Der 71-Prozent-Robben oder Mitleid mit den Hanseaten

Ich war mehr als überrascht. Aber phasenweise hatte ich im Laufe der ersten Halbzeit unseres Heimspiels gegen den hanseatischen SV aus Hamburg Mitleid. So hilflos agierte unser Gegner. Für möglich gehalten hätte ich derlei Emotion nicht mehr. In meinem Fußballfan-Leben. Man lernt immer wieder hinzu.

Und die aktuelle Serie gefällt mir auch mehr als gut. Kunststück. Die davor war schließlich übel genug.

Seit zwei Jahren (oder vier Spielen) hat der HSV kein Tor mehr gegen uns geschossen. Wir hingegen zwölf erzielt. Drei Heimspiele in Folge insgesamt zwölf zu null gewonnen.

Aber kommen wir mal zum gestrigen Spiel.

Viele waren vor dem Anpfiff mehr als irritiert. Über DonJupps Schachzug. Mit van Buyten und Timoschtschuk. Ich auch. Und in den Tagen zuvor erst. All der Frust über die möglicherweise erneut verletzten Robben und Ribéry.

Und dann das.

Freistoß Robben, Kopfball van Buyten, Ribéry, Traumtor Robben. Ferner Pfosten Gomez, Müller und Alleingang Müller.

Ein sechszunull wie in der Vorsaison schien schon zur Halbzeit möglich.

Zur allgemeinen Überraschung traten die Oenning-Kicker zum zweiten Abschnitt an und die Bayern gewährten ihnen – wie schon in HZ1 – fünf Minuten Mitspielrecht.

Für einige wird all das überheblich klingen. Vor allem für einige HSV-Fans. Aber die können das Spiel nicht gesehen haben, denn es war tatsächlich so dermaßen eindeutig dass es weh tat. Vor allem den Hanseaten.

Andererseits. Selten war eine Mannschaft so im Umbruch wie dieser HSV. Ok, vielleicht jedweder Magath-Verein nach dessen Verpflichtung, aber sonst?

Buchstäblich der halbe Kader wurde ausgewechselt. Und mit jungen Nachwuchskräften zusammengewürfelt. Das bekannte Ergebnis kommt da vielleicht doch nicht so überraschend.

Sei es drum.

Der Vorteil, den die Gladbacher Borussen zu Recht auf ihrer Seite wähnten, scheint verflogen (bayerische Selbstfindungsphase).

Das bayerische Glas ist inzwischen dreiviertelvoll. Und Herr Robben erst bei 71 Prozent. Na Prost Mahlzeit restliche Liga.

Aber auch hier wollen wir mal lieber abwarten, ob die restlichen 29 Prozent noch kommen, oder doch wieder mehr Besuche in der Praxis bei HWMW anstehen. Bei unseren zwei Ballkünstlern im Speziellen und dem Rest im Allgemeinen.

Thema Olic zum Beispiel.

Mir taten die Hamburger ja irgendwie leid. Und das ist was Neues. Aber als ich heute von der Verletzung Olics hörte und seinem sechs bis achtwöchigen Ausfall, musste ich dann doch mal wieder meine übliche Hasskappe aus der Schublade holen. Herr Bruma ist somit für das Rückspiel vorgemerkt.

Das war es dann aber schon mit den unerfreulichen Themen.

Kann man tatsächlich noch was kritisieren?

Das Herr Gomez schon ein Abseitstor für den ersten Treffer der Saison braucht? Und ebenso wie Herr Müller mal wieder ein wenig Torschuss-Präzisionstraining? Mhm. Wäre eine Maßnahme. Denn diese Chancenverwertung war der blanke Hohn.

Eigentlich – und dies drückt die wahre Überlegenheit (oder Gegner-Schwäche) in diesem Spiel aus – hätte es zweistellig ausgehen müssen.

Wollen wir hoffen, dass wir uns ein paar Tore für das entscheidende Spiel am Dienstag in Zürich aufgehoben haben und sich dort die erfreuliche Entwicklung der letzten Spiele fortsetzt. Oder wenigstens ein Sieg, ein Remis oder eine Niederlage nur mit einem Tor Unterschied. Selbst damit wäre ich aktuell schon zufrieden. Zufrieden genug, den Ausrutscher der letzten Saison irgendwie vergessen zu machen. Einen Schlussstrich zu ziehen.

