Region München und Bayern mit sich führen könnte und als Gegenpol zur Internationalisierung der Bayern-AG agiert. Ferner kann und sollte Hoeneß als Elder Statesman des FC Bayern tätig sein, denn seine Erfahrungen und seine Verdienste rund um den heutigen FC Bayern sind und werden unvergessen bleiben – warum nicht diese positiven Aspekte in den Vordergrund stellen? Warum muss es jetzt ein „Reinwaschen“ der Verurteilung oder gar ein „Rachefeldzug“ werden? Eben.

Zu all diesen Punkten treibt mich noch eine weitere Frage um: Wäre der FC Bayern aktuell ein anderer Verein, wenn Hoeneß nicht verurteilt und inhaftiert gewesen wäre?

Wer will und könnte diese Frage seriös beantworten? Denn auch unter Hoeneß nahm die „Internationalisierung“ und Umstrukturierung des Vereins ihren Lauf. Noch unter Hoeneß wurden die ersten Trainingslager in Katar organisiert. Noch unter Hoeneß wurde seine Nachfolge mit neuen Vorständen der Bayern-AG geregelt. Nein, auch unter einem Präsidenten und Aufsichtsrat-Vorsitzenden Hoeneß hätte der FC Bayern sicher eine ähnliche Entwicklung genommen – die Zeiten als Fanclubs und Fanvertreter einfach so zur „Säbener“ fahren und mit Uli im persönlichen Gespräch in seinem Büro Fan-Probleme diskutieren konnten und er auf dem kurzen Dienstweg diese zu lösen vermochte, sind endgültig vorbei – machen wir uns da nichts vor.

Eine Sache allerdings – bilde ich mir ein – wäre unter einem aktiven Hoeneß anders verlaufen:

Nach den umfänglichen Protesten gegen ein Trainingslager in Katar und ein Freundschaftsspiel in Saudi-Arabien Anfang 2015, hätte er – natürlich abgesehen von Verträgen oder Verpflichtungen im Hintergrund, von denen wir alle nichts wissen – Ende 2015 und Anfang 2016 mindestens eine glaubwürdigere Kommunikationsstrategie an den Tag gelegt und – da bin ich mir relativ sicher – den Deal mit dem Flughafen von Doha in dieser Gemengelage und Stimmung versucht, zu verhindern.

Unter einem Präsidenten Uli Hoeneß hätte der FC Bayern keinen „Leiter Public Affairs“ einstellen müssen, der den Vorstand – wie man damals gerüchteweise hörte – in ethischen Fragen berät…

In diesem Sinne: Mach‘ es* nicht noch einmal, Uli!

*Präsidentschaft

Weitere Links zum Thema:

Ach, Uli #1 (20.04.2013)

Von Wagenburgen, Medien, Tränen, dem Mob. Und Uli. (15.11.2013)

Ach, Uli #2 oder Stunde Null (14.03.2014)

Ach, Uli #3 (14.06.2014)

Alles bleibt anders. Vorerst.

Seit meinen Blog-Jubiläumsbeiträgen ist nun auch wieder einige Zeit vergangen. Fast unbemerkt für mich, möchte ich hinzufügen. Ihr kennt das.

Ich hatte gefragt, ihr habt geantwortet. Das Ergebnis ist relativ klar. Aktuell 70% der Teilnehmer könnten sich Co-Autoren auf Breitnigge.de vorstellen. Auf den Plätzen „Teaser als Nachbericht“ und „Weiterführende Links“. Im Prinzip ein Ergebnis mit dem ich vor der Umfrage gut hätte leben können, zog ich doch – wie erwähnt – weitere Autoren auf meinem Blog in Erwägung.

Jetzt bin ich natürlich per se ein offener Typ und wenn ich mir – wie in der Situation meines Bloggerlebens – nicht zu 100% sicher bin, lasse ich mich gerne von Meinungen Anderer inspirieren. So auch hier. Nach dem Erwähnen der Zwischenergebnisse bzgl. der Co-Autoren kam das Feedback erst richtig in Fahrt. Ein Feedback, dass mir erneut zu denken gab.

Mehr Autoren? Dachte das wäre dein persönliches Bayernimweb-Zuhause?

Deine Community ist da wegen dir. Neue Autoren bergen immer auch die große Gefahr den Entfremdung.

es gibt keine Breitnigge-Autoren. Es gibt nur Breitnigge.

Finde auch, dass es eher ein persönliches Blog ist. Mit versch. Autoren ist es nicht mehr „Du“. Lieber selten…

ich bin gegen co-Autoren und habe auch so abgestimmt. Ich lese es wegen Oliver S. und mache nur für Paula eine Ausnahme 😉 ich lese Breitnigge ausdrücklich wegen deiner Beiträge und diese sind auf einem Level das wenige haben.

