Der erste Teil der „Wochen der Wahrheit“ ist mit Bravour gemeistert. Die Bayern haben ihr Auftaktspiel bei den Ex-Himmelsstürmern aus Mainz gewonnen. Phasenweise sogar begeisternden Fußball gespielt. Und das lass‘ ich mir auch nicht kaputt reden. So nach dem Motto: „Ja, aber so gut wie Barcelona sind die Bayern noch lange nicht.“
Ja. Stimmt. Aber war das unser Ziel? Kann das unser Ziel sein? In unserer Situation?
Vor einigen Wochen noch wollten wir nicht nur die Mannschaft, nein auch den Trainer und den gesamten Verein in Frage stellen.
Nun spielt unser aller Verein endlich wieder Fußball, auf den auch andere neidisch sein können und es gelingt uns immer noch nicht, einfach mal für eine kurze Zeit zu entspannen?
Natürlich reden wir hier nur über Mainz und wird Inter und Dortmund ein anderes Kaliber sein. Aber hey, nach manchen Spieltagen der Hinrunde wurde dieser Gegner, der die Tabelle – wie erwartet – nun ein wenig nach unten rutscht, noch von den Medien als Übermannschaft aufgebaut. Und dies nicht nur vom ZDF, das traditionell seine Nähe zu zumeist räumlich nah stehenden Vereinen mehr oder weniger offen zum Ausdruck bringt.
Damit ist wohl inzwischen Schluss.
Selbst wenn HB-Männchen Tuchel, noch einer dieser New-Generation-Trainer, die vor allem – in bester Winnie-Schäfer-Manier – am Spielfeldrand agieren, das alles klein und sich selbst und sein Team groß redet. Die Tendenz ist klar. Und das ein FC Bayern sich nicht zweimal pro Saison düpieren lässt, noch dazu, wenn unsere Weltklasse-Flügel wieder aktiv am Geschehen mitwirken, hätte auch klar sein müssen.
Wie auch immer.
Solche Spiele sind gut. Sie sind gut zwecks Vorbereitung auf wirklich schwierige Aufgaben. Zum Einspielen. Zum Selbstbewusstsein tanken. Nicht mehr und nicht weniger.
Denn unsere übriggebliebene Konkurrenz gewinnt ja nun ebenfalls am Fließband. Wollen wir hoffen, dass deren aktuelle Gegner sich gegen uns auch so in ihr Schicksal fügen und die Punkte willig herschenken. Wunschdenken.
Zum Spiel.
Die jungen Wilden glaubten offenbar wirklich an ihre Chance. Und phasenweise hatte sie diese sogar. Wenn sie offensiv gegen unsere Defensive agierten. Und da vor allem zentral.
Manchmal glaube ich schon, dass für mich Murmeltiertag ist, aber was die Herren Badstuber und Timoschtschuk da Spiel für Spiel auf den Rasen zaubern, mhm, das ist schon bemerkenswert.
Bei all dem Potential, was offenbar bisher flächendeckend nur Gerland, van Gaal und Löw gesehen haben, bekomme ich immer wieder Angst, wenn der Ball in die Nähe von Holger kommt. Badstubers Aktionen haben dann Züge eines Nervenbündels.
Ich will nicht abstreiten, dass aus ihm mal ein richtig Großer werden kann, aber HB braucht imho immer noch einen gestandenen(!) Innen(!)verteidiger. An seiner Seite. Dann hätten wir auf dieser Position wohl keine Probleme.
Diese haben wir allerdings immer noch auf der linken Außenbahn.
Zum Anpfiff spielte dort Luiz Gustavo. Weil van Gaal Pranjic die 6er-Position anvertraute. Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. Den unser Trainer zur Hälfte der ersten HZ korrigierte. Gut. Danach wurde es besser. Auf der Sechs. Pranjic selbst wurde nicht sicherer.
Ein Glück, dass die Mainzer mit der eigenen Defensive so stark beschäftigt waren.
Später ging dann Badstuber vom Platz und Gustavo rückte auf dessen Position. Mit der Einwechslung Brenos bekam Luiz seinen vierten Mitspieler in diesem Spiel. Verrückt.
Andererseits kann man ja auch einmal versuchen, hier van Gaal zu verstehen. Er versucht, nachdem die Probleme in der Offensive mit der Rückkehr von Rib&Rob gelöst scheinen, die Formation für die Defensive zu kreieren, die ihn und uns durch die schweren Rest-Wochen der Rückrunde bringen. Wie im letzten Jahr.
Luiz Gustavo ist da ein Fixstern. Neben Lahm. Alles andere scheint noch nicht sicher. Hält Badstubers aktuelle „Formkurve“ an, sieht es für ihn nicht gut aus.
Abwarten. Gegen Mainz hat es ja noch einmal gereicht. Und ob wir Inter „einfach so weghauen“, davon bin ich so oder so noch nicht überzeugt. Also gehe ich höchstens von einer 50:50-Chance aus.
Was gab es sonst noch zu bemerken?
Herr Ribéry lieferte wohl das beste Spiel im Bayern-Dress seit gefühlten Jahren ab. Wahnsinn, was doch tatsächlich in ihm steckt. Vielleicht wollte er aber auch nur die Robben’schen Lobeshymnen der letzten Woche nicht auf sich sitzen lassen. Gute Reaktion, wenn es denn daran gelegen haben mag.
Überhaupt kann ich mir nun doch vorstellen, dass unsere Saison einen ähnlichen Verlauf nehmen könnte, wie in der letzten Rückrunde. Könnte. Wenn unsere beiden Weltklasse-Akteure auf den Außenbahnen nun endlich einmal beide(!) am Stück gesund bleiben.
Um diese beiden Spieler herum spielen nämlich Spieler wie Müller und Schweinsteiger – wenn auf ihren Ideal-Positionen in der Mitte (10 und 6) – noch einmal eine Klasse besser. Von Herrn Gomez ganz zu schweigen, dem die Phase, als das Spiel nur auf ihn zugeschnitten war und er uns mit seinen Toren am Leben hielt, offenbar dazu genutzt hat, sein Torgefährlichkeit jetzt auch wieder in der offensiven Robbéry-Welt zu präsentieren.
Habe ich jemanden vergessen?
Achja. Es gibt ja noch mehr Rückkehrer. Und einer stand auch schon wieder auf dem Platz.
Contento und Kroos.
Unser kleiner Exil-Deutsch-Italiener wird wohl alsbald das nächste Experiment auf LAV werden – hoffen wir das Beste.
Von Herrn Kroos allerdings war ich spontan durchaus angetan. Nicht nur, dass ich den Eindruck hatte, dass er inzwischen körperlich noch robuster geworden ist (oder lag das an den Trikots?), nein, er zeigte auch eine ansprechende Leistung. Und seine Fähigkeiten selbst sind ja zweifelsohne vorhanden. Abrufen ist hier das Thema.
Wie auch immer diese Positionskämpfe ausgehen werden – es ist gut, dass wir hier überhaupt mal wieder Konkurrenz schaffen können. Schwer genug mit einem solch kleinen Kader.