Sonst noch was?

Unsere Spontan-Abwehr-Formation agierte sicher. Nicht verwunderlich bei diesem Gegner. Unser Mittelfeld überbrückte phasenweise recht flott die Distanz zum Sturm. Und unsere Offensive selbst wirbelte als gäbe es kein Morgen.

Womit wir – einmal mehr, wenn es um Sieg oder Niederlage im Allgemeinen und den FC Bayern im Speziellen geht – bei der alles entscheidenden Frage wären: Gegner schwach, oder eigenes Team bärenstark?

Antwort: Beides.

Die Bayern waren so stark, dass der HSV ganz und gar keine Chance auf irgendwas in diesem Spiel hatte. Trotzdem: Auch unter van Gaal haben wir den „alten“ HSV mit 6:0 vernascht.

Sei es wie es ist.

Selbst in diesem Spiel gab es nur drei Punkte. Aber derlei war in der jüngeren Vergangenheit schon schwer genug. Und meine Bayern haben meine Ansage offenbar verstanden. Nächste Woche Samstag folgt Teil 2 dieser Trilogie der ebenso erwarteten wie persönlich benötigten Siege.

Auf geht’s, Ihr Roten!

Dem van Gaal seine Welt, Folge 4

So. Das Thema Edson Braafheid scheint sich zu verdichten.

Er kann offenbar innen und aussen verteidigen. Ferner Linksfuß. Noch einer. Und noch einer aus der ersten holländischen Liga. Aber da hat LvG offenbar einen besseren Überblick als unsere gesamte Scouting-Abteilung.

Man darf Braafheid ruhig einen Sensationstransfer nennen, und zwar, weil er kein bisschen sensationell ist. In seiner Vita findet sich keine einzige jener Referenzen, die einen ansonsten zum Bayern-Spieler qualifizieren: Er hat niemals gegen Bayern gespielt, und schon gar nicht überragend. Man kann mit ihm keinen Ligagegner schwächen, indem man den besten Mann wegkauft. Und er wird dank einer Klausel nur zwei Millionen Euro kosten – kann man sich erinnern, dass ein Bayern-Spieler jemals so billig war?

Ganz besonders mag ich allerdings diese Zeilen zum Thema:

Edson Braafheid spielt genauso Fußball, wie er jubelt. Er spielt meistens mit, aber man muss sich immer Mühe geben, ihn zu finden. Auch in Statistiken wird er nie auffällig, was vielleicht daran liegt, dass kein Dienstleister die Rubrik „fehlerfreie Pässe über 5,70 Meter“ anbietet. Fehlerfrei, das ist Braafheid wichtig, er ist ein stiller Meister in dieser unterschätzten Disziplin. Einer aber unterschätzt diese Disziplin bestimmt nicht: Louis van Gaal, der neue Coach des FC Bayern.

„Fehlerfreie Pässe“ in der Abwehr? Der Plan unseres neuen Trainers gefällt mir immer besser!

Nach Pranjic also der zweite Mann für die linke Seite. Somit sollte Lahm auf rechts rücken, was die dortigen Probleme lösen könnte. Zumindestens defensiv.

Macht bis jetzt – insofern beide Transfers irgendwann unter Dach und Fach sind – alles immer noch Sinn. Zé Roberto weg, Lahm auf rechts. Und beide werden entsprechend ersetzt. Noch dazu mit Spielern, die nicht in das übliche Anti-Bayern-Schema passen – ich liebe diesen „Umbruch“…

Dem van Gaal seine Welt, Folge 3

Ich bin ein wenig irritiert.

„Er ist ein Mann, der genau weiß, was er will, und was er nicht will. Er hat eine klare Linie. So wie wir ihn eingeschätzt haben, so gibt er sich jetzt auch.“

So Bayern-Boss KHR über unseren neuen Trainer. Louis van Gaal. Aber ist es wirklich so, dass wir endlich mal einen wieder einen Trainer haben, der einen Plan hat? Sollte das wirklich so sein? Nach Zé Robertos Abgang direkt seinen Nachfolger zur Hand? Wirklich??