Und zum Abschluss:

Also mach einfach das, bei wem du dich am wohlsten fühlst.

Ohne jetzt noch lange darüber diskutieren zu wollen – so mache ich es dann jetzt auch. Es wird – vorerst – keine Co-Autoren geben und auch keine Blogzusammenlegungen, wie bei den fabulösen Kollegen von miasanrot.de. Nein, ich überlege mir anhand des Feedbacks ein leicht angepasstes Format der Spieltagsvorberichte, werde weiter Weisheiten posten und zu einzelnen Themen auch weiter Stellung beziehen. So machen wir das, so gefällt es mir am besten.

Das Wichtigste für alle Breitnigge.de – Leser:

Es geht weiter!

Paules Decima: Umfrage

Was soll sich in Zukunft auf Breitnigge.de verändern? Was liegt den Lesern am meisten am Herzen?

Es ist mal wieder Zeit für eine Umfrage auf meinem Weblog. Ich brauche einfach euer Feedback um hier die Zukunft zu planen. Die Punkte der Umfrage (Mehrfachauswahl bitte gerne nutzen) sind mögliche Optionen, die ich mir über diesen langen Zeitraum der Konzeptphase überlegt habe. Tatsächlich wären inzwischen Co-Autoren auf meinem Blog eine Option für mich. Der Grund dafür ist simpel: Wenn ich es nicht mehr schaffe, regelmäßige Beiträge zu jedem Spiel zu erstellen, dann schafft(en) das vielleicht (ein) andere(r) – zukünftige(r) – Blogger, der(die) nicht nur Interesse am FC Bayern sondern auch noch „eine gute Schreibe“ hat(haben).

Ich lass‘ mich überraschen, ob das auch für meine Leser eine mögliche Vision für Breitnigge.de ist…

P.S. Ergänzungen für weitere Veränderungen auf diesem Blog dürfen sehr gerne in die Kommentare geschrieben werden.

P.P.S. Schon jetzt kann ich erwähnen, dass ich das alte Tippspiel wieder reaktiviert habe. Allerdings komplett ohne eigene Beteiligung – ihr schafft auch das sicher ohne mich.

Ach, Uli #2 oder Stunde Null

Nicht, dass ich es nicht schon vorher gewusst hätte, wie das so ist, wenn Journalisten oder Schriftsteller oder eben Blogger vor dem weißen Screen sitzen und es nicht fließen will. Schließlich war und ist dies einer der vielen Gründe für mein Blog-Sabbatical.

Aber selbst, wenn ich geordnete Gedanken zur Akte Hoeneß in diesen wilden Tagen gehabt hätte (was ich selbst beim Schreiben dieser Zeilen noch nicht habe) – ich hätte diese Gedanken in dieser Woche viermal verworfen und von vorne angefangen.

Da war die Motivation, etwas zum Prozessauftakt, der Anklage der Staatsanwaltschaft und zur Erhöhung der Steuerschuld – durch Hoeneß selbst – zu Screen zu bringen. Montags. Da war die Sprachlosigkeit über die weiter explodierenden Summen und die aufkommende Wut über unseren Präsidenten, dass er augenscheinlich immer noch nicht vollständig realitätsnah agierte. Dienstags. Da war die Verwirrung, dass es eventuell doch nicht so schlecht für ihn ausgehen könnte, da die Zwischen-Endsumme in der Selbstanzeige genannt war und der ominöse USB-Stick doch kein Belastungszeuge gegen ihn wurde. Mittwochs. Da waren die Plädoyers, die entgegengesetzter nicht sein konnten und da war das Urteil, mit dem viele inzwischen rechneten, dessen Gewissheit aber für uns (Bayernfans) alle epochale Bedeutung bekam. Hoeneß verurteilt. Zur Freiheitsstrafe. Abschließend die Aussicht auf weitere Monate der Hängepartien, der Häme, Hetze, Polarisierung, der Talkshows, Springerschlagzeilen. Schaudern, ob dieser Perspektive. Donnerstags.

Und dann, dann der Freitag, als Ulrich, genannt Uli Hoeneß die Strafe akzeptierte, wenigstens am Ende scheinbare Reue zeigte und nun vor einem Entzug seiner Freiheit steht. Punkt.

Wir lassen all die Nebentöne mal weg, dass die Stellungnahme ja überhöht wäre, er sich schon wieder selbst – ein letztes Mal – in den Mittelpunkt stellt und allein das Unvermeidliche als seine aktive Handlung darstellt (so die Überzeugung vieler Außenstehender). Wir reden hier mal nur über uns oder über mich.