Es heißt, ein gewisser Danijel Pranjic wäre van Gaals erster Wunschspieler gewesen. Er passe „perfekt in van Gaals System“. Oh mein Gott. Ein Trainer mit einem System. Der dann auch noch passende Spieler dafür einkauft. Das ist fast zu viel für mich. Da steigt die Vorfreude auf das, was noch alles kommen soll, ins Unfassbare.

Vor allem, wenn ich diesen wundervollen Text über Pranjic lese. Nicht nur, weil darin ein gewisser Marcell Jansen, seines Zeichens Ex-Bayern-Spieler, nicht gut wegkommt.

Sogar Philipp Lahm war ein bisschen irritiert, und Clemens Fritz sowieso. Sollten sie den Flügel abdichten, sollten sie lieber den Strafraum abdecken oder sollten sie…? Leider kamen sie nicht mehr dazu, das Richtige zu sollen, denn es war schon zu spät. Auf einmal war dieser Kroate am Ball, draußen am linken Flügel, wo von er auf niederträchtiger Flugbahn eine Flanke in die Mitte sandte. Die Flanke begann sanft, stieg dann plötzlich, überflog die vergeblich sollenden Lahm und Fritz, und als die Flanke auf Höhe von Marcell Jansen angekommen war, winkte sie Jansen freundlich zu und überlegte es sich anders. Sie fiel herunter wie ein Stein, vor die Füße von Darijo Srna. Und Srna schoss den Ball ins Tor.

Das 1:0 für Kroatien bei der EM 2008 hat im deutschen Fußball eine kleine Kettenreaktion ausgelöst. Der arme Jansen bekam umgehend die Linksverteidiger-Rolle weggenommen, beim DFB und bald darauf auch beim FC Bayern, wo Philipp Lahm wieder nach links rückte, weshalb die Bayern seitdem einen Rechtsverteidiger suchen. […]

Erst jetzt, ein knappes Jahr später, ist die Kettenreaktion wirklich zu Ende. Am Donnerstag machten die Bayern die Verpflichtung von Danijel Pranjic, 27, vom SC Heerenveen öffentlich – wem dieser Name nichts sagt, dem sei zur Ansicht nochmal das 1:0 der Kroaten empfohlen. Danijel Pranjic, das war der Mann mit der Flanke mit der niederträchtigen Flugkurve – er wird in München jetzt jenen Lahm wiedertreffen, der seine Flanke damals nicht verhindern konnte.

Ich bin da ganz ehrlich – und jeder Bayern-Fan wird mich da nach dieser Saison verstehen – mir treibt eine solche Perspektive das Pippi in die Augen. Und damit meine ich nicht nur das mögliche Wiedersehen von HSV-Jansen und Pranjic, sondern eher den neuen Glauben, dass doch noch alles gut wird. Mit meinen Bayern.

Mach‘ nur so weiter, Louis. Dann jubelt man auf der Bank bald nicht mehr nur dem Gerland zu.

Von Brandreden, Polgas und 30 langen Jahren

Die Bayern stehen im UEFA-Championsleague-Viertelfinale. Das war das Mindestziel für FCB-Trainer Klinsmann.

Aber diese Nachricht spiegelt nicht im Ansatz die Umstände dieses Achtelfinales wider.

Insgesamt 12:1 haben die Bayern gegen Sporting Lissabon gewonnen. Zwölf zu eins.

Rekord. Wahrscheinlich für eine lange, lange Zeit.

Klar können sich die Bayern dafür im Viertelfinale nix kaufen und ehrlich gesagt, hätte ich lieber schon mal 3-4 Tore für die nächste K.O.-Runde aufgehoben, aber so ähnlich lief es ja auch im DFB-Pokal…

Trotzdem.

Es tut mal wieder gut. Und heuer muss man als Bayern-Fan wohl nehmen, was man kriegen kann. Auch wenn es derlei Extreme sind. Grottige Auftritte wie gegen den kölschen FC und erste 70 Minuten gegen Leverkusen.

Im Gegensatz dazu, allein in 2009 schon vier Spiele mit fünf oder mehr Toren!

Habe ich ansonsten so meine Probleme mit dem Kleinreden des Gegners, was viele, die den Bayern nicht nahe stehen, in der Folge solcher Auftritte gerne erzählen, kann ich mich derlei nach diesem Achtelfinale nicht komplett verschließen.