Ich habe gerade noch einmal bisherige Beiträge zum Thema quergelesen und musste feststellen, dass ich mich an vielen Punkten nur wiederholen würde. Ich will dies nicht tun, werde stattdessen am Ende dieses Beitrages darauf verweisen. Nur ein einziges Zitat will ich nutzen, um hier drumherum ein wenig Einschätzung abzugeben:

All das ist schwere Kost für mich. Ich bin im vierten Jahrzehnt Fan des FC Bayern und ich lasse einen Uli Hoeneß nicht fallen. Nicht nach nur einem Tag dieser Meldungen. Ich würde ihn auch nach einer Verurteilung nicht fallen lassen, denn derlei ist ja auch immer sein Credo gewesen. Eine endgültige Bewertung dieser Geschichte sollten wir uns alle bis zum Ende aufbewahren. Aber mein Fan-Dasein würde sich verändern. Mehr noch als es sich ohnehin verändert hätte, wenn er so oder so in wenigen Jahren von der großen Bühne abgetreten wäre.

Mein Fan-Sein würde sich verändern, habe ich dies tatsächlich vor einem Jahr geschrieben? Nun, wir befinden uns faktisch in dieser – damals nur schwer vorstellbaren – Situation, dass Hoeneß tatsächlich in die JVA einzieht. Ich kann also nun endgültig bewerten, was dies mit mir macht.

Es ist merkwürdig, aber ich war heute, als ich die Meldungen vom Verzicht auf Revision (Status einer möglichen Revision durch die Staatsanwaltschaft ausblendend) durch Hoeneß las, berührt. Die normative Kraft des Faktischen trieb mir Tränen in die Augen. Es kam nicht „zum Äußersten“, aber es ging mir nahe, wie auch anders, bei einer Person, die fast mein ganzes fußballerisches Leben der Fixpunkt im Verein meines Herzens war. Welcher Fan würde dies für eine diesbezügliche Konstellation in seinem Verein ausschließen wollen?

Vor dem Prozess war, und auch jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, ist dieses Gefühl abgeschwächter. Warum ist das so? Weil uns dieses Thema über einen solch langen Zeitraum begleitete, wir deshalb regelrecht emotional abgestumpft sind? Nein, weil Hoeneß nicht mehr der Hoeneß war und ist, der er früher einmal war. Der FC Bayern ist nicht mehr allein Uli Hoeneß. Er hat, allein aus biologischen Gründen, sein Feld bestellt, seine Nachfolge geregelt. Seine Positionen sind nachbesetzt. Nicht von allen Funktionären fällt mir spontan der Name ein, aber so ist der moderne Fußball und nur so kann es (offenbar) bei dieser Größenordnung funktionieren. Abteilung Attacke findet heute nicht mehr zwingend vor den Mikros sondern eher auf dem Rasen statt. Betrachten wir die aktuellen Erfolge – wer sind wir Bayern-Fans, diese neue Philosophie zu kritisieren?

Man kann Hoeneß vieles vorwerfen – in Sachen Zockerei, Selbstanzeige, Prozess. Naivität zum Beispiel. In Bezug auf die Zukunft des – seines – FC Bayern gehört(e) Naivität sicher nicht zu seinem Portfolio. Gut so. Und all die üblichen Verdächtigen, die ob der „Hoeneß-Affäre“ ein Ausstrahlen auf den ungeliebten Münchner Großverein erhofft hatten, müssen wir offensichtlich enttäuschen. Was haben wir seit Bekanntwerden der Selbstanzeige gewonnen? Alles. Schlichtweg alles. Das (-> Hoeneß‘ Einfluss) ist in so viele Richtungen anders als es noch vor 10, 20 Jahren gewesen wäre. Meiner Meinung nach. Schlecht für 80er-Nostalgiker, gut für den FC Bayern. Wer mir jetzt vorwirft, ich würde ob dieser Worte Hoeneß „fallen lassen“, dem kann ich nicht helfen.

Ich kann und konnte mir nicht vorstellen, dass es Verbindungen zwischen Ulis Zockerei und Finanzen des FC Bayern gab. Soweit ich es verstanden habe, haben die Ermittlungsbehörden derlei im Rahmen der Anklage auch nicht gefunden. Die obige Zielgruppe wird einwenden, dass ja sicher nicht alles untersucht und jeder Stein umgedreht wurde. Sicher. Aber wer will nach diesem Prozess und diesem Urteil von einem Deal oder Promi-Bonus reden? Eben. Und das ist das Gute im Schlechten.

Apropos unerträglich.

Dieser Prozess erzeugte ein Echo, wie es wohl selten zuvor eins gab. So auf jeden Fall der Eindruck. Nicht nur bei mir. Ich ahnte dies und traf Vorkehrungen. Die von mir so arg geliebten sozialen Kanäle wurden neu strukturiert und auf die erwiesenen rationalen Befüller reduziert. Dies rettete meine Woche und lieferte mir sogar Analysen aus erster Hand. Im Bilde war ich die meiste Zeit in den letzten Tagen. Danke an alle, die ihre Emotionen im Griff hatten.