Und dabei waren die ersten 30 der insgesamt 180 Minuten alles andere als souverän und hätte Herr Lahm im Hinspiel diesen Ball nicht von der Linie geköpft, wer weiß, wo wir jetzt stehen würden und mit welchem Trainer…

Kam aber anders.

Und hätte man die zwei nicht gegebenen Elfer und die restlichen 95%-Chancen nocht verwertet, hätte allein das gestrige Spiel zweistellig für die Bayern ausgehen können.

Meine Güte. Was war das denn für eine Thekenmannschaft?

Es zeigt sich aber einmal mehr, wie sehr der Kopf ein Spiel entscheiden kann.

Bleibt nur die Frage, ob man sowas als CL-Teilnehmer der erste K.O.-Runde zulassen darf.

Taten die Portugiesen, zu meinem größten Vergnügen…

Selbst mit der B-Elf spielten die Bayern mit Sporting Katz und Maus. Zeigten ihr gesamtes Repertroire. Auch wenn sie dabei tatkräftig und fast mit Vorsatz von Spielern wie Ânderson Corrêa Polga unterstützt wurden.

Sowas habe ich überhaupt nicht nicht gesehen. Noch nicht einmal in einem Spiel des FC Bayern. Und ich habe im Laufe der letzten Jahrzehnte einige Zumutungen auf der IV-Position bei den Roten ertragen…

Der Kollege wird seines Lebens in Portugal wohl nicht mehr froh.

Respekt aber dafür, dass er bis zum bitteren Ende durchgehalten hat. Sowas nenn‘ ich mutig.

Auf Seiten der Bayern einzelne Spieler hervorzuheben, wäre ein klein wenig ungerecht. Trotzdem bin ich mal so frei. Aus diversen Gründen.

Zum einen weil ich kaum fassen konnte, dass selbst in so einem Spiel, gegen so einen Gegner, in so einer Leichtigkeit des Seins, noch bayerische Akteure auf die Idee kommen, schlecht auszusehen und teilweise (vor allem in HZ2) Fehler auf Fehler zu produzieren. Zum Glück war Sporting auch mit neun Spielern locker und leicht zu besiegen.

Herr Ottl und Herr Sosa.

Alter Schwede. Ich leg‘ mich fest. Bei Sosa. Mit dem, das wird nix mehr. Vielleicht ist er ja auch sauer, weil man ihn in der Winterpause ausleihen wollte und das nicht klappte, er also jetzt weiter bei uns bleiben muss. Trotzdem. Wie kann man da so eine Leistung anbieten? So langsam müsste er sich doch mal an das Tempo in Europa gewöhnt haben, oder?

Hat er nicht. Wirkt auch nach 1,5 Jahren immer noch wie ein Fremdkörper. Keine Impulse. Eher müssen die anderen noch für ihn mitlaufen…

Und Ottl?

Naja. Man kennt ja seine Pappenheimer. Er wird auf absehbare Zeit nur der Fallback beim FC Bayern sein. Wenn nach dieser Saison van Bommel (imho sicher) und Zé Roberto (vielleicht) weg sind, kommt derTimo und für Ottl wird weiterhin kein Platz sein. Warum? Na weil derTimo so stark sein wird, wie MvB und ZR zusammen. Auf dieser Position. Meine Meinung.

Egal.

Was mir den gestrigen Abend aber vollends zum gelungenen Ereignis machte, war der erste CL-Einsatz eines gewissen Thomas Müller.

Mir war zwar bewusst, dass der sich bei Gerland gut entwickelt haben soll, eine Option für’s offensive Mittelfeld sein kann und ab der nächsten Saison mit Profivertrag ausgestattet beim FC Bayern spielt, aber was war das denn bitte?

Der Typ ist ja mal ’ne Granate. Und da verliere ich auch gerne mal meine sonstige Zurückhaltung. Zurückhaltung, die wir alle ja immer bei Herrn Kroos haben walten lassen. Aber was hat’s gebracht? Er wurde ausgeliehen.

Nein. Angreifen.

So wie Herr Müller gestern nach seiner Einwechslung.

Da denkt man sich:

Schön. Gibt Klinsi diesem Talent noch mal ’ne Chance ein bißchen Spielpraxis zu zeigen. In einem Spiel das eh gelaufen ist und wo sich keiner mehr verletzten will…

Und dann gibt der Typ auf einmal Gas, als gäb’s kein Morgen!

Spielt die Gegner schwindelig, schaltet auf rechts den „Ribéry“-Turbo ein, flankt, ist direkt am Tor beteiligt und versenkt kurz vor Schluss selbst – in bester Müller-Manier – seinen ersten Ball.

Wahnsinn.

Der Name ist Verpflichtung beim FC Bayern und tatsächlich war es das erste Müller-Tor beim FC Bayern seit über 30 Jahren. Der Müller, Gerd hat sich am 18.11.1978 mit seinem 365.Tor beim FC Bayern verabschiedet und erst gestern schallte wieder einmal der Name „Müller“ durch das weite Rund eines Bayern-Stadions.

Da kann man schon mal Gänsehaut bekommen…

Mehr muss man zum gestrigen Spiel auch nicht mehr sagen.

Update: Muss man doch. ‚Habe schließlich das mit der Brandrede noch nicht erklärt. Nach dem Hannover-Spiel habe ich ein Gerücht gehört, dass Klinsmann in der Kabine eine Brandrede gehalten haben soll. À la 2006. Es soll danach ferner Applaus der Spieler gegeben haben. Holla.

Klinsmanns FCB # 001

Beim FC Bayern wird sich zukünftig einiges ändern. Find ich gut.

Klinsmann hat Ideen auf Ideen und ich muss mich wundern, dass auf manche noch niemand anderes gekommen ist:

Sprachkurse.

Ok. Das ist jetzt nix Neues. Machen in den letzten Jahren fast alle neuen ausländischen Spieler.

Was neu ist: Auch die Deutschen müssen in Zukunft büffeln!

Und zwar hauptsächlich englisch (einigen bayerischen Spielern würden einige von euch sicherlich zunächst mal Deutsch empfehlen, schon klar *g*).

Der Effekt ist im Grunde ganz einfach. Wer kennt das nicht, wenn er im Ausland plötzlich seine Muttersprache hört. Sowas findet man gut.

Nicht nur die Vereinsführung des FC Bayern hat zuletzt SMS von Jürgen Klinsmann bekommen – auch Franck Ribery erhielt Glückwünsche auf sein Handy – auf französisch. „Er hat mich zu den Trophäen beglückwünscht und geschrieben: a bientot, bis bald. Das sind kleine Dinge, die mir wichtig sind und die mich wirklich berühren. Ich habe auf Französisch zurückgeschrieben und mich bedankt.“

Eben. Ich sag’s ja – ein ganz neuer Ansatz beim FC Bayern. Und dabei sind das doch eigentlich nur Kleinigkeiten.

Die 70-Mio-Euro-Strategie

Oder so.

Es musste sich was ändern.

Platz 4 in der Liga bedeutet für den FC Bayern sowas wie Platz 18 für denClub.

Das Experiment mit all den jungen 2006-WM-Helden-Hüpfern schlug fehl. Man kann’s ja mal probieren. Die Erwartungshaltung (Ballack-Ersatz, Double-Verteidigung nebst Championsleague-Zielen) war wohl einfach eine Nummer zu groß.

Beim Klub und seiner Führung setzte somit ein Umdenken ein. Man wollte die alten Pfade verlassen, nahm einen Schwung vom Festgeldkonto und schmiss es auf den Markt.

Das Resultat: Die wohl größte Investition im deutschen Fußball. Und in der Folge eine gewisse Dominanz. Aber nicht nur das. Womit wir beim Thema wären.

War die Strategie richtig?

Also jetzt nicht mit den 70 Millionen, nur vom Spielprinzip.

Man entschied sich gegen einen Spielmacher und setzte stattdessen auf ein (neues) Flankenspiel mit kopfballstarken Stürmern im Zentrum. Deshalb wurden ja auch Ribery, Altintop, Jansen, Sosa (Flanken), Toni und Klose (Kopfballstärke) und all die anderen geholt.

Jetzt sind wir auf der Zielgeraden und alles sieht auf den ersten Blick perfekt aus. In der Meisterschaft mit einigem Vorsprung kurz vor dem Titel, im Pokalfinale und im Europapokal ebenfalls kurz davor.

Aber wie kam das alles zustande?