Andere hatten da weitaus größere Probleme. Schlimm. In erster Linie sind hier Radikal-Ulianer ebenso gemeint wie all die Hobby-Juristen und hauptberuflichen Hoeneß-Gegner (Fäkalsprache bewusst gestrichen). Ich kann mit beiden Richtungen nichts anfangen. Über Hater müssen wir nicht reden, aber auch mit komplett unkritischen und undifferenzierten Hoeneß-Verteidigern kann ich nur schwer umgehen. Wie (in anderen Beiträgen) erwähnt, ich bin weit davon entfernt ihn zu verstoßen. Er hat gegen Gesetze verstoßen und dies nicht zu knapp. Er muss, dies hat sein Richter entschieden, dafür ins Gefängnis. Sein bisheriges Leben ist ab sofort beendet. All dem stimme ich zu. Und seine Schuld wird auch nicht geringer, weil andere Schuldige schuldiger sind. Was soll ich mit Vergleichen mit Kinderschändern anfangen? Es wird sich immer ein Vergleich finden, der ins eigene Weltbild passt. Was sind 28,4 Mio. Euro im Vergleich zu den Verlusten, die der Berliner Flughafen täglich anhäuft?

Was soll das, ist Hoeneß deshalb weniger schuld? Lasst mich damit in Ruhe.

Kümmert euch lieber darum, dass die anderen Missstände in diesem Land ebenfalls(!) verschwinden. Geht wählen, wählt Parteien, die sich gegen Korruption aussprechen, Gesetze erlassen, die Kinderschänder härter bestrafen als Steuerhinterzieher. Wählt Herrn Wowereit ab. Kauft keine Springer-Erzeugnisse mehr, dann müsst ihr weniger debile Schlagzeilen lesen. Unternehmt etwas, werdet aktiv, gründet Parteien, demonstriert. Eure „Kritik“ vom Sofa aus werde ich aber auch in Zukunft ignorieren. Danke. Bitte.

Wie geht es jetzt weiter?

Der FC Bayern ist zwar imho – wie oben beschrieben – von Hoeneß in den letzten Jahren gut aufgestellt worden, aber tatsächlich befinden wir uns doch jetzt in der Stunde Null, oder?

Heute trat er von allen Ämtern zurück. Wenig später wurden die Interims-Nachfolger benannt. Hainer wird neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates, Hopfner in den Präsidialausschuss des Aufsichtsrates gewählt worden. In der Hektik dieser Stunden und Tage haben einige die Pressemitteilung des FC Bayern unvollständig gelesen, denn Hopfner ist tatsächlich NICHT zum neuen Präsidenten des FC Bayern e.V. geworden. Dieser Posten ist aktuell unbesetzt. Ferner gibt es Hinweise, dass in einer solchen Situation eine außerordentlichen Jahreshauptversammlung einberufen werden muss. Und zwar innerhalb von vier Wochen. Ich bin gespannt und warte auf Post von der Mitgliederverwaltung. Seit Jahren trage ich den Gedanken in mir, allein für eine JHV nach München zu reisen. Für mich hat all das nun auch für den Verein historische Dimensionen. Nicht mehr nur in Bezug auf die Mannschaft, Pep & Co.

(UPDATE: Inzwischen hat der FC Bayern eine weitere PM publiziert. Der Verwaltungsrat schlägt Hopfner für das Präsidentenamt des FCB e.V. vor. Gewählt werden soll er auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 02.05.2014, 19:00 im Audi Dome in München. Einladungen per Bayern-Magazin oder per Post, falls BM abbestellt. BTW: Erwähnte vier Wochen beziehen sich auf Einberufung / Einladung der/zur MV – die MV selbst kann später stattfinden. Eintritt sollte – wie immer – mit gültigem Mitgliedsausweis möglich sein.)

Den ersten Präsidenten meines FC Bayern nach Uli Hoeneß will ich mit wählen. Dem Ex-Präsidenten wünsche ich für seine Zukunft alles Gute und eine gute Resozialisierung. Klingt komisch, aber er ist inzwischen in viele Richtungen nur noch „Ex“ und für einige Zeit (je nach Spekulation zwischen „ein paar Monaten“ und 3,5 Jahren) eher am Rande der Gesellschaft. Wie jeder andere verurteilte Straftäter auch. Weil wir aber – zum Glück – in einem Rechtsstaat leben, muss Hoeneß nicht den Rest seines Lebens, sondern nur bis zum Ende seiner Strafe büßen.

Und das ist auch gut so!

Weiterführende Links:

Einmal Ulianer, vanGaalist, FCBler und zurück

Ach, Uli #1

Von Wagenburgen, Medien, Tränen, dem Mob. Und Uli.