Auf jeden Fall nicht aufgrund der Überzahl der vielen präzisen Flanken, die punktgenau die Stürmer fütterten. Meiner Meinung nach.

Getafe war dafür einmal mehr ein gutes Beispiel.

Das solche Spiele trotzdem gewonnen wurden, kam imho nur deshalb zustande, weil es die individuelle Klasse des Einzelnen und dessen blitzgescheiten Moment gab.

Sicher. Flanken gab’s genug. Aber was für welche! Kann mir keiner mit alten Ballack-Mechanismen erklären – der war auch keine 1,50 Meter groß!

Und wenn man dann lauter Flanken-Fußballer im Team hat, wird’s zäh, wenn man Kurzpassspiel zelebrieren will, oder?

Klappte zwar phasenweise auch nicht schlecht, aber dazu siehe wieder Thema „individuelle Klasse“.

EIN Argument will ich hier trotzdem gelten lassen: Die Uneingespieltheit.

Gleichzeitig meine größte Hoffnung für die neue Saison.

Wie Hoeneß das gestern im Sportstudio sagte, man hat die Probleme in diesem Punkt viel größer eingeschätzt. Die guten Leistung zu Saisonbeginn haben uns alle da wohl ein wenig die Augen getrübt.

Ich will also nicht allzu schwarz malen. Vielleicht schafft es ja Klinsmann Lahm, Sagnol, Sosa und Co. beizubringen, solche Flanken zu schlagen, wie ich sie in dieser Saison zumeist nur von Fußballgott Toni Kroos gesehen habe.

Wir geben die Hoffnung einfach nicht auf und freuen uns, ebenso wie Uli Hoeneß, auf die neue Saison!

Klinsmanns Visionen

Nein. Mel Gibson kommt nicht in Klinsis Kompetenz. Vorerst.

Neben dem „seriösen, ruhiger Charakter und studiertem Sportmarketing’ler, der der deutschen, bayerischen, englischen und ital. Sprache“ mächtig ist, soll es keinen „zweiten, möglichst deutschsprachigen Trainerassistenten“ geben.

Nicht abbrechen wollen ferner die Diskusionen um „Per Mertesacker (für die Abwehr) und Berti Vogts (als Teammanager oder im Jugendbereich)“.

Ach du Scheiße! Berti Vogts?

Aber mal ganz im Ernst: Diese Vision finde ich richtig geil:

Dafür stehen Veränderungen in der medizinischen Abteilung an. So wird Oliver Schmidtlein (42) zurückkehren.

Schmidtlein, eine Koryphäe auf seinem Gebiet, schien seinerzeit von Magath und seinem Ex-Feldwebel verjagt worden zu sein, stattdessen wollte er einfach nur ’ne Veränderung bei auslaufendem Vertrag.

Jetzt ist er wieder da. Arbeitet wieder zusammen mit Klinsmann. Find ich richtig gut.

Don't stop, thinking about tomorrow

Ich weiß, dass das zwiespältig rüberkommt. Bin ich doch politisch eher links, liebe ich aber einen Fußballverein, der eher rechts, nah bei der CSU steht. Vielleicht war mir daher einer wie Breitner immer so sympathisch (selbst wenn viele der Vorurteile über ihn nur Image waren/sind).

Konservativ war immer auch der FC Bayern. Man hielt an bewährten Dingen fest. Sportlich, finanziell und bei fast allem anderen nicht weniger.

Seit einigen Monaten ist das anders. Einer wie Uli Hoeneß sprang über seinen Schatten, überzeugte die anderen und nahm sie mit ins Boot.

Die Folge waren Investitionen in die Mannschaft wie noch nie. Weltstars wurden an die Säbener Straße geholt. Wir Bayern-Fans waren im letzten Sommer wie im Rausch. Dann erste Schwächen im neuen Dreamteam. Schwächen, die nichts mit der Klasse der Mischung aus alten und neuen Spielern zu tun hatten. Nein. Es ging um ganz elementare Dinge wie Wille, Kampf, Leidenschaft, oder einfach Motivation und Emotion. Eher weiche Themen. Denn grundsätzlich kann der FC Bayern durch einen Regenschirm trainiert werden (Zitat Max Merkel). Dem reaktivierten Hitzfeld traute man diesen entscheidenden letzten Schritt der Entwicklung nicht mehr zu.

Das ist das eine. Etwas anderes war die Alternative.

Erneut berauschend war für alle Bayern-Fans die Art und Weise, wie der Klinsmann-Deal geheim gehalten werden konnte. Warum? Na weil offenbar endlich die undichten Stellen in Verein und Vorstand geschlossen wurden.

Ein Schelm, wer da den Kaiser in Verdacht hatte.

Bin ich allerdings gerne. Ein Schelm.

Dessen B**D-Kolumne geht mir/uns schon seit Jahren auf die Nerven. Und irgendwie hat er insgesamt wohl ferner ein wenig den Anschluss verloren. An die Zukunft. Des Vereins. Diese Entwicklung geschah nicht plötzlich, deutete sich vielmehr über Jahre an. Über die Jahre, die es dauerte die 2006er WM nach Deutschland zu holen.

Wir halten fest: Beckenbauers Einfluss beim FC Bayern nahm ab. Und das ist gut so (s.oben). Wie sehr er selbst daran zu knabbern hat(te), sah man ihm auf der Klinsmann-Präsentation-PK förmlich an. Nur schwer konnte er da an sich halten.

Gar nicht an sich halten, konnten im Nachgang derLoddar, derSepp und derFranz selbst.

Zum Schmunzeln.

Wieso?

Na weil das alles so ganz und gar nicht überraschend kam. Schließlich waren Beckenbauer, Matthäus und die B**D zuvor kläglich mit dem Versuch gescheitert, den fränkischen Raumausstatter ins Traineramt beim FC Bayern zu drücken!

Und der Maier Sepp?

Dem merkt man die Verbitterung, seinerzeit von Klinsmann rund um die Kahn-Ausbootung vor der WM, selbst aus dem Betreuerstab der Nationalmannschaft geworfen worden zu sein, immer noch deutlich an.

All das ist/war dermaßen offensichtlich, dass es weh tat.

Mir dagegen tut es ganz und gar nicht (mehr) weh, mich von diesen Granden zu verabschieden. Ihr steht der Zukunft im Weg, Lothar, Sepp, und Franz!

Die Welt dreht sich weiter und nichts ist größer als der Verein. Als der FC Bayern.

Euer Gerede interessiert eigentlich nur noch das Boulevard. Mich/uns nicht mehr.

Und selbst wenn Klinsmann beim FC Bayern scheitern sollte (was Ihr Euch bestimmt wünscht, obwohl Ihr doch den Verein im Herzen haben wollt), war dies ein Anfang. Ein mutiger Anfang (auch unabhängig von der Person Klinsmann, wäre doch einer wie Klopp die andere Wahl gewesen).

Ich war dabei und das macht mich stolz!

Abschied von der Null

Die Null muss stehen. Bei Stevens. Und somit seit Februar auch beim HSV.

In Zukunft könnte sich das ändern, denkt er doch laut über einen Abschied von den Hamburgern, gar seinem Beruf nach.

Der Grund?

Die Krankheit seiner Frau.

Das war schon das Problem in Köln, als er als Erfolgscoach die Domstadt verließ.

Jetzt mag man sagen, dass das ein „echter Schock für den kompletten Verein und alle Fans“ sei, aber aufmerksame Beobachter der Fußballszene (und somit auch Stevens‘) kann das nicht überraschen. Schwebt dieses Problem doch nun schon seit Jahren über der Person des Trainers.

Schlimm. Für Stevens. Und erst recht für seine Frau. Ob die HSV-Fans da jetzt schockiert sind oder nicht, hat mit der persönlichen Tragödie der Familie Stevens nichts zu tun.

Ganz davon abgesehen, dass die (berechtigte) aktuelle Euphorie im Umfeld des Vereins spätestens im nächsten Sommer ohnehin beendet wird, oder glaubt irgendjemand inzwischen ernsthaft, das ein van der Vaart tatsächlich und plötzlich sein Herz für die Hamburger entdeckt hat – nach der Sommer-Story?

Für den HSV wäre der gleichzeitige Verlust von Erfolgstrainer und Lebensversicherung fatal. Aber so läuft das Geschäft. Noch schlimmer wird er wahrscheinlich für einige Rauten-Fans, da man noch nicht einmal den Bayern dafür die Schuld geben kann…